Entscheidungsdatum: 27.09.2017
1. Die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderliche Vereinbarung, dass der Grundbesitz (Grundstück im zivilrechtlichen Sinn, Erbbaurecht) am Ende des Vertragszeitraums einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf den Nutzer (juristische Person des öffentlichen Rechts) übertragen wird, kann nicht durch ein bloßes Optionsrecht des Nutzers auf Übertragung des Grundbesitzes am Ende dieses Zeitraums ersetzt werden.
2. Ein Grundstück, das eine juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt und das ausschließlich ihr zuzurechnen ist, ist auch dann von der Grundsteuer befreit, wenn es mit einem Erbbaurecht zugunsten eines privaten Rechtsträgers belastet ist.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 11. Dezember 2014 3 K 1511/11 aufgehoben.
Der Grundsteuermessbetrag wird unter Abänderung des Bescheids des Beklagten vom 31. Juli 2017 auf 2.095,70 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, und der an ihr als Kommanditist beteiligte Landkreis, schlossen am 21. Dezember 2005 einen notariell beurkundeten Erbbaurechtsvertrag, mit dem ihr der Landkreis ein Erbbaurecht an einem ihm gehörenden, mit Schulgebäuden bebauten Grundstück bestellte. Sie ist nach dem Vertrag berechtigt, auf dem Erbbaugrundstück Schulgebäude zu sanieren, abzubrechen und bestimmte Bauwerke mit den dazu erforderlichen Anlagen zu errichten bzw. zu belassen. Das Erbbaurecht sollte mit der Eintragung im Erbbaurechtsgrundbuch beginnen und eine Laufzeit von 40 Jahren haben. Der Landkreis ist unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt, vor Ablauf der vereinbarten Dauer des Erbbaurechts gegen Entschädigung die sofortige Übertragung des Erbbaurechts (Heimfall) auf sich oder einen von ihm zu bezeichnenden Dritten zu verlangen. Das Ende des Mietverhältnisses gehört nicht zu den ausdrücklich genannten Voraussetzungen. Mit Ablauf des Erbbaurechts gehen alle bestehenden und von der Klägerin errichteten Bauwerke und Anlagen in das Eigentum des Landkreises über.
Die Klägerin und der Landkreis schlossen wie im Erbbaurechtsvertrag vorgesehen am 18. April 2006 einen Mietvertrag über die "Altflächen" mit aufstehenden Gebäuden (Mietgegenstand I) sowie über die Flächen nach Sanierung/Umbau (Mietgegenstand II). Die Vermietung sollte zum Zweck der Nutzung als Schulgebäude erfolgen. Die Dauer des Mietverhältnisses war für den Mietgegenstand I bis zum Beginn des Mietverhältnisses für den Mietgegenstand II und für den Mietgegenstand II auf 25 Jahre fest vereinbart. Nach Ablauf des letztgenannten Mietverhältnisses ist der Landkreis berechtigt, den Abschluss eines neuen Mietvertrages für die Dauer von zehn Jahren zu verlangen.
Mit Bescheiden vom 13. Januar 2011 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gegenüber der Klägerin und dem Landkreis im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2007 Einheitswerte für das Erbbaurecht (598.773 €) und das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück (8.640 €) fest. Zugleich setzte er gegen die Klägerin ausgehend von der Summe dieser Einheitswerte einen Grundsteuermessbetrag in Höhe von 2.125,94 € fest.
Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 des Grundsteuergesetzes (GrStG) beanspruchte, blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 837 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG. Dem Erbbaurecht sei rechtlich immanent, dass spätestens mit Zeitablauf die vom Erbbauberechtigten errichteten oder genutzten Bauwerke auf den Grundstückseigentümer übergingen. Damit sei beim Erbbaurecht die "Rückübertragung" schon gesetzlich geregelt, während sie bei einer Eigentumsübertragung nur vertraglich geregelt werden könne. Im vorliegenden Fall sei zudem der Heimfall nach Ablauf des Erbbaurechts sowie in bestimmten Vertragssituationen vereinbart worden. Der Mietvertrag habe nicht über einen längeren Zeitraum als 30 Jahre geschlossen werden können. Die Gebäude hätten aus ertragsteuerrechtlichen Gründen bei ihr --der Klägerin-- bilanziert werden sollen. Der Landkreis habe nicht das wirtschaftliche Eigentum erlangen sollen. Er habe nach Landesrecht das Eigentum am Grundstück nicht auf die Klägerin übertragen dürfen.
