Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 15.07.2014


BGH 15.07.2014 - II ZB 2/13

Handelsregistersache: Eintragungsfähigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft mit untergeordneter Treuhandtätigkeit als Kommanditgesellschaft


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
15.07.2014
Aktenzeichen:
II ZB 2/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Dresden, 6. Dezember 2012, Az: 12 W 865/12, Beschlussvorgehend AG Chemnitz, 8. Juni 2012, Az: 93 AR 1273/11
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Eine Steuerberatungsgesellschaft in der Form einer Kommanditgesellschaft mit dem Gesellschaftszweck "geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen einschließlich der Treuhandtätigkeit" kann im Handelsregister eingetragen werden.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Beteiligten werden der Beschluss des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 6. Dezember 2012 und der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz - Registergericht - vom 8. Juni 2012 aufgehoben.

Das Registergericht wird angewiesen, über die Anmeldung der Beteiligten vom 7. Oktober 2011 - UR-Nr. 2168/2011, Notar         M.    in M.      - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Gründe

1

I. Die Beteiligten haben nach Gründung der W.                 GmbH & Co. KG Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden: Steuerberatungs KG) die Gesellschaft am 7. Oktober 2011 zur Eintragung im Handelsregister angemeldet, u.a. mit folgenden Angaben zum Gesellschaftszweck:

"Die Gesellschaft ist in folgendem Geschäftszweig tätig (Gegenstand):

Gegenstand des Unternehmens sind die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen sowie die damit vereinbarten Tätigkeiten gemäß § 33 i.V.m. § 57 Abs. 3 StBerG, einschließlich der Treuhandtätigkeit.

Tätigkeiten, die mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar sind, insbesondere gewerbliche Tätigkeiten i.S.v. § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG wie z.B. Handels- und Bankgeschäfte sind ausgeschlossen."

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Das Registergericht hat die Anmeldung zunächst mit Beschluss vom 5. Januar 2012 mit der Begründung zurückgewiesen, die Gesellschaft müsse, damit sie eingetragen werden könne, ausschließlich Treuhandaufgaben wahrnehmen. Nach Aufhebung dieses Beschlusses durch das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 14. Mai 2012 hat das Registergericht die Anmeldung mit Beschluss vom 8. Juni 2012 erneut zurückgewiesen. Es hat nun zur Begründung ausgeführt, die Eintragung der Steuerberatungsgesellschaft setze eine - vorliegend unstreitig nicht beabsichtigte - überwiegende Ausübung der Treuhandtätigkeit voraus. Die gegen diesen erneuten Zurückweisungsbeschluss erhobenen Beschwerden der Beteiligten sind ohne Erfolg geblieben. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihren vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerden.

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II. Das Beschwerdegericht (OLG Dresden, NZG 2013, 873) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

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Eine Kommanditgesellschaft mit dem Gesellschaftszweck "geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen einschließlich der Treuhandtätigkeit" könne nur dann im Handelsregister eingetragen werden, wenn die Gesellschaft die für die Eintragung erforderliche gewerbliche Tätigkeit (hier: die Treuhandtätigkeit) schwerpunktmäßig ausübe. Dies sei bei der von den Beteiligten angemeldeten Steuerberatungs KG unstreitig nicht der Fall. Die Gesellschaft sei auch nicht nach § 105 Abs. 2 HGB eintragungsfähig. Die berufsrechtliche Möglichkeit, Personenhandelsgesellschaften, die im Handelsregister eingetragen seien, als Steuerberatungsgesellschaften anzuerkennen (§ 49 Abs. 2 StBerG), stelle keine den §§ 105, 161 BGB vorgehende spezialgesetzliche Regelung der Anforderungen an den Umfang der gewerblichen Tätigkeit für die Eintragung einer Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft dar. Auch gebe die berufsrechtliche Anerkennung der Personenhandelsgesellschaften keinen Anlass zu einer Rechtsfortbildung; die Grenzen der zulässigen Rechtsfortbildung würden vielmehr überschritten.

