Entscheidungsdatum: 07.06.2010
Für in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmte Termine besteht kein Anspruch auf Terminsverlegung, wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, nachdem seine Erledigung durch unabweisbare Terminsänderung verzögert und obendrein durch Flucht in die Säumnis verschleppt worden ist .
Die Revision des Klägers gegen das zweite Versäumnisergänzungsurteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 31. August 2009 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten.
Streitwert: 20.000,00 €
I.
Der Kläger hat die Beschlüsse der Hauptversammlung vom 19. Mai 2004 über die Verwendung des Bilanzgewinns (TOP 2) und die Entlastung des Vorstands (TOP 3) der M. AG angefochten, die später auf die Beklagte verschmolzen wurde. Das Landgericht hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen und nach dem Einspruch des Klägers das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, die zunächst durch Versäumnisurteil und nach Einspruch und Ablehnung mehrerer Terminsverlegungsanträge des Klägers durch streitiges Urteil vom 30. April 2009 zurückgewiesen wurde. Der Kläger hat - neben einer Urteilsberichtigung und der Gehörsrüge - eine Urteilsergänzung beantragt, die das Berufungsgericht nach Ablehnung von Terminsverlegungsanträgen des Klägers, die mit der Arbeitsüberlastung seines Prozessbevollmächtigten begründet wurden, durch Ergänzungsversäumnisurteil vom 25. Juni 2009 zurückgewiesen hat. Gegen dieses Versäumnisurteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 20. Juli 2009 Einspruch eingelegt. Das Berufungsgericht hat Termin zur mündlichen Verhandlung über den Einspruch auf 20. August 2009 anberaumt. Verlegungsanträge des Klägers hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts zunächst zurückgewiesen. Im Termin vom 20. August 2009 hat das Berufungsgericht die mündliche Verhandlung wegen eines mit einem neuen Verlegungsantrag glaubhaft gemachten Auslandsaufenthalts des Klägervertreters bis 24. August 2009 auf den 31. August 2009 vertagt und den Kläger darauf hingewiesen, dass gem. § 227 Abs. 3 Satz 3 ZPO keine erneute Vertagung in Betracht komme, weil das Verfahren besonderer Beschleunigung bedürfe. Die Sache sei ausgeschrieben, das Urteil in der Hauptsache datiere von Ende April 2009. Neues könne in dem Ergänzungsverfahren ohnehin nicht vorgetragen werden. Die Nichtzulassungsbeschwerde sei beim Bundesgerichtshof seit längerem anhängig, von wo die Akten ständig angefordert würden. Mit Schriftsätzen vom 27. August 2009 und 31. August 2009 hat der Kläger Verlegung des Termins beantragt unter Hinweis auf § 227 Abs. 3 Satz 1 ZPO und auf den Umstand, dass ihm nach Urlaubsrückkehr nicht hinreichend Zeit zur Vorbereitung des Termins bleibe und das Berufungsgericht Hinweise nach § 139 ZPO zum Ergänzungsverfahren nicht erteilt habe. Das Berufungsgericht hat die Vertagungsanträge im Termin vom 31. August 2009 unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 20. August 2009 zurückgewiesen und den Einspruch des nicht erschienen Klägers durch zweites Ergänzungsversäumnisurteil verworfen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er vorbringt, nicht unverschuldet säumig gewesen zu sein, weil seinem Verlegungsantrag keine Folge gegeben worden sei.
II.
Die Revision ist zu verwerfen.
1. Die Revision ist statthaft. Gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt (BGH, Sen. Beschl. v. 3. März 2008 - II ZR 251/06, NJW-RR 2008, 876 Tz. 3; Urt. v. 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Tz. 4).
2. Die Revision ist aber nicht zulässig, weil eine unverschuldete Verhinderung nicht schlüssig dargelegt ist.
a) Die Schlüssigkeit des Sachvortrags zur unverschuldeten Versäumung ist Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen ein zweites Versäumnisurteil (BGH, Urt. v. 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Tz. 6; Beschl. v. 23. September 1987 - III ZB 15/87, BGHR ZPO § 513 Abs. 2 S. 1, Säumnis 1; v. 24. Januar 1985 - I ZR 113/84, VersR 1985, 542; Urt. v. 9. Oktober 1975 - VII ZR 242/73, VersR 1976, 67; v. 22. September 1977 - VII ZR 128/77, NJW 1978, 428). Nach § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision nur insoweit, als sie darauf gestützt werden kann, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig und schlüssig in der Rechtsmittelbegründung vorgetragen werden (BGH, Urt. v. 22. März 2007 - IX ZR 100/06, ZIP 2007, 885 Tz. 6).
b) Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass ein Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen hat. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers, dessen Verschulden sich der Kläger zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO), hat den Termin vom 31. August 2009 schuldhaft versäumt.
aa) Die Säumnis war nicht schon wegen des Antrags auf Terminsänderung unverschuldet. Der von einer Partei gestellte Antrag auf Verlegung eines Verhandlungstermins entschuldigt eine Versäumnis nach § 337 ZPO nicht, weil die Termine zur mündlichen Verhandlung der Parteidisposition entzogen sind (BGH, Urt. v. 19. November 1981 - III ZR 85/80, NJW 1982, 888). Mit einer stillschweigenden Verlegung oder Vertagung konnte der Kläger nicht rechnen, da das Berufungsgericht bereits im Beschluss vom 20. August 2009, mit dem der Verhandlungstermin wegen Urlaubsabwesenheit des Prozessbevollmächtigten auf den 31. August 2009 vertagt wurde, darauf hingewiesen hatte, dass gem. § 227 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine erneute Verlegung nicht in Betracht komme, weil das Verfahren besonderer Beschleunigung bedürfe.
bb) Die Säumnis des Klägers war auch nicht entschuldigt, weil der Termin hätte verlegt werden müssen. Ein Vertagungs- oder Verlegungsgrund bestand nicht.
