Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 17.05.2018


BGH 17.05.2018 - I ZR 54/15

Zurückweisung einer Gehörsrüge betr. BGH-Entscheidung über die Vergütungspflicht für PCs mit eingebauter Festplatte


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
17.05.2018
Aktenzeichen:
I ZR 54/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:170518BIZR54.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BGH, 14. Dezember 2017, Az: I ZR 54/15, Urteilvorgehend OLG München, 19. Februar 2015, Az: 6 WG 7/10
Zitierte Gesetze
Art 5 Abs 2 Buchst b EGRL 29/2001

Tenor

Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 14. Dezember 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe

1

I. Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet.

2

1. Die Beklagte rügt vergeblich, die Ausführungen des Senats zur Begründung seiner Annahme, die von der Beklagten im fraglichen Zeitraum in Verkehr gebrachten PCs mit eingebauter Festplatte seien geeignet gewesen, im Sinne von § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG aF zur Aufzeichnung von Audiowerken und audiovisuellen Werken auf Bild- oder Tonträger und zur Übertragung solcher Werke von einem Tonträger auf einen anderen verwendet zu werden (Senatsurteil Rn. 17 bis 24), ließen erkennen, dass wesentlicher Sachvortrag der Beklagten im Revisionsrechtszug entweder in seinem Kern nicht zur Kenntnis genommen oder nicht hinreichend erwogen worden sei.

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Der Senat hat das Vorbringen der Revision der Beklagten entgegen der Darstellung der Beklagten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, das Oberlandesgericht habe eine unzulässige generalisierende Betrachtungsweise angestellt, indem es die Microsoft-Empfehlung ohne weitere tatrichterliche Feststellung herangezogen habe. Dasselbe gilt für das Vorbringen der Revision der Beklagten, das Oberlandesgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Beklagten befasst, die technische Eignung ihrer Geräte sei in den Jahren 2002 bis 2005 nicht vorhanden gewesen, weil die Prozessorleistung der PCs und die Arbeitsspeicherkapazität der PCs und der Grafikkarten zu gering gewesen seien und es regelmäßig zu Systemabstürzen und weiteren technischen Problemen gekommen sei (Senatsurteil Rn. 23).

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Die Beklagte rügt ohne Erfolg, die Annahme des Senats, die Beurteilung des Oberlandesgerichts beruhe nicht auf einer unzulässigen generalisierenden Betrachtungsweise, entbehre einer Grundlage. Der Senat hat zur Begründung seiner Auffassung ausgeführt, das Oberlandesgericht habe unter Heranziehung der von der Klägerin angeführten Empfehlungen des Softwareunternehmens Microsoft, des marktführenden Anbieters des seinerzeit meistverbreiteten Betriebssystems „Windows XP“, ohne Rechtsfehler festgestellt, dass bei einer Prozessorleistung von wenigstens 300 MHz und einem Arbeitsspeicher von wenigstens 128 MB eine Speicherkapazität der Festplatte von wenigstens 10 GB genüge, um wenigstens ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk, nämlich einen Fernsehfilm von zweistündiger Dauer, zu speichern. Da nach den weiteren Feststellungen des Oberlandesgerichts alle von der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum vertriebenen Modelle diese technischen Mindestvoraussetzungen erfüllt hätten, habe das Oberlandesgericht keine weiteren Feststellungen zu den einzelnen Gerätemodellen treffen müssen, ohne damit eine unzulässige generalisierende Betrachtungsweise anzustellen (Senatsurteil Rn. 23).

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2. Die Beklagte rügt weiter ohne Erfolg, die Annahme des Senats, das Oberlandesgericht habe ohne Rechtsfehler angenommen, die hier in Rede stehenden PCs der Beklagten seien erkennbar zur Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken bestimmt gewesen (Senatsurteil Rn. 25 bis 28), beruhe auf einer gehörswidrigen Übergehung ihres Vorbringens in der Revision. Übergangen worden sei das Vorbringen der Beklagten, dass Versuche ihrer Mitarbeiter belegt hätten, die Geräte seien entweder bereits technisch nicht zur Vornahme von Vervielfältigungen geeignet gewesen oder hätten jedenfalls keine erkennbare Bestimmung für private Vervielfältigungshandlungen besessen, weil es sich um reine "Business-PCs" mit zweckorientiert spartanischer Ausrüstung auf dem damaligen Stand der Technik gehandelt habe.

6

Diese Rüge ist unbegründet. Zum einen hat der Senat das als übergangen gerügte Vorbringen der Beklagten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Zum anderen war dieses Vorbringen nicht entscheidungserheblich. Nach der vom Senat gebilligten Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts kommt es nicht allein auf die ursprüngliche Ausrüstung der von der Beklagten vertriebenen „Business-PCs“ an, sondern darauf, dass diese PCs dazu geeignet und dafür bestimmt waren, nach einer Ausstattung mit zusätzlichen Komponenten zur Vervielfältigung von Bild- und Tonaufzeichnungen verwendet zu werden (Senatsurteil Rn. 27 und 28).

7

3. Die Beklagte rügt vergeblich, der Umstand, dass der Senat wiederholt auf die tatsächliche Verwendung und Nutzung der PCs abgestellt habe, lasse darauf schließen, dass er weder die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch die darauf bezogenen Rügen der Revision erwogen habe, wonach es für die Vergütungspflicht entscheidend auf den Verkaufszweck oder den Erwerbszweck und nicht auf die Verwendung oder Nutzung der PCs ankomme.

8

Der Senat hat seiner Entscheidung die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zugrunde gelegt, wonach Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung einer Regelung, die Hersteller oder Importeure zur Zahlung der Privatkopievergütung verpflichtet, obwohl sie nicht wissen, ob es sich bei den Endabnehmern um gewerbliche oder private Kunden handelt, und die daher auch keinen Einblick in die im konkreten Einzelfall zu erwartende Nutzung der an diese veräußerten Geräte und Speichermedien haben können, nicht entgegensteht, wenn diese Vergütungsschuldner von der Zahlung der Privatkopievergütung befreit werden, wenn sie nachweisen, dass sie die in Rede stehenden Geräte oder Speichermedien an andere als natürliche Personen zu eindeutig anderen Zwecken als zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch geliefert haben. Der Senat hat angenommen, dass den Vergütungsschuldnern danach auch dann der Nachweis abverlangt werden darf, dass die in Verkehr gebrachten Geräte und Speichermedien nicht zur Vervielfältigung zum Privatgebrauch verwendet worden sind, wenn sie nicht wissen, ob es sich bei den Endabnehmern um gewerbliche oder private Kunden handelt, und dass nichts anderes für den Nachweis gilt, dass ein an einen gewerblichen Abnehmer geliefertes Gerät eindeutig anderen Zwecken als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten ist (Senatsurteil Rn. 37).

9

4. Entgegen der Darstellung der Beklagten hat der Senat ihren Einwand zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen, die nach der BITKOM-Mitgliedschaft differenzierende Beurteilung des Oberlandesgerichts führe im Ergebnis dazu, dass Modalitäten für einen gerechten Ausgleich geschaffen würden, die zwischen den Wirtschaftsteilnehmern ohne sachliche Grundlage ungerechtfertigt differenzierten und deshalb gegen das Gleichbehandlungsgebot verstießen (vgl. zur Verwirkung Rn. 50 und 51 und zum kartellrechtlichen Gleichbehandlungsgebot Rn. 52 des Senatsurteils). Der Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör ist nicht deshalb verletzt, weil der Senat ihren Einwand nicht für begründet gehalten hat.

10

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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