Entscheidungsdatum: 15.07.2011
1. NV: Kommt das FG aufgrund einer Würdigung der tatsächlichen Umstände des Streitfalls zu dem Ergebnis, dass ein Fahrzeug trotz einer Umgestaltung seine Eigenschaft als Pkw nicht verloren hat, so kann dies im Verfahren über die Nichtzulassung der Revision nicht mit Erfolg gerügt werden .
2. NV: Beruht das angefochtene Urteil auf mehreren selbständigen Begründungen, von denen jede für sich allein das Entscheidungsergebnis trägt, so muss für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S.v. § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen .
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Inhaber eines im Fördergebiet belegenen Gewerbebetriebs. Im Jahr 2008 erwarb er ein Kfz der Marke Opel Vivaro VI zum Preis von 23.877 € (ohne Umsatzsteuer). Das Fahrzeug hatte ursprünglich drei Sitzreihen für neun Personen. Der Kläger baute die zweite und die dritte Reihe aus. Hinter der ersten Sitzreihe installierte er ein Metallgitter, an dem er eine Sitz- bzw. Ablagebank anbrachte. An der Fahrerseite des Laderaumes montierte er einen Werkzeugschrank. Später, nach einer im November 2009 durchgeführten Außenprüfung, schweißte er das Trenngitter an den Schrank.
Der Kläger beantragte u.a. für das Fahrzeug die Gewährung einer Investitionszulage nach § 2 des Investitionszulagengesetzes 2007 (InvZulG 2007). Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) gewährte insoweit keine Zulage, weil es sich bei dem Fahrzeug um einen PKW handele, der nach § 2 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 2007 nicht begünstigt sei.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im Wesentlichen aus, Fahrzeuge, die nach ihrer ursprünglichen Konzeption zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt seien, verlören durch eine Umgestaltung nur dann ihre Eigenschaft als PKW, wenn diese auf Dauer angelegt sei. Dies sei nur der Fall, wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes mit einem nicht unbeträchtlichen Aufwand an Arbeit und Kosten verbunden sei. Die vom Kläger vorgenommenen Umbauten seien nicht auf Dauer angelegt. Die Befestigungspunkte für die Sitzbänke seien weiterhin vorhanden, ebenso die Sicherheitsgurte. Bis November 2009 sei das Gitter, das ohnehin nur aus vier Längs- und drei Querstreben bestehe, nur durch eine Verschraubung mit dem Fahrzeug verbunden gewesen. Die spätere Verschweißung im Jahr 2009 führe nicht zur Zulagenbegünstigung des im Jahr 2008 angeschafften Fahrzeugs. Darüber hinaus hätten bei der Abgrenzung eines PKW von einem LKW das verkehrsrechtlich zulässige Gesamtgewicht sowie die Zuladung eines Fahrzeugs entscheidende Bedeutung, wenn durch die Umgestaltung eines PKW die Möglichkeit zur Personenbeförderung eingeschränkt werde. Fahrzeuge, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild sowie ihrer technischen Ausstattung einem annähernd baugleichen PKW-Typ entsprächen und die nicht sowohl ein zulässiges Gesamtgewicht von 2 800 kg und eine Zuladung von 800 kg überschritten, seien mithin stets als PKW einzustufen. Diese vom Bundesfinanzhof (BFH) für die Kraftfahrzeugsteuer entwickelten Grundsätze seien auch für das Investitionszulagenrecht zugrunde zu legen. Das Fahrzeug des Klägers habe nur eine Nutzlast von 680 kg.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde macht der Kläger in erster Linie die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Nach dem Senatsurteil vom 16. Mai 2002 III R 17/00 (BFHE 198, 280, BStBl II 2002, 667) sei ein Fahrzeug dann als PKW im investitionszulagenrechtlichen Sinne einzuordnen, wenn es objektiv nach Bauart und Einrichtung dazu geeignet und bestimmt sei, Personen zu befördern. Nach dem BFH-Urteil vom 24. Februar 2010 II R 6/08 (BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994) sei die Abgrenzung nach objektiven Kriterien vorzunehmen. Unstreitig könnten auch Fahrzeuge, die nach der Konzeption des Herstellers zur Personenbeförderung vorgesehen seien, die Eigenschaft als PKW verlieren. Die entsprechenden Umgestaltungen müssten nach der BFH-Rechtsprechung (Urteil vom 17. Dezember 1997 III R 12/97, BFHE 185, 335, BStBl II 1999, 498) nur unter erschwerten Bedingungen rückgängig zu machen sein und einen nicht unerheblichen Aufwand verursachen. Aufgrund dieser Rechtsprechung sei das Fahrzeug als LKW einzustufen. Das FG habe die Entscheidung des BFH vom 11. November 1999 III R 22/98 (BFHE 190, 547, BStBl II 2000, 501) außer Acht gelassen. Ein Fahrzeug sei dann als PKW einzustufen, wenn es objektiv nach seiner Einrichtung dazu geeignet und bestimmt sei, auch bei Privatfahrten Personen zu befördern. Das angefochtene Urteil widerspreche dem Urteil des BFH vom 16. Juli 1993 III R 59/92 (BFHE 172, 566, BStBl II 1994, 304), weil nach Ansicht des FG nicht abzustellen sei auf die theoretische Möglichkeit, ein Fahrzeug zur privaten Personenbeförderung zu nutzen, sondern vielmehr die Lebenserfahrung in Betracht zu ziehen sei.
