Entscheidungsdatum: 29.11.2018
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 23. Zivilsenat - vom 7. Dezember 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 220.000 € festgesetzt.
I. Die Parteien streiten um die Zahlung einer Maklerprovision.
Die Beklagte ist eine Projektgesellschaft, die ein Geothermieprojekt realisiert hat. Ihr Geschäftsführer Dr. W. war seit Februar 2015 alleiniger Gesellschafter der Er. B. M. GmbH, die seinerzeit ihrerseits alleinige Komplementärin der Erdwärme Bayern Asset Management GmbH und Co. KG war. Diese wiederum war bis zur Beteiligung einer Gesellschaft des E. -Konzerns alleinige Gesellschafterin der Beklagten.
Am 2. Januar 2015 schloss der als Unternehmensberater tätige Kläger mit dem Geschäftsführer der Beklagten persönlich, der seinerzeit auch der alleinige Geschäftsführer der Er. B. M. GmbH war, ein Abkommen über eine zweistufige Zusammenarbeit. Nach einvernehmlichem Abschluss der ersten Stufe machte der Geschäftsführer der Beklagten am 10. Februar 2015 in einer E-Mail dem Kläger ein Angebot, das dieser mit E-Mail vom selben Tag annahm. Die E. G. P. International B.V. (im Weiteren: E. B.V.) beteiligte sich nachfolgend bei der Beklagten mit einer Investition in Höhe von 22 Mio. €.
Das Landgericht hat die vom Kläger erhobene, auf Zahlung eines Maklerhonorars in Höhe von 220.000 € (1% von 22 Mio. €) gerichtete Klage abgewiesen. Schuldner des Anspruchs sei zwar das "Investitionsvehikel" im Sinne der Vereinbarung vom 10. Februar 2015 und damit die Beklagte. Die E. B.V. habe aber nicht die für die Auszahlung des Erfolgshonorars erforderliche Zustimmung erteilt. Diese habe entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung keine Fälligkeitsvoraussetzung, sondern eine aufschiebende Bedingung dargestellt.
Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Der Maklervertrag zwischen dem Kläger und dem dabei als Vertreter der Beklagten tätig gewordenen Geschäftsführer der Beklagten vom 10. Februar 2015 sei unbedingt zustande gekommen. Der Kläger habe die vom Geschäftsführer der Beklagten vorgeschlagene Regelung gemäß ihrem Wortlaut als Fälligkeitsregelung verstehen dürfen. Der zwischen der Beklagten und der E. B.V. geschlossene kongruente Hauptvertrag sei zumindest auch das Ergebnis einer Maklerleistung. Der daraus resultierende Honoraranspruch des Klägers sei spätestens im Januar 2017 fällig geworden (OLG München, Urteil vom 7. Dezember 2017 - 23 U 2440/17, juris).
Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Mit der Revision will sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Recht, das Berufungsgericht habe das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
1. Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung, ob die Voraussetzungen erfüllt waren, die nach dem Maklervertrag für den Honoraranspruch des Klägers bestanden, ausgeführt, die Beklagte sei dem Vortrag des Klägers, durch viele Reisen und Gespräche zwischen Februar und August 2015 bei den Verantwortlichen der E. B.V. und deren Muttergesellschaft die Bereitschaft zur Investition in das Projekt geschaffen zu haben, auch nicht in der Berufungsverhandlung entgegengetreten, in der der Kläger entsprechende konkrete Angaben gemacht habe. Das Berufungsgericht hat damit angenommen, die Beklagte habe Anlass gehabt, den durch diese Angaben nunmehr weitergehend substantiierten Vortrag des Klägers ihrerseits substantiiert zu bestreiten.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht damit die Anforderungen, die an die Substantiierung eines gemäß § 138 Abs. 4 ZPO zulässigen Bestreitens mit Nichtwissen zu stellen sind, verkannt und damit den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat.
a) Die behaupteten Bemühungen des Klägers bei Investoren waren weder eigene Handlungen der Beklagten noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung. In einer solchen Situation steht die Erklärung mit Nichtwissen in ihrer Wirkung dem schlichten Bestreiten gleich und schließt die Zulässigkeit einer solchen Erklärung die Verpflichtung der Partei zu einem substantiierten Bestreiten aus. Unternimmt diese Partei gleichwohl - wie die Beklagte hier mit ihrem Vortrag, von einer aktiven Mitwirkung des Klägers sei bereits im zweiten Quartal 2015 wenig zu spüren gewesen - den Versuch, ihr Bestreiten näher zu begründen, führt das auch dann nicht zur Unbeachtlichkeit ihrer Erklärung mit Nichtwissen, wenn sie dabei eine Behauptung ins Blaue hinein aufstellt (BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - III ZR 111/87, NJW-RR 1989, 41, 43 [juris Rn. 34]).
b) Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze verkannt und damit die Substantiierungsanforderungen an ein wirksames Bestreiten überspannt. Eine solche eindeutig falsche Anwendung des § 138 Abs. 4 ZPO, die dazu führt, dass ein nach § 138 Abs. 3 ZPO wirksames Bestreiten unberücksichtigt bleibt, findet in der Zivilprozessordnung keine Stütze (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 1991 - 1 BvR 729/91, juris Rn. 12; BVerfG, NJW 2001, 1565, 1655 [juris Rn. 21]; BGH, Beschluss vom 21. Januar 2013 - XI ZR 471/11, NJW-RR 2013, 948 Rn. 7).
3. Diese Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des von ihm als nicht wirksam angesehenen Bestreitens der Beklagten zu einem für diese günstigeren Ergebnis gekommen wäre. Dem steht nicht entgegen, dass der unstreitige Tatbestand des landgerichtlichen Urteils die Feststellung enthielt, der Kläger habe der Beklagten die E. B.V. als weitere Gesellschafterin vermittelt. Das Landgericht hat zu Inhalt und Umfang dieser Vermittlung keine Feststellungen getroffen, weil der Umstand vor ihm keine entscheidende Rolle gespielt hat, da das Landgericht von einem bedingten Vertragsschluss ausgegangen ist. Außerdem war dieser Feststellung nicht zu entnehmen, ob die angenommene Vermittlung auf einer hinreichenden Vermittlungsleistung im Sinne einer bewusst finalen Herbeiführung der Abschlussbereitschaft beruhte. Dementsprechend hat mit Recht auch das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht auf diese vom Landgericht festgestellte Vermittlung gestützt.
4. Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Berufungsgericht, dessen Ausführungen ansonsten keinen Rechtsfehler erkennen lassen, auch durch die Nichtwiedereröffnung der mündlichen Verhandlung auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 4. Dezember 2017 deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. Das Gericht hat nach § 296a Satz 2, § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Wiedereröffnung einer geschlossenen Verhandlung anzuordnen, wenn es einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler, insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht gemäß § 139 ZPO oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör feststellt.
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