Entscheidungsdatum: 15.05.2012
Stromnetznutzungsentgelt V
Die nach dem Energiewirtschaftsgesetz 2005 genehmigten Netznutzungsentgelte unterliegen der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB. Der Maßstab billigen Ermessens wird durch die §§ 21 ff. EnWG und die Vorschriften der Stromnetzentgeltverordnung konkretisiert.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. November 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin begehrt die gerichtliche Bestimmung des angemessenen Stromnetznutzungsentgelts für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Dezember 2006 und Rückzahlung zu viel gezahlten Entgelts.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) nutzte auf der Grundlage eines Rahmenvertrags vom 11. April 2003 das Stromverteilernetz der Beklagten unter anderem im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2006. Mit Schreiben vom 11. April 2003, mit dem sie der Beklagten den von ihr unterzeichneten Vertragstext zur Gegenzeichnung zuleitete, erklärte die Klägerin, sie zahle die Entgelte nur vorläufig unter Vorbehalt ihrer energie- und kartellrechtlichen Überprüfung und unter Vorbehalt ihrer Rückforderung. Nach Ziffer 6.1 des Vertrages hatte die Klägerin für die Nutzung des Netzes ein Entgelt gemäß der (nicht vorgelegten) "Anlage 3" zu zahlen. Nach Ziffer 6.2 des Vertrages durfte die Beklagte die "Netznutzungsentgelte sowie alle anderen Entgelte nach Anlage 3" unter anderem "bei Novellierung der zu Grunde liegenden Gesetze" anpassen. Der Entgeltberechnung für das 4. Quartal 2006 legte die Beklagte das von der Bundesnetzagentur gemäß § 23a EnWG für den Geltungszeitraum ab 1. Oktober 2006 genehmigte Preisblatt zugrunde.
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, die von der Beklagten verlangten Entgelte seien um mindestens 27% unbillig bzw. kartellrechtswidrig überhöht. Sie hat beantragt, das jeweils billige Netznutzungsentgelt einschließlich der Mess- und Verrechnungsentgelte für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Dezember 2006 zu bestimmen und die Beklagte zu verurteilen, an sie die Differenz zwischen den nach ihrer Behauptung gezahlten Entgelten in Höhe von insgesamt 632.755,04 € netto und dem gerichtlich bestimmten billigen Entgelt zuzüglich Umsatzsteuer nebst Zinsen zu zahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe des vom Gericht nach § 287 ZPO festgestellten Schadens durch die kartellrechtswidrig überhöhte Berechnung der Entgelte nebst Zinsen zu zahlen.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
A.
Die Revision ist auch hinsichtlich des auf Schadensersatz wegen kartellrechtswidrigen Verhaltens gerichteten Anspruchs zulässig (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Der Entscheidungssatz des angefochtenen Urteils enthält keinen Zusatz, der die dort zu Gunsten der Klägerin zugelassene Revision einschränkt. Die Eingrenzung des Rechtsmittels kann sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.). Aus diesen muss dann aber mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urteile vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 895 und vom 17. Januar 2008 - IX ZR 172/06, WM 2008, 748 Rn. 8, jeweils mwN). Dies kann hier entgegen der Revisionserwiderung nicht angenommen werden. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen zwar nur damit begründet, dass die Frage der Anwendbarkeit der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB trotz Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a EnWG und die Frage der Beweislast von grundsätzlicher Bedeutung und höchstrichterlich nicht geklärt seien. Hiermit hat es aber lediglich den Anlass der Revisionszulassung mitgeteilt, ohne hinreichend klarzustellen, die revisionsrechtliche Nachprüfung auf diese Fragen beschränken zu wollen.
B.
