Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 12.07.2018


BGH 12.07.2018 - I ZR 152/17

Immobilienmaklervertrag: Vertragliche Nebenpflicht des Maklers zur Prüfung steuerrechtlicher Fragen beim Grundstücksverkauf


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
12.07.2018
Aktenzeichen:
I ZR 152/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:120718UIZR152.17.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Düsseldorf, 28. Juli 2017, Az: I-7 U 118/16, Urteilvorgehend LG Krefeld, 4. Mai 2016, Az: 5 O 387/15
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Einen Makler trifft beim Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung grundsätzlich keine vertragliche Nebenpflicht, steuerrechtliche Fragen zu prüfen, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag stellen, den er vermittelt oder für dessen Abschluss er eine Gelegenheit nachweist, und seinen Auftraggeber über die in diesem Zusammenhang relevanten Umstände aufzuklären.

2. Abweichendes gilt im Einzelfall ausnahmsweise etwa dann, wenn der Makler sich hinsichtlich bestimmter Steuerfragen als Fachmann geriert, wenn er sich beispielsweise in seiner Werbung einer langjährigen Tätigkeit und Erfahrung berühmt, wenn der Auftraggeber hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf oder wenn der Makler den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsschluss verleitet.

3. Ein Makler, der einen Grundstückskauf vermittelt, ist nur dann gehalten, auf mögliche steuerrechtliche Folgen des vermittelten Geschäfts hinzuweisen, wenn er aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls Anlass zu der Vermutung haben muss, seinem Kunden drohe ein Schaden, weil er sich der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht wie etwa gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht bewusst ist.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juli 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin war Eigentümerin des von ihr Anfang 2004 zum Preis von 170.000 € erworbenen Wohnanwesens in K.   , A. O.     , in dem sich acht vermietete Wohnungen befanden (im Weiteren: Anwesen). Mit schriftlichem Makleralleinauftrag vom 15. Mai 2013 beauftragte sie die Beklagte, eine Immobilienmaklerin, mit der Vermittlung des Anwesens. Die Beklagte teilte der Klägerin nach Aufnahme ihrer Vermittlungstätigkeit mit, es gebe zahlreiche Interessenten für das Anwesen und es empfehle sich, dieses bald zu veräußern, da andernfalls die Gefahr bestehe, dass Interessenten abspringen könnten. Die Klägerin schloss mit der späteren Erwerberin des Anwesens, mit der sie seit Ende Mai 2013 in Verhandlungen gestanden hatte, nach vorheriger Besichtigung des Anwesens am 14. Juni 2013 eine von der Beklagten mitunterzeichnete privatschriftliche "Ankaufvereinbarung". Mit notariellem Kaufvertrag vom 8. Juli 2013 verkaufte sie das Anwesen zu einem Preis von 295.000 €. In § 14 des von der Beklagten vorbereiteten Kaufvertrags wurde festgestellt, dass der Notar keine steuerrechtliche Beratung durchgeführt hat.

2

Die zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagte Klägerin hatte gemäß Bescheid des Finanzamts Krefeld vom 17. März 2015 für das Jahr 2013 Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 47.856,62 € nachzuzahlen.

3

Die Klägerin meint, die Beklagte hätte sie vor Abschluss des Kaufvertrags am 8. Juli 2013 darauf hinweisen müssen, dass ein innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb des Anwesens bei seiner Veräußerung erzielter Gewinn grundsätzlich einkommensteuerpflichtig sei. Die Beklagte habe bei der Auftragserteilung einen Grundbuchauszug übergeben bekommen. Jedenfalls anlässlich der Vorbereitung des Kaufvertrags habe sie Kenntnis davon erhalten, dass die Klägerin das Anwesen Anfang 2004 erworben habe.

4

Das Landgericht hat die von der Klägerin gegen die Beklagte erhobene, auf Zahlung von 47.856,52 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.822,96 € gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Düsseldorf, MDR 2017, 1354). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

5

I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen Verletzung einer aus dem Maklervertrag folgenden Aufklärungs- oder Beratungspflicht verneint. Dazu hat es ausgeführt:

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Die Beklagte habe die Klägerin nicht darüber aufklären müssen, dass ein Veräußerungsgewinn innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist grundsätzlich zu versteuern sei. Die von ihr nach dem Maklervertrag zu erbringenden Leistungen bezögen sich ausschließlich auf Marktwerteinschätzungen, Verkaufsaktivitäten und die Inanspruchnahme ihrer Kundenkartei. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte auch steuerrechtlich beratend hätte tätig werden sollen, fänden sich weder in dem Vertrag vom 15. Mai 2013 noch in den von der Beklagten verwendeten Werbeflyern. Die dort suggerierte umfassende Fachkenntnis der Beklagten werde von jedem Makler erwartet.

