Entscheidungsdatum: 23.01.2013
1. NV: Bei der Prüfung, ob ein Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen ist, ist der Vertrag nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen. Der aus § 133 BGB abgeleitete Grundsatz "falsa demonstratio non nocet" gilt nur, soweit sich für das von den Vertragsschließenden subjektiv Gemeinte im Vertrag oder den allgemein zugänglichen Quellen eindeutige Belege finden lassen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung im Senatsurteil vom 28. November 2007 I R 94/06, BFHE 220, 51) .
2. NV: Als offenbare Unrichtigkeit kann der Notar gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG grundsätzlich auch eine falsa demonstratio richtigstellen. Um die Berichtigung einer falsa demonstratio handelt es sich nicht, wenn der notarielle Nachtragsvermerk zu einer inhaltlichen Änderung oder Ergänzung der Erklärungen der Vertragsparteien führen würde .
I. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist aufgrund Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der A-GmbH, die ihrerseits Rechtsnachfolgerin der ursprünglich unter B-GmbH firmierenden C-GmbH war.
Die B-GmbH und ihre Muttergesellschaft, die D-GmbH, hatten am 7. Januar 1999 einen "Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag" (OGV) abgeschlossen, mit dem sich die B-GmbH verpflichtete, erstmals für das Geschäftsjahr 1999 den ganzen nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Bestimmungen ermittelten Gewinn an die D-GmbH abzuführen (§ 3 Ziffer 1 OGV). Der Gewinn- und Verlustübertrag sollte nach Maßgabe des von der B-GmbH aufzustellenden Jahresabschlusses erfolgen (§ 3 Ziffer 5 OGV). Gemäß § 3 Ziffer 6 OGV sollte das Ergebnis mit Wertstellung zum Stichtag des Jahresabschlusses abgerechnet werden; die sich aus der Abrechnung ergebende Zahlungsverpflichtung sollte mit Feststellung des Jahresabschlusses fällig werden. Der Vertrag begann nach § 4 Ziffer 1 OGV rückwirkend mit dem 1. Januar 1999 und sollte unkündbar bis zum 30. Dezember 2003 laufen. Erstmalig zu diesem Zeitpunkt war eine Kündigungsmöglichkeit mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr vorgesehen. Vorzeitig und ohne Einhaltung einer Frist konnte der Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, etwa der Veräußerung der durch die D-GmbH an der B-GmbH gehaltenen Anteile, gekündigt werden (§ 4 Ziffer 2 OGV).
Bei der Beurkundung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung am 23. Februar 1999 verlas der Notar N den Vertrag, der als Anlage zur Urkunde genommen wurde. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte im März 1999.
In Folge der Beanstandung der Vertragslaufzeit anlässlich einer Außenprüfung bei der A-GmbH berichtigte N am 7. Dezember 2004 gemäß § 44a Abs. 2 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG) die Vertragsurkunde und stellte fest, dass auf Seite 2 in § 4 Ziffer 1 2. Zeile das Datum mit dem 30. Dezember 2003 angegeben worden sei. Richtig müsse das Datum 31. Dezember 2003 lauten. Die Berichtigung wurde beim Registergericht eingereicht. Eine Eintragung in das Handelsregister erfolgte nicht.
Bei seiner Befragung als Auskunftsperson gemäß § 93 der Abgabenordnung gab N an, er habe die Anlage zur Urkunde wahrscheinlich von der D-GmbH erhalten. Sicher sei, dass sie nicht in seinem Notariat geschrieben worden sei. Sie sei aber nicht erst zum Termin am 23. Februar 1999 mitgebracht worden. Die Änderung gemäß § 44a Abs. 2 BeurkG sei nach einem Anruf bzw. einer Vorsprache der D-GmbH erfolgt, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass aufgrund eines Tippfehlers in § 4 Abs. 1 OGV ein falsches Datum genannt sei; gemeint gewesen sei der 31. Dezember 2003 und nicht der 30. Dezember 2003. N erklärte, nach diesem Anruf geprüft zu haben, ob eine Berichtigung möglich sei. Da er eine Beurkundung so vorzunehmen habe, wie es von den Beteiligten gewollt sei und er zu der Überzeugung gelangt sei, dass die Beteiligten die Beurkundung des 31. Dezember 2003 als Kündigungszeitpunkt gewollt hätten, sei für ihn die Berichtigung zulässig gewesen. Ein Grund für die gewünschte Änderung des Datums sei ihm jedoch nicht genannt worden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ daraufhin gegenüber der A-GmbH für 2000 einen geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer, in dem das Einkommen der B-GmbH dieser selbst und nicht der D-GmbH als Organträgerin zugerechnet wurde, weil der Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag keine Mindestlaufzeit von fünf Jahren vorsehe und der Besteuerung daher nicht zugrunde gelegt werden könne.
