Entscheidungsdatum: 16.06.2015
Entsprechend § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG kann ein Unternehmensvertrag mit einer abhängigen GmbH nur zum Ende des Geschäftsjahrs oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden.
Die Revisionen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. November 2013 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist Sekundärinsolvenzverwalter über das in Deutschland belegene Vermögen der M. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Das Sekundärinsolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 7. November 2005 eröffnet.
Alleingesellschafterin der Schuldnerin war die beklagte GmbH, eine Konzerngesellschaft der B. AG. Die Beklagte schloss am 2./5. Mai 1996 einen Ergebnisabführungsvertrag mit der Schuldnerin, der bis zum Ablauf des Jahres 2000 laufen sollte.
Am 10. April 2000 übertrug die Beklagte ihre Anteile an der Schuldnerin auf die R. O. Holdings Ltd. mit Sitz in B. , die zu diesem Zeitpunkt über die R. Group Ltd. und die B. (UK) Holdings Ltd. noch zum B. -Konzern gehörte. Auf Veranlassung der B. AG, die ihrerseits einen Gewinnabführungsvertrag mit der Beklagten als abhängiger Gesellschaft abgeschlossen hatte, vereinbarten die Schuldnerin und die Beklagte am 25. April 2000, den Ergebnisabführungsvertrag mit sofortiger Wirkung aufzuheben. Dem Abschluss des Aufhebungsvertrags stimmte die R. O. Holdings Ltd. mit notariell beurkundetem Beschluss am 27. April 2000 zu. Die Aufhebung des Gewinnabführungsvertrages wurde am 6. Juli 2000 in das Handelsregister eingetragen.
Zum 31. Dezember 2000 wies die Schuldnerin einen Jahresfehlbetrag von 86.925.472,48 € auf. Für den 27. April 2000 errechnete der Kläger einen Jahresfehlbetrag von 128.190.320,56 €.
Der Kläger hat mit der Behauptung, der geschuldete Verlustausgleich sei nicht geleistet worden, Klage auf Zahlung von 128.190.320,56 € nebst Zinsen erhoben. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 86.925.472,48 € nebst Zinsen verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufungen beider Parteien bis auf den Zinsausspruch zurückgewiesen; es hat die Beklagte insoweit verurteilt, Zinsen in Höhe von 5% p.a. für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis zum 28. Mai 2010 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, mindestens jedoch in Höhe von 5% p.a., ab dem 29. Mai 2010 zu zahlen.
Dagegen richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen beider Parteien. Der Kläger verfolgt damit den Antrag auf Verurteilung zur Zahlung von 128.190.320,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5% p.a. für die Zeit vom 28. April 2000 bis zum 28. Dezember 2000 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2000 weiter, die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag.
Die Revisionen haben keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht (OLG München, ZIP 2014, 1067) hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt: Die Beklagte schulde den Verlustausgleich zum Stichtag 31. Dezember 2000. Der Ergebnisabführungsvertrag habe sich auf das Geschäftsjahr 2000 erstreckt. Der Vertrag sei nicht wirksam mit Wirkung zum 27. April 2000 aufgehoben, sondern erst mit Wirkung zum 31. Dezember 2000 beendet worden. Die Regelung in § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG, nach der ein Unternehmensvertrag mit einer abhängigen Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien nur zum Ende des Geschäftsjahres oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden könne, sei auf die abhängige GmbH entsprechend anzuwenden. Eigenarten des GmbH-Rechts, die der Anwendung der Regelungen in § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG entgegenstehen würden, bestünden nicht. Der Umstand, dass eine unterjährige Vertragsbeendigung (bei Insolvenz, fristloser Kündigung etc.) bewältigt werden könne und müsse sowie das Zwischenabschlüsse erstellt werden könnten, gelte gleichermaßen für die Aktiengesellschaft und ändere nichts daran, dass der Gesetzgeber an der Regelung des § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG festgehalten habe und eine Vertragsbeendigung während eines laufenden Geschäftsjahres nicht zulasse.
