Entscheidungsdatum: 09.05.2018
Skatgericht
1. Bei ständigen Schiedsgerichten kommt es für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht auf die Bildung des Schiedsgerichts an, sondern darauf, ob sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst hat.
2. Ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist nicht unzulässig, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Oberlandesgericht bereits ein Hauptsacheverfahren anhängig ist. Das gilt auch dann, wenn die Einrede des Schiedsverfahrens bereits im ordentlichen Verfahren erhoben worden ist.
3. Das Deutsche Skatgericht und das Verbandsgericht des Deutschen Skatverbands e.V. sind keine Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 22. Mai 2017 aufgehoben.
Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens vor dem Verbandsgericht des Deutschen Skatverbands e.V. in dem vor dem Landgericht Gera anhängigen Rechtsstreit 4 O 982/16 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Gegenstandswert: 1.150,20 €
I. Der Antragsteller veranstaltet als Skatdachverband die Deutschen Mannschaftsmeisterschaften im Skat. Der Antragsgegner, ein Skatclub, begehrt die Feststellung, dass er Deutscher Mannschaftsmeister 2014 im Skat geworden sei. Er verfolgt dieses Begehren und weitere damit in Zusammenhang stehende Ansprüche (Feststellung der Ersatzpflicht für infolge Verweigerung des Meistertitels 2014 entstandene Schäden, Teilnahmerecht für die Endrunde der nächsten Deutschen Mannschaftsmeisterschaft im Skat ohne Qualifikation, Übergabe des Meisterpokals für 2014, Zahlung von 300 € als Differenz der Preisgelder für den ersten und zweiten Platz bei der Meisterschaft 2014) mit einer 2016 vor dem Landgericht Gera erhobenen Klage gegen den Antragsteller. In der Klagebegründung macht er geltend, der Antragsteller habe als Veranstalter insbesondere gegen Vorschriften der Internationalen Skatordnung und der Skatwettspielordnung verstoßen.
Der Antragsteller ist der Auffassung, für die beim Landgericht Gera anhängige Streitigkeit sei jedenfalls derzeit der Klageweg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet, weil dafür satzungsgemäß eine Zuständigkeit des Verbandsgerichts des Antragstellers bestehe.
Der Antragsteller beantragt,
gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass ein schiedsrichterliches Verfahren in dem vor dem Landgericht Gera anhängigen Rechtsstreit - Az.: 4 O 982/16 - zulässig ist.
Das Oberlandesgericht hat dem Antrag stattgegeben. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II. Das Oberlandesgericht hat angenommen, der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens sei gemäß § 1032 Abs. 2, § 1066 ZPO statthaft und zulässig. Er sei auch begründet. Über den Gegenstand der Klage vor dem Landgericht Gera habe nach der die Parteien bindenden Satzung des Antragstellers das Verbandsgericht zu entscheiden, so dass ein schiedsrichterliches Verfahren im Sinne des § 1032 Abs. 2, § 1066 ZPO zulässig sei.
III. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO) und auch sonst zulässig. Sie erweist sich als begründet.
1. Der Antrag an das Oberlandesgericht nach § 1032 Abs. 2 ZPO war allerdings statthaft und zulässig.
a) Nach § 1032 Abs. 2 ZPO kann beim Oberlandesgericht bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden. Der Zulässigkeit dieses Antrags steht im Streitfall nicht entgegen, dass es sich bei dem Verbandsgericht des Antragstellers um eine ständige Einrichtung handelt. Steht die Zulässigkeit des Verfahrens vor einem ständigen Schiedsgericht in Rede, so kommt es für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht auf dessen Bildung, sondern darauf an, ob sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst hat (OLG München, Beschluss vom 28. Juni 2006 - 34 SchH 11/05, juris Rn. 55; MünchKomm.ZPO/Münch, 5. Aufl., § 1032 Rn. 22). Dies war hier nicht der Fall.
b) Der Umstand, dass im Streitfall zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Oberlandesgericht bereits das Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Gera anhängig war, führt ebenfalls nicht zur Unzulässigkeit des Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO (aA etwa OLG München, SchiedsVZ 2011, 340, 341; OLG Naumburg, SchiedsVZ 2013, 237, 238; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl., § 1032 Rn. 12; BecKOK ZPO/Wolf/Eslami, 28. Ed., § 1032 Rn. 34; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl., § 177 Rn. 6 aE; Schroeter, SchiedsVZ 2004, 288, 291). Vielmehr ist ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO auch noch nach Rechtshängigkeit der Klage in der Hauptsache zulässig. Dafür fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil das Oberlandesgericht nach der gesetzgeberischen Wertung das zur Entscheidung über die Zulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens berufene Gericht ist (OLG Hamm, AUR 2003, 379, 380 [juris Rn. 22]; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 23. Aufl., § 1032 Rn. 40; Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 1032 Rn. 3a, im Ergebnis ebenso MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1032 Rn. 22). Das gilt auch dann, wenn die Einrede des Schiedsverfahrens bereits im ordentlichen Verfahren erhoben worden ist (aA Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 31 Rn. 12). Die frühzeitige Befassung des Oberlandesgerichts gewährleistet, dass Fragen der Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens vor diesem Gericht nicht erst in einem späteren Verfahren auf Aufhebung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs behandelt werden können und dient damit der Prozessökonomie. Eine unerwünschte Doppelbefassung staatlicher Gerichte wie auch die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen kann, wie im Streitfall zutreffend vom Landgericht Gera erkannt, durch Aussetzung des ordentlichen Verfahrens nach § 148 ZPO vermieden werden.
