Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 03.03.2010


BFH 03.03.2010 - I R 31/09

Keine Rückstellung für Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
03.03.2010
Aktenzeichen:
I R 31/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 18. Februar 2009, Az: 4 K 1243/07, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Für eine Pensionsverpflichtung darf nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997/2002 eine Rückstellung nicht gebildet werden, wenn die Pensionszusage Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht. Das ist bei Gewinntantiemen der Fall, welche nach Erteilung der Pensionszusage entstehen .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, deren Anteile in den Streitjahren 2001 bis 2004 von einer KG gehalten wurden. Gesellschafter der KG waren DJ, dessen Ehefrau HJ sowie sein Sohn JJ. Bis zum 23. Dezember 2002 war DJ Komplementär, seitdem war die Klägerin Komplementärin der KG. Alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin waren in den Streitjahren DJ sowie JJ.

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Nach dem am 1. Januar 1988 geschlossenen Anstellungsvertrag zwischen der Klägerin und DJ erhielt dieser als Geschäftsführer eine monatliche Vergütung in Höhe von 12.000 DM brutto. Gleichzeitig wurde ihm eine Pensionszusage erteilt, wonach ihm beim Ausscheiden aus der aktiven Tätigkeit infolge Invalidität oder Erreichen des Alters von zunächst 65, später --nach Vertragsänderung-- von 70 Jahren, 70 v.H. der Bezüge des Jahres vor seiner Pensionierung zustehen sollten, mindestens jedoch 7.000 DM monatlich. Vorgesehen war weiterhin, dass sich die Pension in dem Umfang erhöhen oder vermindern sollte, in dem die Gehälter der aktiven Gesellschafter-Geschäftsführer eine Änderung erfuhren.

3

Auch JJ erteilte die Klägerin am 20. Dezember 1993 eine Pensionszusage, wonach ihm beim Ausscheiden aus der aktiven Tätigkeit infolge Invalidität oder bei Erreichen des Alters von 65 Jahren 70 v.H. der Bruttobezüge des Jahres vor seiner Pensionierung gezahlt werden sollten.

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In der Gesellschafterversammlung vom 12. Dezember 1997 beschloss die Klägerin, beiden Geschäftsführern eine 6 %ige Tantieme auf das in der Bilanz per 31. Dezember 1998 ausgewiesene Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit vor Steuern auszuschütten. Wegen der vertragsgemäß bestimmten Beendigung der Tätigkeit von DJ als Geschäftsführer zum Ende des Jahres 1998 erfolgte die Tantiemezahlung an diesen nur einmalig, an JJ hingegen auch darüber hinaus.

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Bei der Berechnung der Pensionsrückstellungen der Streitjahre bezog die Klägerin die im jeweiligen Jahr erfassten Tantiemen mit ein. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte die Rückstellungen insoweit nicht an. Die Berücksichtigung der Tantiemen verstoße gegen § 6a Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997/2002), wonach eine Abhängigkeit der Pensionsleistungen von künftigen gewinnabhängigen Bezügen steuerlich nicht zulässig sei.

6

Die Klage gegen die deswegen (und wegen zwischenzeitlich nicht mehr streitiger außerbilanzieller Hinzurechnungen weiterer Rückstellungsbeträge als verdeckte Gewinnausschüttungen --vGA-- in den Streitjahren 2003 und 2004) ergangenen Änderungsbescheide blieb ohne Erfolg. Das Hessische Finanzgericht (FG) wies sie mit Urteil vom 18. Februar 2009  4 K 1243/07 als unbegründet ab; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 1405 veröffentlicht.

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Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt (sinngemäß), das FG-Urteil aufzuheben, soweit die Einbeziehung erfolgsabhängiger Vergütungen in die Bemessungsgrundlage zugesagter Pensionen auf Basis von § 6a Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG 1997/2002 abgelehnt wird.