Eine Umdeutung in eine wirksame außerordentliche Kündigung komme nicht in Betracht, da es an einem wichtigen Grund hierfür fehle, insbesondere könne ein solcher nicht in der Veräußerung der Beteiligung der Beklagten gesehen werden. Dass eine Vertragsbeendigung zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt bzw. zu dem nach § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG bestimmten Ablauf des Geschäftsjahres 2000 für die Beklagte mit unzumutbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre, sei nicht ersichtlich. Auch die Veräußerung der Beteiligung gebe der Beklagten keinen Grund für eine außerordentliche, unterjährige Kündigung des Ergebnisabführungsvertrags. Der andere Vertragsteil sei auf Grund der Veräußerung seiner Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft nicht berechtigt, einen Unternehmensvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Die Anteilsveräußerung und die damit verbundenen Folgen seien seiner Sphäre zuzuordnen. Andernfalls habe es das herrschende Unternehmen selbst in der Hand, sich von einem mittlerweile unerwünschten Unternehmensvertrag zu lösen.
Da der Jahresfehlbetrag am 31. Dezember 2000 sich auf 86.925.472,48 € belaufen habe, stehe dieser Betrag dem Kläger zu. Eine Erfüllung sei nicht dadurch erfolgt, dass die B. AG zur Abdeckung von Verlusten der Schuldnerin darauf verzichtet habe, ihr zum damaligen Zeitpunkt mit rund 320 Millionen DM valutiertes Darlehen gegenüber der Schuldnerin wirtschaftlich zu verwerten, und es an die M. R. Group Ltd. abgetreten habe, die es zu kapitalisieren gehabt habe. Die Übertragung sei nicht zur Abdeckung künftiger Verluste und damit nicht in Erfüllung eines etwaigen Verlustausgleichsanspruchs erfolgt. Die Übertragung einer gegen die abhängige Gesellschaft gerichteten Darlehensforderung auf einen Drittgläubiger sei keine Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs, der gegen eine andere Gesellschaft, hier die Beklagte, gerichtet sei. Eine Kapitalisierungsverpflichtung stelle keine Tilgungsbestimmung hinsichtlich des Verlustausgleichsanspruchs dar. Die Schuldnerin sei aus dem „R. Kaufvertrag“ auch nicht berechtigt, insbesondere sei es kein Vertrag zugunsten Dritter. Für ein Recht der Schuldnerin aus dem Kaufvertrag, eine Kapitalisierung des Darlehens zum Verlustausgleich von der neuen Darlehensgläubigerin verlangen zu können, fehle es an einer Genehmigung der Schuldnerin nach § 415 Abs. 1 BGB. Daher liege auch keine Leistung an Erfüllung statt oder erfüllungshalber vor.
II. Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die vereinbarte Aufhebung des Ergebnisabführungsvertrags mit sofortiger Wirkung am 25. April 2000 für unwirksam gehalten und für die Bestimmung des Verlustausgleichs (§ 302 Abs. 1 AktG) das Ende des Geschäftsjahres am 31. Dezember 2000 herangezogen.
a) Entsprechend § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG kann ein Unternehmensvertrag mit einer abhängigen GmbH nur zum Ende des Geschäftsjahrs oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums aufgehoben werden (OLG München, ZIP 2012, 870; MünchKommGmbHG/Liebscher, 2. Aufl., § 13 Anh. Rn. 985; Ulmer/Casper, GmbHG, Anh. § 77 Rn. 199; Scholz/Emmerich, GmbHG, Anh. § 13 Rn. 195; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 296 Rn. 7b; Paschos in Henssler/Strohn, 2. Aufl., § 296 AktG Rn. 3; Hölters/Deilmann, AktG, 2. Aufl., § 296 Rn. 10; Heidel/Peres, AktG, 4. Aufl., § 296 Rn. 20; Maul in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 13 Rn. 36; Wirth, DB 1990, 2105, 2107; Schlögell, GmbHR 1995, 401, 408; E. Vetter, ZIP 1995, 345, 353; Kallmeyer, GmbHR 1995, 578, 579; Westermann, Festschrift Hüffer, 2010, S. 1071, 1073; aA OLG Zweibrücken, ZIP 2014, 1020; Baumbach/Hueck/Zöller/Beurskens, GmbHG, 20. Aufl., SchlAnhKonzernR Rn. 72; Koppensteiner/Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 5. Aufl., § 52 Anh. Rn. 125; Michalski/Servatius, GmbHG, 2. Aufl., Syst Darst. 4 Rn. 212; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl., § 13 Anh. Rn. 89; Hoffmann-Becking, WiB 1994, 57, 63; Ulrich, GmbHR 2004, 1000, 1002; Paschos/Goslar, Der Konzern, 2006, 479, 482 f.; Priester, NZG 2012, 641, 644; Krieger in U. H. Schneider, Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 1989, S. 105).