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III. Die Rechtsbeschwerden haben Erfolg. Sie führen unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Anweisung an das Registergericht, über die Anmeldung der Steuerberatungs KG durch die Beteiligten vom 7. Oktober 2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

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1. Die Rechtsbeschwerden sind nach ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

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2. Die Rechtsbeschwerden sind auch begründet. Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass das Registergericht die Anmeldung der Steuerberatungs KG zum Handelsregister aus handelsrechtlichen Gründen (§§ 105, 161 HGB) ablehnen durfte.

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a) Das Beschwerdegericht hat allerdings zutreffend gesehen, dass (auch) nach der Reform des Handelsgesetzbuchs durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. Juni 1998 (BGBl. I, 1474) die herrschende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur weiterhin auf dem Standpunkt steht, dass eine Gesellschaft nur dann als Offene Handelsgesellschaft oder als Kommanditgesellschaft im Handelsregister eingetragen werden kann, wenn ihr Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist (§§ 1, 105, 161 HGB). Übt die Gesellschaft sowohl gewerbliche als auch nicht gewerbliche Tätigkeiten aus, soll sich die Einordnung des Geschäftsbetriebs als Handelsgewerbe grundsätzlich nach dem Gesamtbild des Betriebs, d.h. danach richten, was den Schwerpunkt darstellt bzw. welche Tätigkeit wesentlich und prägend ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2011 - AnwZ (Brfg) 18/10, ZIP 2011, 1664 Rn. 9 mwN; BayObLG, NZG 2002, 718; Oetker/Körber, HGB, 3. Aufl., § 1 Rn. 46; Keßler in Heidel/Schall, HGB, § 1 Rn. 24; BeckOK HGB/Schwartze, § 1 Rn. 28; Kindler in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., § 1 Rn. 39; Roth in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 1 Rn. 15; einschränkend etwa Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 1 Rn. 28). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien könnte die Steuerberatungs KG nicht im Handelsregister eingetragen werden. Sie strebt - unstreitig - eine überwiegende Ausübung der Treuhandtätigkeit nicht an.

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Ebenso im Einklang mit der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur hat das Beschwerdegericht die Eintragungsfähigkeit der Steuerberatungs KG nach § 105 Abs. 2 Satz 1 HGB abgelehnt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Juli 2011 - AnwZ (Brfg) 18/10, ZIP 2011, 1664 Rn. 11 mwN; Potsch, NZG 2012, 329, 330; Tersteegen, NZG 2010, 651, 652; a.A. Arens, DStR 2011, 1825, 1826; K. Schmidt, DB 2009, 271, 273 und DB 2011, 2477, 2478).

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b) Das Beschwerdegericht hat jedoch verkannt, dass § 49 Abs. 2 StBerG eine spezialgesetzliche Regelung enthält, nach der Steuerberatungsgesellschaften als Personenhandelsgesellschaften bereits dann im Handelsregister eingetragen werden können, wenn sie nach ihrem Gesellschaftszweck darauf ausgerichtet sind, neben der sie prägenden geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen (§ 1 Abs. 1 und 2 iVm § 3 Nr. 3 StBerG) - auch - die ihnen berufsrechtlich nach § 57 Abs. 3 Nr. 3 iVm § 72 StBerG gestattete Treuhandtätigkeit auszuüben (vgl. Arens, DStR 2011, 1825, 1827; ders., DStR 2013, 1103 f.; Juretzek, DStR 2013, 2792, 2793; Willwerscheid in Kuhls u.a., StBerG, 3. Aufl., § 49 Rn. 4; Timmer in Hense/Ulrich/Maxl, WPO, 2. Aufl., § 27 Rn. 6 ff.; vgl. hierzu auch schon BGH, Beschluss vom 4. März 1985 - AnwZ (B) 43/84, BGHZ 94, 65, 69 f.; aA Tersteegen, NZG 2010, 651, 652). Dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 49 StBerG eine im Verhältnis zu § 105 Abs. 1 HGB spezialgesetzliche Regelung geschaffen hat, folgt aus der Gesetzgebungsgeschichte.