Das FG habe seine Entscheidung zudem darauf gestützt, dass ein Fahrzeug dann als LKW zu beurteilen sei, wenn das zulässige Gesamtgewicht über 2 800 kg liege und die Nutzlast mindestens 800 kg betrage. Der BFH unterstelle in der Entscheidung in BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994, dass das Leergewicht eines Fahrzeugs mindestens 2 000 kg betragen müsse, um unter Berücksichtigung einer Zuladung von 800 kg zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 2 800 kg zu gelangen. Sein, des Klägers, Fahrzeug habe ein Leergewicht von 2 290 kg, was letztlich bedeute, dass unter Hinzurechnung der Nutzlast von 680 kg das für einen PKW charakteristische maximale Gesamtgewicht deutlich überschritten werde. Die Entscheidung des FG könne nicht aufrecht erhalten werden, es handele sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung.
II. Die Beschwerde ist unzulässig und wird durch Beschluss verworfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO). Die vom Kläger vorgebrachten Zulassungsgründe wurden nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt.
1. Die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO ist geboten, wenn das angefochtene Urteil des FG in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht. Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer u.a. tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, mit Datum sowie Aktenzeichen und/oder Fundstelle bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z.B. Senatsbeschluss vom 11. März 2011 III B 76/10, BFH/NV 2011, 981).
a) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat BFH-Urteile zitiert, welche die Abgrenzung von PKW und LKW betreffen und hat darin enthaltene Rechtssätze wiedergegeben. Dazu trägt er vor, das FG sei hiervon abgewichen. Zur Darlegung einer Divergenz ist dies nicht ausreichend.
b) Unabhängig hiervon liegt die behauptete Abweichung des angefochtenen Urteils von der BFH-Rechtsprechung auch nicht vor. Das FG hat sich bei der Entscheidungsfindung auf einschlägige BFH-Rechtsprechung gestützt. Hiernach ist ein Kfz dann ein PKW im investitionszulagenrechtlichen Sinne, wenn es objektiv nach Bauart und Einrichtung dazu geeignet und bestimmt ist, Personen zu befördern. Fahrzeuge, die von ihrer ursprünglichen Konzeption her zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt sind, verlieren durch eine Umgestaltung z.B. zu einem LKW nur dann ihre Eigenschaft als PKW, wenn die Umgestaltung auf Dauer angelegt ist, d.h. wenn sie nur unter erschwerten Bedingungen wieder rückgängig gemacht werden kann. Nur wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes mit einem nicht unbeträchtlichen Aufwand an Arbeit und Kosten verbunden ist, kann die Möglichkeit der Beförderung von Personen und damit auch einer privaten Nutzung, die vom Zweck der Zulagenbegünstigung nicht erfasst wird, praktisch ausgeschlossen werden. Ob ein Fahrzeug den Zweck der Personenbeförderung erfüllen kann, ist allerdings nicht allein nach der theoretischen Möglichkeit dieser Nutzungsart zu entscheiden, vielmehr ist in diesem Zusammenhang auch die Lebenserfahrung in Betracht zu ziehen (Senatsurteile in BFHE 190, 547, BStBl II 2000, 501; in BFHE 198, 280, BStBl II 2002, 667; vom 23. Oktober 2002 III R 7/01, BFH/NV 2003, 509, jeweils m.w.N.).
Das FG kam aufgrund seiner Würdigung der tatsächlichen Umstände des Streitfalles zu dem Ergebnis, dass die Umgestaltung des Fahrzeugs nicht auf Dauer angelegt gewesen sei, weil eine Entfernung der vom Kläger angebrachten Einbauten, bevor sie angeschweißt worden seien, keinen erheblichen Arbeitsaufwand erfordert hätte. Mit seiner Beschwerde beanstandet der Kläger letztlich die tatsächliche Würdigung des FG. Mit einem derartigen Vorbringen kann er im Verfahren über die Nichtzulassung der Revision nicht gehört werden.
2. Auch hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegen die Darlegungsvoraussetzungen nicht vor. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang die Abgrenzung von PKW und LKW mit Hilfe des zulässigen Gesamtgewichts und der Nutzlast angesprochen.
a) Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dazu ist auszuführen, ob und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Vor allem sind, sofern zu dem Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie ggf. einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (s. z.B. Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224). Diesen Erfordernissen genügt der Vortrag des Klägers nicht.
b) Darüber hinaus könnte eine Rechtsfrage, welche die Frage betrifft, ob das zulässige Gesamtgewicht sowie die Nutzlast eines Fahrzeugs als investitionszulagenrechtliches Abgrenzungsmerkmal geeignet sind, in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Das FG hat die Zulagenbegünstigung des Fahrzeugs des Klägers nicht nur verneint, weil die Umbauten nicht auf Dauer angelegt gewesen seien, sondern unter Hinweis auf das zu § 8 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ergangene BFH-Urteil in BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994 auch deshalb, weil die Nutzlast des Fahrzeugs nur 680 kg betragen und damit unter der Grenze von 800 kg gelegen habe. Das angefochtene Urteil enthält somit eine Doppelbegründung. In einem solchen Fall muss hinsichtlich eines jeden der beiden Begründungsansätze der geltend gemachte Zulassungsgrund dargelegt werden (BFH-Beschlüsse vom 20. Juli 2005 XI B 95/03, BFH/NV 2005, 2032, und vom 4. August 2005 II B 34/04, BFH/NV 2005, 2229, m.w.N.). Dies ist, wie unter 1. ausgeführt, nicht geschehen.