Die Revision hat keinen Erfolg, so dass sie zurückzuweisen ist.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (OLG Naumburg, RdE 2011, 233) im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung des Netznutzungsentgelts für das 4. Quartal 2006. Dem stünden die Regelungen des Genehmigungsverfahrens, insbesondere § 23a Abs. 5 Satz 1 EnWG, entgegen. In Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Mehrerlösabschöpfung sei eine nachträgliche Überprüfung der vom Netzbetreiber bestimmten Netznutzungsentgelte nach § 315 Abs. 3 BGB regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Netzbetreiber - wie hier - nur das nach § 23a EnWG 2005 genehmigte Netznutzungsentgelt verlange. Mit dieser Genehmigung habe der Gesetzgeber ein Überprüfungsmonopol zugunsten der Regulierungsbehörden im Interesse der Rechtssicherheit geschaffen. Dies ergebe sich zum einen aus § 111 Abs. 3 EnWG, nach dem hinsichtlich der Netzentgelte eine Überprüfungskompetenz des Bundeskartellamts nicht bestehe. Zum anderen folge dies aus § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Halbs. 2 EnWG, wonach Entgelte, die die Obergrenzen einer dem betroffenen Unternehmen erteilten Genehmigung nach § 23a EnWG nicht überschreiten, als sachlich gerechtfertigt gelten.
Vorliegend sei jedenfalls eine individuelle Rückforderung ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lasse das Energiewirtschaftsrecht die zivilrechtlichen Regelungen nicht unberührt, sondern enthalte mit der periodenübergreifenden Saldierung nach §§ 9, 11 StromNEV analog ein spezielles Abwicklungsregime zur Abschöpfung der von dem Netzbetreiber vereinnahmten Mehrerlöse, das sogar im Fall einer echten Bereicherung einem zivilrechtlichen Anspruch entgegenstünde. Dies müsse erst recht gelten, wenn der Netzbetreiber genehmigte Entgelte verlange.
Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin bestehe aber auch dann nicht, wenn eine Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB zulässig sei. In diesem Fall streite für die genehmigten Entgelte die Vermutung der Billigkeit, so dass der Netznutzer darzulegen habe, aus welchen Gründen er die genehmigten Entgelte für unbillig halte. Diesen Anforderungen sei die Klägerin nicht gerecht geworden. Sie begründe ihren Einwand überhöhter Entgelte allein mit der Höhe des Eigenkapitals von 40%, das über dem Durchschnitt liege. Dies sei nicht schlüssig, weil gerade die Frage der Eigenkapitalhöhe im Rahmen des Genehmigungsverfahrens detailliert geprüft werde. Die sachgerechte Begrenzung der Eigenkapitalquote sei ein wesentliches Ziel des Genehmigungsverfahrens gewesen. Dies werde hier dadurch belegt, dass die Beklagte in beiden Genehmigungsverfahren Kostenkürzungen habe hinnehmen müssen.
Der Klägerin stehe auch kein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 102 Satz 2 Buchst. a AEUV (zuvor Art. 82 EG) i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB zu. Es könne dahinstehen, ob eine Genehmigung der Netznutzungsentgelte nach § 23a EnWG 2005 i.V.m. § 111 Abs. 3 EnWG eine kartellrechtliche Kontrolle nach europäischem Recht generell ausschließe. Denn jedenfalls seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 102 Satz 2 Buchst. a AEUV nicht erfüllt. Die Genehmigung der Entgelte spreche im Fall der Stromnetznutzungsentgelte aufgrund des Grades der Reglementierung gegen einen Missbrauch der Monopolstellung durch die Beklagte. Die Klägerin habe diesen Anschein nicht erschüttert.
II.
Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind allerdings die von der Beklagten verlangten Netznutzungsentgelte gemäß § 315 BGB auf ihre Billigkeit hin zu überprüfen.
a) Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Norm ist grundsätzlich eine ausdrückliche oder konkludente rechtsgeschäftliche Vereinbarung, dass eine Partei durch einseitige Willenserklärung den Inhalt einer Vertragsleistung bestimmen kann (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 339 - Stromnetznutzungsentgelt I; Urteil vom 18. Oktober 2011 - KZR 18/10, WM 2012, 622 Rn. 12 mwN - Stornierungsentgelt).