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aa) Das Steuerberatungsgesetz vom 16. August 1961 (BGBl. I, 1301) erlaubte in § 16 StBerG aF Steuerberatungsgesellschaften nur in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Aktiengesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien. Wenngleich treuhänderische Tätigkeiten mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar sein sollten (§ 22 Abs. 3 Nr. 3 StBerG aF), verzichtete der Gesetzgeber dennoch für die Steuerberater auf die Rechtsformen der Offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft. Dies wurde im schriftlichen Bericht des Wirtschaftsausschusses zum Regierungsentwurf des Steuerberatungsgesetzes wie folgt begründet (BT-Drucks. 3/zu 2859 S. 7):

"Da Steuerberatungsgesellschaften ihrem Wesen nach keine Treuhandtätigkeit ausüben und deswegen auch nicht als Treuhandgesellschaften in das Handelsregister eingetragen sind, hat der Ausschuss darauf verzichtet, die Steuerberatungsgesellschaften auch in der Gestalt der Offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft zu ermöglichen."

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Erst mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl. I, 1509) wurde Steuerberatern in § 49 Abs. 1 und 2 StBerG die Möglichkeit eröffnet, eine Steuerberatungsgesellschaft auch in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft zu betreiben. Diese Änderung wurde wie folgt begründet (BT-Drucks. 7/2852 S. 35):

"Absatz 1 [des § 49] entspricht dem bisherigen § 16 Abs. 1. Er ist jedoch insoweit erweitert worden, als er in Anpassung an § 27 WPO für die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft neben der Rechtsform einer juristischen Person des Handelsrechts auch die einer Personenhandelsgesellschaft zulässt. Diese Änderung, die den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen soll, hat insbesondere für die sogenannten Doppelgesellschaften Bedeutung, d.h. für die Gesellschaften, die zugleich als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt werden möchten.

Abs. 2 [des § 49] macht wie § 27 Abs. 2 WPO die Anerkennung davon abhängig, dass die betreffende offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft wegen ihrer Treuhandtätigkeit als Handelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden ist."

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bb) Wirtschaftsprüfern war die Ausübung ihres Berufs in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft schon mit Einführung der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) vom 24. Juli 1961 (BGBl. I, 1049) gestattet worden. Dieses Gesetz geht zurück auf Entwürfe aus den Jahren 1954 (BT-Drucks. 2/784) und 1958 (BT-Drucks. 3/201). Zur Begründung der § 27 Abs. 2 WPO entsprechenden Entwurfsvorschrift ist dort folgendes ausgeführt (BT-Drucks. 3/201 S. 50, wortgleich schon in BT-Drucks. 2/784 S. 62 f.):

"Die Form der Offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft, bei denen der Gesichtspunkt der Verantwortung durch die persönliche Haftung betont ist, werden unter den besonderen Voraussetzungen des Abs. 2 anerkannt. Sie müssen ihrer Treuhandtätigkeit wegen in das Handelsregister eingetragen sein.

Die Personengesellschaft des Handelsrechts setzt im allgemeinen die gewerbsmäßige Ausübung eines Handelsgeschäfts voraus (§§ 105, 161, 1, 2 HGB). Der Wirtschaftsprüferberuf ist nach den Vorschriften des Entwurfs kein Gewerbe (§ 1 Abs. 2). Allein die mit ihm verbundene Treuhandtätigkeit, die nach § 55 Abs. 4 mit dem Wirtschaftsprüferberuf vereinbar ist, kann jedoch die Möglichkeit einer Eintragung einer Personengesellschaft im Handelsregister begründen. Eine so eingetragene Gesellschaft darf dann auch als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anerkannt werden."

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cc) Dieser Begründung ist zu entnehmen, dass Wirtschaftsprüfer-Personenhandelsgesellschaften schon dann für eintragungsfähig gehalten wurden, wenn sie lediglich untergeordnete Treuhandtätigkeiten entfalten.

