Entscheidungsdatum: 07.06.2011
Eine Versicherung, in der ein Geschäftsführer nur auf den Zeitpunkt der Verurteilung selbst abstellt und nicht auf den der Rechtskraft des Urteils, vermittelt dem Registergericht nicht die nach dem Gesetz erforderlichen Angaben über das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG .
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Oktober 2010 wird auf Kosten der Beteiligten zurückgewiesen.
Der Geschäftswert wird auf 3.000 € festgesetzt.
I.
Die Beteiligte, eine im Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, meldete am 27. Mai 2010 bei dem zuständigen Registergericht zur Eintragung in das Handelsregister an, dass der Diplomkaufmann (TU) U. P. zum weiteren Geschäftsführer bestellt worden ist. Der Geschäftsführer versicherte in der notariell beglaubigten Anmeldung zum Zeitpunkt des Zugangs der Anmeldung beim Registergericht,
„dass keine Umstände vorliegen, aufgrund deren der Geschäftsführer nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG von dem Amt als Geschäftsführer ausgeschlossen wäre: Während der letzten fünf Jahre erfolgte im Inland (bzw. im Ausland wegen mit nachstehenden Taten vergleichbaren Straftaten) keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten …“.
Das Registergericht hat die Anmeldung beanstandet, weil die Versicherung des Geschäftsführers bei der Fünf-Jahresfrist nur auf den Zeitpunkt der Verurteilung, nicht aber auf den später liegenden Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft einer erfolgten Verurteilung abstelle. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Wortlaut der abgegebenen Versicherung entspreche nicht den § 39 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG. Auch mit dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften, der in der Erleichterung des Anmelde- und Prüfungsverfahrens liege, sei die Erklärung nicht vereinbar, da das Registergericht weiterhin prüfen müsse, ob eine relevante Verurteilung vorliege. Nach der Versicherung sei es möglich, dass der Geschäftsführer vor mehr als fünf Jahren erstinstanzlich verurteilt worden, das Urteil aber noch nicht fünf Jahre rechtskräftig sei.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte ihr Begehren weiter, den weiteren Geschäftsführer in das Handelsregister einzutragen.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Auf das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) das seit 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, da der das Verfahren einleitende Antrag am 27. Mai 2010, also nach Inkrafttreten der Neuregelung, bei Gericht eingegangen ist.
Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Kammergericht hat die Beschwerde der Beteiligten gegen die angefochtene Zwischenverfügung des Registergerichts zu Recht zurückgewiesen.
a) Die Beschwerde ist gemäß § 382 Abs. 4 Satz 2, §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch ansonsten zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
b) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Registergericht hat die eingereichte Versicherung mit seiner Zwischenverfügung zu Recht beanstandet und die begehrte Eintragung davon abhängig gemacht, dass der weitere Geschäftsführer der Beteiligten in seiner Versicherung gemäß § 39 Abs. 3 GmbHG bei der Nennung der Fünf-Jahresfrist auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft einer erfolgten Verurteilung der in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftatbestände abstellt.
aa) Gemäß § 39 Abs. 1 GmbHG ist jede Änderung in den Personen der Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die neuen Geschäftsführer haben nach § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG in ihrer Anmeldung zu versichern, dass keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 GmbHG entgegenstehen, und dass sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG kann Geschäftsführer nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer der dort aufgeführten vorsätzlich begangenen Straftaten verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
bb) Die vom Geschäftsführer der Beteiligten in der Anmeldung abgegebene Versicherung, während der letzten fünf Jahre sei im Inland (bzw. im Ausland wegen mit nachstehenden Taten vergleichbarer Straftaten) keine Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten erfolgt, genügt den Anforderungen nach § 39 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG nicht. Der Zeitpunkt, auf den sich die Versicherung zu beziehen hat, ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 2 GmbHG der Eintritt der Rechtskraft des Urteils. Das Bestellungsverbot knüpft ersichtlich wegen des damit verbundenen Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Freiheit der Berufswahl und der Berufsausübung (Art. 12 GG) sowie wegen des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Unschuldsvermutung schon aus verfassungsrechtlichen Gründen an eine rechtskräftige Verurteilung an. Auf der anderen Seite ist die Berechnung der Ausschlussfrist ab dem Eintritt der Rechtskraft - und nicht ab dem Zeitpunkt der Verurteilung oder der Begehung der Tat - sowohl hinsichtlich der sich daraus ergebenden Dauer des Bestellungshindernisses als auch im Hinblick auf die Bestimmtheit der Angaben, die der Geschäftsführer unter Strafandrohung (§ 82 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) (wahrheitsgemäß) zu versichern hat, verfassungsrechtlich unbedenklich.
