Entscheidungsdatum: 09.03.2015
1. Der land- und forstwirtschaftliche Betrieb bei gemeinschaftlicher Tierhaltung (§ 51a BewG) ist auch dann im vergleichenden Verfahren (§ 37 Abs. 1 Satz 1 BewG) zu bewerten, wenn die Eigenfläche ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche genutzt wird und der Tierhaltungsgemeinschaft nicht als zivilrechtlicher Eigentümerin gehört, sondern gemäß § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen ist .
2. Dabei sind zu dem für die Eigenfläche anzusetzenden Vergleichswert von 0 DM Viehzuschläge wegen überhöhter Tierbestände vorzunehmen .
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 30. Mai 2013 1 K 268/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, wurde zum 1. Juni 2007 von den Landwirten A als Komplementär und B als Kommanditist errichtet. Der Landwirt C ist als atypisch stiller Gesellschafter an der Klägerin beteiligt. A, B und C, die die Voraussetzungen des § 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) erfüllen, verpflichteten sich, jährlich eine bestimmte Anzahl von Vieheinheiten (§ 51 Abs. 1a BewG) auf die Klägerin zu übertragen (§ 51a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d BewG).
Die Klägerin betreibt einen Ferkelaufzuchtstall im Rahmen einer gemeinschaftlichen Tierhaltung i.S. des § 51a BewG. Den auf Grund und Boden des A stehenden Stall einschließlich der Einrichtungen und Betriebsvorrichtungen hat die Klägerin zur alleinigen Nutzung gepachtet. Den Güllebehälter und den notwendigen Hofraum hat sie zur Mitbenutzung von A gepachtet. Die Klägerin verfügt über keine regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) stellte mit Nachfeststellungsbescheid vom 12. Mai 2011 den Einheitswert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin auf den 1. Januar 2008 im Einzelertragswertverfahren nach § 37 Abs. 2 BewG auf 37.068 € (72.500 DM) fest. Dabei legte das FA im Hinblick auf die Betriebseröffnung zum 1. Juni 2007 die Zahl der im Wirtschaftsjahr 2007/2008 erzeugten Tiere zugrunde und setzte den Ausgangswert von 500 DM je Vieheinheit gemäß dem bundeseinheitlich abgestimmten Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 26. Juni 1975 S 3132a - 1 - 34 (Die Information über Steuer und Wirtschaft 1975, 487) in der Fassung der Verfügung der Oberfinanzdirektion Hannover vom 28. September 1993 S 3132a - 1 – StO 251 (Bewertungskartei Niedersachsen, Karte 1 zu § 51a BewG) an.
Der Einspruch hatte insoweit Erfolg, als das FA den Einheitswert auf 29.654 € (58.000 DM) herabsetzte. Es ging dabei nur noch von einem Tierbestand von 116,04 Vieheinheiten aus. An dem Ausgangswert von 500 DM je Vieheinheit hielt es fest.
Das Finanzgericht (FG) setzte den Einheitswert ausgehend von einem Wert von 325 DM je Vieheinheit auf 19.275 € (37.700 DM) herab. Zur Begründung führte es aus, der Einheitswert des Betriebs der Klägerin sei im vergleichenden Verfahren nach § 37 Abs. 1 Satz 1, §§ 38 bis 41 BewG zu ermitteln. Der Vergleichswert betrage 0 DM. An diesem Vergleichswert sei gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 BewG ein Zuschlag wegen des Überbestands an Vieh zu machen. Der Wertansatz für den Viehbestand betrage nach der zutreffenden Regelung in Abschn. 2.20 Abs. 2 Nr. 3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Richtlinien zur Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (BewR L) vom 17. November 1967 (BStBl I 1967, 397) und in der darin enthaltenen Tabelle L 30 je Vieheinheit 650 DM. Dieser Ansatz sei nach § 41 Abs. 2a BewG um 50 % zu vermindern. Der Einheitswert sei somit auf 116,04 Vieheinheiten x 325 DM je Vieheinheit = abgerundet 37.700 DM (19.725 €) festzustellen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1473 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung des § 37 BewG. Tierhaltungsgemeinschaften könnten nur dann nach Abs. 1 dieser Vorschrift im vergleichenden Verfahren bewertet werden, wenn sie über selbst bewirtschaftete Eigentumsflächen verfügten. Darunter seien landwirtschaftliche Nutzflächen zu verstehen, nicht aber Hof- und Gebäudeflächen. Der Betrieb der Klägerin sei daher nach § 37 Abs. 2 BewG im Einzelertragswertverfahren zu bewerten, und zwar mit einem Ausgangswert von 500 DM je Vieheinheit.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Die Revision sei wegen nicht hinreichender Begründung unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten ist, hält die Revision des FA für zulässig und begründet. Bei gemeinschaftlicher Tierhaltung i.S. des § 51a BewG sei aufgrund des fehlenden Flächenbezugs, der fehlenden Festlegung von gegendüblichen Verhältnissen für Veredlungsbetriebe und der fehlenden Vergleichbarkeit mit Betrieben zum Hauptfeststellungszeitpunkt die Durchführung eines vergleichenden Verfahrens nach § 38 Abs. 2 i.V.m. § 50 Abs. 1 BewG nicht möglich. Es sei daher nach § 37 Abs. 2 BewG ein Einzelertragswert zu ermitteln. Dabei sei ein Ausgangswert von 500 DM je Vieheinheit anzusetzen.