Die nach Zurückweisung des Einspruchs erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 12. Dezember 2011 6 K 3103/09, das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 656 abgedruckt ist, ab.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision beantragt die Klägerin, das FG-Urteil und den geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer 2000 vom 11. Dezember 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2009 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass zwischen der D-GmbH und der B-GmbH keine wirksame Organschaft gemäß §§ 14, 17 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 (KStG 1999) bestanden hat. Das FG-Urteil ist auch nicht wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufzuheben.
1. Dem zwischen der B-GmbH und der D-GmbH am 7. Januar 1999 geschlossenen Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag ist die steuerliche Anerkennung mit der Folge zu versagen, dass der Gewinn nicht der D-GmbH als Organträgerin, sondern der B-GmbH zuzurechnen ist. Entgegen § 14 Nr. 4 Satz 1 KStG 1999 ist der Vertrag nicht auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen worden. Zutreffend hat das FG den Vertrag dahingehend ausgelegt, dass er erstmals zum 30. Dezember 2003 --und damit vor Ablauf des Fünfjahreszeitraums am 31. Dezember 2003-- gekündigt werden konnte.
a) § 4 Ziffer 1 OGV ist seinem Wortlaut entsprechend dahingehend auszulegen, dass eine Kündigung des Vertrags erstmals zum 30. Dezember 2003 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr erfolgen durfte.
aa) Korporationsrechtliche Bestimmungen --zu denen § 4 Ziffer 1 OGV gehört-- sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen. Dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung kommen dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (Senatsurteil vom 28. November 2007 I R 94/06, BFHE 220, 51, m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27. Juli 2009 IV B 73/08, BFH/NV 2009, 1840). Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge sind bei der Kündigungsklausel eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags auch dann nicht einzubeziehen, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 3. September 2009 IV R 38/07, BFHE 226, 283, BStBl II 2010, 60). Insbesondere gilt dies für nicht allgemein erkennbare Umstände außerhalb der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen, wie beispielsweise der Entstehungsgeschichte sowie Vorstellungen und Äußerungen der am Vertragsschluss beteiligten Personen (Senatsurteil in BFHE 220, 51; Senatsbeschluss vom 2. November 2010 I B 71/10, BFH/NV 2011, 849). Der aus § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abzuleitende und grundsätzlich auch auf formbedürftige Verträge anzuwendende Grundsatz "falsa demonstratio non nocet", nach dem ohne Rücksicht auf einen abweichenden Wortlaut das von den Vertragschließenden tatsächlich Gemeinte als Inhalt des Vertrags gilt, kann im Bereich der objektivierten Auslegung korporationsrechtlicher Vereinbarungen nicht uneingeschränkt angewendet werden. Findet sich nämlich im Vertrag und in den allgemein zugänglichen Unterlagen kein eindeutiger Beleg für den dem Wortlaut entgegenstehenden subjektiven Willen der Vertragsparteien, ist kein Raum für dessen Berücksichtigung (so bereits Senatsurteil in BFHE 220, 51).
