Entscheidungsdatum: 29.08.2012
Ein Anspruch auf Prozesszinsen besteht nicht, wenn eine Steuerherabsetzung erst nach Beendigung der Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens aufgrund eines Vorläufigkeitsvermerks erfolgt, der im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens angebracht worden war.
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Alleinerbin der im Jahr 2004 verstorbenen A, mit der sie im Jahr 2002 eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingegangen war. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin nach Maßgabe des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2004 geltenden Fassung (ErbStG) durch Bescheid vom 17. Oktober 2005 Erbschaftsteuer unter Zugrundelegung der Steuerklasse III fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Mit der hiergegen vor dem Finanzgericht (FG) erhobenen Klage (3 K 529/05) begehrte die Klägerin, den Erbschaftsteuerbescheid wegen der gebotenen Anwendung der Steuerklasse I aufzuheben. Im Verlauf des Klageverfahrens erklärte das FA die Steuerfestsetzung durch Änderungsbescheid vom 9. Oktober 2007 im Hinblick auf eine seinerzeit beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige Verfassungsbeschwerde betreffend die Verfassungsmäßigkeit der Erbschaftsbesteuerung von eingetragenen Lebenspartnern in vollem Umfang für vorläufig (§ 165 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--). Daraufhin erklärten die Beteiligten das Klageverfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt. Durch Kostenbeschluss vom 19. November 2007 hob das FG die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf.
Nachdem das BVerfG durch Beschluss vom 21. Juli 2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 (BVerfGE 126, 400) die Erbschaftsbesteuerung eingetragener Lebenspartner für mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar erklärt und der Gesetzgeber aufgrund der Neufassung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768) für Erwerbe eingetragener Lebenspartner die Anwendung der Steuerklasse I angeordnet hatte, und zwar nach Maßgabe des § 37 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG i.d.F. des JStG 2010 auch rückwirkend, setzte das FA mit einem der Klägerin am 31. Januar 2011 zugegangenen Bescheid die Erbschaftsteuer auf 0 € herab und erstattete der Klägerin die überzahlte Steuer in Höhe von 40.337 €.
Den Antrag der Klägerin, auf den Erstattungsbetrag Prozesszinsen gemäß § 236 AO festzusetzen, lehnte das FA durch Bescheid vom 3. März 2011 ab. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG sah die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Prozesszinsen gemäß § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO als erfüllt an, weil die Klägerin den Erstattungsanspruch durch Klageerhebung in dem Verfahren 3 K 529/05 rechtshängig gemacht und den Erstattungsanspruch aufgrund des BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 126, 400 erlangt habe. Es sei unschädlich, dass der zunächst beim FG rechtshängig gemachte Rechtsstreit aufgrund der Erledigung der Hauptsache nur mittelbar für die letztlich erfolgte Herabsetzung der Steuer ursächlich gewesen sei. Für den Anspruch auf Prozesszinsen nach § 236 AO sei allein entscheidend, dass der Erstattungsanspruch von dem Steuerpflichtigen rechtshängig gemacht und letztlich durch das FA gewährt worden sei. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2041 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 236 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 236 Abs. 1 Satz 1 AO. Für den Anspruch auf Prozesszinsen reiche es nicht aus, dass der von der Klägerin geführte Rechtsstreit für die Herabsetzung der Steuer mittelbar ursächlich gewesen sei.
Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass der Erstattungsanspruch zu verzinsen sei.
1. Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis werden nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 233 Satz 1 AO). Es gibt auch nach Einführung der Vollverzinsung nach Maßgabe des § 233a AO keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass rückständige Staatsleistungen (angemessen) zu verzinsen sind (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Januar 2007 III R 85/06, BFHE 216, 405, BStBl II 2007, 598; vom 29. April 1997 VII R 91/96, BFHE 182, 253, BStBl II 1997, 476).
Gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO entsteht ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen, wenn durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung oder auf Grund einer solchen Entscheidung eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuervergütung gewährt wird. Dies gilt entsprechend, wenn sich der Rechtsstreit durch Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts oder durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts erledigt hat (§ 236 Abs. 2 Nr. 1 AO).
Der Zweck des § 236 AO besteht darin, dem Gläubiger eines Erstattungsanspruchs für die Vorenthaltung des Kapitals und der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten zumindest für die Zeit ab Rechtshängigkeit eine Entschädigung zu gewähren (vgl. BFH-Urteile in BFHE 216, 405, BStBl II 2007, 598; vom 16. November 2000 XI R 31/00, BFHE 196, 1, BStBl II 2002, 119). Dabei entsteht der Zinsanspruch nicht bereits mit dem Eintritt der Rechtshängigkeit, sondern --in den Fällen des § 236 Abs. 1 Satz 1 AO-- erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung bzw. mit Unanfechtbarkeit des Bescheids, durch den sich der Rechtsstreit nach Rechtshängigkeit gemäß § 236 Abs. 2 AO erledigt hat (BFH-Urteile vom 25. Juli 1989 VII R 39/86, BFHE 157, 322, BStBl II 1989, 821; vom 26. April 1985 III R 24/82, BFHE 143, 408, BStBl II 1985, 546). Erst mit diesen Entscheidungen ist der Tatbestand verwirklicht, an den das Gesetz den Anspruch auf Prozesszinsen knüpft (§ 38 AO).
2. Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Prozesszinsen nicht gegeben.
a) Der Tatbestand des § 236 Abs. 1 Satz 1 AO setzt in seinen beiden Alternativen voraus, dass der angestrengte Rechtsstreit kausal für die Herabsetzung der Steuer und die nach § 236 AO zu verzinsende Steuererstattung war (BFH-Urteil vom 15. Oktober 2003 X R 48/01, BFHE 204, 1, BStBl II 2004, 169). Dieses Erfordernis ist im Streitfall nicht erfüllt.
aa) "Durch" eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung (§ 236 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 AO) wird die Steuer herabgesetzt, wenn das Gericht sie unmittelbar selbst nach § 100 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO niedriger festsetzt (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 236 AO Rz 20). Daran fehlt es vorliegend. Die Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens 3 K 529/05 war aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten bereits im Jahr 2007 entfallen. Grundlage der Herabsetzung der Erbschaftsteuer auf 0 € war allein der dem Erbschaftsteuerbescheid vom 9. Oktober 2007 beigefügte Vorläufigkeitsvermerk, der aufgrund des BVerfG-Beschlusses in BVerfGE 126, 400 sowie der Änderung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG durch das JStG 2010 einen Änderungsanspruch der Klägerin begründete.
bb) Die Erbschaftsteuer wurde auch nicht "auf Grund" einer gerichtlichen Entscheidung (§ 236 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 AO) herabgesetzt. Die Herabsetzung der Steuer erfolgt nur dann auf Grund der gerichtlichen Entscheidung, wenn die Finanzbehörde die Steuer nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Gericht gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 FGO weisungsgemäß festsetzt (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 350/83, BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600; Heuermann in HHSp, § 236 AO Rz 21). Eine solche Aufhebung des Erbschaftsteuerbescheids durch das FG ist im Streitfall ebenfalls nicht erfolgt.
b) Auch die Voraussetzungen des § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO, wonach Abs. 1 dieser Vorschrift "entsprechend anzuwenden" ist, sind nicht erfüllt.
aa) § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO ist eine Verweisungsnorm nicht lediglich hinsichtlich der Rechtsfolgen (d.h. der Verzinsung des zu erstattenden Betrags vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag), sondern auch bezüglich des Rechtsgrundes der Verzinsung (BFH-Urteil in BFHE 204, 1, BStBl II 2004, 169). Dabei enthält § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO eine eigenständige Regelung nur insoweit, als Prozesszinsen auch dann entstehen, wenn der Rechtsstreit nicht durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, sondern durch die Erledigung der Hauptsache oder Rücknahme der Klage beendet wird. Damit erweitert § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO die Anwendbarkeit der Vorschrift auf andere Arten der Beendigung eines Finanzrechtsstreits. Die Finanzbehörde soll durch diese Bestimmung daran gehindert werden, mit einer Änderung des angefochtenen Bescheids vor Ergehen der gerichtlichen Entscheidung das Entstehen von Prozesszinsen zu verhindern.