II. Die Revision des FA ist zwar zulässig, aber unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Die Revision des FA genügt den Begründungsanforderungen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO. Das FA hat in der Revisionsbegründung die Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung nach seiner Ansicht ergibt, hinreichend bestimmt bezeichnet. Aus der Revisionsbegründung geht deutlich hervor, aus welchen Gründen das FA die Vorentscheidung als fehlerhaft ansieht.
2. Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat den für den Betrieb der Klägerin festzustellenden Einheitswert zutreffend ermittelt.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 16. Dezember 2009 II R 45/07, BFHE 227, 498, BStBl II 2011, 808) ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb bei gemeinschaftlicher Tierhaltung i.S. des § 34 Abs. 6a i.V.m. § 51a BewG auch dann im vergleichenden Verfahren (§ 37 Abs. 1 Satz 1 BewG) zu bewerten, wenn der der Tierhaltungsgemeinschaft zuzurechnende Grund und Boden keine natürliche Ertragsfähigkeit aufweist, da ihn die Tierhaltungsgemeinschaft ausschließlich als Hof- und Gebäudefläche nutzt. Der Anwendbarkeit des vergleichenden Verfahrens steht es nicht entgegen, dass für die Eigenfläche ein Vergleichswert von 0 DM anzusetzen ist. Der Ansatz dieses Vergleichswerts schließt es nicht aus, dazu nach § 41 Abs. 1 und 2 BewG einen Zuschlag wegen verstärkter Tierhaltung zu machen. Der Bemessung des Zuschlags ist ein gegendüblicher Viehbestand von "null" zugrunde zu legen und diesem der Viehbestand der Tierhaltungsgemeinschaft in vollem Umfang gegenüberzustellen. Für die Berechnung maßgebend sind dabei einerseits die so ermittelten Vieheinheiten und andererseits die für eine Überschreitung des gegendüblichen Tierbestands um mehr als 40 % in Abschn. 2.20 Abs. 2 Nr. 3 BewR L und in der darin enthaltenen Tabelle L 30 vorgesehenen Wertansätze. Der so ermittelte Zuschlag ist nach § 41 Abs. 2a BewG um 50 % zu vermindern.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung aus den im Urteil in BFHE 227, 498, BStBl II 2011, 808 im Einzelnen genannten Gründen fest. Soweit die Finanzverwaltung in den gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein zur Bewertung gemeinschaftlicher Tierhaltung nach § 51a BewG vom 1. September 2011 (BStBl I 2011, 939) für Stichtage ab dem 1. Januar 2012 die davon abweichende Ansicht vertritt, die Bewertung der Betriebe von Tierhaltungsgemeinschaften im vergleichenden Verfahren setze voraus, dass die Tierhaltungsgemeinschaft selbst bewirtschaftete Eigentumsflächen der landwirtschaftlichen Nutzung habe --worunter nur landwirtschaftliche Nutzflächen, jedoch nicht Hof- und Gebäudeflächen zu verstehen sind (Eisele in Rössler/ Troll, BewG, § 51a Rz 11)--, kann dem nicht gefolgt werden (Bruschke in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 51a BewG Rz 20 bis 22). Der BFH hat bereits im Urteil vom 14. Mai 2004 II R 50/01 (BFHE 206, 365, BStBl II 2004, 818) entschieden, dass auch an einem Vergleichswert von 0 DM Zuschläge wegen verstärkter Tierhaltung nach § 41 BewG gemacht werden können. Soweit dem gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung ergangenen BFH-Beschluss vom 11. November 1997 II R 91/94 eine andere Ansicht zugrunde gelegen haben sollte, wie das BMF annimmt, wäre der Beschluss durch die neuere Rechtsprechung des BFH überholt. Das vom BMF ferner angeführte BFH-Urteil vom 9. November 1988 II R 233/81 (BFHE 155, 125, BStBl II 1989, 186) betrifft nicht die Frage, mit welchem Wert die Vieheinheiten bei einer Tierhaltungsgemeinschaft anzusetzen sind.