An diesen strengen Auslegungskriterien ist trotz der in der Literatur geäußerten Kritik (Nodoushani, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 620, 622; Puls, Der Konzern 2008, 555, 558 f.; aus zivilrechtlicher Sicht kritisch Grunewald, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht 2009, 647, 650 ff.) festzuhalten. Sie folgen aus der Notwendigkeit, den Finanzbehörden eine sichere Prüfungs- und Beurteilungsgrundlage zu ermöglichen, weil durch die Organschaft ausnahmsweise ein Steuersubjekt an die Stelle eines anderen Subjekts tritt (Gosch, BFH/PR 2008, 350, 351). Ausgeschlossen werden muss, dass den Vertragsparteien --je nach wirtschaftlicher und steuerlicher Situation-- ein "faktisches Wahlrecht" eingeräumt wird, sich auf den konkreten Vertragstext oder auf ein Redaktionsversehen zu berufen (Köster, Deutsche Steuer-Zeitung 2012, 177).
bb) Nach diesen Maßstäben scheidet eine Auslegung, nach der der Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag erstmals zum 31. Dezember 2003 gekündigt werden konnte, aus.
aaa) Der Wortlaut des § 4 Ziffer 1 OGV ist eindeutig und benennt als frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt den 30. Dezember 2003. Die ausdrückliche Datumsangabe ist einem Verständnis dahin, dass nicht dieser, sondern ein anderer Tag, etwa der 31. Dezember 2003, bezeichnet werden sollte, nicht zugänglich.
bbb) Der Systematik des § 4 Ziffer 1 OGV und dessen Einordnung in den Gesamtzusammenhang des Vertrags lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass es sich bei der Datumsangabe "30. Dezember 2003" um ein Redaktionsversehen gehandelt hat und die Vertragsparteien tatsächlich den 31. Dezember 2003 als frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt vereinbart haben.
Der Klägerin ist zwar darin beizupflichten, dass der 30. Dezember 2003 nicht der letzte Tag des Jahres war. Ebenso ist es zutreffend, dass die Vertragsparteien in § 4 Ziffer 1 OGV ein rückwirkendes Inkrafttreten zum 1. Januar 1999 vereinbart und hierdurch einen Gleichklang mit dem Beginn des Wirtschaftsjahres hergestellt haben. Gleichwohl bieten diese Umstände bei der gebotenen objektiven Betrachtung keine hinreichende Grundlage, um davon auszugehen, dass als frühestmöglicher Kündigungszeitpunkt nur der 31. Dezember 2003 gemeint sein konnte. Gesellschaftsrechtlich sind die Vertragsparteien in der Wahl des frühestmöglichen Kündigungszeitpunkts frei (vgl. Erle/Heurung in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 14 Rz 186; Scholz/Emmerich, GmbHG, 11. Aufl., Anhang § 13 Rz 191). Die von der Klägerin angeführten Umstände lassen nur unter gedanklicher Einbeziehung des Regelungsgehalts des § 14 Nr. 4 Satz 1 KStG 1999, der eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren für eine wirksame steuerrechtliche Organschaft voraussetzt, einen Schluss auf den 31. Dezember 2003 als dem tatsächlich gewollten Datum zu. § 14 Nr. 4 Satz 1 KStG 1999 darf jedoch als ein --für sich betrachtet-- außerhalb des Vertrags liegendes Moment in die objektive Auslegung nicht einbezogen werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1840).
Auch dass gemäß § 3 Ziffer 1 OGV erstmals der ganze Gewinn des Jahres 1999 an die D-GmbH abzuführen ist und § 3 Ziffer 6 OGV im systematischen Zusammenhang hierzu für die Abrechnung des Ergebnisses auf den "Stichtag des Jahresabschlusses" abstellt, lässt entgegen der Auffassung der Klägerin keinen hinreichend sicheren Schluss auf eine mindestens fünfjährige Vertragslaufzeit zu. § 3 Ziffer 1 OGV gilt nach seinem Wortlaut zunächst einmal nur für das Jahr 1999. Seinem Wortlaut lässt sich zwar entnehmen, dass auch in den Folgejahren die Abführung des ganzen Gewinns erfolgen sollte ("erstmals"); dies lässt allerdings nicht den zwingenden Schluss zu, dass dies auch noch im Jahre 2003 der Fall sein sollte, zumal der Gewinn nur vorbehaltlich einer Kündigung gemäß § 4 OGV abzuführen war. Wie zudem § 4 Ziffer 2 OGV zeigt, war dem Vertrag eine unterjährige Kündigungsmöglichkeit nicht fremd.