Das FA hat mit dem während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid vom 31. Juli 2017 die Feststellung des Einheitswerts und die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags gegenüber der Klägerin hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des inländischen Grundbesitzes verfassungsgemäß sind, gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) für vorläufig erklärt.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2011 und die Bescheide vom 13. Januar 2011 und 31. Juli 2017 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision führt aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). An die Stelle des Bescheids vom 13. Januar 2011, der Gegenstand der Vorentscheidung war, ist während des Revisionsverfahrens der Bescheid vom 31. Juli 2017 getreten und nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Diese Vorschriften gelten auch, wenn ein angefochtener Bescheid lediglich um einen Vorläufigkeitsvermerk ergänzt wird (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Januar 2013 II R 66/11, BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266, Rz 12). Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (BFH-Urteile in BFHE 240, 191, BStBl II 2014, 266, Rz 12; vom 19. Januar 2017 VI R 37/15, BFHE 257, 58, BStBl II 2017, 526, Rz 11, und vom 10. Mai 2017 II R 53/14, BFHE 258, 74, Rz 12).
Einer Zurückverweisung der Sache an das FG nach § 127 FGO bedarf es jedoch nicht, da sich aufgrund des Änderungsbescheids an dem zwischen den Beteiligten streitigen Punkt nichts geändert hat. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des BFH; sie fallen durch die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils nicht weg, da das finanzgerichtliche Urteil nicht an einem Verfahrensmangel leidet (BFH-Urteile in BFHE 257, 58, BStBl II 2017, 526, Rz 11, m.w.N., und in BFHE 258, 74, Rz 12).
III.
Die Sache ist spruchreif. Der Grundsteuermessbetrag ist unter Änderung des Bescheids vom 31. Juli 2017 auf 2.095,70 € festzusetzen. Das FA hat das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück zu Unrecht bei der Festsetzung des Grundsteuermessbetrags berücksichtigt. Im Übrigen ist die Klage unbegründet und abzuweisen. Das FA hat für das Erbbaurecht zu Recht gegenüber der Klägerin den Einheitswert festgestellt und den Grundsteuermessbetrag festgesetzt. Das Erbbaurecht war am 1. Januar 2007 nicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 GrStG von der Grundsteuer befreit.
1. Einheitswerte werden nach § 19 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) für inländischen Grundbesitz, und zwar u.a. für Grundstücke (§§ 68 und 70 BewG) festgestellt. Feststellungen nach dieser Vorschrift erfolgen gemäß § 19 Abs. 4 BewG nur, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind. Steht fest, dass ein Grundstück von der Grundsteuer befreit ist, ist kein Einheitswert festzustellen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 2011 II R 51/09, BFHE 233, 517, BStBl II 2014, 751, Rz 13).
Handelt es sich wie im Streitfall um eine Nachfeststellung (§ 23 Abs. 1 BewG), sind der Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Grundsteuer vorliegen, nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BewG die tatsächlichen Verhältnisse im Nachfeststellungszeitpunkt (§ 23 Abs. 2 Satz 2 BewG) zugrunde zu legen. Unter tatsächlichen Verhältnissen (§ 22 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BewG) sind dabei die Verhältnisse zu verstehen, die nicht zu den --bei der Prüfung der Steuerbefreiung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 GrStG irrelevanten-- Wertverhältnissen i.S. des § 27 BewG rechnen (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 2014 II R 16/13, BFHE 247, 150, BStBl II 2014, 957, Rz 18, 23 ff.).
