Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 22.08.2011


BFH 22.08.2011 - I B 169/10

Dotationskapital einer inländischen Zweigniederlassung


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsdatum:
22.08.2011
Aktenzeichen:
I B 169/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 25. August 2010, Az: 4 K 3475/06, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 4 Abs 1 DBA FRA
Art 4 Abs 2 DBA FRA
Art 49 AEUV
Art 54 AEUV

Leitsätze

NV: Es bedarf keiner Klärung, dass 1. ein im EU-Ausland ansässiges Kreditinstitut seiner inländischen Zweigniederlassung für steuerliche Zwecke Dotationskapital (Eigenkapital) zurechnen muss, auch wenn das Kreditinstitut aufgrund des sog. EU-Passes der ausschließlichen bankaufsichtsrechtlichen Zulassung, Kontrolle und Überwachung in seinem Herkunftsland unterliegt, und dass 2. die Bemessung des Dotationskapitals nach Maßgabe der sog. Verwaltungsgrundsätze Dotationskapital unter Anwendung der sog. Mindestkapital- oder Kapitalausstattungsmethode mit den deutschen Grundsätzen zur Betriebsstättengewinnermittlung (i.V. mit dem Doppelbesteuerungsabkommen) bzw. mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.

Tatbestand

1

I. Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwand, der auf die Zuführungen von handelsrechtlichem Fremdkapital durch das ausländische Stammhaus entfällt.

2

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine deutsche Zweigniederlassung eines französischen Kreditinstituts in der Rechtsform einer Société Anonyme (Aktiengesellschaft nach französischem Recht). Ihr Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.

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Die Steuererklärungen für die Streitjahre 2002 und 2003 enthielten Berechnungen zur Korrektur des Zinsaufwands wegen sog. Unterdotierung der Eigenmittel der Betriebsstätte nach den Grundsätzen der Finanzverwaltung (Bundesministerium der Finanzen --BMF--, Schreiben betr. Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen [Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze] vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076). Nach diesen Berechnungen (nach der sog. Bilanzsummenmethode, s. Tz. 4.1.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 1999, 1076) war eine Korrektur des bei der Klägerin erfassten Zinsaufwands bezogen auf die Zuführungen von handelsrechtlichem Fremdkapital durch das Stammhaus nicht vorzunehmen. Für 2003 war vermerkt, dass eine Berechnung auf der Grundlage der sog. Verwaltungsgrundsätze-Dotationskapital (BMF-Schreiben betr. Grundsätze der Verwaltung zur Bestimmung des Dotationskapitals bei Betriebsstätten international tätiger Kreditinstitute vom 29. September 2004, BStBl I 2004, 917) nachgereicht würde. Dazu kam es jedoch nicht.

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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) legte davon abweichend ein Dotationskapital zugrunde, das mit jeweils 4,5 % aus gewichteten Marktrisikopositionen der vorangegangenen Veranlagungszeiträume errechnet war. Hieraus ergaben sich Unterdotierungen in Höhe von 14.336.269 € bzw. von 25.141.116 €. Die auf dieser Grundlage als nicht abziehbar angesehenen Zinsen ermittelte das FA anhand des für das jeweilige Streitjahr geltenden 12-Monats-EURIBOR (2002: 3,34 % [478.831 €]; 2003: 2,78 % [698.923 €]).

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Mit seiner Einspruchsentscheidung erhöhte das FA die Körperschaftsteuer 2003 und den Gewerbesteuermessbetrag 2003; im Übrigen wurde der Einspruch zurückgewiesen. Die Änderung zum Streitjahr 2003 beruht auf der Anwendung der sog. Mindestkapitalausstattungsmethode (Tz. 5.2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 917 i.V.m. Tz. 2.1.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 1999, 1076). Dabei setzte das FA das Dotationskapital mit 8,5 % der gewichteten Risikoaktiva und Marktrisikopositionen an. Das Hessische Finanzgericht (FG) hat die dagegen gerichteten Klagen abgewiesen (Urteil vom 25. August 2010  4 K 3475/06, 4 K 3261/09).

6

Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision zuzulassen.

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Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet.

