Entscheidungsdatum: 02.12.2015
Die Beschwerde gegen den Beschluss des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Februar 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Streitwert wird auf 51.879,34 € festgesetzt.
I. Die Klägerin ist für die bayerischen Sparkassen und die Bayerische Landesbausparkasse als Immobilienmaklerin tätig. Im März 2010 wurde sie von der Beklagten mit der Vermarktung eines mit Wohn- und Geschäftsgebäuden bebauten Grundstücks in V. beauftragt. Im Vertriebsauftrag vom 26. April 2010 war eine Kaufpreisvorstellung von 249.000 € genannt. In der Folgezeit schätzte ein für die Klägerin tätiger Sachbearbeiter einer Sparkasse den Wert des Objekts auf 210.000 €. Die Parteien nahmen diesen Betrag in den Vertriebsauftrag vom 3. August 2010 als neue Kaufpreisvorstellung auf. Mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Februar 2011 veräußerte die Beklagte das Grundstück für 207.500 € an einen ihr von der Klägerin nachgewiesenen Kaufinteressenten.
Die Beklagte brachte gegen die ihr von der Klägerin nachfolgend gestellte Maklerrechnung über 7.407,75 € verschiedene Einwände vor. Im Weiteren bezahlte sie einen Betrag von 3.500 € unter dem Vorbehalt der Rückforderung.
Die Klägerin hat die Beklagte gerichtlich auf Zahlung von 3.907,75 € nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die Abweisung der Klage und mit ihrer Widerklage die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 66.000 € nebst Zinsen beantragt. Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe sich wegen Schlechterfüllung des Maklervertrags schadensersatzpflichtig gemacht. Der für sie tätig gewordene Sparkassenmitarbeiter habe den Verkehrswert des Anwesens nicht zutreffend ermittelt. Dieser Wert habe um mindestens 50.000 € bis 60.000 € über dem von dem Sparkassenmitarbeiter ermittelten Schätzbetrag gelegen. Die Beklagte habe das Grundstück nur deshalb zum Preis von 207.500 € verkauft, weil sie wegen der unzutreffenden Auskunft von einem Verkehrswert von 210.000 € ausgegangen sei. Bei fehlerfreier Bewertung wäre sie zu diesem Preis nicht verkaufsbereit gewesen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 53.757,39 € nebst Zinsen stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung, mit der die Klägerin ihre in erster Instanz gestellten Anträge weiterverfolgt hat, hat das Berufungsgericht nach vorangegangenem Hinweisbeschluss mit einstimmigem Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Mit der von ihr angestrebten Revision möchte sie ihren Antrag auf Abweisung der Widerklage in Höhe von 51.879,34 € weiterverfolgen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
1. Die Klägerin greift mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht die Beurteilung des Berufungsgerichts an, die Bewertung des Grundstücks mit einem Betrag von unter 216.000 € sei in jedem Fall pflichtwidrig gewesen. Sie wendet sich vielmehr allein gegen die Auffassung der Vorinstanz, der nach § 287 ZPO zu schätzende Schaden sei nicht um den - vom Berufungsgericht auf maximal 20% - veranschlagten fiktiven Spielraum der Klägerin bei der Bestimmung des Kaufpreises zu mindern.
Die Klägerin macht hierzu geltend, das Berufungsgericht habe für den Bereich der vertraglichen Auskunftshaftung den Obersatz gebildet,
der Auskunftspflichtige hafte, auch wenn die gebotene interessengerechte Vertragsauslegung ergebe, dass er keine exakt richtige, sondern lediglich eine vertretbare, die Grenzen eines ihm zugebilligten Bewertungsspielraums einhaltende Verkehrswertbestimmung geschuldet habe, im Falle der Überschreitung dieses Spielraums nicht nur hinsichtlich der außerhalb des Spielraums liegenden Schäden, sondern habe den Auskunftsberechtigten dann so zu stellen, als sei diesem der exakt richtige Verkehrswert mitgeteilt worden.
