Entscheidungsdatum: 12.06.2012
1. Die Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB greift auch dann ein, wenn für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem unrichtigen Rechtsformzusatz "GmbH" gehandelt wird.
2. In diesem Fall haftet der Handelnde nicht nach den Grundsätzen der Unterbilanzhaftung, sondern dem auf den Rechtsschein vertrauenden Vertragspartner persönlich.
Die Revision des Beklagten zu 2 gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 7. Juli 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten Fassaden- und Dachsanierung.
Die bereits im Berufungsverfahren nicht mehr beteiligte Beklagte zu 1, die HM- UG (haftungsbeschränkt), wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 2. Februar 2009 vom Beklagten zu 2, M. H. , gegründet. Am 30. März 2009 wurde die Beklagte zu 1 in das Handelsregister eingetragen. Als Stammkapital sind 100 € ausgewiesen. Der Beklagte zu 2 war alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1.
Unter der Bezeichnung „H- GmbH.u.G. (i.G.), M. H. …“ wurden dem Kläger mit Datum vom 12. Mai 2009 Fassadenarbeiten angeboten. Der Kläger nahm das Angebot am 13. Mai 2009 telefonisch an. Mit einem weiteren Angebot unter identischer Bezeichnung wurden dem Kläger weitere Fassaden- sowie Dacharbeiten angeboten. Als Kontoinhaber für einen erbetenen Vorschuss ist die „HM- GmbH, u. g.“ genannt. Der Kläger zahlte in der Folge Vorschüsse. Die Arbeiten wurden begonnen, aber nicht zu Ende geführt. Im September 2009 erklärte die Beklagte zu 1 die Kündigung des Werkvertrags mit sofortiger Wirkung.
Der Kläger hat zunächst von beiden Beklagten Schadensersatz in Höhe von 14.589,49 € verlangt. Das Landgericht hat durch Teilversäumnis- und Schlussurteil die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 12.444,97 € verurteilt. Die weitergehende Klage gegen die Beklagte zu 1 und die Klage gegen den Beklagten zu 2 hat es abgewiesen. Mit seiner Berufung hat der Kläger die Verurteilung auch des Beklagten zu 2 in Höhe von 12.444,97 € weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage gegen den Beklagten zu 2 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten zu 2.
Die Revision des Beklagten zu 2 hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Werkvertrag sei nicht mit dem Beklagten zu 2 als Auftragnehmer, sondern mit der Beklagten zu 1 abgeschlossen worden. Der Beklagte zu 2 hafte aber neben der Beklagten zu 1 persönlich, weil er die nicht existierende Firmenbezeichnung „GmbH u. G.“ statt der gemäß § 5a GmbHG zutreffenden Firmierung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ verwendet habe. Damit habe er im Rechtsverkehr gegenüber dem Kläger den Anschein erweckt, dass Vertragspartnerin eine mit einem ursprünglichen Stammkapital von mindestens 25.000 € haftende GmbH sei. Die Beklagte zu 1 weise lediglich ein Stammkapital von 100 € auf. Da der Kläger dargetan habe, dass er den Vertrag mit einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nicht abgeschlossen hätte, treffe den Beklagten zu 2 eine Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB.
II. Das Urteil hält den Angriffen der Revision stand.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass eine Rechtsscheinhaftung nicht nur in Fällen eingreift, in denen der Rechtsformzusatz einer Kapitalgesellschaft ganz weggelassen wird, sondern auch dann, wenn für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem unrichtigen Zusatz "GmbH" gehandelt wird.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, kann es zur Haftung des Handelnden kraft Rechtsscheins entsprechend § 179 BGB führen, wenn dieser im Rahmen geschäftlicher Verhandlungen oder bei Vertragsabschlüssen für eine GmbH die Firma unter Weglassen des Zusatzes „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ oder "GmbH" zeichnet (vgl. BGH, Urteil vom 3. Februar 1975 - II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 16 f.; Urteil vom 7. Mai 1984 - II ZR 276/83, BGHZ 91, 148, 152; Urteil vom 5. Februar 2007 - II ZR 84/05, ZIP 2007, 908 Rn. 9, 14, 17; Beschluss vom 22. Februar 2011 - II ZR 301/08 Rn. 2 - juris).