7

Eine Pflicht der Beklagten, die Klägerin als Auftraggeberin über die Steuerpflichtigkeit eines innerhalb der Spekulationsfrist erzielten Veräußerungsgewinns aufzuklären, ergebe sich ferner nicht aus allgemeinen Grundsätzen. Die Annahme einer generellen Pflicht des Maklers, über steuerrechtliche Aspekte einer erwogenen Transaktion aufzuklären, dehnte dessen Pflichten unzumutbar aus. Der Makler sei vorrangig Experte für die Bewertung und die Veräußerung sowie den Erwerb von Immobilien und die entsprechenden Markteinschätzungen, nicht dagegen für die dabei zu beachtenden steuerrechtlichen Gesichtspunkte. Sein Kunde erwarte auch keine solche Aufklärung oder Prüfung.

8

Nichts Abweichendes gelte für die Regelung über die zehnjährige Spekulationsfrist bei Immobilien. Zwar seien die in diesem Zusammenhang zu ermittelnden Umstände weniger komplex als bei anderen steuerrechtlichen Fragen. Für die Einschätzung, inwieweit die Regelung einem Verkauf entgegenstehe, spielten aber ebenfalls nicht selten außerhalb des angestrebten Geschäftsabschlusses liegende Fragen eine Rolle.

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Eine Aufklärungspflicht ergebe sich weiterhin nicht aus den konkreten Umständen des Streitfalles. Es sei bereits nicht ersichtlich, dass die Beklagte vom Ablauf der Spekulationsfrist bei dem Anwesen Anfang 2014 Kenntnis gehabt habe. Der Makler sei nicht verpflichtet, einen ihm vorliegenden Grundbuchauszug auf Anhaltspunkte für eine mögliche Steuerpflichtigkeit eines möglichen Veräußerungsgewinns durchzusehen. Er könne zudem erwarten, dass der Eigentümer eines Vermietungsobjekts mit acht Wohnungen, der sich zu dessen Veräußerung entschlossen habe, sich zuvor Gedanken über die dabei zu beachtenden steuerrechtlichen Aspekte gemacht und erforderlichenfalls qualifizierten Rat eingeholt habe.

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Die Beklagte habe sich gegenüber der Klägerin schließlich nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, dass sie diese zu einem unvorteilhaften und übereilten Vertragsschluss verleitet habe. Die bloße Erklärung, Interessenten könnten wieder abspringen, wenn die Klägerin ihr Angebot nicht annehme, habe keine unzulässige Verleitung zu einem Kaufvertragsabschluss dargestellt.

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II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Klägerin kann von der Beklagten keinen Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Pflicht aus dem Maklervertrag beanspruchen. Die Beklagte war nach dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Maklervertrag - auch unter Berücksichtigung der im Streitfall gegebenen Umstände - nicht verpflichtet, die Klägerin vor Abschluss des Kaufvertrags darauf hinzuweisen, dass diese einen durch die Veräußerung des Anwesens erzielten Gewinn nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu versteuern hatte, wenn sie das Anwesen innerhalb der letzten zehn Jahre vor seiner Veräußerung erworben hatte.

12

1. Ein Makler steht zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter in einem besonderen Treueverhältnis, aus dem sich für ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben bestimmte Aufklärungs- und Beratungspflichten ergeben können (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2000 - III ZR 43/99, NJW 2000, 3642 [juris Rn. 6]; Beschluss vom 10. November 2016 - I ZR 235/15, WuM 2017, 48 Rn. 20, jeweils mwN). Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet es, den Auftraggeber nicht nur über dasjenige aufzuklären, was unerlässlich ist, um ihn vor Schaden zu bewahren, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - IVa ZR 244/80, NJW 1981, 2685 f. [juris Rn. 9]; BGH, NJW 2000, 3642 [juris Rn. 6]; BGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 146/06, NJW-RR 2007, 711 Rn. 11; Beschluss vom 18. April 2013 - V ZR 231/12, juris Rn. 16; BGH, WuM 2017, 48 Rn. 20, jeweils mwN). Wie weit diese Unterrichtungspflicht im Einzelnen reicht, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab (BGH, NJW-RR 2007, 711 Rn. 11; WuM 2017, 48 Rn. 20). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