Der Bundesgerichthof wendet die Vorschriften des Aktiengesetzes über die Begründung und die Beendigung eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags mit einer abhängigen Aktiengesellschaft auf solche Unternehmensverträge mit einer abhängigen GmbH entsprechend an, soweit der Schutzzweck der Vorschriften bei einer abhängigen GmbH gleichermaßen zutrifft und sie nicht auf Unterschieden der Binnenverfassung zwischen der Aktiengesellschaft und der GmbH beruhen. So wird auch § 296 Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach eine rückwirkende Aufhebung des Unternehmensvertrags unzulässig ist, entsprechend auf die GmbH angewendet (BGH, Urteil vom 5. November 2001 - II ZR 119/00, ZIP 2002, 35, 36). Der Zeitpunkt der Beendigung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages im Fall seiner einvernehmlichen Aufhebung hat keinen Bezug zur Binnenverfassung der GmbH.
Der Schutzzweck von § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG trifft auf die GmbH in gleicher Weise wie auf eine Aktiengesellschaft zu. Die Beschränkung der Vertragsaufhebung auf das Ende des Geschäftsjahres oder des sonst vertraglich bestimmten Abrechnungszeitraums ist im Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit bestimmt worden (Entwurf eines Aktiengesetzes, BT-Drucks. IV/171, S. 220). Dass in anderen Fällen einer unterjährigen Vertragsbeendigung etwa durch Insolvenz oder Kündigung eine Stichtagsbilanz für die Berechnung der Ansprüche der Gesellschafter und zum Schutz der Gläubiger genügt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1987 - II ZR 170/87, BGHZ 103, 1, 10 f.; Urteil vom 5. April 1993 - II ZR 238/91, BGHZ 122, 211, 230), steht dem nicht entgegen. In diesen Fällen überwiegt das Interesse an einer unterjährigen Beendigung des Unternehmensvertrages, so dass die damit verbundenen Nachteile hinzunehmen sind. Dagegen vereinfacht es die Abrechnung sowohl etwaiger Ansprüche der Minderheitsgesellschafter wie auch der Ergebnisabführung, wenn die ohnehin zum Ende des Geschäftsjahres oder eines vereinbarten Abrechnungszeitraums zu erstellende Bilanz zugrunde gelegt werden kann. Da die Bilanz zum Ende des Geschäftsjahres regelmäßig geprüft wird, ist die Gefahr einer Manipulation geringer als bei einer unterjährigen Zwischenrechnung, ebenso die Gefahr, dass eine Abrechnung unterlassen wird. Zwar muss aus solchen Gründen die Vertragsfreiheit hinsichtlich des Zeitpunkts bei einer Aufhebung nicht zwingend eingeschränkt werden. Die in § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung des Gesetzgebers ist aber zu beachten, auch soweit es ihre Übertragung auf eine GmbH betrifft.