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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muss im konkreten Fall klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, z.B. Beschluss vom 24. Juli 2008 VI B 7/08, BFH/NV 2008, 1838). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage wird nicht aufgeworfen, wenn die streitige Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ebenfalls ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. Beschluss vom 6. Mai 2004 V B 101/03, BFHE 205, 416, BStBl II 2004, 748).

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2. a) Die Klägerin hat als klärungsbedürftig die Rechtsfrage dargelegt, ob ein im EU-Ausland ansässiges Kreditinstitut seiner inländischen (deutschen) Zweigniederlassung für steuerliche Zwecke Dotationskapital (Eigenkapital) zurechnen müsse, wenn das Kreditinstitut aufgrund des sog. EU-Passes der ausschließlichen bankaufsichtsrechtlichen Zulassung, Kontrolle und Überwachung in seinem Herkunftsland unterliege und von daher seine inländische Zweigniederlassung eigentlich nicht mit Dotationskapital ausstatten muss.

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b) Ein Klärungsbedürfnis für diese Rechtsfrage besteht nicht.

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aa) Das FG hat in diesem Zusammenhang in seinem Urteil (zu 2.a der Gründe) darauf verwiesen, dass zur Bemessung eines ausreichenden Dotationskapitals der Betriebsstätte grundsätzlich ein äußerer Fremdvergleich nach der direkten Methode durchzuführen sei (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 25. Juni 1986 II R 213/83, BFHE 147, 264, BStBl II 1986, 785); bei Betriebsstätten von Banken seien in diesem Zusammenhang die gesetzlichen Vorschriften über die Ausstattung mit haftendem Mindestkapital nach dem Gesetz über das Kreditwesen (KWG) zu beachten (Hinweis auf das Senatsurteil vom 23. August 2000 I R 98/96, BFHE 193, 144, BStBl II 2002, 207). Soweit die bankaufsichtsrechtlichen Vorschriften kein haftendes Mindesteigenkapital vorschreiben würden, könne die Eigenkapitalzuordnung nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen; dabei könne auch auf Hilfskriterien wie die Kapitalspiegelmethode, auf einen internen Betriebsvergleich oder auf die branchenübliche Kapitalausstattung zurückgegriffen werden. Auf dieser Grundlage seien sowohl die funktions- und risikobezogene Kapitalaufteilungsmethode (Tz. 2.1.2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 917) als auch die (im Streitfall herangezogene) Mindestkapitalausstattungsmethode (Tz. 2.1.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 917) nicht zu beanstanden, da sich beide an den Vorgaben des KWG orientieren würden.

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bb) Das FG hat damit einen Maßstab zugrunde gelegt, der bankaufsichtsrechtliche Regelungen und die zu diesen Zwecken erstellten Daten als Vorgaben für eine branchenspezifische Beurteilung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung --und unter Berücksichtigung der Möglichkeit des Steuerpflichtigen, eine "an wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientierte anderweitige Berechnung anzustellen" (zu 2.b der Gründe)-- anerkennt. Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 193, 144, BStBl II 2002, 207 als Zweck der Rechtsprechung zum Dotationskapital inländischer Betriebsstätten ausländischer Kreditinstitute herausgestellt, das Eigenkapital ausländischer Kreditinstitute mit Betriebsstätten im Inland nach wirtschaftlichen Kriterien --zu denen auch bankaufsichtsrechtliche Vorgaben gehören-- für steuerliche Zwecke rechnerisch zwischen den inländischen und den anderen Betriebsstätten des Kreditinstituts aufzuteilen. Daraus ist --wie es das FG getan hat-- abzuleiten, dass die allein das Bankaufsichtsrecht betreffende Umsetzung der Richtlinien des Rates vom 17. April 1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten (89/299/EWG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 124, 16) und vom 3. Dezember 1991 zur Durchführung der Richtlinie 89/299/EWG über die Eigenmittel von Kreditinstituten (91/633/EWG, ABlEG Nr. L 339, 33) sowie der Zweiten Richtlinie des Rates vom 15. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG (89/646/EWG, ABlEG Nr. L 386, 1) durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2211) die Grundsätze der steuerrechtlichen Einkünfteabgrenzung nicht verändert hat. Auch wenn nun die auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum bezogene Niederlassungsfreiheit für Kreditinstitute eingeführt wurde ("Europäischer Pass"), so dass ein Einlagenkreditinstitut oder ein Wertpapierhandelsunternehmen mit Sitz in einem anderen Staat des Europäischen Wirtschaftsraums ohne Erlaubnis durch die Bundesanstalt über eine Zweigniederlassung oder im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs im Inland Bankgeschäfte mit Ausnahme des Investmentgeschäftes betreiben oder Finanzdienstleistungen erbringen darf, wenn das Unternehmen von den zuständigen Stellen des Herkunftsstaats zugelassen worden ist, die Geschäfte durch die Zulassung abgedeckt sind und das Unternehmen von den zuständigen Stellen nach den Vorgaben der Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften beaufsichtigt wird (§ 53b Abs. 1 Satz 1 KWG), hat dies für die an nationale (und: falls vorhanden) branchenspezifische Beurteilungskriterien anknüpfenden (aber nicht zwingend von ihr abhängigen) steuerrechtlichen Aufteilungsgrundsätze keine Bedeutung.