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(1) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind aus Treuhandgesellschaften hervorgegangen. Treuhandgesellschaften wurden (u.a. in Form der Personenhandelsgesellschaften) erstmals Ende des 19. Jahrhunderts gegründet. Ihr Tätigkeitsgebiet entwickelte sich bereits ab Anfang des 20. Jahrhunderts mehr und mehr von der Treuhandtätigkeit hin zum Revisionsgeschäft (vgl. dazu ausführlich Haibt, Die Kapitalbeteiligung Berufsfremder an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, 1998, S. 31 ff.; Weyershaus, Wirtschaftsprüfung in Deutschland und erster europäischer Zusammenschluss (1931-1961), 2012, S. 77 f.). Dabei ging die Revisionstätigkeit inhaltlich aus der Treuhandaufgabe - zumindest teilweise - hervor, so dass die Verknüpfung von Revision und Treuhand als nicht nur zufällig bezeichnet wird (so Schäuble, Die berufsrechtliche Stellung der Wirtschaftsprüfer in Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, 1971, S. 84 ff., 89 f.; vgl. auch Hagen, Revision und Treuhandwesen, 1978, S. 174, 194 ff., 196). Bereits um das Jahr 1906 war das Revisionsgeschäft in den Mittelpunkt der Tätigkeit der Treuhandgesellschaften gerückt; Mitte der 20er Jahre lag der Anteil der Revisionstätigkeit bei bis zu 60 % (vgl. Meisel, Geschichte der deutschen Wirtschaftsprüfer, 1992, S. 116, 120). Gleichwohl wurden sie als Personenhandelsgesellschaften im Handelsregister eingetragen, obwohl auch zu dieser Zeit in Rechtsprechung und Literatur für sog. Mischbetriebe die Problematik der Prägung einer Handelsgesellschaft durch die gewerbliche Tätigkeit, als die die Treuhandtätigkeit bereits damals angesehen wurde (vgl. KG, HRR 1932 Nr. 249), schon bekannt war und allgemein gefordert wurde, dass für die Eintragung der Schwerpunkt der Tätigkeit auf dem Gebiet eines Handelsgewerbes liegen müsse (vgl. nur RGZ 64, 155, 157; 109, 73, 75 f.; Cosack, Lehrbuch des Handelsrechts, 7. Aufl., S. 32; Wieland, Handelsrecht, I. Band, 1921, S. 131 f.; Müller-Erzbach, Deutsches Handelsrecht, 2. u. 3. Aufl., S. 53 f.; Staub/Bondi, HGB, 12. und 13. Aufl., § 1 Anm. 9). An dieser Situation hatte sich bis zur Schaffung der Wirtschaftsprüferordnung im Jahre 1961 nichts geändert: Wirtschaftsprüfer-Personenhandelsgesellschaften, bei denen die Revisionstätigkeit die Treuhandtätigkeit deutlich überwog, wurden nach wie vor im Handelsregister eingetragen, obwohl die handelsrechtliche Literatur und Rechtsprechung für die Eintragung als Handelsgesellschaft weiterhin verlangte, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der Gesellschaft im gewerblichen Bereich liegen musste.

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(2) Vor diesem Hintergrund, den man gerade angesichts des langen, sich über zwei Legislaturperioden hinziehenden, sehr intensiv diskutierten Gesetzgebungsprozesses bei der Einführung der Wirtschaftsprüferordnung als beim Gesetzgeber bekannt voraussetzen muss, kann man die Formulierung in der Gesetzesbegründung, dass allein die mit dem freien Beruf verbundene Treuhandtätigkeit die Möglichkeit einer Eintragung im Handelsregister begründen könne, nur so verstehen, dass der Gesetzgeber den Wirtschaftsprüfern nicht nur berufsrechtlich, sondern auch handelsrechtlich die Berufsausübung in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft in der bislang ausgeübten Form, d.h. bei untergeordneter Treuhandtätigkeit, (weiterhin) eröffnen wollte.

