Entscheidungsdatum: 11.07.2017
1. NV: Die inländischen Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft sind bei einer Klage der Gesellschaft gegen einen Bescheid, mit dem eine Feststellung gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO abgelehnt wird (negativer Feststellungsbescheid), notwendig zum Klageverfahren beizuladen .
2. NV: Ob der Ankauf und Verkauf von Gold als Gewerbebetrieb oder als private Vermögensverwaltung anzusehen ist, muss anhand der Besonderheiten von Goldgeschäften beurteilt werden. Die Grundsätze des Wertpapierhandels sind auf den Handel mit physischem Gold nicht übertragbar (Anschluss an BFH-Urteil vom 19. Januar 2017 IV R 50/14, BFHE 257, 35, BStBl II 2017, 456) .
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 17. März 2014 7 K 1792/12 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der wiederholte An- und Verkauf von Gold eine gewerbliche Tätigkeit darstellt.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine nach englischem Recht gegründete Personengesellschaft in der Rechtsform der General Partnership. Sie wurde im Dezember 2007 gegründet. Gesellschafter waren die (inländische) A-OHG mit einer Beteiligungsquote von 98 % sowie die im Inland wohnhaften Eheleute B und C mit einer Beteiligungsquote von jeweils 1 %. B ist alleiniger Geschäftsführer der Klägerin. B und C waren auch die alleinigen Gesellschafter der A-OHG. Der Sitz der Gesellschaft befand sich in England. Noch im Streitjahr wurde von der Klägerin ein Büroraum in England angemietet.
Die Klägerin nahm in 2007 ihre Geschäftstätigkeit auf. Zur Durchführung ihrer geschäftlichen Aktivitäten und der Einrichtung des Büros hielt sich B wiederholt in England auf. Die Klägerin schloss mit dem Kreditinstitut ... (nachfolgend: Bank) einen Kreditvertrag ab. Über dieses Institut wurde auch der Goldankauf getätigt. Am 21. Dezember 2007 erteilte B der Bank den Auftrag zum Kauf von 220 kg Barren Gold zu Lasten des Vermögens der Klägerin. Der Kauf wurde auftragsgemäß durchgeführt, der Kaufpreis von ... € wurde dem Konto der Klägerin belastet. Es handelte sich um ein Kommissionsgeschäft, das die Bank entsprechend § 383 des Handelsgesetzbuchs im eigenen Namen für fremde Rechnung tätigte. Das Gold wurde in einem Edelmetalldepot, das die Bank bei der D-AG, unterhielt, physisch verwahrt. Der unmittelbare Verwahrvertrag bestand zwischen der Bank und der D-AG, die Bank stellte der Klägerin die anteiligen Verwahrkosten in Rechnung. Im Depot befanden sich vertretbare Edelmetalle, die ohne besondere Identifizierungsmerkmale drittverwahrt wurden. Die Bank konnte jederzeit die Auslieferung des ihr gehörenden Edelmetalls verlangen. Am 14. und 25. Januar 2008 wurden für Rechnung der Klägerin weitere 15 kg bzw. 40 kg Gold erworben. 220 kg wurden am 4. Februar 2008 zum Preis von ... € wieder veräußert. Im Laufe des Jahres 2008 erfolgten weitere An- und Verkäufe. Auch diese wurden sämtlich durch die Bank als Kommissionsgeschäfte ausgeführt.
B erteilte ebenfalls am 21. Dezember 2007 der Bank den Auftrag zum Erwerb von insgesamt 522 kg Gold zum Preis von ... € für die E-Gesellschaften des Bürgerlichen Rechts I – X (GbR). Gesellschafter dieser GbR waren die E-GmbH und die E-KG.
Am 10. Januar 2008 schlossen alle GbR, vertreten durch die E-GmbH (Auftraggeber), einen "Dienstleistungsvertrag" mit der Klägerin (Auftragnehmer) ab. Aus dieser Vermittlungstätigkeit für die GbR flossen der Klägerin im Jahr 2008 Einnahmen zu.
Die Klägerin reichte eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ein. Ihren Gewinn ermittelte sie anhand einer Einnahmen-Überschussrechnung. Infolge des im Streitjahr 2007 getätigten Ankaufs von 220 kg Gold und weiterer betrieblich veranlasster Ausgaben ergab sich ein Verlust von ... €, der nach Auffassung der Klägerin aufgrund des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) von der deutschen Einkommensteuer freizustellen war.
Das FA folgte dem nicht und erließ unter dem 14. Dezember 2010 einen negativen Feststellungsbescheid. Es führte aus, eine Feststellung nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) sei nicht zu treffen, da keine gewerblichen und somit nach DBA steuerfreien Einkünfte vorlägen. Die Klägerin sei vermögensverwaltend tätig gewesen.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) München begründete sein Urteil vom 17. März 2014 7 K 1792/12 im Wesentlichen damit, dass die eigenen Goldgeschäfte der Klägerin den Rahmen privater Vermögensverwaltung nicht überschritten hätten und die --gewerblichen-- Vermittlungstätigkeiten für die GbR erst im Folgejahr entfaltet worden seien. Für die Einkünfte aus der Vermögensverwaltung stünde der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht zu.