Auch nach dem Sinn und Zweck von § 39 Abs. 3 Satz 1 GmbHG hat sich die Versicherung nicht auf den Zeitpunkt der Verurteilung, sondern auf den Eintritt der Rechtskraft des Urteils zu beziehen. Die Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung des Geschäftsführers soll wie die entsprechende Erklärung bei der Errichtung einer Gesellschaft (§ 8 Abs. 3 Satz 1 GmbHG) das Anmeldungs- und Prüfverfahren erleichtern. Mit der Einführung der Versicherung des Geschäftsführers, dass keine der im Gesetz genannten Umstände seiner Bestellung entgegenstehen, wollte der Gesetzgeber das Registergericht der Notwendigkeit entheben, bei jeder neuen Gesellschaftsgründung und bei jeder Veränderung in der Person der Geschäftsführer eine Auskunft aus dem Zentralregister einholen zu müssen, obwohl nur in Ausnahmefällen die Voraussetzungen der Bestellungshindernisse nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG gegeben sein werden. Die Versicherung des Geschäftsführers hat den Zweck, dem Registergericht auf schnelle und einfache Art diejenigen Informationen zu vermitteln, die es sich ansonsten - unter erhöhtem Verwaltungsaufwand - durch ein Auskunftsersuchen gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BZRG selbst verschaffen müsste (BT-Drucks. 8/1347, S. 34, 43; BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10, ZIP 2010, 1337 Rn. 9). Eine solche Auskunft aus dem Zentralregister umfasste nach §§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 5 BZRG auch den Tag der Rechtskraft der Verurteilung.
cc) In der Formulierung der Versicherung muss sich niederschlagen, dass das Bestellungshindernis zeitlich an die Rechtskraft der Verurteilung anknüpft (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 20 W 319/09, juris Rn. 11 f.; Opgenhoff in Bormann/Kauka/Ockelmann, Handbuch GmbH-Recht, 2009, Rn. 161; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, 2009, S. 70 f. Rn. 162; Heckschen in Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 2. Aufl., Rn. 126; Heidel, AnwaltFormulare GmbH-Recht, 2009, S. 72 Rn. 53; Eckhardt in Kölner Handbuch Gesellschaftsrecht, 2011, S. 257 Rn. A 467 M; Wachter, GmbHR 2009, 785, 786). Eine Versicherung, in der ein Geschäftsführer nicht auf den Zeitpunkt der Rechtskraft, sondern nur auf den der Verurteilung selbst abstellt, vermittelt dem Registergericht nicht die nach dem Gesetz erforderlichen Angaben über das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, Satz 3 GmbHG.
Diesem Erfordernis wird die beanstandete Formulierung nicht gerecht. Der Ansicht der Rechtsbeschwerde, die beanstandete Versicherung des weiteren Geschäftsführers der Beteiligten, während der letzten fünf Jahre nicht verurteilt worden zu sein, könne nur so verstanden werden, dass insbesondere in den letzten fünf Jahren keine derartige Verurteilung rechtskräftig geworden sei, kann nicht gefolgt werden. Das Beschwerdegericht hat vielmehr rechtsfehlerfrei angenommen, dass es nach der abgegebenen Versicherung möglich ist, dass eine länger als fünf Jahre zurückliegende Verurteilung noch keine fünf Jahre rechtskräftig ist.
Darin unterscheidet sich die beanstandete Versicherung von der Erklärung, die dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10, ZIP 2010, 1337 zugrunde lag. Aus der dort vom Geschäftsführer in der Anmeldung zum Handelsregister gemäß § 8 Abs. 3 GmbHG abgegebenen Versicherung, er sei "noch nie, weder im Inland noch im Ausland, wegen einer Straftat verurteilt worden", folgt ohne weiteres, dass mangels einer Verurteilung eine solche in dem Zeitraum von fünf Jahren vor der Anmeldung auch nicht
rechtskräftig geworden sein kann. Diese Versicherung genügte daher den gesetzlichen Anforderungen (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2010 - II ZB 5/10, ZIP 2010, 1337 Rn. 8 f.).
Bergmann Caliebe Drescher