Entscheidungsdatum: 29.03.2017
Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre zugelassene Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. März 2016 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
I. Die Beklagte vertreibt in Deutschland eine Vielzahl verschiedener Tees. Seit Juli 2013 bietet sie ein natürliches Kräuterteeprodukt ohne Zusatzstoffe unter der Bezeichnung "Detox" an, das Brennnessel und grünen Tee zu je 20% enthält.
Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb, hält die Produktbezeichnung "Detox" für eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Zudem verstoße die Werbung der Beklagten gegen das Irreführungsverbot des § 11 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LFGB und des § 5 UWG. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Bezeichnung "Detox" im Sinne einer entgiftenden Wirkung des Tees auf den menschlichen Körper. Mit seiner Klage begehrt der Kläger ein Verbot der Verwendung der Produktbezeichnung "Detox" sowie die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 178,50 €.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt (OLG Celle, GRUR-RR 2016, 302). Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Produktname "Detox" suggeriere, dass der Verzehr des Tees eine entgiftende Wirkung habe und damit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustands führe. Bei der Bezeichnung "Detox" handele es sich um eine nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 verbotene gesundheitsbezogene Angabe. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache und zur Fortbildung des Rechts sei die Revision im Hinblick auf die Frage zuzulassen, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10, 13 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 nur substanzbezogen, also nur zu dem jeweiligen Nährstoff, der Substanz oder dem Lebensmittel gemacht werden dürften, für die sie nach der Gemeinschaftsliste zugelassen seien, nicht dagegen zu dem Lebensmittelprodukt, das diese Elemente enthalte, ohne dabei den der zugelassenen Aussage zugrundeliegenden Zusammenhang mit dem Nährstoff, der Substanz oder dem Lebensmittel herauszustellen.
II. Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (dazu II 1). Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (dazu II 2).
1. Die vom Berufungsgericht angenommenen Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht mehr vor. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts im Hinblick auf die Rechtsfrage zugelassen, ob gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 10, 13 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel nur substanzbezogen, also nur zu dem jeweiligen Nährstoff, der Substanz oder dem Lebensmittel gemacht werden dürfen, für die sie nach der Gemeinschaftsliste zugelassen sind, nicht dagegen zu dem Lebensmittelprodukt, das diese Elemente enthält, ohne den der zugelassenen Aussage zugrundeliegenden Zusammenhang mit der Substanz, dem Nährstoff oder dem Lebensmittel herauszustellen. Der Senat hat diese Rechtsfrage nach der Verkündung des Berufungsurteils im Urteil vom 7. April 2016 (I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200 Rn. 35 f. und 40 = WRP 2016, 1359 - Repair-Kapseln) in dem vom Berufungsgericht für richtig erachteten Sinne beantwortet.
2. Die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
a) Auf der Grundlage der Sichtweise des Senats im Urteil "Repair-Kapseln" ist das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision mit Recht davon ausgegangen, gesundheitsbezogene Angaben dürften nicht produktbezogen, sondern nur stoffbezogen erfolgen.
b) Soweit die Revision geltend macht, der Verbraucher werde die Gesundheitswirkung entgegen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beurteilung allenfalls den auf der Produktverpackung genannten Bestandteilen Brennnessel und grüner Tee zuordnen, setzt sie in revisionsrechtlich unzulässiger Weise ihr eigenes Verständnis an die Stelle des Verständnisses des Tatrichters. Dieser hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Kräuterteemischung der Beklagten nach der Verpackung des Produkts zu jeweils 20% aus Brennnesseln und aus grünem Tee und im Übrigen aus sonstigen Inhaltsstoffen besteht. Der Umstand, dass das Produkt der Beklagten auf der Oberseite der Verpackung unterhalb des Namens "Detox" mit "Brennnessel - Grüner Tee" bezeichnet ist, ist insoweit unerheblich. Er ändert nichts daran, dass der Bezug der gesundheitsbezogenen Angabe nicht zu konkreten Inhaltsstoffen, sondern zum Gesamtprodukt hergestellt wird.
c) Der von der Revision angegriffenen Beurteilung des Berufungsgerichts, bei der Produktbezeichnung "Detox" handele es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006, sind mittlerweile das Oberlandesgericht Düsseldorf (MD 2016, 614 juris Rn. 18 bis 29) und das Oberlandesgericht Bamberg (MD 2016, 948 juris Rn. 79 bis 88) beigetreten. Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 19 - Repair-Kapseln, mwN) davon ausgegangen, dass der Begriff "gesundheitsbezogene Angabe" jeden Zusammenhang erfasst, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert. Die Beurteilung der dafür maßgeblichen Verkehrsauffassung obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter und ist im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob dieser den Tatsachenstoff fehlerfrei ausgeschöpft und seine Beurteilung frei von Widersprüchen mit Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 33 - Repair-Kapseln, mwN). Die von der Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Beurteilung gerichteten Rügen erweisen sich nach diesem Maßstab als nicht begründet.
