Entscheidungsdatum: 06.11.2012
Auskunftsverlangen II
Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Festlegung zu Datenauskünften zwecks der Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Bestimmung der Erlösobergrenzen nach § 6 Abs. 1 ARegV ist keine Hauptsache im Sinne des § 86 Abs. 1 EnWG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. März 2012 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen.
Der Wert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
I.
Die Betroffene betreibt ein Gasverteilernetz. Sie hat mehr als 15.000 angeschlossene Kunden und unterliegt dem Regelverfahren zur Festlegung der Erlösobergrenzen. Zur Durchführung der Kostenprüfung zur Bestimmung des Ausgangsniveaus für die zweite Regulierungsperiode nach § 6 Abs. 1 ARegV verpflichtete die Landesregulierungsbehörde die Betroffene wie auch die übrigen baden-württembergischen Betreiber von Gasversorgungsnetzen mit der Festlegung "Datenerhebung Kostenprüfung" vom 6. Mai 2011 zu zahlreichen Auskünften.
Hiergegen hat die Betroffene Beschwerde eingelegt. Sie beanstandet, die Festlegung verlange zu Unrecht Daten auch aus nicht regulierten Geschäftsfeldern außerhalb des Strom- und Gasnetzes. Dafür fehle eine Ermächtigungsgrundlage. Die Festlegung sei insoweit zu unbestimmt und verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Soweit mit der Festlegung die Darlegung der ausführlichen Personalkosten und die Erläuterung von Mitarbeiterbefragungen gefordert würden, bestünden landesdatenschutzrechtliche Hindernisse. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil das Auskunftsverlangen keine Entscheidung in der Hauptsache i.S.d. § 86 Abs. 1 EnWG darstelle und daher eine Rechtsbeschwerde nicht statthaft sei. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Sie hält eine Hauptsacheentscheidung für gegeben und macht den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung geltend.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Betroffenen bleibt ohne Erfolg.
1. Die im Übrigen ohne weiteres zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft.
Zwar setzt die Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 87 EnWG grundsätzlich voraus, dass sich die Rechtsbeschwerde, deren Zulassung begehrt wird, gegen einen Beschluss in der Hauptsache wendet (vgl. § 86 EnWG zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde). Nach der Rechtsprechung des Senats reicht es aber für die Bejahung der Statthaftigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde aus, wenn der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde gerade die Frage zur Entscheidung stellt, ob der angefochtene Beschluss ein Beschluss in der Hauptsache ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. März 2009 - EnVZ 53/08, Rn. 5 mwN). Dies ist hier der Fall.
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass das Auskunftsverlangen gemäß der Festlegung "Datenerhebung Kostenprüfung" keine Entscheidung in der Hauptsache i.S.d. § 86 Abs. 1 EnWG darstellt.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats liegt ein Beschluss in der Hauptsache vor, wenn er sich nicht in der Entscheidung über Neben- oder Zwischenfragen erschöpft, sondern das Verfahren, bliebe er unangefochten, ganz oder teilweise zum Abschluss brächte (Senat, Beschlüsse vom 11. November 2008 - EnVR 1/08, RdE 2009, 185 Rn. 8 - citiworks und vom 3. März 2009 - EnVZ 52/08, Rn. 4). Mit dem Merkmal "Entscheidung in der Hauptsache" in § 86 EnWG erstrebte der Gesetzgeber - ebenso wie durch dasselbe Merkmal in § 74 GWB a.F. (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1991 - KVR 1/91, WuW/E 2739, 2740) - eine wirksame Entlastung des Bundesgerichtshofs. Insbesondere Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes, über Beiladungsanträge und Auskunftsersuchen sollen nicht zur Überprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellt werden können (vgl. Senat, Beschluss vom 11. November 2008 - EnVR 1/08, RdE 2009, 185 Rn. 10 - citiworks). Aufgrund dessen hat der Senat in einem Auskunftsverlangen nach § 59 GWB nur eine Neben- oder Zwischenfrage gesehen, weil ihre Klärung das vor der Kartellbehörde geführte Verfahren über die eigentliche kartellrechtliche Maßnahme weder ganz noch teilweise zum Abschluss bringt (Senatsbeschluss vom 25. Januar 1983 - KVZ 1/82, WuW/E 1982, 1983 - Auskunftsbescheid). Dagegen hat der Senat in Bezug auf das besondere Auskunftsverlangen nach § 112a Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 69 EnWG eine Entscheidung in der Hauptsache bejaht, weil dieses den einzigen Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildete und mit dem Ersuchen kein weiterer Eingriff durch die Bundesnetzagentur vorbereitet werden sollte, sondern die erbetenen Informationen der Vorbereitung des der Bundesregierung vorzulegenden Berichts zur Einführung der Anreizregulierung dienen sollten (Senat, Beschluss vom 19. Juni 2007 - KVR 17/06, BGHZ 172, 368 Rn. 13 - Auskunftsverlangen).
b) Nach diesen Maßgaben ist die auf der Festlegung "Datenerhebung Kostenprüfung" gegründete Auskunftsanordnung der Landesregulierungsbehörde keine Entscheidung "in der Hauptsache".
aa) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist eine Hauptsacheentscheidung nicht bereits deshalb zu bejahen, weil im Beschwerdeverfahren nur die Rechtmäßigkeit der Festlegung in Streit gestanden hat. Bei der Festlegung handelt es sich zwar um eine Entscheidung der Regulierungsbehörde i.S.d. § 75 Abs. 1 Satz 1 EnWG, die mit der Beschwerde angefochten werden kann. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Beschwerdeentscheidung ein "in der Hauptsache" ergangener Beschluss ist. Es widerspräche dem auf eine Einschränkung der Zahl der Rechtsbeschwerden gerichteten Sinn des Gesetzes, wenn alle Beschlüsse der Oberlandesgerichte, in denen isoliert über Nebenfragen entschieden wird, als "in der Hauptsache" ergangene Beschlüsse behandelt würden (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Januar 1983 - KVZ 1/82, WuW/E 1982, 1983 - Auskunftsbescheid).
bb) Für die Annahme einer bloßen - nicht mit der Rechtsbeschwerde anfechtbaren - Zwischenentscheidung spricht entscheidend, dass die mit der Festlegung vom 6. Mai 2011 angeforderten Daten der Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenzen für die zweite Regulierungsperiode nach § 6 Abs. 1 ARegV dienen sollen. Die Auskunftsanordnung gewinnt ihren Sinn erst in der Blickrichtung auf diese Regulierungsentscheidung und von dieser Entscheidung her. Die Klärung der mit der Beschwerde gegen die Rechtmäßigkeit der Festlegung aufgeworfenen Fragen bringt das von der Regulierungsbehörde geführte Verfahren über die eigentliche regulierungsrechtliche Entscheidung weder ganz noch teilweise zum Abschluss. Das Beschwerdegericht hat deshalb zutreffend die verfahrensrechtliche Einordnung der Auskunftsanordnung nicht aus der (subjektiven) Sicht der Beschwerdeführerin, sondern im Hinblick auf die (objektiven) Auswirkungen auf das Regulierungsverfahren beurteilt. Aufgrund dessen ist es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde unerheblich, ob - was von der Betroffenen behauptet wird - der Umfang der Datenerhebung über das für den genannten Zweck notwendige Maß hinausgeht und sie zur Erfüllung der Vorgaben der Festlegung ihre Rechnungslegung und ihr Controlling daran ausrichten muss, Daten in einer bestimmten Form zu sammeln und aufzubereiten, die von ihr in dieser Form sonst nicht vorgehalten werden.
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