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c) An die Regelung des § 27 Abs. 2 WPO hat der Gesetzgeber mit § 49 Abs. 1 und 2 StBerG idF des Dritten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 24. Juni 1975 (BGBl. I, 1509) ausweislich der Entwurfsbegründung angeknüpft und die Möglichkeit der Berufsausübung in Form der Personenhandelsgesellschaften auch für Steuerberater eröffnet. Ersichtlich bestand damals ebenso wenig wie heute "in der Praxis" ein Bedürfnis, Steuerberatern mit einem Schwerpunkt in der Ausübung von Treuhandtätigkeiten die Rechtsform der Offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft zu eröffnen. Derartige Gesellschaften gab es damals - wenn überhaupt - in allenfalls nur so geringer Zahl wie heute (vgl. Potsch, NZG 2012, 329, 330; Tersteegen, NZG 2010, 651, 652; Arens, DStR 2011, 1825, 1827; Henssler, NZG 2011, 1121, 1128; Schüppen, BB 2012, 783, 785). Ein "Bedürfnis der Praxis" bestand - wie bei den Wirtschaftsprüfern - nur für Gesellschaften, die neben der ihr Berufsbild und ihre Berufsausübung prägenden Hilfeleistung in Steuersachen zusätzlich eine gemäß § 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG vereinbare Treuhandtätigkeit in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft ausüben wollten. Dementsprechend wurde in Aufsätzen und Kommentierungen nach 1975 auch davon gesprochen, die Treuhandtätigkeit sei somit die "Brücke" über die Vorschrift des § 105 HGB, nach der nur solche Gesellschaften als Offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften gebildet werden könnten, deren Zweck auf ein Handelsgewerbe gerichtet sei (Gerhard, Der Steuerberater 1975, 109, 115; Charlier/Peter, StBerG, 3. Aufl., § 49 Rn. 8; s. auch Mittelsteiner/Gehre/Rohweder, StBerG, 2. Aufl., § 49 Ziff. 2, die offensichtlich die Tatsache der "Vereinbarkeit" als ausreichend für die Eintragung nach § 105 HGB ansehen).

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d) In diese Linie des Gesetzgebers, mit den berufsrechtlichen Vorschriften des § 27 WPO und des § 49 StBerG gegenüber § 105 (iVm § 161) HGB vorrangige Regelungen zu schaffen, fügt sich die durch das Gesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufsrechtlicher Regelungen der Wirtschaftsprüferordnung - Berufsaufsichtsreformgesetz - vom 3. September 2007 (BGBl. I, 2178) mit Wirkung vom 6. September 2007 und durch das Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I, 666) mit Wirkung vom 12. April 2008 für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater eröffnete Möglichkeit ein, ihren Beruf in der Rechtsform der GmbH & Co. KG auszuüben.

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Bis dahin waren infolge der Wirtschaftsprüferordnung von 1961 und des Steuerberatungsgesetzes von 1975 zahlreiche Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Form der Personenhandelsgesellschaften, die nach ihrem Gesellschaftsvertrag "auch" die Ausübung von Treuhandtätigkeiten im befugten (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 WPO) bzw. im vereinbaren (§ 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG) Rahmen ausüben wollten, gegründet und unbeanstandet im Handelsregister eingetragen worden. In der veröffentlichten Rechtsprechung und Literatur aus dieser Zeit findet sich kein Nachweis dazu, dass in irgendeiner Form die Eintragungsfähigkeit dieser Gesellschaften in Frage gestellt wurde. Ganz im Gegenteil ging gerade auch die Rechtsprechung selbstverständlich von der Rechtsbeständigkeit der solchermaßen gegründeten und eingetragenen Gesellschaften aus (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. März 1985 - AnwZ (B) 43/84, BGHZ 94, 65 ff.). Personenhandelsgesellschaften von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern mit Schwerpunkt auf einer Treuhandtätigkeit bestanden - wenn überhaupt - in völlig unbedeutendem Umfang, zumal durchaus in Frage gestellt wird, ob derartige Gesellschaften mit schwerpunktmäßiger Treuhandtätigkeit überhaupt berufsrechtlich anerkennungsfähig sind (zweifelnd etwa Henssler, NZG 2011, 1121, 1129; Potsch, NZG 2012, 329, 330; Römermann, GmbHR, 2012, 64, 67; vgl. hierzu ferner BGH, Urteil vom 4. März 1996 - StbSt(R) 4/95, BGHSt 42, 55, 63; Urteil vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, ZIP 2011, 1367 Rn. 17; s. aber auch Maxl in Kuhls u.a., StBerG, 3. Aufl., § 57 Rn. 299; Settele/v. Eichborn, DStR 2010, 1444).

