Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 19.02.2015


BGH 19.02.2015 - I ZB 55/13

Ordnungsgeldverfahren wegen Zuwiderhandlung gegen einen urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch: Kostenentscheidung bei Verhängung eines geringeren als des beantragten Ordnungsgeldes - Kostenquote bei beziffertem Ordnungsmittelantrag


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
19.02.2015
Aktenzeichen:
I ZB 55/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Köln, 27. Juni 2013, Az: I-6 W 77/13, Beschlussvorgehend LG Köln, 22. April 2013, Az: 28 O 575/10
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Kostenquote bei beziffertem Ordnungsmittelantrag

Ein Teilunterliegen im Sinne von § 92 ZPO des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 Abs. 1 ZPO ist anzunehmen, wenn der Gläubiger in seinem Antrag einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes nennt und das Gericht einen geringeren Betrag festsetzt.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. Juni 2013 wird auf Kosten der Gläubigerin als unzulässig verworfen.

Beschwerdewert: 146,78 €

Gründe

1

I. Der Schuldner hatte im Rahmen einer Immobilienanzeige im Internet zwei Kartenausschnitte verwendet und damit Urheberrechte der Gläubigerin verletzt. Mit einstweiliger Verfügung vom 20. August 2010 untersagte ihm das Landgericht, die Kartenausschnitte zu vervielfältigen oder zu veröffentlichen.

2

Der Schuldner löschte das Immobilienangebot. Die Kartenausschnitte konnten jedoch Anfang 2013 durch direkte Eingabe der jeweiligen URLs aufgerufen werden. Die Gläubigerin sieht darin einen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung. Sie hat beantragt, gegen den Schuldner wegen dieses Verstoßes ein empfindliches Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, zu verhängen. Zur Begründung ihres Antrags hat die Gläubigerin ausgeführt, die Höhe des Ordnungsgeldes werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, es solle jedoch mindestens 3.500 € betragen.

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Das Landgericht hat gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 €, ersatzweise Ordnungshaft, verhängt und den weitergehenden Ordnungsmittelantrag zurückgewiesen. Die Kosten hat es zu 6/7 der Gläubigerin und zu 1/7 dem Schuldner auferlegt. Mit der dagegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat die Gläubigerin beantragt, gegen den Schuldner ein angemessenes Ordnungsgeld zu verhängen und ihm die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. In der Beschwerdebegründung hat die Gläubigerin erneut angeregt, ein Ordnungsgeld von mindestens 3.500 € festzusetzen.

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Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen (OLG Köln, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 6 W 77/13, juris). Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Gläubigerin allein gegen die sie belastende Kostenentscheidung des Landgerichts.

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II. Das Beschwerdegericht hat es für zutreffend erachtet, dass das Landgericht der Gläubigerin den überwiegenden Teil der Kosten des Ordnungsmittelverfahrens auferlegt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt:

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Die Pflicht der Gläubigerin zur Tragung von Kosten ergebe sich aus § 891 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 92 ZPO. Die Gläubigerin habe zwar die Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes in das Ermessen des Gerichts gestellt, gleichzeitig aber einen Mindestbetrag von 3.500 € genannt. In einem solchen Fall sei es angemessen, den Gläubiger anteilig mit den Kosten des Verfahrens zu belasten. Der Gläubiger habe ein eigenes Interesse an der Höhe des Ordnungsgeldes. Zwar fließe das Ordnungsgeld nicht ihm zu. Das Interesse des Gläubigers ergebe sich aber daraus, dass ihm eine Beschwerdebefugnis auch dann zustehe, wenn er lediglich eine Verschärfung des Ordnungsmittels durchsetzen wolle.

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III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist unzulässig (§ 99 Abs. 1 ZPO), weil sie sich allein gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts richtet.

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IV. Die Rechtsbeschwerde hätte auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Das Beschwerdegericht hat die gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubigerin zu Recht zurückgewiesen. Es hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Gläubigerin an den Kosten des Ordnungsmittelverfahrens anteilig zu beteiligen ist, weil sie mit ihrem Antrag auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner teilweise unterlegen ist.

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1. Die anteilige Kostentragungspflicht der Gläubigerin ergibt sich aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Gemäß § 891 Satz 3 ZPO ist diese Bestimmung auf den Ordnungsmittelantrag gemäß § 890 Abs. 1 ZPO entsprechend anzuwenden.

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2. Die Gläubigerin ist im Ordnungsmittelverfahren auch im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO teilweise unterlegen.

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a) Ein zur anteiligen Kostentragung führendes Teilunterliegen des Gläubigers wird teilweise verneint, wenn das Gericht in seiner Entscheidung hinter einer im Antrag gemäß § 890 Abs. 1 ZPO bezifferten Höhe des festzusetzenden Ordnungsgeldes zurückbleibt (OLG Hamm, GRUR 1994, 83, 84; Ahrens in Ahrens, Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 68 Rn. 32; aA wohl OLG Hamm, WRP 2001, 55, 57; Musielak/Lackmann, ZPO, 11. Aufl., § 890 Rn. 11; offengelassen vom OLG München, NJW-RR 1991, 1086, 1087). Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.