So liegt der Fall hier. Nach Ziffer 6.2 des Rahmenvertrages durfte die Beklagte das Netznutzungsentgelt unter anderem "bei Novellierung der zu Grunde liegenden Gesetze" - einseitig - anpassen. Die Klägerin hat die Netznutzungsentgelte nur unter dem Vorbehalt der energie- und kartellrechtlichen Überprüfung gezahlt, so dass über die Höhe des zu zahlenden Netzentgelts keine einverständliche Einigung zustande gekommen ist.
b) Die Anwendung des § 315 BGB ist durch die Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 nicht ausgeschlossen.
aa) Das Energiewirtschaftsgesetz 2005 regelt in § 111 EnWG lediglich das Verhältnis zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Doppelzuständigkeit von Regulierungs- und Kartellbehörden. Danach erfolgt die Entgeltregulierung für Energieversorgungsnetze insoweit ausschließlich durch die Regulierungsbehörden. Zu dem Verhältnis der behördlichen Entgeltregulierung zur zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB besagt § 111 EnWG dagegen nichts.
bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung lässt sich die parallele Anwendbarkeit der Billigkeitskontrolle des § 315 Abs. 3 BGB neben den entgeltrelevanten Regelungen des Energiewirtschaftsrechts nicht damit verneinen, dass § 23a EnWG ein Höchstpreisgenehmigungsverfahren für Netznutzungsentgelte durch die Regulierungsbehörden vorsieht, mit dem der Gesetzgeber - wie sich aus § 111 Abs. 3 EnWG und auch § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Halbs. 2 EnWG ergebe - ein Überprüfungsmonopol zugunsten der Regulierungsbehörden im Interesse der Rechtssicherheit habe schaffen wollen (so aber auch Bork, JZ 2006, 682, 684; Kühne, NJW 2006, 654, 655 f.; Säcker, ZNER 2007, 114, 116; Schebstadt, MMR 2006, 157; Wolf, RdE 2011, 261, 262).
Dagegen spricht bereits, dass der Gesetzgeber in § 111 Abs. 1 Satz 1 EnWG zwar die §§ 19, 20 GWB ausdrücklich von der Anwendung ausnimmt, § 315 BGB aber nicht. Einer Verdrängung der zivilrechtlichen Billigkeitskontrolle durch die behördliche Entgeltgenehmigung steht aber vor allem entgegen, dass sich die rein öffentlich-rechtliche Wirkung der Genehmigung auf das Verhältnis der Behörde zum Netzbetreiber beschränkt (BGH, Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919, 2920, insoweit in BGHZ 163, 321 nicht abgedruckt). Die Entgeltgenehmigung wirkt nicht unmittelbar auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Netzbetreiber und dem Netznutzer ein, sondern bedarf noch der privatrechtlichen Umsetzung. Die genehmigten Entgelte sind gemäß § 23a Abs. 2 Satz 2 EnWG Höchstpreise, die der Netzbetreiber nicht zwingend erheben muss, wenngleich nicht zu verkennen ist, dass dies praktisch regelmäßig der Fall sein dürfte. Stellt der Netzbetreiber einen geringeren Preis in Rechnung, muss er allerdings das Diskriminierungsverbot beachten und darf - abgesehen von den zulässigen Fällen individueller Netzentgelte z.B. gemäß § 24 Satz 1 Nr. 3 EnWG i.V.m. § 19 StromNEV - nicht nur einzelne Netznutzer begünstigen.