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3. a) Die Klägerin hat als klärungsbedürftig weiterhin die Rechtsfrage dargelegt, ob die Bemessung des Dotationskapitals einer inländischen Zweigniederlassung eines in Frankreich ansässigen Kreditinstituts nach Maßgabe der sog. Verwaltungsgrundsätze Dotationskapital unter Anwendung der sog. Mindestkapital- oder Kapitalausstattungsmethode mit den deutschen Grundsätzen zur Betriebsstättengewinnermittlung (§§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes i.V.m. §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, 50 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes) i.V.m. Art. 4 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der Fassung des Zusatzabkommens vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) --DBA-Frankreich-- vereinbar ist.

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b) Auch für diese Rechtsfrage besteht kein Klärungsbedürfnis.

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aa) Das FG hat in diesem Zusammenhang in seinem Urteil (zu 2. c und 3.a der Gründe) darauf verwiesen, dass Art. 4 Abs. 1, 2 DBA-Frankreich die in den Steuerbescheiden berücksichtigte Rechtsfolge stütze: Wenn ein Unternehmen eines Vertragsstaats in dem anderen Staat durch eine dort belegene Betriebsstätte gewerblich tätig sei, müssten dieser Betriebsstätte diejenigen Gewinne zugerechnet werden, die sie hätte erzielen können, wenn sie sich als selbständiges Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Geschäften unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen befasst und mit dem Unternehmen, dessen Betriebsstätte sie ist, Geschäfte wie ein unabhängiges Unternehmen getätigt hätte. Danach werde die ausländische Zweigniederlassung eines Unternehmens aus dem jeweils anderen Vertragsstaat als selbständiges Unternehmen fingiert. Hinsichtlich der Eigenkapitalzuordnung und der Abzugsfähigkeit von Finanzierungsaufwendungen für zur Verfügung gestelltes Kapital bedeute dies, dass die inländische Niederlassung einer ausländischen Bank aufgrund der Eigenart ihrer Geschäfte die nach dem KWG erforderliche Mindestkapitalausstattung benötige, um ihre Geschäftstätigkeit ausüben zu können. Werde danach der Zweigniederlassung Fremdkapital zugeführt, das steuerlich als Eigenkapital (Dotationskapital) zu behandeln sei, seien die dafür anfallenden Zinsen allein dem Stammhaus zuzurechnen. Die streitige Besteuerung der inländischen Betriebsstätte verstoße auch nicht gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABlEG 2002 Nr. C 325, 1, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --AEUV--, Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01). Denn die Kürzung des Zinsaufwands knüpfe nicht daran an, dass es sich bei der Klägerin um die rechtlich unselbständige Zweigniederlassung einer ausländischen Körperschaft handele. Entscheidend sei vielmehr, dass die über die vom FA zum Abzug zugelassenen Zinsen hinaus geltend gemachten Mehraufwendungen nicht wirtschaftlich durch die Tätigkeit oder die Existenz der Betriebsstätte veranlasst seien (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 20. März 2002 II R 84/99, BFH/NV 2002, 1017).

