Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 03.02.2011


BGH 03.02.2011 - I ZB 50/10

Eidesstattliche Versicherung: Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses bei versehentlichen Falschangaben zum Drittschuldner


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
03.02.2011
Aktenzeichen:
I ZB 50/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Leipzig, 9. Juni 2010, Az: 6 T 130/10, Beschlussvorgehend AG Leipzig, 3. Februar 2010, Az: 433 M 29190/09, Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der Gläubiger kann die Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung verlangen, wenn er glaubhaft macht, dass der Schuldner versehentlich unzutreffende Angaben zum Drittschuldner einer im Vermögensverzeichnis genannten Forderung gemacht hat .

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Landgerichts Leipzig - 6. Zivilkammer - vom 9. Juni 2010 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Leipzig - Vollstreckungsgericht - vom 3. Februar 2010 aufgehoben.

Der Gerichtsvollzieher wird angewiesen, einen Termin zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung vom 13. August 2009 zu bestimmen und die Schuldnerin aufzufordern, den Drittschuldner der unter Nr. 18 des Vermögensverzeichnisses angegebenen Forderung auf Rückzahlung der Mietkaution mit Namen und Anschrift zu nennen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Schuldnerin zu tragen.

Beschwerdewert: 300 €.

Gründe

1

I. Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung. Auf Antrag der Gläubigerin gab die Schuldnerin am 13. August 2009 die eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 ZPO ab. Dabei bejahte sie im Vermögensverzeichnis unter Nr. 18 die Frage nach "Ansprüchen aus Pacht-, Miet- und Leasingverträgen, auch Untermiete und Ansprüchen auf Rückzahlung hinterlegter Mietkautionen" und gab an:

Mietkaution, Fa. K. GmbH, L., 360 €.

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Im weiteren Verlauf der Zwangsvollstreckung stellte sich heraus, dass die K. GmbH nicht Vermieter, sondern lediglich Verwalter der Wohnung ist. Diese weigerte sich, der Gläubigerin den Namen des Vermieters oder Eigentümers der Wohnung zu nennen. Daraufhin beantragte die Gläubigerin eine entsprechende Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung. Der Gerichtsvollzieher teilte der Gläubigerin mit, dass eine Nachbesserung nicht möglich sei, weil die Schuldnerin bereits vollständig angegeben habe, an wen die Mietkaution gezahlt worden sei.

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Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Gläubigerin ihren Nachbesserungsantrag weiter.

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II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Gläubigerin könne eine Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung nicht verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

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Die Angaben unter Nr. 18 des Vermögensverzeichnisses seien zwar materiell unrichtig. Der Anspruch der Schuldnerin auf Rückzahlung der Mietkaution könne sich nicht gegen die K. GmbH richten, da sie nicht Eigentümer oder Vermieter der Wohnung sei. Es sei allerdings nicht ersichtlich, dass die Schuldnerin insoweit bewusst falsche Angaben gemacht habe. Häufig würden Mietkautionen beim Verwalter der Wohnung eingezahlt und nach Beendigung des Mietverhältnisses vom Verwalter wieder zurückgezahlt. Gleichwohl sei der Vermieter zur Herausgabe der Mietkaution verpflichtet und daher im Vermögensverzeichnis zu nennen. Der Gläubiger könne eine Nachbesserung jedoch nur verlangen, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt habe. Die Angaben unter Nr. 18 des Verzeichnisses seien nicht äußerlich erkennbar unrichtig. Es sei nicht ersichtlich, dass eine Immobilienverwaltung nicht zur Rückzahlung einer Mietkaution verpflichtet sein könne.

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III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann die Gläubigerin verlangen, dass der Gerichtsvollzieher einen Termin zur Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung vom 13. August 2009 bestimmt und die Schuldnerin auffordert, den Drittschuldner der unter Nr. 18 des Vermögensverzeichnisses angegebenen Forderung auf Rückzahlung der Mietkaution mit Namen und Anschrift zu nennen.

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1. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Gläubiger die Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung verlangen kann, wenn der Schuldner ein äußerlich erkennbar unvollständiges, ungenaues oder widersprüchliches Verzeichnis vorgelegt hat (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 297/03, NJW 2004, 2979, 2980; Beschluss vom 4. Oktober 2007 - I ZB 11/07, NJW-RR 2008, 1163 Rn. 8; Beschluss vom 20. November 2008 - I ZB 20/06, WM 2009, 1431 Rn. 13).