Nichts anderes ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Halbs. 2 EnWG. Danach gelten Entgelte, die die Obergrenzen einer dem betroffenen Unternehmen erteilten Genehmigung nach § 23a EnWG nicht überschreiten, als sachlich gerechtfertigt. Diese Vorschrift gilt aber nur im Rahmen des - behördlichen - Missbrauchsverfahrens. Sie soll als ex-post-Maßnahme an die ex-ante-Genehmigung anknüpfen und nicht zu dieser in Widerspruch stehen. Dies hat zwar auch zur Folge, dass ein Netznutzer einen - individuellen - Schadensersatzanspruch nach § 32 Abs. 3 und 4 EnWG nicht auf die Behauptung stützen kann, die genehmigten Netzentgelte seien überhöht. Die Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB bleibt davon aber unberührt, weil ein darauf beruhender schuldrechtlicher Anspruch zu deliktischen Ansprüchen in Anspruchskonkurrenz steht.
cc) Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang darauf, dass bei der Billigkeitsprüfung nach § 315 Abs. 3 BGB die Maßstäbe des energiewirtschaftlichen Regulierungsrechts zu beachten sind. Dies trifft zwar zu. Eine richterliche Inhaltskontrolle wird dadurch aber nicht ausgeschlossen.
Die Netzentgeltregulierung dient nach § 1 Abs. 2 EnWG den Zielen der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas und der Sicherung eines langfristig angelegten leistungsfähigen und zuverlässigen Betriebs von Energieversorgungsnetzen. Der Maßstab der Billigkeit in § 315 BGB ist zwar im Rahmen der Überprüfung von Netzentgelten kein individueller, sondern muss aus der typischen Interessenlage des Netznutzungsverhältnisses und den für dessen Ausgestaltung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gewonnen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2008 - KZR 29/06, WuW/E DE-R 2279 Rn. 21 - Stromnetznutzungsentgelt III). Dies schließt aber die richterliche Inhaltskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB nicht grundsätzlich aus (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - III ZR 100/90, BGHZ 115, 311, 317). Für sie verbleibt ein eigenständiger Anwendungsbereich, der es geboten erscheinen lässt, § 315 Abs. 3 BGB neben dem öffentlich-rechtlichen Energiewirtschaftsrecht anzuwenden (ebenso Dreher, ZNER 2007, 103, 105). Nach § 315 BGB kann etwa zu prüfen sein, ob die Entgeltgenehmigung auf unrichtigen Tatsachenangaben des Netzbetreibers in den Antragsunterlagen beruht, deren Fehlerhaftigkeit im Genehmigungsverfahren nicht aufgedeckt worden ist.
dd) Für eine Anwendbarkeit des § 315 BGB neben den energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften spricht auch die unterschiedliche Ausgestaltung der entsprechenden Verfahren unter besonderer Berücksichtigung des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes für die Netznutzer.
(1) Eine Klage nach § 315 Abs. 3 BGB, das billige Entgelt durch das Gericht festsetzen zu lassen, kann der Netznutzer ohne weitere Voraussetzungen erheben. Die Klage führt zwingend zu einer Überprüfung des von dem Netzbetreiber festgesetzten Entgelts und gegebenenfalls zu einer Entgeltherabsetzung mit Wirkung ex tunc.
(2) Dagegen hat der Netznutzer nach dem Energiewirtschaftsgesetz unter Umständen keine Möglichkeit, sich gegen eine als zu hoch empfundene Entgeltforderung zu wehren.
Der Netznutzer hat keinen Rechtsanspruch, zu dem Regulierungsverfahren beigeladen zu werden, um bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die Entgeltfestsetzung zu seinen Gunsten beeinflussen zu können. Die Beiladung setzt nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 EnWG voraus, dass der Netznutzer eine Person oder Personenvereinigung ist, deren Interessen durch die Entscheidung erheblich berührt werden. Dafür reichen zwar erhebliche wirtschaftliche Interessen aus (BGH, Beschluss vom 11. November 2008 - EnVR 1/08, RdE 2009, 185 Rn. 17 - citiworks). Die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle wird aber regelmäßig zu verneinen sein, wenn nur eine verhältnismäßig geringfügige Entgeltabsenkung erreichbar ist. Darüber hinaus steht die (einfache) Beiladung im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde, die bei ihrer Entscheidung - wie auch im Fall der Klägerin, die in verschiedenen Genehmigungsverfahren einen Antrag auf Beiladung erfolglos gestellt hat - das Interesse der Verfahrensökonomie, d.h. das Bedürfnis der Konzentration und der Beschleunigung, in den Vordergrund rücken kann, ohne dadurch die Rechte des Beiladungspetenten zu verletzen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2006 - KVR 37/05, BGHZ 169, 370 Rn. 17 - pepcom).