Die Entscheidung des Gesetzgebers, die einvernehmliche Aufhebung nur zum Geschäftsjahresende zuzulassen, wurde auch nicht unter der falschen Annahme getroffen, dass eine unterjährige Berechnung oder Beendigung nicht möglich sei. Dass eine unterjährige Beendigung eines Unternehmensvertrages in bestimmten Fällen in Betracht kommen kann, hat der Gesetzgeber nicht übersehen. Er hat in § 297 AktG die Kündigung jedenfalls zum Teil geregelt und dabei gesehen, dass eine Kündigung aus wichtigem Grund auch unterjährig möglich sein muss. Er hat in § 297 Abs. 1 AktG die Kündigung aus wichtigem Grund geregelt und in der Gesetzesbegründung ausgeführt, dass die übrigen Rechtsfragen einer Kündigung, namentlich unter anderem der Zeitpunkt einer Kündigung ohne wichtigen Grund, der Vertragsfreiheit überlassen bleiben sollen. Zu der Regelung in § 297 Abs. 2 AktG, dass der Vorstand der abhängigen Gesellschaft nicht ohne Zustimmung der außenstehenden Aktionäre kündigen könne, hat er ausgeführt, dass die Kündigung aus wichtigem Grund davon ausgenommen bleibe, weil sie gerade im Interesse der außenstehenden Aktionäre unter Umständen schnell ausgesprochen werden müsse (Entwurf eines Aktiengesetzes, BT-Drucks. IV/171, S. 220).
Die Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit durch die entsprechende Anwendung des § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG wiegt auch nicht besonders schwer, weil die Obergesellschaft regelmäßig als Mehrheits- oder Alleingesellschafter der abhängigen GmbH ein Rumpfgeschäftsjahr beschließen kann. Die Gesellschafter können durch Satzungsänderung das Geschäftsjahr verändern (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - II ZB 20/13, ZIP 2015, 88 Rn. 14).
b) Der Bestimmung des Verlustausgleichs ist damit das Ende des Geschäftsjahres am 31. Dezember 2000 zugrunde zu legen. Dabei kann dahinstehen, ob die Unwirksamkeit der Aufhebung mit sofortiger Wirkung nur zur Unwirksamkeit der Regelung des Beendigungstermins führt und an seine Stelle das Ende des laufenden Geschäftsjahres am 31. Dezember 2000 als nächstzulässiger Beendigungstermin tritt oder ob die Aufhebungsvereinbarung insgesamt unwirksam ist. Auch wenn die Aufhebungsvereinbarung insgesamt unwirksam war, ist der Verlustausgleich zum Ende des Geschäftsjahres 2000 zu berechnen. Der Ergebnisabführungsvertrag war auf den 31. Dezember 2000 befristet. Er sollte sich zwar jeweils um ein Jahr verlängern, wenn nicht eine Vertragspartei mit einer Frist von zwei Monaten zum Vertragsende die Aufhebung verlangt. Ein beiderseitiges Aufhebungsverlangen in diesem Sinn liegt mit der Vereinbarung vom 25. April 2000 vor.
2. Zutreffend hat es das Berufungsgericht auch abgelehnt, die Erklärung der Beklagten in der Aufhebungsvereinbarung in eine Kündigungserklärung aus wichtigem Grund umzudeuten. Dabei kann dahinstehen, ob die Veräußerung der Beteiligung durch die Obergesellschaft ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des Ergebnisabführungsvertrags entsprechend § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG durch die Obergesellschaft sein kann (dafür MünchKommAktG/Liebscher, 2. Aufl., § 13 Anh. Rn. 1020; Heidel/Peres, AktG, 4. Aufl., § 297 Rn. 20;Schlögell, GmbHR 1995, 401, 410; Krieger/Jannott, DStR 1995, 1473, 1476; Mühl/Wagenseil, NZG 2009, 1253, 1257; Krieger in U. H. Schneider, Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der GmbH, 1989, S. 106 f.; aA OLG Düsseldorf, AG 1995, 137, 138; OLG Oldenburg, NZG 2000, 1138, 1140; MünchKommAktG/Altmeppen, 3. Aufl., § 297 Rn. 39 f.; Koppensteiner in KK-AktG, 3. Aufl., § 297 Rn. 19; Mülbert in Großkomm. AktG, 4. Aufl., § 297 Rn. 37; Scholz/Emmerich, GmbHG, Anh. § 13 Rn. 193; Michalski/Servatius, GmbHG, 2. Aufl., Syst Darst. 4 Rn. 232; Langenbucher in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 297 AktG Rn. 8; Maul in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 13 Rn. 33; Hüffer/Koch, AktG, 11. Aufl., § 297 Rn. 7; Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 207 Rn. 11; Paschos in Henssler/Strohn, 2. Aufl., § 297 AktG Rn. 5; Ebenroth/Parche, BB 1989, 637, 642; Kallmeyer, GmbHR 1995, 578, 580; Ulrich, GmbHR 2004, 1000, 1001). Ein wichtiger Grund liegt nur vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Unternehmensvertrags bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Selbst wenn die Beteiligungsveräußerung als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung grundsätzlich in Betracht käme, scheitert eine Umdeutung hier daran, dass nicht ersichtlich ist, dass es der Beklagten am 25. April 2000 unzumutbar gewesen wäre, den Ergebnisabführungsvertrag bis zum Jahresende fortzuführen. Die Beteiligung an der Schuldnerin war an eine Gesellschaft veräußert worden, die zum Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung noch zum B. -Konzern gehörte.