2. Ist ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet, bilden das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück einerseits und das Erbbaurecht andererseits bewertungsrechtlich zwei selbständige Grundstücke, die je für sich der Grundsteuer unterliegen (§ 2 Nr. 2 GrStG i.V.m. § 68 Abs. 1 Nr. 1 und 2 sowie § 70 Abs. 1 BewG). Beträgt die Dauer des Erbbaurechts in dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkt wie im Streitfall weniger als 50 Jahre, ist zur Feststellung der jeweiligen Einheitswerte der Gesamtwert des belasteten Grundstücks einschließlich der Gebäude und Außenanlagen entsprechend der restlichen Dauer des Erbbaurechts aufzuteilen (§ 92 Abs. 3 BewG) und der Berechnung des Steuermessbetrags die Summe der beiden Einheitswerte zugrunde zu legen (§ 13 Abs. 3 GrStG). Schuldner der Grundsteuer sowohl für das belastete Grundstück als auch für das Erbbaurecht ist der Erbbauberechtigte (§ 10 Abs. 2 GrStG). Diese Zusammenführung der Steuerschuldnerschaft für das belastete Grundstück und das Erbbaurecht ändert nichts daran, dass bei der Anwendung des GrStG und hier insbesondere bei den Steuerbefreiungen von zwei wirtschaftlichen Einheiten auszugehen ist (BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 II R 29/08, BFHE 228, 154, BStBl II 2010, 829, Rz 8). Sie lässt auch die Zurechnung des Grundstücks zu dessen Eigentümer nach § 39 AO unberührt (BFH-Urteil in BFHE 228, 154, BStBl II 2010, 829, Rz 13).
3. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG ist Grundbesitz von der Grundsteuer befreit, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch in dem durch § 3 Abs. 2 und 3 GrStG umschriebenen Sinn benutzt wird. Der Grundbesitz muss dabei nach § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG ausschließlich demjenigen, der ihn für den begünstigten Zweck benutzt, oder einem anderen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 GrStG begünstigten Rechtsträger zuzurechnen sein. Das GrStG knüpft mit § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG ausdrücklich an das formale Kriterium der Rechtsträgeridentität von Eigentümer des Grundstücks und unmittelbar Nutzendem an (BFH-Urteil in BFHE 228, 154, BStBl II 2010, 829, Rz 9 f.).
§ 7 Satz 1 GrStG verlangt zudem eine unmittelbare Nutzung für den steuerbegünstigten Zweck (BFH-Urteil in BFHE 228, 154, BStBl II 2010, 829, Rz 9). Unter der unmittelbaren Nutzung wird die tatsächliche Zuführung des Steuergegenstandes an den Benutzungszweck verstanden. Die bloße Überlassung eines Grundstücks zur Nutzung an einen anderen genügt nicht (BFH-Urteil in BFHE 228, 154, BStBl II 2010, 829, Rz 15).
4. Das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück des Landkreises war danach am 1. Januar 2007 gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG von der Grundsteuer befreit. Die erforderliche Rechtsträgeridentität von Eigentümer des Grundstücks und unmittelbar Nutzendem war gegeben. Das Grundstück war dem Landkreis nach § 39 AO zuzurechnen. Er nutzte das Grundstück unmittelbar für schulische Zwecke und somit für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch in dem durch § 3 Abs. 2 und 3 GrStG umschriebenen Sinn.
5. Das der Klägerin zustehende Erbbaurecht war demgegenüber am 1. Januar 2007 nicht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG von der Grundsteuer befreit.
a) Die Klägerin ist als KG ein privater Rechtsträger und somit kein begünstigter Rechtsträger i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG, der nur inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts begünstigt. Dass der Landkreis an der Klägerin als Kommanditist beteiligt ist, spielt dabei keine Rolle. Selbst wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts alle Anteile an einer juristischen Person des privaten Rechts hält, wird der private Rechtsträger nicht zu einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und damit nicht selbst zum begünstigten Rechtsträger (BFH-Urteil vom 9. November 2016 II R 12/15, BFHE 255, 540, BStBl II 2017, 211, Rz 22). Gleiches gilt auch für Personengesellschaften, an denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts beteiligt ist.
b) Davon abgesehen nutzte die Klägerin das Erbbaurecht nicht unmittelbar für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch. Sie überließ den Grundbesitz vielmehr lediglich dem Landkreis zur Nutzung.