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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind vorher darüber unterrichtet worden; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

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1. Nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG 1997/2002 (hier i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG 1999/2002--, § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes 1999/2002) darf eine Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung (Pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn und soweit die Pensionszusage keine Pensionsleistungen in Abhängigkeit von künftigen gewinnabhängigen Bezügen vorsieht. Dem FA und dem FG ist darin beizupflichten, dass es sich bei den im Streitfall als Gehaltsbestandteil vereinbarten Gewinntantiemen um solche gewinnabhängigen Bezüge handelt. Denn "künftige" gewinnabhängige Bezüge i.S. des § 6a Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG 1997/2002 sind solche, welche nach Erteilung der Pensionszusage, nicht aber solche Bezüge, welche nach dem jeweiligen Bilanzstichtag entstehen.

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a) Das ergibt sich bereits aus dem Normwortlaut: Das Gesetz verknüpft das steuerliche Passivierungsverbot für eine Pensionsverpflichtung in § 6a Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG 1997/2002 mit einer "doppelten Abhängigkeit" der versprochenen Pensionsleistungen, nämlich zum einen der Abhängigkeit der künftigen Bezüge von Gewinnen, zum anderen der Abhängigkeit der Pensionsleistungen von künftigen gewinnabhängigen Bezügen. Beides darf die "Pensionszusage", also die Erteilung des Versorgungsversprechens, nicht vorsehen. Mit dieser wechselseitigen Verknüpfung wird hinreichend verdeutlicht, dass die Zusage sozusagen abstrakt keine insofern "schädlichen" Bestandteile enthalten darf, was aber der Fall wäre, wenn die Einschränkung "revolvierend" aufgefasst und abgeschichtet auf den jeweiligen Bilanzstichtag bezogen würde. Dass die besagten gewinnabhängigen Bezüge zu jenen Stichtagen --für die jeweils zurückliegende Zeit-- rechtlich entstanden und nicht mehr "künftig" sind, ist deswegen unbeachtlich. Entscheidend ist ihre "Künftigkeit" aus Sicht des Zusagezeitpunktes. Nur Gehaltsbestandteile, die bezogen auf diesen Zeitpunkt von bereits entstandenen Gewinnen abhängen, werden von der Vorschrift nicht erfasst (ebenso z.B. Arteaga/Veit in Korn, EStG, § 6a Rz 26; Kauffmann in Frotscher, EStG, § 6a Rz 50; Höfer in Littmann/Bitz/Pust, Einkommensteuerrecht, § 6a Rz 84 ff.; Stuhrmann in Bordewin/ Brandt, EStG, § 6a Rz 75; ggf. anders Weiland in Lademann, EStG, § 6a Rz 68 a.E.; Dommermuth in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 6a EStG Rz 30; Otto in Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 4. Aufl., StR A Rz 391; offen Gosch in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 6a Rz 39).

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b) Allein dieses Auslegungsverständnis deckt sich letztlich mit den Normzusammenhängen des § 6a Abs. 1 EStG 1997/2002. § 6a Abs. 1 EStG 1997/2002 enthält mit dem Rechtsanspruchserfordernis in Nr. 1 und dem Schriftlichkeitserfordernis in Nr. 3 ebenso wie mit dem ebenfalls in Nr. 2 bestimmten Verbot von Widerrufsvorbehalten sämtlich Voraussetzungen, welche die Bildung einer Pensionsrückstellung sowohl konditional ("wenn") als auch umfänglich ("soweit") ausschließen, sofern sie dem erteilten Pensionsversprechen anhaften bzw. fehlen. Hier wie dort wird auf die Zusageerteilung abgestellt. Das bestätigt es, dass § 6a Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG 1997/2002 nicht anders und insbesondere das einschränkende "soweit" im Eingangshalbsatz der Vorschrift hier nicht als ein zeitliches "sobald" verstanden werden kann.