3. Das Berufungsgericht hat zu Recht in der Übertragung der Kontokorrentdarlehensforderung der B. AG gegen die Schuldnerin auf die M. R. Group Ltd. gegen eine Kapitalisierungsverpflichtung, der die M. R. O. Holdings Ltd. am 28. Juni 2001 durch eine Patronatserklärung und die M. R. Group Ltd. am 11. Oktober 2002 durch einen Rangrücktritt hinsichtlich der übernommenen Darlehensforderungen nachgekommen sein sollen, keine Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs gesehen.
Zwar sind zur Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs auch Leistungen an Erfüllung statt zulässig, sofern sie werthaltig sind (BGH, Urteil vom 10. Juli 2006 - II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 Rn. 7), und kann das herrschende Unternehmen Geld- oder Sachmittel der abhängigen Gesellschaft unter vorher vereinbarter Anrechnung auf eine bestehende oder künftige Verlustausgleichsverpflichtung zur Verfügung stellen, wobei allerdings klar gestellt sein muss, ob die Leistung auf einen vorjährigen oder künftig entstehenden Anspruch zu verrechnen ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 2006 - II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 Rn. 12). Das Berufungsgericht hat aber rechtsfehlerfrei festgestellt, dass eine Vereinbarung über die Verwendung der abgetretenen Darlehensforderung zum Verlustausgleich nicht getroffen wurde. Dazu, dass - über den Vertragswortlaut hinaus - bei Abschluss des „R. Kaufvertrags“ nach den Vorstellungen der Beteiligten Einigkeit bestanden habe, dass das Darlehen als Erfüllung künftiger Verlustausgleichsverpflichtungen zur Verfügung gestellt worden sei, musste das Berufungsgericht nicht die angebotenen Zeugen vernehmen. Weder die Beklagte als Schuldnerin des Anspruchs auf Verlustausgleich noch die Schuldnerin als dessen Gläubigerin waren Parteien des „R. -Kaufvertrags“. Die Vorstellungen der Parteien des R. -Kaufvertrags über die Verwendung der abgetretenen Kontokorrentforderung sind für die zwischen den Parteien des Unternehmensvertrags zu treffende Vereinbarung zu Geld- oder Sachleistungen zur Erfüllung der Verlustausgleichsverpflichtung grundsätzlich nicht von Bedeutung. Für ein Einverständnis der Schuldnerin mit der Einräumung einer Verrechnungsmöglichkeit zum Ausgleich von Verlusten hat die Beklagte keinen Beweis angeboten. Mit dem Hinweis, im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2000 seien keine „Erträge aus Verlustübernahme“ mehr ausgewiesen worden, ist ein solches Einverständnis nicht belegt. Mit der bloßen Einräumung einer Verrechnungsmöglichkeit sind der Schuldnerin auch keine Geld- oder Sachmittel im Sinn der Senatsrechtsprechung zur Verfügung gestellt worden. In der später erteilten Patronatserklärung und der Rangrücktrittserklärung liegt keine Erfüllung des Verlustausgleichsanspruchs.