aa) Das Berufungsgericht hat es als maßgeblich angesehen, dass es sich bei "De" um eine häufig verwendete Vorsilbe handelt, mit der der Bedeutungsgehalt einer Verringerung oder Herabsetzung verbunden wird. Es hat damit die Gesamtwirkung der aus den Silben "De" und "tox" gebildeten Bezeichnung "Detox" in den Blick genommen und daher keine zergliedernde Wertung oder Analyse vorgenommen. Nicht erfahrungswidrig ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Name "Detox" sei auf den ersten Blick für einen Kräutertee wegen seiner Künstlichkeit ungewöhnlich und veranlasse den durchschnittlichen Verbraucher dazu, ihn genauer zu betrachten und seine Bedeutung zu hinterfragen.
bb) Das Berufungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt und näher begründet, dass die mögliche Verbindung des Begriffs "Detox" mit einem "Wellness-Trend" nicht aus dem Begriffsverständnis im Sinne einer Entschlackung oder Entgiftung herausführt und das Verständnis des Verbrauchers nicht auf ein modisches Lifestyle-Produkt verengt ist. Soweit es in diesem Zusammenhang angenommen hat, auch diejenigen Verbraucher, die mit dem Begriff "Detox" einen "Wellness-Trend" assoziierten, stellten eine Verbindung mit einer entschlackenden oder entgiftenden Wirkung her, ist es nicht von einer gespaltenen Verkehrsauffassung ausgegangen. Im Hinblick auf die Annahme einer solchen Wirkung kann die Bezeichnung "Detox" - anders als die Revision meint - nicht als "wolkiges Lifestyle-Wort" angesehen werden, das nicht über eine allgemeine werbliche Anpreisung hinausgeht.
cc) Der Umstand, dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung die Ergebnisse einer "Google"-Recherche verwendet und ausgewertet hat, ist nicht zu beanstanden, weil sich im Streitfall daraus Rückschlüsse auf das maßgebliche Verkehrsverständnis herleiten ließen. Dass die Treffer keinen Tee, sondern Kuren oder Diäten betrafen, war wegen des jeweils gegebenen Zusammenhangs zwischen dem Begriff "Detox" und einer Entgiftung unerheblich.
dd) Das Berufungsgericht hat seine Sachkunde hinreichend dargelegt. Danach konnte es die maßgebliche Verkehrsauffassung auch ohne Einholung einer Verkehrsbefragung ermitteln.
d) Das Berufungsgericht hat im Übrigen - auch insoweit in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf (MD 2016, 641 juris Rn. 31 bis 36) und dem Oberlandesgericht Bamberg (MD 2016, 948 Rn. 91 bis 94) - ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Produktbezeichnung "Detox" für den von der Beklagten vertriebenen Tee nicht nur einen Verweis auf allgemeine, nicht spezifische Vorteile für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 enthielt, sondern eine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung darstellte.
Für die Abgrenzung zwischen speziellen und nicht spezifischen gesundheitsbezogenen Angaben kommt es darauf an, ob mit der Angabe ein unmittelbarer Wirkungszusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile und einer Funktion des menschlichen Organismus hergestellt wird, dessen wissenschaftliche Absicherung (vgl. Art. 6 Abs. 1 der Verordnung [EG] Nr. 1924/2006) in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 dieser Verordnung (für Angaben nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung) oder nach Art. 15 bis 17 der Verordnung (für Angaben nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung) überprüft werden kann (BGH, GRUR 2016, 1200 Rn. 24 - Repair-Kapseln, mwN). Die Angabe "(zur) Entgiftung" enthält - nicht anders als etwa auch die Aussagen "Zur unterstützenden Vorbeugung gegen Wassereinlagerungen" (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 - I ZR 5/12, GRUR 2013, 958 Rn. 13 = WRP 2013, 1179 - Vitalpilze) und "Zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit" (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 - I ZR 222/13, GRUR 2016, 412 Rn. 26 = WRP 2016, 471 - Lernstark) - eine Aussage über spezielle physiologische Wirkungen, die als solche messbar und damit hinreichend spezifisch und wissenschaftlich nachweisbar ist. Dem steht nicht entgegen, dass Essen und Trinken generell stets ernährungsphysiologische Vorgänge auslösen und dass schon das Trinken größerer Mengen Wasser oder Kräutertee an sich entschlackend oder entwässernd wirkt. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass dem streitgegenständlichen Produkt mit der Bezeichnung "Detox" aus der Sicht der angesprochenen Konsumenten eine ganz spezielle Wirkung auf den menschlichen Organismus zugeschrieben wird.
III. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
IV. Streitwert der Revision: 50.000 €.
Büscher |
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Schaffert |
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Kirchhoff |
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Koch |
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Feddersen |
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Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 13. Juni 2017 erledigt worden.