Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 18.10.2011


BGH 18.10.2011 - EnVR 12/10

Bestimmung der Erlösobergrenzen bei Netzbetreibern im vereinfachten Verfahren der Anreizregulierung: Ermittlung des Ausgangsniveaus


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
Kartellsenat
Entscheidungsdatum:
18.10.2011
Aktenzeichen:
EnVR 12/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 12. Januar 2010, Az: Kart W 4/09, Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und der Bundesnetzagentur gegen den Beschluss des Kartellsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Januar 2010 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. Februar 2010 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Bundesnetzagentur die Betroffene auch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden hat.

Die Kosten und Auslagen des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der Auslagen der Bundesnetzagentur werden gegeneinander aufgehoben.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 800.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Mit Bescheid vom 28. Juli 2006 erhielt sie eine auf den Daten des Geschäftsjahres 2004 beruhende und später bis zum 31. Dezember 2008 verlängerte Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang gemäß § 23a EnWG. Für die Folgezeit beantragte sie am 6. Dezember 2007 die Teilnahme am vereinfachten Verfahren der Anreizregulierung gemäß § 24 ARegV; dem Antrag gab die Landesregulierungsbehörde am 18. Dezember 2007 statt. Die Betroffene beantragte ferner die Einbeziehung eines pauschalierten Investitionszuschlags in die zu bestimmenden Erlösobergrenzen.

2

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2008 legte die Landesregulierungsbehörde die einzelnen Erlösobergrenzen für die Jahre 2009 bis 2013 niedriger als von der Betroffenen begehrt fest. Sie begründete dies unter anderem mit Kürzungen bei verschiedenen Positionen im Rahmen der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 34 Abs. 3 ARegV, nämlich bei der Fremdkapitalverzinsung und - als Folge dessen - der kalkulatorischen Gewerbesteuer, sowie mit der Einrechnung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors nach § 9 ARegV. Den Antrag auf Berücksichtigung des pauschalierten Investitionszuschlags lehnte die Landesregulierungsbehörde ab.

3

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht den Bescheid der Landesregulierungsbehörde aufgehoben und diese verpflichtet, die Erlösobergrenzen unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung neu zu bestimmen. Die weitergehende Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.

4

Hiergegen richten sich die - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerden der Betroffenen, der Landesregulierungsbehörde und der Bundesnetzagentur. Seit dem 11. Juni 2011 sind nach dem Verwaltungsabkommen über die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nach dem Energiewirtschaftsgesetz zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Brandenburg (GVBl. Brdbg. I 2011 Nummer 8) unter anderem die Aufgaben der Landesregulierungsbehörde im Rahmen der Bestimmung der Entgelte für den Netzzugang im Wege der Anreizregulierung nach § 21a EnWG auf die Bundesnetzagentur übertragen worden.

II.

5

Die Rechtsbeschwerden der Betroffenen (siehe hierzu 1 und 2) sowie der Landesregulierungsbehörde und der Bundesnetzagentur (siehe hierzu 3) haben teilweise Erfolg.

1. Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenzen (§ 34 Abs. 3 ARegV)

6

a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die Landesregulierungsbehörde für die Bestimmung des Ausgangsniveaus der Erlösobergrenzen für die erste Regulierungsperiode das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten - bestandskräftigen - Entgeltgenehmigung vom 28. Juli 2006 zugrunde legen durfte. Dies ergebe sich aus § 34 Abs. 3 ARegV, wonach als Ausgangsniveau das Ergebnis der Kostenprüfung der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a EnWG vor Beginn der Anreizregulierung, angepasst um einen in der Verordnung festgelegten Inflationsfaktor von jeweils 1,7% für die Jahre 2005 bzw. 2006, heranzuziehen sei. Sinn und Zweck des vereinfachten Verfahrens nach § 24 ARegV im Allgemeinen und der Übergangsregelung des § 34 Abs. 3 ARegV im Besonderen sei es ersichtlich, eine erneute Kostenprüfung zu vermeiden. Aufgrund dessen sei für die von der Betroffenen begehrte Anpassung des Ergebnisses der in der letzten Entgeltgenehmigung von der Landesregulierungsbehörde vorgenommenen Kostenprüfung nur insoweit Raum, als es die Kosten der vorgelagerten Netze betreffe; dies ergebe sich aus § 4 Abs. 3 Nr. 2, § 11 Abs. 2 Nr. 4 ARegV. Im Übrigen scheide eine Anpassung aus; dies gelte auch für solche Kostenpositionen, die nach der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an sich korrekturbedürftig seien.