Die Geltendmachung des Verlustausgleichanspruchs ist auch nicht treuwidrig. Da die Schuldnerin nicht Partei des „R. -Kaufvertrags“ war, handelte sie nicht treuwidrig, wenn sie die dort nach dem Vortrag der Beklagten vereinbarte Möglichkeit zu einer Verrechnung der abgetretenen Darlehensforderung mit dem Verlustausgleichsanspruch nicht wahrnahm. Der Anspruch auf Verlustausgleich ist eine Geldforderung. Eine Leistung an Erfüllungs statt setzt eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner voraus (§ 364 Abs. 1 BGB). Zum Abschluss einer solchen Vereinbarung ist der Gläubiger grundsätzlich nicht verpflichtet. Eine solche Verpflichtung der Schuldnerin bestand hier auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Treuepflicht. Wenn die Gesellschafter der Schuldnerin mit der Abtretung der Darlehensforderung eine Leistung erhalten haben, die sie für die Zwecke des Verlustausgleichs verwenden sollten, führt das nicht zu einer Treuebindung der Schuldnerin, sondern allenfalls der Gesellschafter der Schuldnerin gegenüber der B. AG.
4. Auch hinsichtlich der Verzinsung ist das Berufungsurteil nicht zu beanstanden.
a) Das Berufungsgericht hat dem Kläger für die Zeit vor Rechtshängigkeit zu Recht nur Fälligkeitszinsen (§ 352 HGB) und keine Verzugszinsen zugesprochen. Das herrschende Unternehmen gerät nicht auch ohne Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB (§ 284 Abs. 2 Satz 1 BGB aF) mit der am Bilanzstichtag eintretenden Fälligkeit des Anspruchs gleichzeitig in Verzug (MünchKommAktG/Altmeppen, 3. Aufl., § 302 Rn. 73 a; Stephan in K. Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 302 Rn. 43; Hirte in Großkomm.z.AktG, 4. Aufl., § 302 Rn. 64; Thoß, DB 2007, 206, 208; Wernicke/Scheunemann, DStR 2006, 1399, 1400; Prokoph, DB 2007, 900, 902; aA Emmerich in Emmerich/Habersack, AktG- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 302 AktG Rn. 40a). Mit dem Bilanzstichtag, in der Regel das Ende des Geschäftsjahrs, wird der Anspruch auf Verlustausgleich fällig (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2005 - II ZR 361/02, ZIP 2005, 854, 855; Urteil vom 11. Oktober 1999 - II ZR 120/98, BGHZ 142, 382, 385). Damit tritt aber auch dann, wenn wie hier der Stichtag wegen des auf den 31. Dezember 2000 befristeten Ergebnisabführungsvertrags kalendermäßig bestimmt ist, nicht ohne Mahnung Verzug ein.
Nach § 286 Abs. 4 BGB (§ 285 BGB a.F.) kommt ein Schuldner nicht in Verzug, wenn die Leistung aufgrund von Umständen unterbleibt, die er nicht zu vertreten hat. Wie jeder andere Schuldner kommt die Obergesellschaft nicht in Verzug, wenn sie an der Leistung durch eine nicht zu vertretende Ungewissheit über das Bestehen und den Umfang der Forderung gehindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - VII ZR 53/10, ZIP 2011, 559 Rn. 16; Urteil vom 12. Juli 2006 - X ZR 157/05, NJW 2006, 3271, 3272). Eine Ungewissheit über den Umfang des Verlustausgleichs besteht, solange der Jahresabschluss nicht aufgestellt ist. Vor seiner Aufstellung, die regelmäßig erst nach dem Ende des Abrechnungszeitraums erfolgen kann, steht die Höhe des Verlusts nicht fest, der ausgeglichen werden muss. Das hindert zwar nicht die Fälligkeit des Verlustausgleichsanspruchs, weil die herrschende Gesellschaft den zum Jahresende vorläufig errechneten Betrag zahlen und sich einen Überschuss wieder zurückholen kann (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1999 - II ZR 120/98, BGHZ 142, 382, 386), aber jedenfalls den Verzugseintritt.