Der Netznutzer hat nach dem Energiewirtschaftsgesetz auch nur eingeschränkte Möglichkeiten, die - ohne seine Anhörung - erteilte Netzentgeltgenehmigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Zwar scheitert seine Beschwerdebefugnis nach § 75 Abs. 2 EnWG nicht von vornherein daran, dass der Netznutzer am Verfahren vor der Regulierungsbehörde nicht beteiligt war. Die Vorschrift enthält nämlich keine abschließende Regelung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist ein Dritter in erweiternder Auslegung des § 75 Abs. 2 EnWG befugt, gegen die in der Hauptsache ergangene Entscheidung Beschwerde einzulegen, wenn in seiner Person die subjektiven Voraussetzungen für eine Beiladung vorliegen, sein Antrag auf Beiladung allein aus Gründen der Verfahrensökonomie abgelehnt worden ist oder er einen solchen Antrag nicht rechtzeitig stellen konnte und er geltend machen kann, durch die Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen zu sein (Beschluss vom 11. November 2008 - EnVR 1/08, RdE 2009, 185 Rn. 14 und 16 - citiworks). Es stellt sich aber auch dann die Frage, ob durch die Entgeltgenehmigung erhebliche wirtschaftliche Interessen des Netznutzers berührt werden.
Dem Gebot effektiven Rechtsschutzes genügt es schließlich auch nicht, dass der Netznutzer bei der zuständigen Regulierungsbehörde die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens nach § 30 EnWG oder nach § 31 EnWG anregen kann. Unabhängig davon, dass es im pflichtgemäßen Ermessen der Regulierungsbehörde steht, ein Missbrauchsverfahren einzuleiten, gelten nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Halbs. 2 EnWG Entgelte, die die Obergrenzen einer dem betroffenen Unternehmen erteilten Genehmigung nach § 23a EnWG nicht überschreiten, als sachlich gerechtfertigt, so dass der Netznutzer in einem solchen Verfahren gerade nicht die Überprüfung der Netzentgeltgenehmigung erreichen kann.
ee) Der Anwendung des § 315 BGB zugunsten des Netznutzers, der eine entsprechende Klage vor dem Zivilgericht erhoben hat, steht nicht entgegen, dass die Netznutzungsentgelte nach § 21 Abs. 1 EnWG für alle Netznutzer in gleicher Weise zu berechnen sind. Dies hat der Senat für die Kontrolle von Netznutzungsentgelten für das vor Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes 2005 geltende Recht entschieden (Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 341 - Stromnetznutzungsentgelt I; Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 8/05, WuW/E DE-R 1730 Rn. 13 - Stromnetznutzungsentgelt II; Urteil vom 4. März 2008 - KZR 29/06, WuW/E DE-R 2279 Rn. 20 f. - Stromnetznutzungsentgelt III). Für das Energiewirtschaftsgesetz 2005 gilt dies ebenfalls. Denn auch hier ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Netzbetreiber und dem Netznutzer durch § 20 EnWG zivilrechtlich ausgestaltet. Damit ist die Anwendung des § 315 BGB eröffnet. Dass diejenigen Netznutzer, die keine Klage nach § 315 Abs. 3 BGB erhoben haben, gegebenenfalls ein höheres Entgelt zahlen müssen als die klagenden Netznutzer, steht dem nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2011 - KZR 18/10, WM 2012, 622 Rn. 22 - Stornierungsentgelt).
ff) Schließlich kann - wie der Senat mit Urteil vom 20. Juli 2010 (EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 17 - Stromnetznutzungsentgelt IV) entschieden hat - die Anwendbarkeit des § 315 BGB auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats zur sogenannten Mehrerlösabschöpfung (vgl. Senatsbeschluss vom 14. August 2008 - KVR 39/07, RdE 2008, 323 Rn. 5 ff. - Vattenfall) verneint werden.
