Entscheidungsdatum: 16.05.2012
Die Erteilung und der Umfang einer Vollmacht zur Erklärung der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde sind allein im Klauselerteilungsverfahren und nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldner wird der Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 15. Zivilkammer (Einzelrichter) - vom 3. August 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gegenstandwert: 1.500 €.
I. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldner die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde über die Bestellung einer Grundschuld. Auf Antrag der Gläubigerin hat die Obergerichtsvollzieherin für beide Schuldner einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmt. Beide Schuldner haben der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung widersprochen. Sie machen geltend, es liege kein wirksamer Vollstreckungstitel vor, weil die Notariatsangestellte, die sie bei der Bestellung der Grundschuld vertreten habe, nicht bevollmächtigt gewesen sei, die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen zu erklären. Zudem liege auf Seiten der Gläubigerin eine Rechtsnachfolge vor, so dass eine neue Zwangsvollstreckungsklausel erteilt werden müsse.
Die Widersprüche der Schuldner sind vor dem Amtsgericht erfolglos geblieben. Das Landgericht hat die sofortigen Beschwerden der Schuldner mit Beschluss des Einzelrichters zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Schuldner ihren Widerspruch weiter.
II. Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet.
Die angefochtene Entscheidung ist unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen. Dem originären Einzelrichter nach § 568 ZPO ist die Entscheidung von Rechtssachen grundsätzlicher Bedeutung schlechthin versagt (BGH, Beschluss vom 13. März 2002 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, 202).
III. Danach ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Hinsichtlich der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 GKG Gebrauch. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG.
IV. Für die neue Entscheidung wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Die Erteilung und der Umfang einer Vollmacht zur Erklärung der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde sind - wie das Beschwerdegericht mit Recht angenommen hat - allein im Klauselerteilungsverfahren und nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen.
a) Im Schrifttum wird allerdings die Ansicht vertreten, das Vollstreckungsgericht habe die Erteilung und den Umfang der Vollmacht zu prüfen, wenn ein Vertreter in einer notariellen Urkunde die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung erklärt habe. Die Vollstreckungsklausel weise die Wirksamkeit und damit die Vollstreckbarkeit der notariellen Urkunde für das Vollstreckungsorgan nicht aus. Die irrige Erteilung der Vollstreckungsklausel mache eine nicht nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstreckbare Urkunde nicht zu einer vollstreckbaren (Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 794 Rn. 38).
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob die Unterwerfungserklärung ordnungsgemäß abgegeben worden ist, jedoch allein im Verfahren der Klauselerteilung nach § 732 ZPO zu klären (BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 18 mwN). Dazu gehört auch die Frage der Wirksamkeit und der Reichweite der von einem Vertreter in einer notariellen Urkunde abgegebenen Unterwerfungserklärung. Im Klauselerteilungsverfahren zu einer Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO durch einen Vertreter ist in entsprechender Anwendung von § 726 ZPO nicht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung durch den Vertreter, sondern auch dessen Vollmacht zu prüfen. Der Bestand der Vollmacht ist zwar keine Tatsache, von der die Vollstreckung aus der Unterwerfungserklärung nach ihrem Inhalt abhängt. Sie ist aber Grundlage für das Entstehen der Unterwerfungserklärung als Vollstreckungstitel. Denn die Unterwerfungserklärung setzt eine für den Vertretenen wirksame Erklärung und diese wiederum eine wirksame Vollmacht voraus. Für solche Voraussetzungen des Titels kann nichts anderes gelten als für die Bedingungen, unter denen er vollstreckt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. April 2008 - V ZB 146/07, NJW 2008, 2266 Rn. 9 mwN).
c) Wird die Vollstreckung aus einem nichtvollstreckbaren Titel betrieben, weil irrig eine Vollstreckungsklausel erteilt worden ist, steht dem Schuldner dagegen der Rechtsbehelf aus § 732 ZPO zu. Dieser führt dazu, dass die erteilte Vollstreckungsklausel aufgehoben wird (BGH, Urteil vom 18. November 1954 - IV ZR 96/54, BGHZ 15, 190, 191). Die Organe im Zwangsvollstreckungsverfahren sind dagegen grundsätzlich nicht befugt nachzuprüfen, ob der Schuldner bei Abgabe der Unterwerfungserklärung wirksam vertreten war (MünchKomm.ZPO/Wolfsteiner, 3. Aufl., § 794 Rn. 243 f.). Ob - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - etwas anderes zu gelten hat, wenn der Mangel der Vollmacht offenkundig ist, kann offenbleiben. Im vorliegenden Fall ist nicht offenkundig, dass die Schuldner bei der Erklärung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nicht wirksam vertreten worden sind. Das notarielle Kaufangebot vom 10. September 2008 enthält unter Nummer XVII eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Notariatsangestellten, im Namen der Schuldner die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen zu erklären. Zudem steht der Offenkundigkeit des behaupteten Vertretungsmangels entgegen, dass die Schuldner die Unterwerfung nachträglich genehmigt haben könnten (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 797 Rn. 16).
2. Die Erteilung einer neuen Vollstreckungsklausel ist - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - nicht erforderlich, da sich aus dem von der Gläubigerin vorgelegten Handelsregisterauszug ergibt, dass lediglich deren Firma geändert wurde und daher kein Fall der Rechtsnachfolge vorliegt.
Die bloße Änderung des Namens oder der Firma einer Partei steht der Vollstreckung eines Titels nicht entgegen, wenn der Gläubiger dem zuständigen Vollstreckungsorgan die Personenidentität durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachweist (BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011 - I ZB 93/10, NJW-RR 2011, 1335 Rn. 6 mwN). Die Gläubigerin hat diesen Nachweis durch Vorlage eines Ausdrucks aus dem Handelsregister geführt.
Es ist auch nicht erforderlich, die Umfirmierung in der Vollstreckungsklausel zu vermerken. Die Vollstreckungsorgane sind allerdings berechtigt, die Identität der Parteien zu prüfen. Ein Vollstreckungsgläubiger, der es unterlässt, einen die Identität klarstellenden Vermerk bei der Stelle zu erwirken, die die vollstreckbare Ausfertigung des Titels erstellt (hat), läuft daher Gefahr, dass das Vollstreckungsorgan die Durchführung der Vollstreckung mit der Begründung verweigert, die Parteiidentität lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen. Das Vollstreckungsorgan ist aber nicht gehindert, die Identität der Parteien mit den in der Vollstreckungsklausel genannten Personen im Wege eigener Ermittlungen festzustellen (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 1335 Rn. 13 mwN).
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