Dass es sich bei der Datumsangabe um ein bloßes Redaktionsversehen gehandelt hat, wird schließlich nicht dadurch hinreichend deutlich, dass der Vertrag mit "Organschafts- und Gewinnabführungsvertrag" und nicht etwa --wie sonst häufig-- mit "Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag" überschrieben ist und hierdurch ein Bezug zu den steuerrechtlichen Regeln der Organschaft hergestellt worden ist. Es reicht nicht aus, in dem Vertrag, etwa in der Präambel, darauf hinzuweisen, dass die Gründung einer Organschaft gewollt war (in diesem Sinne aber Puls, Der Konzern 2008, 555, 559). Die Erkennbarkeit der allgemeinen Absicht, eine steuerrechtliche Organschaft gründen zu wollen, kann nicht dafür dienstbar gemacht werden, einzelne Vertragsvorschriften gegen deren klaren und unmissverständlichen Wortlaut so auszulegen, dass sie jeweils mit den steuerrechtlich für eine Organschaft geforderten Mindestvoraussetzungen übereinstimmen. Denn eine solche Handhabung würde in Umkehrung des allgemeinen Prinzips, wonach die steuerliche Bewertung sich nach dem Inhalt des zivilrechtlich Vereinbarten richtet, dazu führen, dass bei der Prüfung von Unternehmensverträgen die zivilrechtliche Auslegung den steuerlichen Vorgaben zu folgen hätte (so bereits Senatsurteil in BFHE 220, 51).
b) Durch die auf § 44a Abs. 2 BeurkG gestützte Berichtigung ist nicht (rückwirkend) eine für das Streitjahr steuerlich wirksame Organschaft begründet worden.
Es bedarf insoweit keiner Erörterung, ob eine Berichtigung ex tunc überhaupt auf § 44a Abs. 2 BeurkG gestützt werden kann (in diesem Sinne Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 Rz 165a; Nodoushani, DStR 2009, 620, 622 f.; Schneider, Steuerberater-Jahrbuch 2010/2011, 327, 346; Walter, GmbH-Rundschau 2012, 670, 673 f.; dagegen Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 Rz 330; Leitzen, Der GmbH-Steuerberater 2009, 278, 281). Denn jedenfalls sind im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung kann der Notar offensichtliche Unrichtigkeiten nach Abschluss der Niederschrift durch einen von ihm zu unterschreibenden Nachtragsvermerk richtigstellen. Die Datumsangabe "30. Dezember 2003" im Streitfall stellt jedoch keine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne dieser Bestimmung dar.
aa) Der Begriff der offensichtlichen Unrichtigkeit erfasst nicht nur offensichtliche Schreibfehler, sondern auch andere Auslassungen und Unvollständigkeiten, wenn sie versehentlich erfolgt sind und sich aus dem Gesamtzusammenhang der Beurkundung ergeben, wobei diese Umstände grundsätzlich auch außerhalb der Urkunde liegen können (Limmer in Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung, Beurkundungsgesetz, 3. Aufl., § 44a BeurkG Rz 14; s. auch Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 1. April 2003 1 W 260/02, Zeitschrift für die Notarpraxis 2004, 77). In erster Linie werden formell fehlerhafte Beurkundungen erfasst (Beschluss des Oberlandesgerichts --OLG-- München vom 27. Juni 2012 34 Wx 184/12, Deutsche Notar-Zeitschrift --DNotZ-- 2012, 828), bei denen der Notar die Willenserklärungen der Vertragsparteien versehentlich falsch beurkundet hat (vgl. Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28. Februar 2012 18 Sa 1144/09, Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte § 278 ZPO 2002 Nr. 4). Denn die notarielle Urkunde ist der Bericht über vor dem Notar abgegebene Erklärungen und vom Notar wahrgenommene andere Vorgänge (Kanzleiter, DNotZ 1999, 293, 305). Eine Berichtigung kann daneben auch in den Fällen der falsa demonstratio möglich sein (Limmer in Eylmann/Vaasen, a.a.O., § 44a BeurkG Rz 14; Regler, Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern --MittBayNot-- 2012, 504; Reithmann, DNotZ 1999, 27, 33; Staudinger/Hertel (2012), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Vorbem. zu §§ 127a, 128 (BeurkG) Rz 637; vgl. auch den Beschluss des Landgerichts Regensburg vom 15. Juli 2008 5 T 216/08, Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis 2008, 198). Nachträgliche inhaltliche Änderungen und Ergänzungen der Erklärungen der Beteiligten sind durch einen Nachtragsvermerk hingegen nicht möglich (Schleswig-Holsteinisches OLG vom 16. Juni 2010 2 W 86/10, Der Deutsche Rechtspfleger 2010, 660; Regler, MittBayNot 2012, 504, 505; Winkler, Beurkundungsgesetz, 16. Aufl., § 44a Rz 23).