Soweit § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO keine eigenständige Regelung enthält, nimmt diese Vorschrift den Regelungsgehalt der Bezugsnorm voll in sich auf. Deshalb hat die Verweisung in § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO auf Abs. 1 zur Folge, dass Prozesszinsen nur zuerkannt werden können, wenn der erledigte Rechtsstreit für die Herabsetzung der Steuer ursächlich war (BFH-Urteil in BFHE 204, 1, BStBl II 2004, 169), d.h. dem prozessualen Begehren des Steuerpflichtigen aufgrund einer Änderung des angefochtenen Bescheids entsprochen wird (BFH-Urteile in BFHE 204, 1, BStBl II 2004, 169; vom 30. November 1995 V R 39/94, BFHE 179, 236, BStBl II 1996, 260; vom 13. Juli 1994 I R 38/93, BFHE 175, 496, BStBl II 1995, 37).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Das FA hatte dem prozessualen Begehren der Klägerin während der Rechtshängigkeit des Klageverfahrens lediglich insoweit entsprochen, als es den angefochtenen Erbschaftsteuerbescheid mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen hatte. Die zur Erstattung führende Änderung des Erbschaftsteuerbescheids ist hingegen --außerhalb des zuvor durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigten Klageverfahrens-- erst durch den der Klägerin am 31. Januar 2011 zugegangenen Änderungsbescheid erfolgt.
bb) Entgegen der Ansicht des FG ergibt sich ein Zinsanspruch aus § 236 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht deshalb, weil der Änderungsbescheid vom 9. Oktober 2007 mit dem dort angebrachten Vorläufigkeitsvermerk, auf dessen Grundlage die Erbschaftsteuer im Jahr 2011 herabgesetzt wurde, erst im Verlauf des von der Klägerin rechtshängig gemachten Klageverfahrens ergangen ist. Damit erweist sich zwar die spätere Herabsetzung der Erbschaftsteuer auf 0 € als eine letztlich mittelbare Folge der von der Klägerin durch Klageerhebung herbeigeführten Rechtshängigkeit. Dies führt aber nicht zur Entstehung eines Prozesszinsenanspruchs nach § 236 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 AO.
(1) Dies ergibt sich schon aus der die Änderung von Folgebescheiden betreffenden Regelung des § 236 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a AO. Diese --andernfalls entbehrliche-- Vorschrift zeigt, dass der Gesetzgeber mit § 236 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 AO gerade nicht die Fälle erfassen wollte, in denen die Erstattung eine bloß mittelbare Folge einer gerichtlichen Entscheidung ist (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 179, 236, BStBl II 1996, 260; vom 14. Oktober 1993 V R 36/89, BFHE 173, 450, BStBl II 1994, 427, und in BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 236 AO Rz 13). Demgemäß kann ein Anspruch auf Prozesszinsen nicht entstehen, wenn --ohne dass der Erstattungsanspruch rechtshängig gemacht worden ist-- die Herabsetzung der Steuer das Ergebnis eines von anderen Steuerpflichtigen geführten Musterprozesses ist (vgl. z.B. BFH-Entscheidungen vom 3. April 2007 IX B 169/06, BFH/NV 2007, 1267, und in BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600; Heuermann in HHSp, § 236 AO Rz 20; Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 236 AO Rz 13).
