Entscheidungsdatum: 07.01.2016
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 191.903,42 € festgesetzt.
I. Die Klägerin, die Zentralstelle für Private Überspielungsrechte (ZPÜ), ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, der ihre Gesellschafter das Inkasso der von ihnen wahrgenommenen Ansprüche der Urheber auf Zahlung einer Gerätevergütung übertragen haben.
Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft des französischen Elektronikherstellers A. S.A., der unter anderem MP3-Player mit fest eingebautem Speicher produziert. Sie war im November 2004 als Importeurin, die die Geräte der französischen Muttergesellschaft im Inland vertrieb, dem zwischen der Klägerin und dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) im Oktober 2004 abgeschlossenen Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für Tonaufzeichnungsgeräte beigetreten. Der Gesamtvertrag sieht in § 4 seiner Anlage 1 für jeden im Inland veräußerten oder sonst in den Verkehr gebrachten MP3-Player mit fest eingebautem Speicher eine Vergütung von 2,56 € nebst 7% Umsatzsteuer und abzüglich eines Gesamtvertragsnachlasses von 6% vor.
Mit Schreiben vom 1. August 2006 setzte die Beklagte die Klägerin davon in Kenntnis, dass beginnend mit dem Jahre 2006 Importe direkt von der französischen Muttergesellschaft vorgenommen würden. Zugleich bat sie darum, die Rechnungen zu den beigefügten Meldungen an die angegebene Adresse der französischen Muttergesellschaft zu richten. Unter dem 6. Juli 2007 teilte die Beklagte der Klägerin erneut mit, dass sämtliche Importe direkt von ihrer Muttergesellschaft in Frankreich vorgenommen würden und die Meldungen an die Klägerin daher auch von dort erfolgen würden. Die Klägerin erhielt am 31. Juli 2007 mit dem Stempel der Muttergesellschaft der Beklagten versehene Meldungen für das erste und zweite Quartal 2007, am 23. Oktober 2007 für das dritte Quartal 2007 und am 28. Januar 2008 für das vierte Quartal 2007. Eine Abrechnung durch die Klägerin erfolgte nicht.
Unter dem 23. April 2010 wandte sich die Beklagte mit folgendem Schreiben an die Klägerin:
[…] beiliegend übersenden wir Ihnen unsere Meldungen für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Zeitgleich möchten wir Sie bitten, wieder die Kunden-Adress-Daten zu nutzen, die bereits vor 2006 für uns gültig waren. Die aktuell eingetragene A. S.A. aus Frankreich müsste wie folgt geändert werden: A. Deutschland GmbH […]
Die Klägerin stellte unter dem 1. Dezember 2010 der A. S.A. für im Jahr 2007 vertriebene MP3-Player mit fest eingebautem Speicher unter Berücksichtigung eines Gesamtvertragsnachlasses von 6% einen Betrag in Höhe von 195.479,09 € netto in Rechnung. Am 20. Dezember 2010 erteilte sie der A. S.A. über diesen Betrag eine Gutschrift und stellte stattdessen der Beklagten für im Jahre 2007 vertriebene MP3-Player einen Betrag in Höhe von 191.903,42 € brutto in Rechnung. Mit E-Mails vom 27. und vom 28. Dezember 2010 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass für das Jahr 2007 die A. S.A. in Anspruch zu nehmen sei.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Parteien hätten sich mit Rücksicht auf das Schreiben der Beklagten vom 23. April 2010 darauf verständigt, dass die Beklagte für die Gerätevergütung für das Jahr 2007 unabhängig von einer sie treffenden gesetzlichen Zahlungsverpflichtung einzustehen habe. Darüber hinaus habe die Beklagte die Gerätevergütung als Importeurin der MP3-Player zu zahlen.
Die Klägerin hat die Beklagte - nach Durchführung des in § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehenen Verfahrens vor der Schiedsstelle - auf Zahlung von 191.903,42 € zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen.
Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde. Mit der Revision will sie ihren Zahlungsantrag weiterverfolgen. Die Beklagte beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
1. Die Beschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Oberlandesgericht habe eine Haftung der Beklagten als Importeurin der MP3-Player rechtsfehlerhaft verneint.
a) Gemäß § 54 Abs. 1 UrhG aF hat der Urheber eines Werkes, wenn nach der Art des Werkes zu erwarten ist, dass es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragungen von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen nach § 53 Abs. 1 oder 2 UrhG aF vervielfältigt wird, gegen den Hersteller (§ 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF) sowie gegen den Einführer und den Händler (§ 54 Abs. 1 Satz 2 UrhG aF) von Geräten und von Bild- und Tonträgern, die erkennbar zur Vornahme solcher Vervielfältigungen bestimmt sind, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung für die durch die Veräußerung der Geräte sowie der Bild- oder Tonträger geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen. Einführer ist nach § 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 1 UrhG), wer die Geräte oder Bild- oder Tonträger in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder verbringen lässt. Liegt der Einfuhr ein Vertrag mit einem Gebietsfremden zugrunde, so ist Einführer nach § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG) nur der im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässige Vertragspartner, soweit er gewerblich tätig wird.
b) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die Beklagte sei selbst dann nicht als Importeurin der im Jahre 2007 eingeführten Geräte anzusehen, wenn sie Vertragspartner der inländischen Händler gewesen wäre. Entweder habe die Beklagte die Geräte an die inländischen Händler veräußert, nachdem die A. S.A. die Geräte ins Inland verbracht habe. Dann sei nach § 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF allein die A. S.A. Importeurin der Geräte. Oder die A. S.A. habe die Geräte auf der Grundlage von bereits abgeschlossenen Händlerkäufen in ihr inländisches Auslieferungslager verbracht. Dann seien nach § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF allein die mit der A. S.A. kontrahierenden inländischen Händler als Importeure anzusehen. Die Beklagte wäre nur Importeurin, wenn sie die Geräte hätte ins Inland verbringen lassen (§ 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF) oder wenn die Geräte aufgrund eines Vertrags der Beklagten mit der A. S.A. eingeführt worden wären (§ 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF). Für beide Varianten fehle es an tatsächlichem Vorbringen der Klägerin.
c) Die Nichtzulassungsbeschwerde macht geltend, das Oberlandesgericht habe damit eine Haftung der Beklagten als Importeurin zu Unrecht verneint. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts seien die Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF auch dann erfüllt, wenn die Ware von einem Gebietsfremden bezogen werde, nachdem dieser sie bereits in sein inländisches Warenlager verbracht habe. Wenn die gewerblichen Abnehmer die gemeldeten Geräte von der Beklagten und nicht von deren Muttergesellschaft bezogen hätten, wovon das Oberlandesgericht ausgehe, müsse die Beklagte die Geräte zuvor von ihrer Muttergesellschaft auf vertraglicher Basis zur Verfügung gestellt bekommen haben, selbst wenn diese sie bereits zuvor in das inländische Warenlager verbracht habe. Auch in diesem Fall hafte die Beklagte als Importeurin, da sie dann einen Vertrag mit einem Gebietsfremden geschlossen habe und es für die Eigenschaft als Importeur nicht darauf ankomme, ob die Ware vor oder nach diesem Vertragsschluss in das inländische Warenlager des Gebietsfremden verbracht worden sei.
d) Damit kann die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben. Das Oberlandesgericht hat mit Recht angenommen, dass der Einfuhr nur dann ein Vertrag mit einem Gebietsfremden im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG) zugrunde liegt, wenn der Vertrag vor der Einfuhr geschlossen worden ist. Der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden ist daher nicht Einführer im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF (jetzt § 54b Abs. 2 Satz 2 UrhG), wenn er den Vertrag erst nach der Einfuhr geschlossen hat.
aa) Dem Wortlaut des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF ist nicht zu entnehmen, dass der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden als Einführer anzusehen ist, wenn er den Vertrag erst nach der Einfuhr geschlossen hat. Das Erfordernis, dass der Einfuhr ein Vertrag mit einem Gebietsfremden „zugrunde liegt“, legt vielmehr die Annahme nahe, dass der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden nur als Einführer anzusehen ist, wenn die Einfuhr auf dem Vertrag mit dem Gebietsfremden beruht, der Vertrag zum Zeitpunkt der Einfuhr also bereits bestand.
bb) Nichts anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde aus dem Regelungszusammenhang und dem Zweck des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF. Mit der gesamtschuldnerischen Haftung des Importeurs neben dem Hersteller für die von diesem geschuldete Gerätevergütung soll die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs für solche Fälle sichergestellt werden, in denen der Hersteller im Ausland zur Leistung nicht bereit oder imstande ist oder aus anderen Gründen nicht belangt werden kann (BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 96/83, GRUR 1985, 280, 282 - Herstellerbegriff II). Daraus folgt jedoch nicht, dass der im Inland ansässige Vertragspartner eines Gebietsfremden als Einführer im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF an Stelle des Einführers im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 UrhG aF haftet, wenn er den Vertrag mit dem Gebietsfremden erst nach der Einfuhr geschlossen hat. Das Gesetz sieht nicht vor, dass auf jeden Fall ein im Inland ansässiger Vergütungsschuldner für die Gerätevergütung haftet. Vielmehr geht aus der Begründung zum Entwurf des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF hervor, dass das ausländische Unternehmen als Einführer vergütungspflichtig bleibt, wenn die Voraussetzungen einer Haftung des inländischen Vertragspartners nicht erfüllt sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, BR-Drs. 218/94, S. 20).
cc) Abweichendes folgt auch nicht aus einer im Blick auf Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 54 Abs. 2 Satz 2 UrhG aF. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG zwar dahin auszulegen, dass der Mitgliedstaat, der eine Vergütungsregelung für Privatkopien zulasten des Herstellers oder Importeurs von Vervielfältigungsmedien für geschützte Werke eingeführt hat und in dessen Hoheitsgebiet der den Urhebern durch die Nutzung ihrer Werke durch dort ansässige Käufer zum privaten Gebrauch entstandene Schaden eintritt, zu gewährleisten hat, dass diese Urheber tatsächlich den gerechten Ausgleich erhalten, der zum Ersatz dieses Schadens bestimmt ist. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, den geschädigten Urhebern die tatsächliche Zahlung eines gerechten Ausgleichs als Ersatz des in ihrem Hoheitsgebiet entstandenen Schadens zu gewährleisten, geht jedoch nicht so weit, dass sie sicherstellen müssten, dass die Urheber die Gerätevergütung gegenüber einem im Inland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können. Vielmehr genügt es, wenn sie die Gerätevergütung gegenüber einem im Ausland ansässigen Vergütungsschuldner geltend machen können, der die Geräte ins Inland eingeführt hat (EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 - C-462/09, Slg. 2011, I-5331 = GRUR 2011, 909 Rn. 30 bis 41- Stichting/Opus).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Büscher Schaffert Kirchhoff
Koch Feddersen