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bb) Das FG hat damit zunächst entschieden, dass der Grundsatz, nach dem eine Zweigniederlassung (bzw. Betriebsstätte) an dem Eigenkapital des Gesamtunternehmens angemessen zu beteiligen ist, in ausreichender Weise auf das im Doppelbesteuerungsabkommen abgebildete Erfordernis der Abgrenzung der Besteuerungsrechte der Vertragsstaaten bei grenzüberschreitender Tätigkeit (hier: Art. 4 Abs. 1, 2 DBA-Frankreich) zurückgeführt werden kann. Dies unterliegt unter Berücksichtigung der bisher ergangenen (und vom FG im angefochtenen Urteil nachgewiesenen) BFH-Rechtsprechung keinem Zweifel und ist daher nicht klärungsbedürftig. Dass als Leitbild der Abgrenzungsaufgabe ein äußerer Fremdvergleich nach der direkten Methode in Betracht kommt, ist durch das BFH-Urteil in BFHE 147, 264, BStBl II 1986, 785 entschieden. Da es eine betriebswirtschaftlich eindeutige Bestimmung entsprechend dieser Maßgabe nicht geben wird, vielmehr eine Bandbreite von im jeweiligen Einzelfall sachgerechten Quantifizierungen in Betracht kommt, muss das FG als Tatsachengericht auf der Grundlage sachgerechter Methoden eine solche Abgrenzung im Einzelfall --und als solche nach Maßgabe des § 118 Abs. 2 FGO in einem Revisionsverfahren verbindlich-- vornehmen. Dabei kann es, wie das FG zutreffend hervorgehoben hat, in der Branche der Klägerin einer funktions- und risikobezogenen Kapitalaufteilungsmethode --wie sie mit dort beschriebenen Parametern Gegenstand der Tz. 2.1.2 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 917 ist-- folgen, wenn bei der Ermittlung der Kriterien der einzelfallbezogenen Abgrenzungsentscheidung dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit verbleibt, auf der Grundlage eigenständiger Maßgaben --z.B. der im Streitfall von der Klägerin herangezogenen "Bilanzsummenmethodik" (s.a. Tz. 4.1.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 1999, 1076)-- ein hiervon abweichendes, jedoch wirtschaftlich angemessenes Ergebnis darzulegen (s. insoweit Tz. 2.1.1 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 917). Im Übrigen hat das FG auf der Grundlage eines äußeren Fremdvergleichs (Maßstab der selbständigen Tätigkeit der Zweigstelle als eigenständiges Kreditinstitut im Inland) auch die (Unter-)Grenze einer Mindestkapitalausstattung --wie sie Gegenstand der Tz. 2.1.3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 917 ist-- zu beachten, was zugleich als Ausdruck einer Willkürgrenze (Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 7 MA Rz 291 mit Hinweis auf das BFH-Urteil vom 1. April 1987 II R 186/80, BFHE 150, 65, BStBl II 1987, 550) bei Berücksichtigung der (unternehmerischen) Maßgaben des Steuerpflichtigen im Rahmen seiner konkreten Abgrenzungsentscheidung zu werten ist. Das dem jeweiligen Streitfall angemessene Ergebnis der Abgrenzungsentscheidung ist vom FG als Tatsachengericht zu ermitteln. Es kann nicht Gegenstand einer Revisionsentscheidung sein, in abstrakter Weise die allgemeinen Maßgaben der einzelnen im BMF-Schreiben angeführten Entscheidungskriterien einer Rechtskontrolle zu unterwerfen.

18

cc) Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass das Verlangen nach Dotationskapital für steuerliche Zwecke nicht gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) verstößt. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 13. März 2007 C-524/04 "Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation" (Slg. 2007, I-2107) ist für den Bereich der Gesellschafterfremdfinanzierung entschieden, dass ein Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz als objektiver Anhaltspunkt für eine künstliche Konstruktion zu werten sein kann (Tz. 81 ff. des EuGH-Urteils) und damit die Niederlassungsfreiheit nicht verletzt. Gegenstand der streiterheblichen Abgrenzungsfrage ist es aber gerade, eine dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende Zuordnung von Eigenkapital zum Stammhaus und zur Zweigniederlassung vorzunehmen und auf dieser Grundlage den Zinsaufwand für den durch die Geschäftstätigkeit in der Zweigniederlassung veranlassten Teil von dem wirtschaftlich auf eine Eigenkapitalausstattung entfallenden Teil zu separieren (s. insoweit bereits BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1017).