Nichts anderes gilt dann, wenn ein rechtshängig gemachtes und sodann in der Hauptsache erledigtes finanzgerichtliches Verfahren eine bloße Mitursache für die --letztlich auf dem Ergebnis eines vor dem BVerfG geführten anderweitigen Musterprozesses beruhende-- spätere Herabsetzung der Steuer gesetzt hat. Entgegen der Ansicht des FG wird ein Anspruch auf Prozesszinsen nicht allein dadurch begründet, dass der Steuerpflichtige den zu erstattenden Betrag rechtshängig gemacht hat (vgl. unter II.1.). Auch nach dem § 236 Abs. 5 AO zugrunde liegenden Rechtsgedanken besteht bei einer erst nach Beendigung der Rechtshängigkeit eingetretenen Steuerherabsetzung kein Anspruch auf Prozesszinsen. § 236 Abs. 5 AO verdeutlicht, dass die Prozesszinsen ausschließlich nach dem Ergebnis des Rechtsbehelfsverfahrens zu bemessen sind. Eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens soll unberücksichtigt bleiben (BRDrucks 612/93, 105).
(2) Zu diesen Grundsätzen steht es nicht in Widerspruch, dass ein Anspruch auf Prozesszinsen dann besteht, wenn ein finanzgerichtliches Verfahren im Hinblick auf ein beim BVerfG anhängiges Musterverfahren gemäß § 74 FGO ausgesetzt und die Steuer später im Rahmen der Fortführung des Verfahrens herabgesetzt wird. In diesem Fall können die Voraussetzungen des § 236 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1 AO deshalb erfüllt sein, weil die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO die Rechtshängigkeit der Klage unberührt lässt (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., Vor § 74 Rz 4). Hingegen führen beiderseitige übereinstimmende Erledigungserklärungen zur Beendigung der Rechtshängigkeit des Klagebegehrens (vgl. dazu Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 138 FGO Rz 25 und 29).
c) Im Streitfall kommt auch eine analoge Anwendung des § 236 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 1 AO nicht in Betracht. Voraussetzung einer Analogie ist die planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts (z.B. BFH-Urteil vom 19. Dezember 2007 I R 52/07, BFHE 220, 180, BStBl II 2008, 431, m.w.N.). Ein solcher Fall liegt (nur) vor, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteile vom 22. Dezember 2011 III R 5/07, BFHE 236, 137, BStBl II 2012, 678; vom 14. September 1994 I R 136/93, BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382).
Grundsätzlich ist zwar auch § 236 AO einer Lückenausfüllung im Wege einer Analogie zugänglich; § 233 AO steht dem nicht grundsätzlich entgegen (BFH-Urteil in BFHE 152, 401, BStBl II 1988, 600; Koenig in Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 233 Rz 4). Unter Berücksichtigung der in § 233 Satz 1 AO getroffenen Regelung hat aber der Zinstatbestand des § 236 AO einen ersichtlich abschließenden Charakter; nach Auffassung des Senats sind daher an eine lückenausfüllende Rechtsfortbildung des § 236 AO strenge Anforderungen zu stellen.
Für die hier gegebene Fallgestaltung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die Zinspflicht in § 236 Abs. 2 AO auf Tatbestände ausgedehnt, in denen die Steuerherabsetzung nicht unmittelbar durch den gerichtlichen Ausspruch selbst herbeigeführt worden ist. Zudem soll gemäß § 236 Abs. 5 AO eine Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens unberücksichtigt bleiben. Es kann daher nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe nur versehentlich auf die Zubilligung eines Zinsanspruchs für den Fall verzichtet, dass eine Steuerherabsetzung nach Beendigung der Rechtshängigkeit des gerichtlichen Verfahrens aufgrund eines Vorläufigkeitsvermerks erfolgt, der im Laufe des gerichtlichen Verfahrens angebracht worden war.
Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.
3. Die Sache ist spruchreif. Das FA hat zutreffend einen Anspruch der Klägerin auf Festsetzung von Prozesszinsen abgelehnt.