Durch die in § 4 GmbHG gesetzlich vorgeschriebene Aufnahme der Gesellschaftsform in die Firma soll dem Geschäftsgegner die Tatsache der beschränkten Haftung seines Verhandlungs- oder Vertragspartners deutlich vor Augen geführt werden. Wird die vom Rechtsverkehr erwartete Offenlegung unterlassen, werden unzutreffende Vorstellungen erweckt. Dadurch entsteht die Gefahr, dass der Geschäftsgegner Dispositionen trifft, die er bei Kenntnis des wahren Sachverhalts ganz oder in dieser Form unterlassen hätte. Dem entspricht als Ausgleich die Vertrauenshaftung dessen, der die erforderliche Aufklärung nicht vornimmt (BGH, Urteil vom 3. Februar 1975 - II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 17 f.; Urteil vom 3. Februar 1975 - II ZR 142/73, WM 1975, 742, 743; Urteil vom 1. Juni 1981 - II ZR 1/81, ZIP 1981, 983, 984; Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, 601 f.; Urteil vom 24. Juni 1991 - II ZR 293/90, ZIP 1991, 1004, 1005).
Der Rechtsscheinhaftung steht nicht entgegen, dass sich die Beschränkung der Haftung des Vertragspartners aus dem Handelsregister ergibt. Der spezielle Vertrauenstatbestand des § 4 GmbHG ist gegenüber der in § 15 Abs. 2 HGB getroffenen Regelung, dass ein Dritter eine in das Handelsregister eingetragene und bekannt gemachte Tatsache gegen sich gelten lassen muss, vorrangig (BGH, Urteil vom 1. Juni 1981 - II ZR 1/81, ZIP 1981, 983, 984; Urteil vom 18. März 1974 - II ZR 167/72, BGHZ 62, 216, 222 f.; Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, 601).
b) Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn die Firma einer Unternehmergesellschaft unter Weglassen des in § 5a Abs. 1 GmbHG zwingend vorgeschriebenen Zusatzes „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ gezeichnet wird. Angesichts des Umstandes, dass die Unternehmergesellschaft mit einem nur ganz geringen Stammkapital ausgestattet sein kann, besteht sogar ein besonderes Bedürfnis des Rechtsverkehrs, dass hierauf hingewiesen wird. Aus Gründen des effektiven Gläubigerschutzes ist daher gerade auch hier eine entsprechende Haftung geboten(Miras, NZG 2012, 486, 489; Heckschen in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 2. Aufl., § 5 Rn. 37; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 5a Rn. 11, § 4 Rn. 49; MünchKommGmbHG/J. Mayer, § 4 Rn. 151; Paura in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 5a Rn. 41).
c) Diese Grundsätze gelten aber auch dann entsprechend, wenn im Rahmen geschäftlicher Verhandlungen oder bei Vertragsabschlüssen für eine Unternehmergesellschaft mit dem Rechtsformzusatz GmbH gezeichnet und dadurch bei dem Vertragspartner die unzutreffende Vorstellung geweckt wird, er kontrahiere mit einer Gesellschaft mit einem Mindeststammkapital von 25.000 € (§ 5 Abs. 1 GmbHG).
aa) Wird für eine Unternehmergesellschaft mit dem Rechtsformzusatz GmbH gezeichnet, lehnt ein Teil des Schrifttums eine Rechtsscheinhaftung ab. Zur Begründung wird angeführt, dass auch bei einer regulären GmbH das Stammkapital lediglich bei der Gründung aufzubringen sei, so dass der Gläubiger bei Vertragsschluss nicht darauf vertrauen könne, einen Haftungsfonds in Höhe von 25.000 € vorzufinden (Gehrlein, Der Konzern 2007, 771, 780; Römermann, NJW 2010, 905, 907; Veil, GmbHR 2007, 1080, 1082; Paura in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 5a Rn. 42; Scholz/H.P. Westermann, GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag MoMiG, § 5a Rn. 14). Der überwiegende Teil des Schrifttums hält dagegen eine Rechtsscheinhaftung des Handelnden - jedenfalls bis zur Höhe der Differenz zwischen dem tatsächlichen Stammkapital der Unternehmergesellschaft und dem Mindeststammkapital einer GmbH - wegen unzureichender Information der Geschäftspartner über die gesetzlich angeordnete Kapitalausstattung der Gesellschaft für sachgerecht (vgl. Meckbach, NZG 2011, 968, 971; Miras, NZG 2012, 486, 489 f.; Wagner, BB 2009, 842, 844; Wachter in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 2009, Rn. 1.103-1.105; Heckschen in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 2. Aufl., § 5 Rn. 38; Pfisterer in Saenger/Inhester, GmbHG, § 5a Rn. 8; Wicke, GmbHG, 2. Aufl., § 5a Rn. 6; Schäfer in Henssler/Strohn, § 5a GmbHG Rn. 15; Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 5a Rn. 9; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 5a Rn. 11; MünchKommGmbHG/J. Mayer, § 4 Rn. 18, 151; MünchKommGmbHG/Rieder, § 5a Rn. 16).