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2. Das Berufungsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass einen Makler unbeschadet des zu vorstehend II 1 Ausgeführten beim Fehlen einer entsprechenden Vereinbarung grundsätzlich keine vertragliche Nebenpflicht trifft, steuerrechtliche Fragen zu prüfen, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag stellen, den er vermittelt oder für dessen Abschluss er eine Gelegenheit nachweist, und seinen Auftraggeber über die in diesem Zusammenhang relevanten Umstände aufzuklären (vgl. OLG Koblenz, GuT 2002, 51 f. [juris Rn. 9]; LG Bremen, ZMR 2015, 506 [juris Rn. 12 f.]; MünchKomm.BGB/Roth, 7. Aufl., § 652 Rn. 258; Soergel/Engel, BGB, 13. Aufl., § 652 Rn. 140; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 652 Rn. 14; BeckOK BGB/Kotzian-Marggraf, Stand 1. November 2017, § 654 Rn. 17; BeckOGK BGB/Meier, Stand 1. Juni 2018, § 652 Rn. 378.1; NK-BGB/Wichert, 3. Aufl., § 652 Rn. 149; Erman/D. Fischer, BGB, 15. Aufl., § 652 Rn. 58 gegen Voraufl./O. Werner § 652 Rn. 58; D. Fischer, Maklerrecht, 4. Aufl., Kap. IX Rn. 14; ders., NJW 2015, 3278, 3283; aA OLG Koblenz, ZNotP 2002, 448, 449 [juris Rn. 24]; Staudinger/Arnold, BGB [Juli 2015], § 652 Rn. 220; Hamm/Schwerdtner, Maklerrecht, 7. Aufl., Rn. 338; jegliche Nebenpflicht in dieser Hinsicht verneinend: Jansen, Die Nebenpflichten im Maklerrecht, 2000, S. 115; zu der Möglichkeit einer Verpflichtung des Maklers zur Erteilung steuerlicher Auskünfte unter bestimmten Voraussetzungen vgl. OLG Köln, OLG-Rep 2001, 25, 27 f. [juris Rn. 45]). Makler sind zwar gemäß § 4 Nr. 5 StBerG berechtigt, zu einschlägigen steuerlichen Fragen Auskünfte zu geben und zu beraten (vgl. Späth in Bonner Handbuch der Steuerberatung, 71. Lief. August 2002, § 4 StBerG Rn. B 69.8); sie sind dazu aber gegenüber dem Auftraggeber nach dem Maklervertrag grundsätzlich nicht verpflichtet.

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Abweichendes gilt allerdings ausnahmsweise etwa dann, wenn der Makler sich hinsichtlich bestimmter Steuerfragen als Fachmann geriert. Erweckt er dadurch bei dem Auftraggeber ein berechtigtes Vertrauen, dass für ihn in dieser Hinsicht unvorteilhafte Vertragsgestaltungen vermieden werden, muss er sich an diesem Eindruck festhalten lassen (vgl. NK-BGB/Wichert aaO § 652 Rn. 149; MünchKomm.BGB/Roth aaO § 652 Rn. 258, jeweils mwN). Des Weiteren können sich gewisse Beratungspflichten zu rechtlichen und steuerlichen Standardfragen auf einem bestimmten Gebiet für den Makler im Einzelfall daraus ergeben, dass er sich - beispielsweise in seiner Werbung - einer langjährigen Tätigkeit und Erfahrung auf diesem Gebiet berühmt (NK-BGB/Wichert aaO § 652 Rn. 149; MünchKomm.BGB/Roth aaO § 652 Rn. 258 mwN). Außerdem muss der Makler den Auftraggeber dann, wenn dieser hinsichtlich vertragsrelevanter Umstände erkennbar rechtlicher Belehrung bedarf, anraten, insoweit fachmännischen Rat einzuholen (vgl. BGH, NJW 1981, 2685, 2686 [juris Rn. 11]; LG Bremen, ZMR 2015, 506 [juris Rn. 14]; Soergel/Engel aaO § 652 Rn. 140; D. Fischer, Maklerrecht aaO Kap. IX Rn. 14). Gesteigerte Beratungs- und Aufklärungspflichten bestehen für den Makler schließlich dann, wenn er den Auftraggeber zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder ihn sonst zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsschluss verleitet (vgl. MünchKomm.BGB/Roth aaO § 652 Rn. 258 in Verbindung mit 263 mwN).