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aa) Soweit eine Ablehnung der Kostenlast des Gläubigers damit begründet wird, die Kostenentscheidung im Ordnungsmittelverfahren richte sich nach der allgemeinen Regelung des § 788 Abs. 1 ZPO, so dass es allein auf die Notwendigkeit der durch den Ordnungsmittelantrag ausgelösten Kosten ankomme (vgl. OLG Hamm, GRUR 1994, 83, 84; wohl auch Sturhan in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 5. Aufl., § 891 Rn. 6), steht dies nicht in Einklang mit der Bestimmung des § 891 Satz 3 ZPO. Mit der Schaffung der Verweisung in dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber im Hinblick auf die Kostenentscheidung ausdrücklich der Möglichkeit Rechnung tragen, dass Vollstreckungsanträge des Gläubigers nur teilweise erfolgreich sind (vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates zur 2. Zwangsvollstreckungsnovelle, BT-Drucks. 13/341, S. 41; Storz in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 891 Rn. 16). Auf die Kostenentscheidung im Ordnungsmittelverfahren nach § 890 Abs. 1 ZPO ist die Regelung des § 788 Abs. 1 ZPO deshalb nicht mehr anwendbar (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 57 Rn. 46; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 891 Rn. 2; Olzen in Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 891 Rn. 4; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, § 891 Rn. 6; Saenger/Pukall, ZPO, 5. Aufl., § 891 Rn. 5; Musielak/Lackmann aaO § 891 Rn. 3).

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bb) Die gegenteilige Ansicht kann auch nicht damit begründet werden, es handele sich bei der Bezifferung eines Ordnungsgeldes durch den Gläubiger lediglich um eine bloße Anregung für die vorzunehmende Ermessensentscheidung des Gerichts (OLG Hamm, GRUR 1994, 83, 84; Ahrens aaO Kap. 68 Rn. 32).

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Allerdings muss der Antrag gemäß § 890 Abs. 1 ZPO kein bestimmtes Ordnungsmittel und dessen Höhe bezeichnen (Zöller/Stöber aaO § 890 Rn. 13; Musielak/Lackmann aaO § 890 Rn. 8; Gruber in MünchKomm.ZPO, 4. Aufl., § 890 Rn. 30). Vielmehr steht die Wahl zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft und die Bestimmung der Höhe des Ordnungsmittels im Ermessen des Gerichts (Zöller/Stöber aaO § 890 Rn. 17; Bendtsen in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., § 890 Rn. 61). Dies steht jedoch der Berücksichtigung der vom Gläubiger dennoch ausdrücklich angegebenen Höhe des beantragten Ordnungsmittels oder eines Mindestbetrags bei der Kostenentscheidung des Ordnungsmittelverfahrens nicht entgegen. So ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dass das Gericht bei in sein richterliches Ermessen gestellten Entscheidungen zwar die Möglichkeit hat, nur einer Partei die gesamten Prozesskosten aufzuerlegen. Zwingend ist dies jedoch nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht. Möglich bleibt auch in diesen Fällen eine Kostenteilung nach den Grundsätzen des § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dies ist regelmäßig geboten, wenn der Kläger einen bestimmten Betrag fordert (Schulz in MünchKomm.ZPO aaO § 92 Rn. 23; Saenger/Gierl, ZPO aaO § 92 Rn. 18; Zöller/Herget aaO § 92 Rn. 12; Jaspersen/Wache in BeckOK.ZPO, Stand 15. August 2014, § 92 Rn. 36).

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cc) Für die Annahme eines Teilunterliegens im Sinne des § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO spricht ferner, dass die Angabe der Mindesthöhe des Ordnungsmittels für die Bestimmung des Rechtsschutzziels des Gläubigers verfahrensrechtlich auch ansonsten von Bedeutung ist. So kann der Gläubiger mit einer Beschwerde gegen den Festsetzungsbeschluss nach § 891 Satz 1 ZPO allein das Ziel verfolgen, das Ordnungsmittel zu verschärfen (Zöller/Stöber aaO § 890 Rn. 28; Musielak/Lackmann aaO § 890 Rn. 20; Saenger/Pukall aaO § 890 Rn. 37). Kann sich der Gläubiger aber mit der Angabe eines bestimmten Ordnungsgeldes oder eines Mindestbetrages eine Beschwer und damit eine Rechtsmittelmöglichkeit schaffen, muss er sich an dieser Konkretisierung seines Rechtsschutzziels auch bei der Frage festhalten lassen, ob er mit seinem Begehren im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO teilweise unterlegen und er deshalb an den Kosten des Verfahrens zu beteiligen ist.

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b) Für die Annahme eines Teilunterliegens im Sinne von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 891 Satz 3 ZPO ist es ohne Bedeutung, ob der Gläubiger seine Vorstellungen zur Höhe des festzusetzenden Ordnungsmittels in Form eines bezifferten Antrags zum Ausdruck bringt oder ob er - wie im Streitfall - in der zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Begründung (vgl. dazu Gruber in MünchKomm.ZPO aaO § 890 Rn. 30) einen festzusetzenden Mindestbetrag nennt und damit zum Ausdruck bringt, dass sein Rechtsschutzziel bei dessen Unterschreitung nicht erreicht ist. Maßgebend für eine Kostenbeteiligung des Gläubigers ist allein, ob er erkennbar Wert auf die Höhe des Ordnungsmittels gelegt hat (vgl. auch Musielak/Lackmann aaO § 890 Rn. 11).

17

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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