2. Danach sind die Entgelte für die Netznutzung gemäß § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen festzusetzen. Entgegen den Angriffen der Revision hat das Berufungsgericht die von der Beklagten verlangten Netzentgelte zu Recht nicht als unbillig und damit unverbindlich angesehen.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Netzbetreiber die Billigkeit der von ihm verlangten Entgelte darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen; dies gilt auch im Rückforderungsprozess, wenn der Netznutzer die Entgelte nur unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Nachprüfung gezahlt hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 26 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV). So liegt der Fall auch hier. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hatte der von der Klägerin mit Schreiben vom 11. April 2003 erklärte Vorbehalt nicht nur eine eingeschränkte - nämlich auf den Ausschluss des § 814 BGB bezogene - Bedeutung, sondern war umfassend zu verstehen. Ein im Zusammenhang mit der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB erklärter Vorbehalt dient typischerweise dazu, die einseitige Leistungsbestimmung umfassend zu überprüfen und an der Darlegungs- und Beweislast des Bestimmungsberechtigten nichts zu ändern.
Der Maßstab der Billigkeit in § 315 BGB ist im Rahmen der Überprüfung von Netzentgelten kein individueller, sondern muss aus der typischen Interessenlage des Netznutzungsverhältnisses und den für dessen Ausgestaltung maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben gewonnen werden (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2008 - KZR 29/06, WuW/E DE-R 2279 Rn. 21 - Stromnetznutzungsentgelt III). Dieser Maßstab wird - entsprechend der Rechtsprechung des Senats zum EnWG 1998 (vgl. hierzu Urteil vom 18. Oktober 2005 - KZR 36/04, BGHZ 164, 336, 341 - Stromnetznutzungsentgelt I; Urteil vom 7. Februar 2006 - KZR 8/05, WuW/E DE-R 1730 Rn. 13 - Stromnetznutzungsentgelt II; Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 32 f. - Stromnetznutzungsentgelt IV) - durch §§ 21 ff. EnWG konkretisiert. Danach wird das Ermessen in mehrfacher Hinsicht gebunden. Neben der Beachtung des - hier nicht relevanten - Diskriminierungsverbots muss sich die Entgeltbildung daran orientieren, dass die Regulierung einer möglichst sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas (§ 1 Abs. 1 EnWG) und darüber hinaus der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs (§ 1 Abs. 2 EnWG) dienen soll. Die Entgelte für den Netzzugang müssen unter anderem angemessen sein (§ 21 Abs. 1 EnWG) und dürfen keine Kosten oder Kostenbestandteile enthalten, die sich ihrem Umfang nach im Wettbewerb nicht einstellen würden (§ 21 Abs. 2 Satz 2 EnWG). Sie müssen die in der Stromnetzentgeltverordnung bzw. Gasnetzentgeltverordnung enthaltenen Regelungen zur Ermittlung der Entgelte einhalten.
Danach kommt es für die Beurteilung, ob die Entgeltfestsetzung des Netzbetreibers der Billigkeit entspricht, darauf an, inwiefern das geforderte Netzentgelt der Deckung der Kosten des Netzbetriebs und der Erzielung eines im vertretbaren Rahmen bleibenden Gewinns dient. Es obliegt dabei dem Netzbetreiber, im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die ihm nach seiner Kalkulation durch den Netzbetrieb in dem maßgeblichen Zeitraum entstanden sind, abzudecken waren und welchen Teil seiner Einnahmen er zur Bildung von Rücklagen, zur Finanzierung von Investitionen oder zur Verzinsung des Eigenkapitals mit dem berechneten Preis erzielen wollte (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 33 mwN - Stromnetznutzungsentgelt IV).