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Wenn dann der Gesetzgeber in Kenntnis dieser seit mehr als 40 Jahren bestehenden Gründungs- und Eintragungspraxis Wirtschaftsprüfern und wenig später auch Steuerberatern den Weg zur Berufsausübung in Form der GmbH & Co. KG mit der Begründung eröffnet, für diese "Liberalisierung" sei "aufgrund steuerrechtlicher und haftungsrechtlicher Vorteile … ein Bedarf im Berufsstand durchaus gegeben" (Begründung des Regierungsentwurfs des Berufsaufsichtsreformgesetzes zur entsprechenden Erweiterung des § 28 Abs. 1 WPO, BTDrucks. 16/2858, S. 24), so kann das nicht anders verstanden werden, als dass er es - weiterhin - für die Eintragung nach §§ 105, 161 HGB als ausreichend und als durch § 27 WPO und § 49 StBerG legitimiert ansieht, dass im Gesellschaftszweck einer Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft in der Form einer Personenhandelsgesellschaft Treuhandtätigkeiten lediglich als untergeordnete Tätigkeiten enthalten sind. Alles andere liefe darauf hinaus, dem Gesetzgeber die Schaffung einer inhaltsleeren Regelung zu unterstellen (vgl. Henssler, NZG 2011, 1121, 1129; Arens, DStR 2011, 1825, 1827; ders., DStR 2013, 1103). Es gab und gibt keine - jedenfalls keine nennenswerte Zahl von - Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften, die schwerpunktmäßig eine Treuhandtätigkeit entfalten, und deshalb auch keinen "Bedarf im Berufsstand" für eine auf solche Gesellschaften beschränkte und dann inhaltsleere Regelung. Dagegen bestand unter steuerrechtlichen und haftungsrechtlichen Aspekten ein Bedürfnis der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, für ihre Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften mit untergeordneter Treuhandtätigkeit die Rechtsform der GmbH & Co. KG wählen zu können.

21

e) Auch das Bundesverfassungsgericht - jedenfalls versteht der Senat den Nichtannahmebeschluss vom 6. Dezember 2011 (1 BvR 2280/11, ZIP 2012, 367 ff.) in diesem Sinne (ebenso Timmer in Hense/Ulrich/Maxl, WPO, 2. Aufl., § 27 Rn. 10) - geht davon aus, dass § 49 Abs. 2 StBerG und § 27 Abs. 2 WPO spezielle Regelungen gegenüber § 105 Abs. 1, § 161 HGB darstellen. In dem diesem Beschluss zugrunde liegenden Fall bildete die von den betroffenen Rechtsanwälten beabsichtigte Treuhandtätigkeit in der von ihnen gegründeten GmbH & Co. KG gerade keinen Schwerpunkt der Tätigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2011 - AnwZ (Brfg) 18/10, ZIP 2011, 1664 Rn. 8 f.). Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht (im Gegensatz zu BGH, Urteil vom 18. Juli 2011 - AnwZ (Brfg) 18/10, ZIP 2011, 1664 Rn. 25) angenommen, dass es der GmbH & Co. KG freistehe, statt als Rechtsanwalts GmbH & Co. KG "im Rahmen der berufsrechtlichen Anforderungen eine Zulassung als Steuerberatungs- oder Wirtschaftsprüfungs-Kommanditgesellschaft zu erhalten, wenn sie sich wegen ihrer Treuhandtätigkeit in das Handelsregister eintragen lässt" (BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2011 - 1 BvR 2280/11, ZIP 2012, 367 Rn. 16 aE).

22

f) Einer Divergenzvorlage nach § 132 Abs. 2 GVG im Hinblick auf das Urteil des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs vom 18. Juli 2011 - AnwZ (Brfg) 18/10, ZIP 2011, 1664 bedarf es nicht. Soweit dort zur Auslegung des § 49 Abs. 2 StBerG und des § 27 Abs. 2 WPO die Auffassung vertreten wird, nach diesen Vorschriften sei nur die auf eine überwiegende Treuhandtätigkeit eingeschränkte Möglichkeit des Betriebs einer Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der Offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft eröffnet worden, war diese Rechtsansicht für die ergangene Entscheidung nicht tragend.

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IV. Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben (§ 74 Abs. 5FamFG). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil die für die Eintragung der angemeldeten Steuerberatungs KG maßgeblichen weiteren Voraussetzungen bislang nicht festgestellt sind. Da diese Feststellung zweckmäßigerweise durch das Registergericht erfolgt, ist die Sache an dieses zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

Bergmann                      Strohn                     Caliebe

                  Reichart                     Sunder