bb) Der Senat stimmt der zuletzt genannten Auffassung zu. Denn diese steht in Übereinstimmung mit dem Willen des Gesetzgebers sowie mit dem Sinn und Zweck des in § 5a Abs. 1 GmbHG angeordneten Rechtsformzusatzes.
(1) Eine Unternehmergesellschaft muss nach § 5a Abs. 1 GmbHG abweichend von § 4 GmbHG in der Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen. Nach der Wertung des Gesetzgebers stellt das von vornherein (stark) verminderte Stammkapital der Unternehmergesellschaft als Variante der GmbH eine Information dar, die dem Rechtsverkehr zwingend offenzulegen ist. Eine Abkürzung des Zusatzes „(haftungsbeschränkt)“ ist nicht zulässig (vgl. Begr. RegE des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 25. Juni 2007, BT-Drucks. 16/6140, S. 31; Schäfer in Henssler/Strohn, § 5a GmbHG Rn. 13; MünchKommGmbHG/J. Mayer, § 4 Rn. 17, 18; MünchKommGmbHG/Rieder, § 5a Rn. 14 f.). Erst Recht darf der Zusatz nicht weggelassen werden. Die gesetzliche Vorgabe ist exakt und buchstabentreu einzuhalten (OLG Hamburg, GmbHR 2011, 657; Roth in Roth/Altmeppen, 7. Aufl., § 5a Rn. 10). Daher ist insbesondere die Bezeichnung als GmbH nicht zulässig. Dies ergibt sich schon aus der in § 5a Abs. 1 GmbHG benutzten Wendung „abweichend von § 4 …“ (vgl. Wachter in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rn. 1.103; MünchKommGmbHG/J. Mayer, § 4 Rn. 17 m.w.N.).
Das Publikum soll nicht darüber getäuscht werden, dass es sich bei der Unternehmergesellschaft um eine Gesellschaft handelt, die möglicherweise mit sehr geringem Gründungskapital ausgestattet ist (vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/6140, S. 31). Der spezielle Rechtsformzusatz soll als unverzichtbarer Bestandteil des Gläubigerschutzes (Gegenäußerung der BReg, Anlage 3 zur BT-Drucks. 16/6140 S. 74) sicherstellen, dass die Geschäftspartner erkennen können, mit welcher Art von Gesellschaft sie es zu tun haben, und sich entsprechend darauf einstellen können. Die Seriositätsschwelle, die in einem angemessenen Mindeststammkapitalbetrag liegt, strahlt auch eine gewisse Seriosität auf die Rechtsform der GmbH insgesamt aus (vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 16/6140, S. 31).
(2) Diese Erwägungen, in denen die Warnfunktion des in § 5a Abs. 1 GmbHG vorgeschriebenen Rechtsformzusatzes gerade auch in Abgrenzung zur GmbH zum Ausdruck kommt, rechtfertigen eine Rechtsscheinhaftung des Handelnden nicht nur bei Weglassen des Zusatzes, sondern auch dann, wenn durch die Verwendung des Zusatzes GmbH für eine Unternehmergesellschaft der falsche Eindruck vermittelt wird, der Vertragspartner habe mit einem Stammkapital von mindestens 25.000 € ausgestattet werden müssen. Denn dadurch wird der Geschäftsverkehr über die geringere Kreditwürdigkeit der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) getäuscht.