6. Die von der Klägerin begehrte Steuerbefreiung für das Erbbaurecht kann auch nicht auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 GrStG gestützt werden.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG, der durch Art. 6 des Gesetzes zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPPBeschlG) vom 1. September 2005 (BGBl I 2005, 2676) in das GrStG eingefügt wurde, gilt § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG nicht, wenn der Grundbesitz von einem nicht begünstigten Rechtsträger im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) einer juristischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch überlassen wird und die Übertragung auf den Nutzer am Ende des Vertragszeitraums vereinbart ist.
b) Der Begriff ÖPP ist gesetzlich nicht definiert. ÖPP heißt nach der Begründung des Entwurfs des ÖPPBeschlG Kooperation von öffentlicher Hand und privater Wirtschaft beim Entwerfen, bei der Planung, Erstellung, Finanzierung, dem Management, dem Betreiben und dem Verwerten von bislang in staatlicher Verantwortung erbrachten öffentlichen Leistungen (BTDrucks 15/5668, S. 10). Im Rahmen einer ÖPP verpflichtet sich ein privater Unternehmer gegenüber der öffentlichen Hand typischerweise dazu, eine bestimmte Investition durchzuführen und das Investitionsobjekt über einen gewissen Zeitraum zu betreiben und zu erhalten (zu § 4 Nr. 5 des Grunderwerbsteuergesetzes in der ab 30. Juni 2013 geltenden Fassung --GrEStG-- Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl., § 4 Rz 41; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 4 Rz 11). Eine ÖPP liegt danach nicht allein deshalb vor, weil eine juristische Person des öffentlichen Rechts Gesellschafterin einer Kapital- oder Personengesellschaft ist. Dass die juristische Person des öffentlichen Rechts Gesellschafterin des privaten Partners ist, steht dem Vorliegen einer ÖPP andererseits auch nicht entgegen (zu § 4 Nr. 5 GrEStG Viskorf, a.a.O., § 4 Rz 47; Hofmann, a.a.O., § 4 Rz 13; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 4 Rz 41; koordinierter Ländererlass des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. April 2006 S 4506-112-V A 2). Das Bestehen eines Erbbaurechts an einem Grundstück, das einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts gehört, begründet für sich genommen keine ÖPP.
c) Der Begriff des Grundbesitzes i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG wird nicht gesondert definiert und ist daher übereinstimmend mit § 2 GrStG auszulegen. Er umfasst somit auch Erbbaurechte.
d) Die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderliche Vereinbarung, dass der Grundbesitz am Ende des Vertragszeitraums auf den Nutzer übertragen wird, kann nicht durch ein bloßes Optionsrecht des Nutzers (juristische Person des öffentlichen Rechts) auf Übertragung des Grundbesitzes am Ende dieses Zeitraums ersetzt werden (Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 3 Rz 60a). Bei einem solchen Optionsrecht bleibt offen, ob es am Ende des Vertragszeitraums zu einer Rückübertragung kommen wird. Unter Vertragszeitraum i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG ist der Zeitraum zu verstehen, in dem die vertraglich vereinbarte ÖPP besteht.
§ 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG ist insoweit übereinstimmend mit § 4 Nr. 5 Satz 1 GrEStG (bzw. § 4 Nr. 9 Satz 1 GrEStG a.F.) auszulegen, der die Gewährung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Steuerbefreiung u.a. davon abhängig macht, dass zwischen dem privaten Partner der ÖPP und der juristischen Person des öffentlichen Rechts die Rückübertragung des Grundbesitzes auf diese am Ende des Vertragszeitraums vereinbart worden ist. Ein bloßes Optionsrecht der juristischen Person des öffentlichen Rechts auf Rückübertragung genügt nicht (Viskorf, a.a.O., § 4 Rz 49; Hofmann, a.a.O., § 4 Rz 15; Pahlke, a.a.O., § 4 Rz 43; Weilbach, Grunderwerbsteuergesetz, § 4 Rz 21d; Drosdzol, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2006, 21; Peppersack, Betriebs-Berater 2008, 640, 648).
e) Diese Grundsätze gelten auch für Erbbaurechte. Die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG setzt bei der Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück des öffentlich-rechtlichen Partners einer ÖPP zugunsten des privaten Partners u.a. die Vereinbarung voraus, dass das Erbbaurecht am Ende des Vertragszeitraums der ÖPP auf den öffentlich-rechtlichen Partner übertragen wird.