Nach Inkrafttreten des EnWG 2005 kann sich der Netzbetreiber zur Darlegung der Billigkeit der von ihm verlangten Netzentgelte - in einem ersten Schritt - auf die Entgeltgenehmigung nach § 23a EnWG stützen. Diese stellt aufgrund der engen Vorgaben der Entgeltkontrolle nach den energiewirtschaftsrechtlichen Vorschriften und der damit verbundenen Prüftiefe durch die (neutralen) Regulierungsbehörden ein gewichtiges Indiz für die Billigkeit und Angemessenheit der genehmigten Entgelte dar (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - EnZR 23/09, ZIP 2010, 1959 Rn. 41 ff. - Stromnetznutzungsentgelt IV; Urteil vom 8. November 2011 - EnZR 32/10, RdE 2012, 63 Rn. 25). Es obliegt dann dem Netznutzer, im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen die behördlich genehmigten Netzentgelte überhöht sein sollen, und die indizielle Wirkung der Entgeltgenehmigung zu erschüttern. Gelingt ihm dies, muss der Netzbetreiber seine Kostenkalkulation vorlegen und im Einzelnen näher erläutern. In diesem Rahmen wird der Tatrichter zu prüfen haben, ob im Hinblick auf die Genehmigungsunterlagen eine Anordnung zu deren Vorlage nach § 142 ZPO in Betracht kommt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 20).
b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte - wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat - ihrer Darlegungslast genügt, weil sie sich zum Nachweis der Billigkeit der von ihr verlangten Netzentgelte auf die Netzentgeltgenehmigung stützen konnte.
Dagegen hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben, die die Indizwirkung der Entgeltgenehmigung erschüttern konnten. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen der Klägerin, die von der Beklagten verlangten Netzentgelte seien allein deshalb überhöht, weil die Höhe des Eigenkapitals der Beklagten von 40% über dem Durchschnitt liege, als unsubstantiiert angesehen. Dagegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Es fehlt vor allem an einer konkreten Darlegung der Klägerin, inwieweit die Bundesnetzagentur als zuständige Regulierungsbehörde die angesetzte Eigenkapitalquote nicht auf ihre sachliche Richtigkeit überprüft hat. Die sachgerechte Begrenzung der Eigenkapitalquote auf das notwendige Maß ist - was unter anderem §§ 6, 7 StromNEV zeigen - ein wesentliches Ziel der Entgeltregulierung und war im Rahmen der ersten Genehmigungsverfahren einer der Hauptstreitpunkte zwischen Netzbetreibern und Regulierungsbehörden (vgl. dazu nur BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 42/07, WuW/E DE-R 2395 Rn. 29 ff. - Rheinhessische Energie).
Unsubstantiiert ist auch der weitere Einwand der Klägerin, von der Billigkeit der Entgelte könne auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Genehmigung der Beklagten als Netzbetreiberin Spielräume belasse, deren Ausschöpfung zu kontrollieren sei. Insoweit fehlt es an der Darlegung konkreter Einzelheiten.
Aufgrund dessen kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht nach § 142 ZPO eine Vorlegung der Genehmigungsunterlagen der Beklagten in Erwägung gezogen hat. Hierfür bestand aufgrund des - nicht substantiierten - Vorbringens der Klägerin kein Anlass.
3. Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB i.V.m. Art. 82 Satz 2 Buchst. a EGV (nunmehr: Art. 102 Satz 2 Buchst. a AEUV) zu Recht verneint. Dafür fehlt es bereits - aus den oben zu II 2 b dargelegten Gründen - an der substantiierten Darlegung eines missbräuchlichen Verhaltens der Beklagten, für das gemäß Art. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 1/2003 die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweispflichtig ist. Die Beklagte kann sich auch im Rahmen des Schadenersatzanspruchs auf die Indizwirkung der behördlichen Entgeltgenehmigung berufen.
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