Entscheidungsdatum: 14.01.2015
NV: Das FG darf der klagenden GmbH keine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO für die namentliche Bezeichnung ihres Geschäftsführers setzen, wenn sich die Person des Geschäftsführers aus der der Klageschrift beigefügten Einspruchsentscheidung ergibt .
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, klagt gegen nach einer Außenprüfung ergangene körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Bescheide betreffend die Jahre 2001 bis 2005. Sie wendet sich dagegen, dass der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) in jenen Bescheiden Zinszahlungen an eine bosnische Bank als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt hat. In der Einspruchsentscheidung vom 6. März 2012 hat das FA unter anderem ausgeführt, seit 1. Januar 2002 sei H zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt.
Der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin --einer Steuerberater-, Wirtschaftsprüfer- und Rechtsanwaltskanzlei-- beim Hessischen Finanzgericht (FG) eingereichten Klageschrift vom 3. April 2012 war die Einspruchsentscheidung vom 6. März 2012 beigefügt. In der Klageschrift selbst wurde der Geschäftsführer der Klägerin nicht namentlich bezeichnet.
Mit Verfügung vom 11. April 2012 forderte der Vorsitzende Richter des zuständigen FG-Senats die Klägerin auf, ihren gesetzlichen Vertreter zu bezeichnen. Der Berichterstatter forderte die Klägerin mit Verfügung vom 8. November 2012 erneut auf, ihren gesetzlichen Vertreter zu bezeichnen und setzte hierfür unter Berufung auf § 65 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und unter Hinweis auf dessen Rechtsfolgen eine Ausschlussfrist bis zum 10. Dezember 2012. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom 18. März 2014 gab die Klägerin auf Frage des Gerichts an, H sei ihr Geschäftsführer.
Das FG hat die Klage wegen Unterlassens der namentlichen Bezeichnung des Geschäftsführers innerhalb der gesetzten Ausschlussfrist als unzulässig abgewiesen. Sein Urteil vom 18. März 2014 4 K 739/12 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1327 abgedruckt.
Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II. 1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Die Zweifel des FA am Fortbestand der Prozessvollmacht der Klägervertreter sind unbegründet. Aus deren Schreiben vom 8. Juli 2014 über das Erlöschen der Vollmacht zur steuerlichen Vertretung der Klägerin geht nicht hervor, dass auch ihre Prozessvollmacht für anhängige Rechtsstreitigkeiten erloschen ist. Im Übrigen handelt es sich bei der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesfinanzhof um ein Verfahren mit Vertretungszwang (§ 62 Abs. 4 FGO), bei dem die Prozessvollmacht erst durch Bestellung eines anderen Vertreters endet (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 87 Abs. 1 der Zivilprozessordnung).
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet und führt gemäß § 116 Abs. 6 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zurückverweisung an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG hat die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen und dadurch den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2014 I B 129/13, BFH/NV 2014, 1767, m.w.N.). Die Klägerin war trotz Fehlens der namentlichen Benennung ihres Geschäftsführers in der Klageschrift hinreichend bezeichnet, sodass die Voraussetzungen für die Setzung einer Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 FGO nicht gegeben waren.
Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muss die Klage u.a. den Kläger bezeichnen. Umstritten ist, ob bei einer juristischen Person auch die namentliche Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters erforderlich ist (bejahend Schallmoser in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 65 FGO Rz 42; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 65 FGO Rz 7; Pahlke in Schwarz, FGO § 65 Rz 12, 27; a.A. Paetsch in Beermann/Gosch, FGO § 65 Rz 21; offenlassend Senatsbeschluss in BFH/NV 2014, 1767). Die Frage braucht für den vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, weil sich die Identität des Geschäftsführers der Klägerin hier aus der der Klageschrift beigefügten Einspruchsentscheidung des FA vom 6. März 2012 ergeben hat. Eine zusammen mit der Klageschrift beim FG eingereichte Einspruchsentscheidung ist im Rahmen der Auslegung der Klage auch mit Blick auf die Anforderungen des § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO heranzuziehen (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 65 FGO Rz 8; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 65 FGO Rz 42). Soweit das FG Zweifel daran gehabt haben sollte, dass der dort bezeichnete Geschäftsführer H im Zeitpunkt der Klageerhebung noch im Amt gewesen ist, hätte es dies z.B. durch Anforderung eines Handelsregisterauszugs überprüfen können.
3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.