Einen erheblichen Grund (§ 227 Abs. 1 ZPO) für eine - zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zwingende (vgl. BGH, Urt. v. 15. November 2007 - RiZ (R) 4/07, NJW 2008, 1448 Tz. 31) - Terminsänderung hat der Kläger nicht dargelegt. Auf die angeblich fehlende Zeit zur Terminsvorbereitung kann er sich nicht berufen. Die mangelnde Terminsvorbereitung ist kein Verlegungs- oder Vertagungsgrund, solange sie nicht ihrerseits entschuldigt ist (§ 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO). Der bereits eine Woche vor dem Termin beendete Urlaub des Prozessbevollmächtigten entschuldigt eine mangelnde Vorbereitung nicht. Das - vom Kläger selbst beantragte - Urteilsergänzungsverfahren war überschaubar und verlangte von seinem Prozessbevollmächtigten, der auch im Hauptsacheverfahren tätig war, keine weitere Einarbeitung. Eine besondere Terminsvorbereitung war auch nicht notwendig. Das Urteilsergänzungsverfahren reicht nicht weiter als das Verfahren in der Hauptsache, in das der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits eingearbeitet war, und lässt neuen Tatsachenstoff nicht zu. Es findet statt, wenn nach dem Tatbestand des Urteils ein von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder der Kostenpunkt bei der Endentscheidung übergangen ist (§ 321 Abs. 1 ZPO). Rechtliche Hinweise, zu denen dem Kläger noch Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben gewesen wäre, hat das Berufungsgericht nicht gegeben.
Der auf den 31. August anberaumte Termin musste auch nicht nach § 227 Abs. 3 ZPO verlegt werden. Ein Anspruch auf Terminsverlegung für in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmte Termine besteht nicht, wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf (§ 227 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Besonderer Beschleunigung bedarf ein Verfahren dann, wenn die Umstände des jeweiligen Rechtsstreits eine über das ohnehin schon gebotene Maß der Prozessförderung durch Gericht und Parteien hinausgehende Verfahrensbeschleunigung verlangen (Musielak/Stadler, ZPO 7. Aufl. § 227 Rdn. 9). Sie ist insbesondere geboten, wenn ein Verfahren bereits verschleppt wurde. Dem Beschleunigungsgebot kommt in einem verzögerten Verfahren ein erhöhtes Gewicht zu (BGH, Urt. v. 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Tz. 8). Da die Prozessförderungspflicht dem Gericht obliegt, ist entgegen der Auffassung der Revision kein ausdrücklicher Antrag oder eine Anregung einer Partei erforderlich, einen Terminsverlegungsantrag abzulehnen. Der Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör ist nicht berührt, weil sie bei Vorliegen eines erheblichen Grundes eine Terminsänderung nach § 227 Abs. 1 ZPO verlangen kann.
Das Urteilsergänzungsverfahren bedurfte hier besonderer Beschleunigung, weil es bereits verschleppt war. Es ist besonders zu fördern, wenn in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt ist, weil die Erledigung des Rechtsstreits schon durch das Rechtsmittel hinausgeschoben wird und das Ergänzungsverfahren die Entscheidung über das Rechtsmittel weiter verzögert. Der Umfang der Anfechtung des Urteils im Rechtsmittelverfahren ist vom Ausgang des Ergänzungsverfahrens abhängig, da erst damit seine endgültige Gestalt feststeht. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren konnte außerdem tatsächlich nicht weiter betrieben werden, solange den Rechtsanwälten beim Bundesgerichtshof die Prozessakten nicht zur Verfügung gestellt werden konnten, weil sie beim Berufungsgericht noch für das Urteilsergänzungsverfahren benötigt wurden. Ein erhöhter Beschleunigungsbedarf für das Urteilsergänzungsverfahren entstand dadurch, dass der Kläger es - wie schon die Hauptsache in beiden Instanzen - durch die Flucht in die Säumnis verschleppt hat und das Verfahren durch die aus erheblichem Grund gebotene Verlegung des Termins vom 20. August 2009 nochmals weiter verzögert wurde.
Dass dem Beschleunigungsgebot auch noch mit einem Verhandlungstermin Anfang September 2009 genügt wäre, begründet keinen Anspruch auf Terminsverlegung. Wenn ein besonderes Beschleunigungsbedürfnis besteht, hat der Vorsitzende des Gerichts nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob ein Termin in der Zeit bis zum 31. August bestehen bleibt oder verlegt wird. Die Ablehnung der Terminsänderung lässt keinen Ermessensfehler erkennen. Dass ein Grund für die Versagung der Terminsverlegung der Ruhestand des Vorsitzenden gewesen sein mag, wie die Revision meint, begründet zwar kein besonderes Beschleunigungsinteresse, konnte aber bei der Ermessensentscheidung über die Terminsverlegung berücksichtigt werden, in die die Belastung des Gerichts mit Terminen in anderen Sachen und eine weitere Verzögerung durch die nach einem Richterwechsel notwendige Einarbeitungszeit einzubeziehen sind.
Goette Caliebe Reichart
Drescher Löffler