2. Das Oberlandesgericht hat das Verfahren vor dem Verbandsgericht des Antragstellers jedoch zu Unrecht als schiedsrichterliches Verfahren im Sinne von § 1032 Abs. 2, § 1066 ZPO angesehen.
a) Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts sind das Deutsche Skatgericht und das Verbandsgericht gemäß § 10 Abs. 1 der Satzung Organe des Antragstellers. Als verbandsinterne Organe sind derartige Vereins- oder Verbandsgerichte keine Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO. Ihnen ist vielmehr in Ausübung der autonomen Verbänden zustehenden Befugnis zur inneren Selbstorganisation eine Entscheidungszuständigkeit in bestimmten satzungsmäßig geregelten Bereichen zugewiesen. Solche Entscheidungen der Vereins- oder Verbandsgerichte sind grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften überprüfbar, das heißt in der Regel mit der Klage nach den §§ 253 ff. ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1994 - II ZR 11/94, BGHZ 128, 93, 109 f. [juris Rn. 31]; Beschluss vom 27. Mai 2004 - III ZB 53/03, BGHZ 159, 207, 211 [juris Rn. 16]; Urteil vom 23. April 2013 - II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 Rn. 18).
b) Allerdings können durch die Vereinssatzung auf das Mitgliedschaftsverhältnis bezogene Streitigkeiten zwischen einem Verbandsmitglied und dem Verband ebenso wie solche zwischen einem Vereinsmitglied und dem Verein einem Schiedsgericht zugewiesen werden, für das gemäß § 1066 ZPO die §§ 1025 ff. ZPO entsprechend gelten (vgl. BGHZ 159, 207, 211 [juris Rn. 17]; 197, 162 Rn. 17). In Anlehnung an § 1029 Abs. 1 ZPO ist das satzungsmäßig berufene Gericht aber nur dann ein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO, wenn Rechtsstreitigkeiten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs der Entscheidung durch eine unabhängige und unparteiliche Instanz unterworfen werden. Die Streitbeteiligten müssen paritätisch Einfluss auf die Besetzung eines solchen Vereinsgerichts nehmen. Die Satzung muss gewährleisten, dass das Vereinsgericht bei einer Streitigkeit zwischen dem Verein und einem Vereinsmitglied den Beteiligten als neutraler Dritter gegenübersteht (vgl. BGHZ 159, 207, 211 f. [juris Rn. 18]; 197, 162 Rn. 17). Für Verbandsgerichte, die in Streitigkeiten zwischen dem Verband und seinen Mitgliedern entscheiden, gilt nichts anderes.
c) Die Rechtsbeschwerde macht zu Recht geltend, dass es sich nach diesen Grundsätzen beim Verbandsgericht des Antragstellers nicht um ein echtes Schiedsgericht handelt. Das ergibt sich ohne weiteres aus der Satzung des Antragstellers, auf die das Oberlandesgericht Bezug genommen hat. Nach § 15 der Satzung werden die Mitglieder des Verbandsgerichts ebenso wie diejenigen des Skatgerichts vom "Deutschen Skatkongress" - der Hauptversammlung des Antragstellers (vgl. § 11 der Satzung) - gewählt, also von einem Vereinsorgan. Stimmrecht bei dieser Wahl haben alle in § 13 Abs. 1 der Satzung genannten Kongressteilnehmer. Dabei handelt es sich um die Delegierten der Mitgliederverbände sowie die Mitglieder des Präsidiums, des Deutschen Skatgerichts und des Verbandsgerichts sowie die Ehrenmitglieder und Rechnungsprüfer. Gemäß § 13 Abs. 2 der Satzung entspricht die Zahl der Delegierten der Mitgliederverbände 0,7% (aufgerundet) der in den Landesverbänden organisierten Skatspieler. Danach haben einzelne Mitgliedsvereine der Landesverbände wie etwa der Antragsgegner keinen nennenswerten Einfluss auf die Zusammensetzung von Skatgericht und Verbandsgericht. Damit entspricht die Zusammensetzung von Skatgericht und Verbandsgericht ihrer Eigenschaft als Verbandsorgane gemäß § 10 der Satzung. Werden die Mitglieder eines Vereins- oder Verbandsgerichts von einem Verbandsorgan wie einer Haupt- oder Generalversammlung des Vereins oder Verbands gewählt, genügt dies nicht dem Erfordernis der paritätischen Bestimmung der Schiedsrichter durch die Streitparteien (BGHZ 197, 162 Rn. 17 aE).
d) Das Verbandsgericht des Antragstellers ist danach kein Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff., 1066 ZPO. Damit scheidet eine Anwendung der §§ 1025 ff. ZPO auf den vom Antragsgegner beim Landgericht Gera anhängig gemachten Rechtsstreit insgesamt aus (BGHZ 128, 93, 110 [juris Rn. 31]; BGHZ 159, 207, 212 f. [juris Rn. 18]). Sind die §§ 1025 ff. ZPO nicht anwendbar, so ist ein Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO unbegründet. Eine Abweisung der Klage des Antragsgegners vor dem Landgericht Gera nach § 1032 Abs. 1 ZPO kommt nicht in Betracht.
IV. Das Landgericht Gera wird zu entscheiden haben, ob der Antragsgegner aufgrund wirksamer vereinsrechtlicher Verpflichtungen zunächst die verbandsintern bereitgestellten Streitbeilegungsmechanismen ausschöpfen muss, bevor er seine Anträge im Verfahren vor dem Landgericht verfolgen kann. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über diese Frage besteht nicht.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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