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c) Das bestätigen überdies die von der Vorinstanz aufgeführten regelungshistorischen und regelungsteleologischen Aspekte:

14

Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber des Jahressteuergesetzes 1997 (BGBl I 1996, 2049, BStBl I 1996, 1523) auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. November 1995 IV R 2/93 (BFHE 179, 106, BStBl II 1996, 589) reagiert, wonach (bis zum Jahr 1996) variable Vergütungsbestandteile, wie z.B. eine Gewinntantieme, grundsätzlich bei der Feststellung der erreichbaren Pensionsleistungen und entsprechend bei der Rückstellung zu berücksichtigen waren; ausschlaggebend und maßgeblich sollten die Verhältnisse am Bilanzstichtag sein. Der Gesetzgeber erkannte darin unerwünschte Gestaltungsmöglichkeiten, namentlich dadurch, dass die Unternehmen ihre Pensionsverpflichtungen so gestalten, dass sich einerseits deren volle Ausfinanzierung in den Gewinnjahren ergibt, und andererseits bereits gebildete Pensionsrückstellungen in Verlustjahren gewinnerhöhend aufgelöst werden könnten. Die Pensionsrückstellungen hätten so gesehen die Funktion eines "Gewinnspeichers" übernehmen können, der in ertragreichen Jahren eine Besteuerung von erwirtschaftetem Gewinn verhinderte, um in ertragsschwachen Jahren zur Finanzierung herangezogen zu werden (vgl. BTDrucks 13/5359, S. 118; BTDrucks 13/5952, S. 45). Des Weiteren sah der Gesetzgeber einen Widerspruch zu dem bilanzsteuerlichen Begriff der wirtschaftlichen Verursachung. Die wirtschaftliche Verursachung für den Teil der Pensionsleistungen, die auf künftigen freiwilligen gewinnabhängigen Zahlungen eines Steuerpflichtigen beruhten, seien wirtschaftlich durch die künftige tatsächliche Entscheidung zur Zahlung der Gewinnbeteiligung verursacht, nicht aber allein durch die in der Vergangenheit erteilte Pensionszusage, da die Höhe der künftigen Pensionsleistungen eindeutig auch von der zukünftigen Entscheidung über die Zahlung der Gewinnbeteiligung abhänge (BTDrucks 13/5359, S. 118). Zweck der Neuregelung war es vor diesem Hintergrund, künftige gewinnabhängige Gehaltsbestandteile von der steuerlichen Anerkennung auszuschließen, um insbesondere ein gewinnabsaugendes Schwanken der Pensionsrückstellung zu verhindern.

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Dieser Regelungszweck würde indessen --und auch darin ist der Vorinstanz beizupflichten-- unterlaufen, würde man nach wie vor auf den jeweiligen Bilanzstichtag abstellen und alle gewinnabhängigen Vergütungsbestandteile bis zu diesem Zeitpunkt für die Rückstellung berücksichtigen. Denn bei der Berücksichtigung von am Bilanzstichtag entstandenen Gewinnen drohen im Ergebnis gerade jene Schwankungen der Rückstellungen, die durch die Regelung verhindert werden sollten.

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Sollte der Gesetzgeber gleichwohl eine insoweit abgeschwächte Regelungsreichweite beabsichtigt haben, wäre eine solche Absicht jedenfalls nicht klar zum Ausdruck gekommen. Das gilt gleichermaßen für die von der Klägerin angemahnte Einschränkung, der Begriff "gewinnabhängige Bezüge" sei auf freiwillige Leistungen zu beschränken, da solche freiwilligen Auszahlungen dem BFH-Urteil in BFHE 179, 106, BStBl II 1996, 589 zugrunde gelegen hätten. Ausschlaggebend ist allein, dass das Gesetz einen derartigen Vorbehalt nicht aufgreift.

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2. Der Senat sieht davon ab, das angefochtene Urteil des FG aus revisionsrechtlicher Sicht auf weitere Gesichtspunkte hin zu überprüfen. Das betrifft insbesondere die als vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1999/2002 hinzugerechneten Beträge. Das FG hat die geänderten Steuerbescheide auch in dieser Frage bestätigt. Die Klägerin hat ihren Revisionsantrag auf diese Frage ausdrücklich nicht erstreckt und das angefochtene Urteil insoweit akzeptiert. Der Senat sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Vorentscheidung auch in diesem Punkt zu zweifeln.