bb) Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt die Angabe des 30. Dezember 2003 als des frühestmöglichen Kündigungszeitpunktes keine offensichtliche Unrichtigkeit dar. Denn die Urkunde ist nicht formell fehlerhaft. N hat allein die von den Parteien abgegebenen Willenserklärungen beurkundet. Das Datum des "30. Dezember 2003" stellt auch keine falsa demonstratio dar, die als offensichtliche Unrichtigkeit berichtigungsfähig sein kann. Die Berichtigung der Urkunde durch N hat vielmehr zu einer inhaltlichen Änderung der Erklärung der Vertragsparteien geführt, die nicht auf § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG gestützt werden kann. Denn die objektive Auslegung des Organschafts- und Gewinnabführungsvertrags hat ergeben, dass zwischen den Vertragsparteien eine Einigung über den 30. Dezember 2003 als den frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt zustande gekommen ist. Es besteht kein Anhalt dafür, dass sich die Vertragsparteien bei Vertragsschluss konkret Gedanken über das Datum der frühestmöglichen Kündigung gemacht haben und übereinstimmend den 31. Dezember 2003 anstatt des beurkundeten Datums festlegen wollten. Der übereinstimmende Wille, eine steuerlich wirksame Organschaft begründen zu wollen, reicht für die Annahme einer falsa demonstratio nicht.
2. Das angefochtene Urteil ist nicht wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 FGO) durch eine "Überraschungsentscheidung" aufzuheben (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 7. Dezember 2005 I B 90/05, BFH/NV 2006, 601; vom 25. Juli 2011 I B 8/11, BFH/NV 2011, 1867; BFH-Beschluss vom 11. Mai 2012 V B 106/11, BFH/NV 2012, 1339). Die Klägerin hat insoweit geltend gemacht, das FG habe vor Ergehen des Urteils nicht darauf hingewiesen, dass nach seiner Rechtsauffassung das steuerliche Rückwirkungsverbot einer Berichtigung der notariellen Urkunde entgegenstehen könne und dadurch seine richterliche Hinweispflicht verletzt.
Es kann offenbleiben, ob die Verfahrensrüge sachlich begründet ist. Sie kann jedenfalls keinen Erfolg haben, weil aus den oben genannten Gründen die Frage der ex-tunc-Wirkung einer Berichtigung mangels Vorliegens der Berichtigungsvoraussetzungen für die Entscheidung des Streitfalls nicht von Bedeutung ist. Die Vermutung des § 119 Nr. 3 FGO, nach der ein Urteil stets auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen ist, wenn u.a. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, gilt nicht, wenn der gerügte Verstoß --wie hier der Fall-- nur einzelne Feststellungen bzw. rechtliche Gesichtspunkte betrifft, auf die es aus der Sicht des Revisionsgerichts unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 119 Rz 11, m.w.N.; vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2004 I B 18/04, juris, und Senatsurteil vom 9. April 2008 I R 43/07, BFH/NV 2008, 1848).