b) Ist die Tierhaltungsgemeinschaft nicht Eigentümerin des mit dem Stall, in dem sie das Vieh hält, bebauten Grund und Bodens, ändert dies jedenfalls dann nichts an der Anwendbarkeit des vergleichenden Verfahrens, wenn ihr der Grund und Boden für Zwecke der Einheitsbewertung nach § 34 Abs. 6 BewG zuzurechnen ist.
In einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, der von einer Gesellschaft oder Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts betrieben wird, sind nach § 34 Abs. 6 BewG auch die Wirtschaftsgüter einzubeziehen, die einem oder mehreren Beteiligten gehören und dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Diese Wirtschaftsgüter werden bei der Einheitsbewertung den im Eigentum der Gesellschaft oder Gemeinschaft stehenden Wirtschaftsgütern gleichgestellt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 206, 365, BStBl II 2004, 818, unter II.2.a: Zurechnung als "Eigenfläche"). § 34 Abs. 6 BewG soll einer neueren Entwicklung in der Landwirtschaft Rechnung tragen und die Bildung der wirtschaftlichen Einheit erleichtern, wenn der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft von einer Gesellschaft oder Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts betrieben wird (Bruschke in Gürsching/Stenger, a.a.O., § 34 BewG Rz 161, m.w.N.). Die Vorschrift ist nach diesem Sinn und Zweck über den Wortlaut hinaus auch auf Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) anwendbar, die gemäß § 105 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und bei der KG ergänzend gemäß § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. §§ 718 und 719 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ebenso wie die GbR Gesamthandsgemeinschaften sind (vgl. z.B. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 36. Aufl., § 105 Rz 15, § 124 Rz 3).
Es kann für die Anwendbarkeit des vergleichenden Verfahrens keine Rolle spielen, ob der Grund und Boden bei der Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer Tierhaltungsgemeinschaft dieser als Eigentümerin oder gemäß § 34 Abs. 6 BewG als Eigenfläche zuzurechnen ist. Eine gesetzliche Grundlage für eine unterschiedliche Behandlung gibt es insoweit nicht. Weder das FA noch das BMF haben dargelegt, aus welchen Gründen es sachlich gerechtfertigt sein soll, für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb einer Tierhaltungsgemeinschaft deshalb einen höheren Einheitswert anzusetzen, weil der von ihr für den Stall genutzte Grund und Boden nicht ihr, sondern einem ihrer Gesellschafter als Eigentümer gehört.
c) Das FG hat somit den für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin festzustellenden Einheitswert zutreffend ermittelt. Der Grund und Boden, auf dem sich der von ihr genutzte Stall befindet, steht zwar nicht in ihrem Eigentum, ist ihr aber gemäß § 34 Abs. 6 BewG als Eigenfläche zuzurechnen, weil er einem ihrer Gesellschafter, nämlich A, gehört und ihrem Betrieb zu dienen bestimmt ist. Der Grund und Boden ist mit einem Vergleichswert von 0 DM anzusetzen, weil er aufgrund seiner Nutzung keine natürliche Ertragsfähigkeit aufweist. Zu diesem Vergleichswert ist ein Zuschlag wegen verstärkter Tierhaltung nach § 41 BewG zu machen. Diesen Zuschlag hat das FG unter Berücksichtigung der im BFH-Urteil in BFHE 227, 498, BStBl II 2011, 808 angeführten Grundsätze ermittelt und dabei zu Recht auch die in § 41 Abs. 2a BewG vorgesehene Verminderung des Zuschlags um 50 % vorgenommen. Die Berechnung des Einheitswerts durch das FG im Einzelnen wird weder vom FA noch vom BMF angegriffen. Fehler zulasten des FA sind auch nicht ersichtlich.
3. Wie die Rechtslage zu beurteilen ist, wenn der mit dem Stall bebaute Grund und Boden weder im Eigentum der Tierhaltungsgemeinschaft steht noch ihr gemäß § 34 Abs. 6 gegebenenfalls i.V.m. § 26 BewG als Eigenfläche zuzurechnen ist, kann im Streitfall auf sich beruhen (zur Anwendbarkeit des § 26 BewG vgl. BFH-Urteil in BFHE 206, 365, BStBl II 2004, 818, unter II.2.a).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.