Es genügt somit nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG, wenn dem öffentlich-rechtlichen Partner am Ende des Vertragszeitraums lediglich eine Kaufoption zusteht. Es reicht auch nicht, wenn wie im Streitfall vereinbart wurde, dass der öffentlich-rechtliche Partner unter bestimmten Voraussetzungen vor Ablauf der vereinbarten Dauer des Erbbaurechts dessen Übertragung auf sich oder einen von ihm zu bezeichnenden Dritten verlangen kann. Durch eine solche Vereinbarung wird nicht sichergestellt, dass das Erbbaurecht am Ende des Zeitraums der vertraglich vereinbarten ÖPP auf den öffentlich-rechtlichen Partner (Grundstückseigentümer, Nutzer i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG) übertragen wird. Es ist nämlich offen, ob die Voraussetzungen für den Übertragungsanspruch bis zu diesem Zeitpunkt eintreten, ob der Grundstückseigentümer den Anspruch ggf. bis dahin geltend macht und ob er die Übertragung auf sich oder einen Dritten fordert.
f) Im Streitfall kann auf sich beruhen, ob es der Übertragung des Erbbaurechts am Ende des Vertragszeitraums gleichzustellen ist, wenn die vereinbarte Kooperationsdauer in der ÖPP und die Laufzeit des Erbbaurechts übereinstimmen und das Erbbaurecht daher gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 der am 1. Januar 2007 geltenden Verordnung über das Erbbaurecht (jetzt § 27 Abs. 1 Satz 1 des Erbbaurechtsgesetzes) am Ende des Vertragszeitraums erlischt (so zu § 4 Nr. 5 GrEStG Viskorf, a.a.O., § 4 Rz 54; Hofmann, a.a.O., § 4 Rz 18; Pahlke, a.a.O., § 4 Rz 41; a.A. Troll/ Eisele, a.a.O., § 3 Rz 60a). Jedenfalls genügt es nicht, wenn eine derartige zeitliche Übereinstimmung nicht besteht, sondern das Erbbaurecht erst zu einem nach Ende des vereinbarten Vertragszeitraums liegenden Zeitpunkt durch Zeitablauf erlischt.
g) Eine erweiternde Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG auf von seinem Wortlaut nicht erfasste Sachverhalte scheidet aus.
aa) "Teleologische Extension" setzt eine Regelungslücke voraus. Die Norm muss gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig sein. Ihre Ergänzung darf nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widersprechen. Dass eine gesetzliche Regelung rechtspolitisch als verbesserungsbedürftig anzusehen ist ("rechtspolitische Fehler"), reicht nicht aus. Ihre Unvollständigkeit muss sich vielmehr aus dem gesetzesimmanenten Zweck erschließen und kann auch bei einem eindeutigen Wortlaut vorliegen. Die Gesetzeslücke ist in einer dem Gesetzeszweck, der Entstehungsgeschichte und der Gesetzessystematik entsprechenden Weise durch Analogie, teleologische Extension oder Reduktion zu schließen. Dies ist Aufgabe der Fachgerichte (BFH-Urteil vom 2. Dezember 2015 V R 25/13, BFHE 251, 534, BStBl II 2017, 547, Rz 37, m.w.N.).