Dem kann nicht erfolgreich mit dem Einwand begegnet werden, auch bei einer regulären GmbH sei das Mindeststammkapital lediglich bei der Gründung aufzubringen, so dass der Gläubiger, der mit einer regulären GmbH kontrahiere, bei Vertragsschluss keineswegs mit einem vorhandenen Haftungsfonds in Höhe von 25.000 € rechnen könne. Die Benutzung des Rechtsformzusatzes „GmbH“ schafft den Rechtsschein, dass ein solcher Haftungsfonds zumindest einmal bestand. Der Gläubiger ist zwar nicht davor geschützt, dass die GmbH ihr Stammkapital verwirtschaftet. Die gegenüber der Unternehmergesellschaft höhere Kapitalgrundlage der eingetragenen GmbH begründet aber eine entsprechend höhere Soliditätsgewähr. Diese höhere Soliditätsgewähr der GmbH ist ein Umstand von wesentlicher Bedeutung bei der durch das MoMiG eingeführten gesetzlichen Zweigleisigkeit zwischen der GmbH und der Unternehmergesellschaft und kann nicht mit dem Hinweis übergangen werden, dass auch das höhere Stammkapital der GmbH bereits aufgezehrt sein könnte (Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 5a Rn. 11). Für eine als reguläre GmbH firmierende Unternehmergesellschaft wäre es zudem ein Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, einerseits die Erbringung des regulären Haftungsfonds vermeiden zu wollen, andererseits aber im Rechtsverkehr den Eindruck zu erwecken, den regulären Haftungsfonds (zumindest in der Vergangenheit schon einmal) aufgebracht zu haben (Miras, NZG 2012, 486, 490; MünchKommGmbHG/Rieder, § 5a Rn. 16).
Den gleichen Erwägungen begegnet die Argumentation, es fehle bereits an einem Rechtsschein, weil der Vertragspartner auf die beschränkte Haftung hingewiesen werde (so Paura in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 5a Rn. 42). Gerade auf das gegenüber der GmbH von vornherein (stark) verminderte Stammkapital ist nach dem Willen des Gesetzgebers zwingend hinzuweisen. Aus Sicht des Gesetzgebers und auch des Rechtsverkehrs ist es für die Frage der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung, ob die Gesellschaft von vornherein mit dem gesetzlichen Mindeststammkapital (oder darüber) ausgestattet wurde oder mit einem beliebig geringeren Stammkapital. Denn die Eigenkapitalausstattung einer Gesellschaft spiegelt auch das Vertrauen der Gesellschafter in das eigene Geschäftsvorhaben wieder (Michalski/Miras, GmbHG, 2. Aufl., § 5a Rn. 58).
(3) Der durch die Verwendung des Rechtsformzusatzes GmbH gesetzte Rechtsschein wird durch die in diesem Zusammenhang unverständlichen Zusätze „u.g.“ bzw. „u.G.“ nicht zerstört. Denn diese Bezeichnungen sind nicht genügend aussagekräftig und im Übrigen nach § 5a Abs. 1 GmbHG unzulässig.
(4) Dadurch, dass der Beklagte zu 2 nicht nur den Zusatz "GmbH", sondern auch den weiteren Zusatz "i.G." verwendet hat, ändert sich an dem Ergebnis nichts. Durch den - unzutreffenden - Hinweis, dass sich die GmbH noch im Gründungsstadium befinde, wird im Gegenteil sogar der Rechtsschein erzeugt, die Gesellschaft werde bei ordnungsgemäßem Verlauf in der Zukunft, nämlich im Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister, über einen Haftungsfonds in Höhe des Mindeststammkapitals von 25.000 € abzüglich der Gründungskosten oder über Ansprüche aus Unterbilanzhaftung gegen die Gründer verfügen, oder, sollte die Eintragung scheitern, Ansprüche aus der Verlustdeckungshaftung gegen die Gründer haben, auf die der Vertragspartner zurückgreifen könne (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1997 - II ZR 123/94, BGHZ 134, 333, 334 ff.; Urteil vom 16. Januar 2006 - II ZR 65/04, BGHZ 165, 391, 395 ff.).