Dagegen richtet sich die Revision, mit der die Klägerin die Verletzung sachlichen und formellen Rechts rügt.
Sie beantragt (sinngemäß), das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und den Feststellungsbescheid vom 14. Dezember 2010 dahingehend abzuändern, dass negative, unter Progressionsvorbehalt freizustellende Einkünfte in Höhe von ... € festgestellt und auf die Gesellschafter entsprechend ihrer Beteiligungsquoten verteilt werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Gesellschafter der Klägerin nach § 60 Abs. 3 FGO (notwendig) beizuladen. Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt einen vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfenden Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Mai 2016 IV R 27/13, BFH/NV 2016, 1559, m.w.N.).
1. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte (notwendig) beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind (§ 60 Abs. 3 Satz 2 FGO). Klagen nicht alle von mehreren nach § 48 FGO Klagebefugten, müssen deshalb die übrigen Klagebefugten mit Ausnahme solcher, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, zum Verfahren beigeladen werden (z.B. BFH-Urteil vom 4. November 2003 VIII R 38/01, BFH/NV 2004, 1372, m.w.N.).
a) Nach der Rechtsprechung des BFH gilt § 48 FGO auch dann, wenn verfahrensgegenständlich die Feststellung der aus einer ausländischen Personengesellschaft erzielten und dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO ist. Danach ist grundsätzlich die ausländische Personengesellschaft (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO) klagebefugt; die Klagebefugnis der Gesellschafter ist an das Vorliegen einer der in § 48 Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 FGO genannten Tatbestände gebunden (Senatsurteil vom 18. August 2015 I R 42/14, BFH/NV 2016, 164; BFH-Urteil vom 19. Januar 2017 IV R 50/13, BFH/NV 2017, 751).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind bei einem negativen Feststellungsbescheid neben der Gesellschaft nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO auch die Gesellschafter selbst klagebefugt (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2016, 164, sowie BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 1372; vom 11. November 2014 VIII R 37/11, juris; in BFH/NV 2017, 751). Ein negativer Feststellungsbescheid liegt auch dann vor, wenn das FA --wie hier-- die Durchführung eines Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO mit der Begründung ablehnt, es seien keine nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte gegeben (BFH-Urteil in BFH/NV 2017, 751).
c) Bei Anwendung dieser Grundsätze sind im Streitfall die Gesellschafter der Klägerin notwendig zum Klageverfahren beizuladen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem angegriffenen Feststellungsbescheid um einen negativen Feststellungsbescheid. Dass das FA in der Einspruchsentscheidung (hilfsweise) für den Fall des Vorliegens gewerblicher Einkünfte u.a. darauf hingewiesen hat, es komme auch die Verlustabzugsbegrenzung gemäß § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Anwendung und ein sofortiger Betriebsausgabenabzug scheide deshalb aus, weil die streitigen Goldbestände unter den Begriff der vergleichbaren nicht verbrieften Forderungen und Rechte des Umlaufvermögens i.S. des § 4 Abs. 3 Satz 4 Alternative 2 EStG fielen, ändert hieran nichts. Da das Vorliegen eines negativen Feststellungsbescheids zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, sieht der Senat insoweit von weiteren Ausführungen ab.
2. § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 4. September 2014 IV R 44/13, BFH/NV 2015, 209).
Der Senat übt dieses Ermessen dahingehend aus, die unterbliebene Beiladung nicht nachzuholen und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Dies ist im Streitfall zweckmäßig und ermessensgerecht. Die Gesellschafter der Klägerin haben bisher weder im Einspruchs- noch im Klageverfahren die Möglichkeit gehabt, sich zu dem angegriffenen negativen Feststellungsbescheid in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern.
3. Im zweiten Rechtsgang wird das FG die Frage nach der Qualifikation der Einkünfte aus den Goldgeschäften erneut zu beurteilen haben. Der Senat verweist insoweit insbesondere auf die jüngere Rechtsprechung zu dieser Frage. Der IV. Senat hat in seinen Urteilen vom 19. Januar 2017 (IV R 50/14, BFHE 257, 35, BStBl II 2017, 456; in BFH/NV 2017, 751) Rechtsgrundsätze zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Goldhandel entwickelt, denen sich der Senat anschließt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungen des IV. Senats und im Übrigen auf die einschlägige Senatsrechtsprechung (Senatsurteile vom 25. Juni 2014 I R 24/13, BFHE 246, 404, BStBl II 2015, 141; vom 10. Dezember 2014 I R 3/13, BFH/NV 2015, 667) verwiesen. Im zweiten Rechtsgang werden die Beteiligten und die notwendig Beizuladenden außerdem die Gelegenheit erhalten, auch zu den nicht die Einkünftequalifikation betreffenden Streitfragen (z.B. Vermittlung von Goldgeschäften für die GbR, Qualifikation des von der Klägerin in Großbritannien geführten "Rechnungswesens", Vorliegen einer DBA-Betriebsstätte) erneut Stellung zu nehmen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.