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Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die Schuldnerin hat unter Nr. 18 des Vermögensverzeichnisses angegeben, einen Anspruch aus einem Mietverhältnis auf Rückzahlung einer Mietkaution in Höhe von 360 € gegen die - unter Angabe ihrer Anschrift genannte - K. GmbH zu haben. Es ist aus dem Vermögensverzeichnis selbst nicht ersichtlich, dass diese Angaben unvollständig, ungenau oder widersprüchlich sind. Dies gilt auch im Blick darauf, dass die Schuldnerin eine Immobilienverwaltungsgesellschaft als Drittschuldner der Forderung angegeben hat. Auch eine Immobilienverwaltungsgesellschaft kann Vermieter einer Wohnung und zur Rückzahlung einer vom Mieter geleisteten Mietkaution verpflichtet sein.

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2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann der Gläubiger aber auch dann die Nachbesserung einer eidesstattlichen Versicherung verlangen, wenn er glaubhaft macht, dass der Schuldner versehentlich unzutreffende Angaben zum Drittschuldner einer im Vermögensverzeichnis genannten Forderung gemacht hat. Der Gläubiger kann in einem solchen Fall nicht darauf verwiesen werden, vom Schuldner die nochmalige Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 903 ZPO zu fordern.

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Ein Schuldner, der die in § 807 ZPO oder in § 284 AO bezeichnete eidesstattliche Versicherung abgegeben hat, ist gemäß § 903 Satz 1 ZPO, wenn die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in dem Schuldnerverzeichnis noch nicht gelöscht ist, in den ersten drei Jahren nach ihrer Abgabe zur nochmaligen eidesstattlichen Versicherung einem Gläubiger gegenüber nur verpflichtet, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der Schuldner später Vermögen erworben hat oder dass ein bisher bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner aufgelöst ist. Ein Schuldner, der im Vermögensverzeichnis falsche Angaben gemacht hat, ist nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht allein deshalb zur erneuten eidesstattlichen Versicherung verpflichtet.

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Ein Schuldner ist jedoch nach ganz überwiegender Ansicht in entsprechender Anwendung des § 903 ZPO zur wiederholten Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass der Schuldner bei der früheren Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vorhandenes Vermögen verschwiegen hat. Ein solcher Schuldner darf nach dieser Auffassung nicht besser stehen als ein Schuldner, der nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung neues Vermögen erworben hat. Das Verschweigen vorhandenen Vermögens steht danach dem Erwerb neuen Vermögens gleich und hat zur Folge, dass nicht nur das bestehende Verzeichnis um die fehlenden Angaben zu ergänzen, sondern das gesamte Vermögen erneut zu offenbaren ist (OLG Köln, MDR 1975, 498; Musielak/Voit, ZPO, 7. Aufl., § 903 Rn. 8 mwN; Zöller/Stöber, ZPO, 28. Aufl., § 903 Rn. 7; Prütting/Olzen, ZPO, 2. Aufl., § 903 Rn. 16; MünchKommZPO/Eickmann, 3. Aufl., § 903 Rn. 10; vgl. auch KG, MDR 1990, 1124; aA Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 903 Rn. 7).

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Hat der Schuldner bei Abgabe der eidesstattlichen Versicherung dagegen eine Forderung angegeben und ist davon auszugehen, dass er lediglich versehentlich unzutreffende Angaben zum Drittschuldner dieser Forderung gemacht hat, ist es nicht gerechtfertigt, ihm in entsprechender Anwendung des § 903 ZPO eine nochmalige Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und eine erneute Offenbarung seines gesamten Vermögens abzuverlangen. Dies widerspräche dem Zweck der Regelung des § 903 ZPO, im Interesse des Schuldners und zur Entlastung der Rechtspflege eine wiederholte Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über denselben Vermögensgegenstand zu verhindern (vgl. Musielak/Voit aaO § 903 Rn. 1). In einem solchen Fall reicht es vielmehr aus, wenn der Gläubiger vom Schuldner eine - kostenfreie (vgl. Musielak/Voit aaO § 903 Rn. 8 mwN) - Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses verlangen kann.

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Danach kann die Gläubigerin (nur) eine Nachbesserung der eidesstattlichen Versicherung beanspruchen. Die Schuldnerin hat unter Nr. 18 des Vermögensverzeichnisses angegeben, einen Anspruch aus einem Mietverhältnis auf Rückzahlung einer Mietkaution in Höhe von 360 € zu haben. Soweit die Schuldnerin als Drittschuldnerin dieser Forderung die K. GmbH genannt hat, ist dies nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts zwar tatsächlich unzutreffend, weil diese Gesellschaft nicht Eigentümer oder Vermieter, sondern nur Verwalter der Wohnung ist. Es kann aber im Blick darauf, dass Mietkautionen häufig beim Verwalter der Wohnung eingezahlt und nach Beendigung des Mietverhältnisses vom Verwalter wieder zurückgezahlt werden, nicht angenommen werden, die Schuldnerin habe bewusst falsche Angaben zum Drittschuldner der Forderung gemacht.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                          Büscher                                  Schaffert

                       Koch                                 Löffler