Das Oberlandesgericht Hamm habe demgegenüber in seinem Urteil vom 15. Januar 2009 - 22 U 39/08, juris Rn. 112 den abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt,
der Auskunftspflichtige hafte, wenn die gebotene interessengerechte Vertragsauslegung ergebe, dass er keine exakt richtige, sondern lediglich eine vertretbare, die Grenzen eines ihm zugebilligten Bewertungsspielraums einzuhaltende Verkehrswertbestimmung geschuldet habe, bei Überschreitung dieses Spielraums außer in Fällen der Absicht auch nur für die außerhalb des Spielraums liegende Schäden.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde lässt dabei unberücksichtigt, dass das Oberlandesgericht Hamm in dem von ihr für ihren Standpunkt in Anspruch genommenen Urteil vom 15. Januar 2009 zwar ausdrücklich von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgegangen ist, nach der bei der Schadensberechnung der Betrag anzusetzen ist, um den die geschädigte Partei den Grundstückskaufvertrag im Vertrauen auf die Richtigkeit der pflichtwidrigen Angaben zu teuer erworben oder zu billig abgegeben hat (aaO juris Rn. 106), bei seinen nachfolgend angestellten Erwägungen (aaO juris Rn. 107 bis 113) aber - wie zuvor auch schon das Landgericht (LG Bielefeld, Urteil vom 22. Januar 2008 - 2 O 5/03, juris Rn. 63) - übersehen hat, dass eine Fehleinschätzung des objektiven Verkehrswerts, die sich außerhalb - im Streitfall: unterhalb - der bei Schätzungen hinzunehmenden Toleranzschwelle bewegt, kein rechtmäßiges Alternativverhalten zu der noch gröberen Fehleinschätzung darstellt, die diesen Rahmen verlässt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll der zu leistende Schadensersatz die Vermögenslage herstellen, die bei pflichtgemäßem Verhalten, das heißt bei korrekter Ermittlung des Grundstückswerts eingetreten wäre. Der Schadensersatz kann dabei entweder darauf gerichtet sein, den Geschädigten so zu stellen, als hätte er den Grundstückskaufvertrag nicht geschlossen, oder darauf gestützt werden, dass der Geschädigte den bewerteten Gegenstand bei korrekter Wertfestsetzung zu einem für ihn günstigeren Preis veräußert hätte (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2006 - III ZR 143/05, BGHZ 166, 313 Rn. 13; Urteil vom 10. Oktober 2013 III ZR 245/12, BGHZ 198, 265 Rn. 36). Wenn der Geschädigte - wie im Streitfall die Beklagte - seinen Schaden nach der zweiten Methode berechnet, ist auf die Differenz zwischen dem fehlerhaft angegebenen und dem tatsächlichen Verkehrswert abzustellen, der bei ordnungsgemäßer Schätzung als Kaufpreis bezahlt worden wäre. Dabei ist der Betrag maßgeblich, um den der geschädigte Käufer den Gegenstand im Vertrauen auf die Richtigkeit der Schätzung zu teuer erworben oder umgekehrt der geschädigte Verkäufer den Gegenstand in diesem Vertrauen zu billig abgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323 unter II 2 b aa mwN).
3. Der Umstand, dass die vorstehend angeführten beiden Urteile des III. Zivilsenats jeweils zur Haftung eines Sachverständigen gemäß § 839a BGB für eine unrichtige Grundstücksbewertung ergangen sind, ist unerheblich. Es geht insoweit nicht um eine Besonderheit der nach dieser Bestimmung bestehenden Haftung, sondern um allgemein geltende Grundsätze des Schadensrechts (vgl. nochmals BGH, NJW 1993, 1323 unter II 2 b aa mwN). Die Haftung rechtfertigt sich in allen Fällen aus der Überlegung, dass eine Fehleinschätzung des objektiven Verkehrswerts, die sich unterhalb der bei Schätzungen hinzunehmenden Toleranzschwelle bewegt, kein rechtmäßiges Alternativverhalten zu der noch gröberen Fehleinschätzung darstellt, die diesen Rahmen verlässt.
4. Der Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde steht auch nicht entgegen, dass das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Januar 2009 der Nichtzulassungsbeschwerde des dortigen Beklagten zu 1 standgehalten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 23. September 2009 - V ZR 30/09, juris). Dessen im Ergebnis erfolglose Berufung ist vom Oberlandesgericht Hamm unter B II seines Urteils vom 15. Januar 2009 (= juris Rn. 55 bis 98) abgehandelt worden. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde für ihren Standpunkt herangezogenen Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm in dem besagten Urteil finden sich demgegenüber im Abschnitt B III 2 (= juris Rn. 102 bis 114). Die vom V. Zivilsenat in seinem Beschluss vom 23. September 2009 für die Nichtzulassung der Revision gegebene Begründung ist auch inhaltlich in keiner Weise auf die dortigen Ausführungen im Berufungsurteil, sondern auf die davon abweichend gelagerte Problematik zugeschnitten, die das Oberlandesgericht Hamm im Abschnitt B II 1 seines Urteils (= juris Rn. 57 bis 79) abgehandelt hat.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Löffler Feddersen