2. Wird gegenüber dem Vertragspartner der Rechtsschein erzeugt, er kontrahiere nicht mit einer Unternehmergesellschaft, sondern mit einer GmbH, haftet der Handelnde dem auf den Rechtsschein vertrauenden Vertragspartner persönlich. Entgegen einer Auffassung im Schrifttum (Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 5a Rn. 11) begründet die Täuschung keine - als Innenhaftung ausgestaltete - Unterbilanzhaftung, sondern eine Außenhaftung.
Die Rechtsscheinhaftung bedeutet im Ergebnis, dass nach Maßgabe des zurechenbar verursachten Rechtsscheins gehaftet wird. Sie ist keine subsidiäre Ausfallhaftung für den wirklichen Unternehmensträger. Setzt der Handelnde - wie hier - zurechenbar den Rechtsschein einer potentiell günstigeren Haftungssituation aufgrund einer besseren Kreditwürdigkeit der Gesellschaft, haftet er gegenüber dem Vertragspartner, der hierauf gutgläubig vertraut hat, neben dem Unternehmensträger als Gesamtschuldner (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, 602; Urteil vom 24. Juni 1991 - II ZR 293/90, ZIP 1991, 1004, 1006). Es reicht daher nicht aus, dass der Handelnde die Unternehmergesellschaft durch Auffüllung des Stammkapitals bis zur Höhe eines verursachten Rechtsscheins in die Lage versetzt, die eingegangene Verbindlichkeit selbst zu erfüllen. § 179 BGB begründet eine schuldunabhängige Garantiehaftung, die allein auf dem Umstand basiert, dass die unmittelbar auftretende Person durch die dem Vertragspartner gegenüber abgegebene sachlich unzutreffende Erklärung einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH, Urteil vom 5. Februar 2007 - II ZR 84/05, ZIP 2007, 908 Rn. 17).
Der Handelnde wird dadurch auch nicht in unangemessener Weise belastet. Bei Inanspruchnahme des Handelnden ist es dessen Sache, im Innenverhältnis Ausgleich von dem wirklichen Rechtsträger zu verlangen, was zugleich bedeutet, dass er dessen Insolvenzrisiko zu tragen hat. Diese Risikoverteilung ist angemessen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, 602).
Ob die Haftung, wie es im Schrifttum überwiegend angenommen wird, gegenüber dem einzelnen Gläubiger oder gegenüber der Gesamtheit der Gläubiger auf die Differenz zwischen der Stammkapitalziffer der Unternehmergesellschaft und dem Mindeststammkapital der GmbH begrenzt ist, kann hier offen bleiben. Denn der Kläger verlangt nur Schadensersatz in Höhe von 12.444,97 €, also weniger als diese Differenz, und dass der Beklagte zu 2 noch von anderen Gläubigern aufgrund der Rechtsscheinhaftung in Anspruch genommen wurde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
3. Die Rechtsscheinhaftung des Beklagten zu 2 setzt weiterhin voraus, dass der Kläger die wahren Verhältnisse nicht gekannt und sich im Vertrauen darauf, er kontrahiere mit einer Gesellschaft mit einem Mindeststammkapital von 25.000 €, auf ein Vertragsverhältnis mit dieser eingelassen hat. Das darzulegen und zu beweisen, ist aber nicht Sache des Klägers. Wenn der Beklagte zu 2 die Rechtsscheinfolgen nicht gegen sich gelten lassen will, muss vielmehr er darlegen und beweisen, dass sein Vertragsgegner die wahren Verhältnisse kannte oder kennen musste oder dass diese für ihn im konkreten Fall keine Rolle gespielt haben (BGH, Urteil vom 3. Februar 1975 - II ZR 128/73, BGHZ 64, 11, 18 f.; Urteil vom 3. Februar 1975 - II ZR 142/73, WM 1975, 742, 743; Urteil vom 1. Juni 1981 - II ZR 1/81, ZIP 1981, 983, 984 f.; Urteil vom 15. Januar 1990 - II ZR 311/88, WM 1990, 600, 602). Das Berufungsgericht hat, von der Revision unangegriffen, festgestellt, der Kläger habe dargetan, dass er die Werkverträge mit einer Unternehmergesellschaft nicht abgeschlossen hätte.
Strohn Reichart Drescher
Born Sunder