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3. Nach diesen Maßstäben ist die Verneinung der Verletzung von Pflichten, die sich für die Beklagte aus dem Vertrag vom 15. Mai 2013 ergaben, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

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a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht den Eindruck erweckt, in steuerrechtlichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Veräußerung einer Immobilie stellen, über besondere Fachkunde oder Erfahrung zu verfügen. Die von der Klägerin zur Akte gereichten Werbeflyer enthielten nach der von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts überwiegend offensichtliche Werbeanpreisungen, die keine über die von jedem Makler erwarteten hinausgehenden Fachkenntnisse der Beklagten suggerierten. Die Revision greift weiterhin nicht die ebenfalls auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung des Berufungsgerichts an, diese allgemein gehaltenen Anpreisungen seien nicht geeignet, besonderes Vertrauen in Anspruch zu nehmen, und ließen nicht erkennen, dass sich die beworbene Kenntnis und Beratung der Beklagten auch auf steuerrechtliche Aspekte beziehen sollte.

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b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war für die Beklagte auch nicht erkennbar, dass die Klägerin einer steuerrechtlichen Beratung über die sogenannte Spekulationsfrist bedarf.

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aa) Die Revision rügt ohne Erfolg, wegen der hohen Schadensträchtigkeit eines Verkaufs innerhalb der Spekulationsfrist sei zumindest ein leicht zu erteilender allgemeiner Hinweis auf deren Existenz erforderlich, wenn die vermakelte Immobilie vom Auftraggeber ersichtlich nicht eigengenutzt werde und die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG daher einschlägig sein könne. Die drohende steuerliche Belastung eines vorzeitigen Verkaufs stelle einen Umstand dar, der die mit dem vermittelten Geschäft verfolgten Zwecke zumal dann vereiteln, zumindest aber nachhaltig gefährden könne, wenn der Auftraggeber dem Makler gegenüber - wie im Streitfall - geäußert habe, dass das Objekt nicht unter Wert verkauft werden solle. Ein Makler, der - wie die Beklagte - für sich in Anspruch nehme, eine qualifizierte Immobilienvermarktung aufgrund langjähriger Markterfahrung zu betreiben, müsse die speziell die Veräußerung von Immobilien betreffenden steuerrechtlichen Regelungen kennen. Für einen solchen Makler liege es auf der Hand, dass Immobilieneigentümern die Besonderheit einer Zehnjahresfrist für die steuerliche Belastung des Verkaufserlöses für nicht eigengenutzte Immobilien nicht geläufig sein müsse.

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Die von der Revision insoweit angeführten Gesichtspunkte reichten zumindest für sich gesehen nicht aus, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten in dem Sinne anzunehmen, dass die Klägerin wegen der Frage einer möglichen steuerlichen Belastung des bei dem in Aussicht genommenen Geschäft zu erzielenden Veräußerungserlöses fachmännischen Rat einholen sollte. Ein Makler, der einen Grundstückskauf vermittelt, ist nur dann gehalten, auf mögliche steuerrechtliche Folgen des vermittelten Geschäfts hinzuweisen, wenn er aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls Anlass zu der Vermutung haben muss, seinem Kunden drohe ein Schaden, weil dieser sich nicht der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht bewusst ist. Davon ist im Streitfall nicht auszugehen. Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich seinerzeit im Blick auf die steuerliche Beurteilung der geplanten Veräußerung des Anwesens ein für die Beklagte erkennbarer besonderer Beratungsbedarf ergeben konnte.

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bb) Die Revision rügt weiterhin ohne Erfolg, eine Pflicht, die Klägerin auf fachmännischen Rat zu verweisen, sei jedenfalls dadurch begründet worden, dass die Beklagte aufgrund der Einsichtnahme in das Grundbuch habe erkennen müssen, dass die Klägerin das Objekt innerhalb der Zehnjahresfrist erworben habe.

21

Das Berufungsgericht hat eine Verpflichtung des Maklers, einen ihm vorliegenden Grundbuchauszug auf Anhaltspunkte für eine mögliche Steuerpflichtigkeit eines etwaigen Veräußerungsgewinns durchzusehen, demgegenüber mit der Begründung verneint, einem Grundbuchauszug lasse sich regelmäßig nicht entnehmen, welches Grundgeschäft der Auflassung zugrunde gelegen habe; in Betracht komme etwa auch ein Erwerb von Todes wegen oder ein Tauschgeschäft. Noch weniger ergebe sich aus dem Grundbuchauszug, zu welchem Preis der Eigentümer das Objekt erworben habe. Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.