bb) Diese Voraussetzungen für eine über den Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG hinausgehende Anwendung der Vorschrift bei Erbbaurechten sind nicht erfüllt. Es fehlt an einer Regelungslücke. Die Norm ist gemessen an ihrem Zweck nicht unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig. Ihr Anwendungsbereich ist vielmehr auf die von ihrem Wortlaut erfassten Fälle beschränkt. Wie aus der Begründung des Entwurfs des Art. 6 ÖPPBeschlG (BTDrucks 15/5668, S. 17) hervorgeht, sollten mit der Einfügung des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG die finanziellen Auswirkungen für die Gemeinden gering gehalten werden. § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG wurde daher nicht gestrichen, sondern lediglich eingeschränkt. Er gilt nicht für hoheitlich genutzten Grundbesitz, der der öffentlichen Hand im Rahmen einer ÖPP überlassen wird und dessen Übertragung auf diese zum Ende der Vertragslaufzeit vorgesehen ist. In der Begründung wurde weiter ausgeführt, in vielen Fällen könne hier angenommen werden, dass die öffentliche Hand aufgrund des Vertragsinhalts bereits wirtschaftliche Eigentümerin sei (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) und ihr das jeweilige Grundstück deshalb bereits während der Vertragslaufzeit steuerlich zuzurechnen sei. Insoweit diene die Änderung des § 3 Abs. 1 GrStG der Klarstellung.
Die Vereinbarung, dass der Grundbesitz am Ende des Vertragszeitraums auf die juristische Person des öffentlichen Rechts übertragen wird, ist somit eine unverzichtbare Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG. Eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift ist ausgeschlossen.
Verfolgen Partner einer ÖPP mit einer Vertragsgestaltung, die die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG nicht erfüllt, ertragsteuerrechtliche Ziele, kann dies nicht zu einer über dessen Wortlaut hinausgehenden Auslegung führen.
Landesrechtliche Vorschriften können bereits wegen des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 31 des Grundgesetzes) bei der Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG nicht berücksichtigt werden und eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift ebenfalls nicht begründen. Eine unterschiedliche Auslegung des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts scheidet aus. Davon abgesehen sind keine landesrechtlichen Vorschriften ersichtlich, die der nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderlichen Vereinbarung entgegenstehen, dass der Grundbesitz (Grundstück im zivilrechtlichen Sinn, Erbbaurecht) am Ende des Vertragszeitraums auf den Nutzer (öffentlich-rechtlicher Partner der ÖPP) übertragen wird. Die Klägerin hat solche Vorschriften auch nicht benannt.
h) Die Voraussetzungen für eine Befreiung des der Klägerin zustehenden Erbbaurechts gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 GrStG von der Grundsteuer waren somit am 1. Januar 2007 nicht erfüllt.
Es lagen zwar eine ÖPP zwischen der Klägerin und dem Landkreis sowie eine Nutzung des Grundbesitzes für Schulzwecke und somit für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch i.S. des § 3 Abs. 2 GrStG vor. Die Klägerin und der Landkreis haben aber weder vereinbart, dass das Erbbaurecht am Ende des Vertragszeitraums auf den Landkreis übertragen wird, noch dass der Kooperationszeitraum in der ÖPP und die Laufzeit des Erbbaurechts gleichzeitig enden. Vielmehr endet das fest vereinbarte Mietverhältnis über den Mietgegenstand II bereits 25 Jahre nach seinem Beginn und somit lange vor dem auf 40 Jahre bestellten Erbbaurecht. Eine weitere Vermietung der Schulgebäude an den Landkreis nach Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf des Erbbaurechts ist zwar möglich, aber nicht verbindlich vereinbart und kann daher im Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG auf den Feststellungszeitpunkt 1. Januar 2007 nicht berücksichtigt werden. Aus welchen Gründen die Vertragspartner von einer den Anforderungen dieser Vorschrift entsprechenden Vereinbarung abgesehen haben, ist unerheblich.
i) Es kann danach auf sich beruhen, ob es sich bei § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG um eine Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union handelt (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2017 II R 62/14, BFHE 257, 381, BStBl II 2017, 916).
7. Der Grundsteuermessbetrag ist demgemäß nach § 13 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 GrStG auf 3,5 v.T. vom Einheitswert des Erbbaurechts (598.773 €), also auf 2.095,70 € festzusetzen.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.