Eine Mahnung war für den Verzugseintritt auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB ab dem Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresabschlusses entbehrlich. Danach bedarf es einer Mahnung nicht, wenn aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. Dazu genügt es entgegen der Revision des Klägers nicht, dass die Geschäftsleitung der Untergesellschaft in Verlegenheit gebracht wird, wenn sie die Leistung des Verlustausgleichs anmahnen muss. Dass die Geschäftsführung der beherrschten Gesellschaft den Verlustausgleichsanspruch geltend machen muss und eine gegenteilige Weisung des herrschenden Unternehmens nichtig ist, entspricht allgemeiner Ansicht (vgl. nur MünchKomm AktG/Altmeppen, 3. Aufl., § 302 Rn. 81 f.).
b) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Verzugszinssatz von 5% über dem Basiszinssatz zugrunde gelegt. Auf Forderungen, die nach dem 1. Mai 2000 fällig geworden sind, ist § 288 Abs. 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen anzuwenden, Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Danach ist eine Geldschuld während des Verzugs für das Jahr mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Die Verlustausgleichsverpflichtung ist mit dem Ablauf des 31. Dezember 2000 fällig geworden.
Entgegen der Revision des Klägers kommt der Zinssatz für Entgeltforderungen nach § 288 Abs. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts nicht in Betracht. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB gilt § 288 Abs. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, die nach Art. 229 § 34 Satz 1 EGBGB auf ein vor dem 28. Juli 2014 entstandenes Schuldverhältnis weiter anzuwenden ist, nicht für Schuldverhältnisse, die bereits vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind.
c) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Zinsansprüche für den Verlustausgleich bis einschließlich 2005 verjährt sind. Der Anspruch auf Nebenleistungen wie Zinsen verjährt unabhängig vom Hauptanspruch, nach § 217 BGB (§ 224 BGB aF) allerdings spätestens mit dem Hauptanspruch. Für den Anspruch auf Fälligkeits- und Verzugszinsen für den Verlustausgleichsanspruch gelten die regelmäßigen Verjährungsfristen der §§ 194 ff. BGB. Die Sonderverjährung nach § 302 Abs. 4 AktG betrifft nach dem eindeutigen Wortlaut nur die Ansprüche der Gesellschaft aus § 302 Abs. 1 bis 3 AktG, also den Hauptanspruch auf Verlustausgleich. Anhaltspunkte dafür, dass sie auch die Verzinsung erfassen soll, bestehen nicht. Dass die abhängige Gesellschaft auf eine Kompensation der Verluste weder verzichten noch sich vergleichen darf (§ 302 Abs. 3 Satz 1 AktG), bietet keinen solchen Anhaltspunkt. Das Verzichtsverbot für eine Hauptleistungspflicht erfasst im Gesellschaftsrecht regelmäßig Nebenleistungspflichten auch bei Einlagepflichten nicht (vgl. etwa MünchKommAktG/Bayer, 3. Aufl., § 66 Rn. 8; Ulmer/Müller, GmbHG, 2. Aufl., § 20 Rn. 47). Dass für den schwächeren Anspruch auf Verlustausgleich nach § 302 AktG (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2006 - II ZR 238/04, BGHZ 168, 285 Rn. 9) etwas anderes gelten soll, ist nicht ersichtlich. Erst recht kann dann das Verjährenlassen des Verlustausgleichsanspruchs dem Verzicht nicht gleichgestellt werden.
Kenntnis der den Anspruch auf Fälligkeitszinsen begründenden Umstände (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) hatten die Geschäftsführer der Schuldnerin ab der Kenntnis von Verlusten für das Geschäftsjahr 2000 und damit spätestens mit Aufstellung des Jahresabschlusses im Folgejahr.
Bergmann Caliebe Drescher
Born Sunder