22

Es kann offenbleiben, ob sich einem Grundbuchauszug keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Steuerpflichtigkeit eines Veräußerungsgeschäfts entnehmen lassen, weil er regelmäßig keinen Aufschluss darüber gibt, ob der Erwerb des Grundstücks auf einer Anschaffung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG beruht und mit der Veräußerung steuerpflichtige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 2 EStG erzielt werden, oder ob ein hinreichender Anhaltspunkt schon dann vorliegt, wenn sich aus dem Grundbuchauszug ergibt, dass der Zeitraum zwischen dem Erwerb und der Veräußerung des Grundstücks möglicherweise nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ein Makler ist im Allgemeinen - und so auch hier - schon deshalb nicht zu einer solchen Nachforschung verpflichtet, weil er seinem Auftraggeber grundsätzlich keine steuerrechtliche Beratung schuldet.

23

cc) Ebenfalls ohne Erfolg rügt die Revision, die Beklagte habe bei dem in Aussicht genommenen Verkauf des Anwesens durch die Klägerin als Privatperson nicht davon ausgehen können, diese sei bereits eingehend steuerlich beraten worden oder habe sonst ausreichende Kenntnisse von den steuerrechtlichen Aspekten des geplanten Immobilienverkaufs. Bei Privatleuten, die ersichtlich nur eine Immobilie besäßen, könne nicht erwartet werden, dass ihnen die insoweit bestehenden besonderen Risiken bewusst seien, die eine steuerrechtliche Beratung erforderten.

24

Die Revision setzt bei diesen Ausführungen voraus, dass die Klägerin im Juli 2013 nur eine Immobilie besessen hat und dass dieser Umstand der Beklagten seinerzeit zudem bekannt war, ohne dass sie sich in dieser Hinsicht auf vom Berufungsgericht getroffene Feststellungen zu stützen vermag. Außerdem kann auch bei einer Privatperson nicht ohne weiteres angenommen werden, dass sie einer entsprechenden rechtlichen Belehrung bedarf. Eine Haftung der Beklagten wäre daher nur in Betracht gekommen, wenn sie aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls vermuten musste, der Klägerin drohe ein steuerlicher Schaden, weil sie sich der Gefahr des Entstehens einer besonderen Steuerpflicht gemäß § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht bewusst war (vgl. auch - zur grundsätzlich ausgeschlossenen Haftung des Notars gemäß § 19 Abs. 1 BNotO in entsprechenden Fällen - BGH, Urteil vom 13. Juni 1995 - IX ZR 203/94, NJW 1995, 2794 mwN [juris Rn. 9 f.]). Solche besonderen Umstände lagen nach den vom Berufungsgericht getroffenen und von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen im Streitfall aus Sicht der Beklagten nicht vor; vielmehr wären sie von dieser - insbesondere durch eine entsprechende gezielte Befragung der Klägerin - erst noch zu ermitteln gewesen. Zu einer solchen Aufklärung des Sachverhalts war die Beklagte nach dem mit der Klägerin geschlossenen Maklervertrag allerdings nicht verpflichtet.

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Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht angenommen werden, die Beklagte habe die Klägerin zu einem riskanten Vorgehen oder einem unvorteilhaften oder überstürzten Vertragsschluss veranlasst.

26

Vergeblich rügt die Revision, die Beklagte habe, auch wenn sie die Klägerin durch den Hinweis, die Interessenten könnten wieder abspringen, möglicherweise nicht übermäßig gedrängt habe, aufgrund der Nichtbeachtung der Spekulationsfrist den geschäftlichen Erfolg des Verkaufs für die Klägerin als ihre Auftraggeberin nachhaltig vereitelt, zumindest aber erheblich gemindert. Die Beklagte hätte die Klägerin von einem verfrühten Verkauf vor Ablauf der Spekulationsfrist durch einen entsprechenden Hinweis abhalten, zumindest aber auf dieses den geschäftlichen Erfolg nachhaltig beeinträchtigende Risiko hinweisen müssen.

27

Die Revision weist damit selbst darauf hin, dass die Beklagte die Klägerin durch den Hinweis, Interessenten könnten bei einem längeren Zuwarten von dem in Aussicht genommenen Erwerb des Anwesens Abstand nehmen, nicht zu einem riskanten Vorgehen veranlasst oder sonst zu einem unvorteilhaften und überstürzten Vertragsschluss verleitet hat. Damit traf die Beklagte auch unter diesem Gesichtspunkt keine gesteigerten Beratungs- und Aufklärungspflichten.

28

III. Nach alledem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

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