Entscheidungsdatum: 22.11.2012
1. NV: Das FG ist nicht von Amts wegen zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens verpflichtet, wenn es darlegt, aus welchen Gründen es sich auf der Grundlage des Gerichtsgutachtens eine Überzeugung bilden konnte und dieses keine Mängel von solchem Gewicht aufweist, dass sie das Gutachten als zur Sachverhaltsfeststellung nicht ausreichend tragfähig erscheinen lassen.
2. NV: Mit Einwänden gegen die durch die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalls bestimmte konkrete Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG wird kein Verfahrensmangel, sondern ein materieller Rechtsfehler dargelegt, der grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision rechtfertigt.
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist selbständiger EDV-Berater. Er besitzt keinen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) beurteilte die vom Kläger im Jahr 2006 ausgeübte Tätigkeit als gewerblich und erließ einen Gewerbesteuermessbetragsbescheid. Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, er übe eine freiberufliche Tätigkeit aus. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Die Klage hatte ebenfalls keinen Erfolg. Der Kläger legte zur Frage, ob er eine freiberufliche Tätigkeit ausübe, ein seine Auffassung stützendes Parteigutachten vor. Das Finanzgericht (FG) erhob zu dieser Frage Beweis durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens. Es kam auf der Grundlage dieses Gerichtsgutachtens zu dem Ergebnis, dass der Kläger keine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit ausübe. Dem Kläger mangele es an den erforderlichen theoretischen Kenntnissen. Die gerichtlichen Sachverständigen hätten methodisch gut nachvollziehbar dargelegt, dass der Kläger nur über einen Teil des erforderlichen Wissens verfüge. Dieses Ergebnis sei durch die vom Kläger beantragte und durchgeführte Wissensprüfung bestätigt worden.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG habe gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO), gegen seine Prozessfürsorgepflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) und gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, weil es seine Entscheidung auf das Gerichtsgutachten gestützt habe. Die darin enthaltenen Ausführungen und Schlussfolgerungen seien teilweise nicht nachvollziehbar, nicht zutreffend und nicht vollständig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setze die Vergleichbarkeit eines nicht ausdrücklich genannten Berufs mit einem Katalogberuf voraus, dass Erfahrungen und Kenntnisse in allen Kernbereichen des Katalogberufs gegeben seien. Die gerichtlichen Sachverständigen hätten diese Kernbereiche jedoch nicht definiert. Daneben seien in dem Gerichtsgutachten die Anforderungen an das Wissen überspannt worden, weil auf das wissenschaftliche Arbeiten als wesentliches Element des Hauptstudiums abgestellt worden sei. Im Übrigen fehle es an einer Würdigung der praktischen Arbeiten des Klägers. In diesem Zusammenhang sei der Beschluss des BFH vom 22. April 2010 VIII B 264/09 (BFH/NV 2010, 1300) zu beachten, nach dem unter bestimmten Umständen bereits aus der Art der Tätigkeit auf das Vorhandensein der entsprechenden Kenntnisse geschlossen werden könne. Schließlich hätten sich die gerichtlichen Sachverständigen nicht mit dem im Einspruchsverfahren vorgelegten Parteigutachten auseinandergesetzt, das zu dem gegenteiligen Ergebnis gelangt sei.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Der Kläger hat die von ihm geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt.
1. Der behauptete Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Das FG verstößt gegen seine Sachaufklärungspflicht, wenn es Beweisangebote verfahrenswidrig übergeht oder eine --auch ohne entsprechenden Beweisantritt-- von Amts wegen gebotene weitere Aufklärung des Sachverhalts unterlässt.
Dem Beschwerdevorbringen ist schon nicht zu entnehmen, welche Beweisanträge das FG übergangen haben soll. Insbesondere führt der Kläger nicht aus, das FG habe es unterlassen, ein von ihm beantragtes weiteres Gerichtsgutachten einzuholen. Im Übrigen hat das FG die vom Kläger beantragte Wissensprüfung durchführen lassen.
Der Kläger macht in der Beschwerdebegründung auch nicht geltend, das FG habe es versäumt, ein weiteres Sachverständigengutachten von Amts wegen einzuholen. Abgesehen davon war das FG hierzu nicht verpflichtet. Das FG hat in seiner Entscheidung dargelegt, aus welchen Gründen es sich auf der Grundlage des Gerichtsgutachtens eine Überzeugung bilden konnte (s. BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 15/90, BFHE 165, 216, BStBl II 1991, 889). Dabei hat es dem Umstand besondere Bedeutung beigemessen, dass der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht über die zwingend erforderlichen mathematisch-technischen Grundkenntnisse verfügt. Weiter hat das FG berücksichtigt, dass die Ergebnisse des Gerichtsgutachtens durch die durchgeführte Wissensprüfung bestätigt worden sind. Danach besitzen die vom Kläger gegen das Gerichtsgutachten geltend gemachten Einwände kein solches Gewicht, dass sie das Gerichtsgutachten zusammen mit der Wissensprüfung als zur Sachverhaltsfeststellung nicht ausreichend tragfähig erscheinen lassen.
2. Ebenso hat der Kläger den von ihm behaupteten Verstoß gegen die Prozessfürsorgepflicht (§ 76 Abs. 2 FGO) nicht ordnungsgemäß bezeichnet.
Der Beschwerdebegründung lässt sich bereits nicht entnehmen, welchen Hinweis das FG unterlassen haben soll. Außerdem stellt das Unterlassen eines (nach Ansicht des Klägers notwendigen) Hinweises bei einem --wie hier-- im Klageverfahren durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretenen Beteiligten regelmäßig keinen Verfahrensmangel dar (z.B. BFH-Beschlüsse vom 24. Juli 2006 IX B 48/06, BFH/NV 2006, 2269, m.w.N.).
3. Der vom Kläger behauptete Verstoß gegen § 96 Abs. 1 FGO ist ebenfalls nicht ausreichend dargelegt.
Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des BFH dahin auszulegen, dass neben dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch der gesamte Akteninhalt vollständig zu berücksichtigen ist. Ein Verstoß dagegen kann mit der Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend gemacht werden (z.B. BFH-Beschluss vom 11. Januar 2012 IV B 142/10, BFH/NV 2012, 784, m.w.N.). Mit Einwänden gegen die durch die jeweiligen Gesamtumstände des Einzelfalls bestimmte konkrete Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG wird hingegen kein Verfahrensmangel dargelegt, weil die Würdigung von Tatsachen und Beweisen dem materiellen Recht zuzuordnen ist (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 784, m.w.N.).
So verhält es sich im Streitfall. Der Kläger trägt im Kern vor, das FG habe seine Überzeugungsbildung auf das fehlerhafte, vom Parteigutachten abweichende Gerichtsgutachten gestützt. Mit dem Vortrag einer vermeintlich fehlerhaften Rechtsanwendung lässt sich jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreichen (z.B. Senatsbeschluss vom 2. September 2011 III B 9/10, BFH/NV 2012, 65, m.w.N.).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.