7

b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der Erlösobergrenzen nach § 34 Abs. 3 ARegV die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung und Anwendung der Stromnetzentgeltverordnung zu berücksichtigen. Dies hat der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2011 (EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 7 ff. - EnBW Regional AG) für die Parallelregelung des § 6 ARegV entschieden. Es gilt für § 34 Abs. 3 ARegV gleichermaßen. Die unveränderte Übernahme des Ergebnisses der Kostenprüfung der letzten - bestandskräftigen - Entgeltgenehmigung vom 28. Juli 2006 durch die Landesregulierungsbehörde ist rechtsfehlerhaft.

8

aa) Die Frage, ob das Ergebnis der letzten Kostenprüfung auch dann unverändert zu übernehmen ist, wenn es mit der hierzu in der Zwischenzeit ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Einklang steht, wird durch den Wortlaut des § 34 Abs. 3 ARegV nicht eindeutig beantwortet. Nach dieser Vorschrift ergibt sich das Ausgangsniveau für die Bestimmung der Erlösobergrenzen aus den Kosten, die im Rahmen der letzten Genehmigung der Netzentgelte nach § 23a EnWG anerkannt worden sind. Unter den Begriff "sich ergeben aus" könnte durchaus eine strikte, auch durch entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung nicht zu durchbrechende Bindung an das Ergebnis der letzten Kostenprüfung subsumiert werden. Er umfasst aber auch einen abweichenden Bedeutungsgehalt, etwa im Sinne von "berücksichtigen", "nutzen" oder "zur Grundlage machen". Ein eindeutiger Hinweis auf einen bestimmten Bedeutungsgehalt ergibt sich aus dem Wortlaut selbst nicht.

9

bb) Die Berücksichtigung von Korrekturen, die nach der Rechtsprechung des Senats an dem Ergebnis der maßgeblichen Kostenprüfung vorzunehmen gewesen wären, ist im Hinblick auf das Erfordernis einer angemessenen Festlegung der Obergrenzen für die Anreizregulierung geboten.

10

§ 34 Abs. 3 ARegV konkretisiert - ebenso wie § 6 Abs. 2 ARegV (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011 - EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 10 - EnBW Regional AG) - das Angemessenheitserfordernis des § 21 Abs. 1 EnWG, das auch für die Ermittlung der Obergrenzen nach der Anreizregulierung gilt, und die insoweit vom Gesetzgeber in § 21a Abs. 4 EnWG bestimmten Vorgaben. Die regulatorische Kostenprüfung würde nicht mehr zu angemessenen Ergebnissen führen und den Netzbetreiber ohne sachlichen Grund benachteiligen, wenn die Regulierungsbehörde von Kalkulationsgrundlagen ausgehen dürfte, die auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unzutreffend sind (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 14. August 2008 - KVR 36/07, RdE 2008, 337 Rn. 13 - Stadtwerke Trier).

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cc) Die in § 34 Abs. 3 ARegV angeordnete Bezugnahme auf die Datengrundlage der letzten Genehmigung der Netzentgelte - hier des Geschäftsjahres 2004 - führt nicht zu einer abweichenden Auslegung. Mit dieser Bezugnahme sollte im Interesse der kleinen Netzbetreiber eine erneute Kostenprüfung vermieden werden, um sie von den umfassenden Datenlieferungspflichten zu entlasten (vgl. BR-Drucks. 417/07, S. 74). Maßgeblich sollten hier die Daten aus dem Geschäftsjahr 2004 bleiben, angepasst um einen jährlichen Inflationsausgleich für die Jahre 2005 und 2006 in Höhe von jeweils 1,7%. Durch diesen Regelungsmechanismus wurde auch für kleine Netzbetreiber - wie in § 6 Abs. 1 Satz 5 ARegV für die anderen Netzbetreiber bestimmt - das Jahr 2006 zum Basisjahr für die erste Regulierungsperiode. Im Hinblick auf den für die Kostenprüfung erforderlichen Aufwand hat der Verordnungsgeber damit zugleich in Kauf genommen, dass die als Grundlage für die Bestimmung der Erlösobergrenzen herangezogenen Kosten aufgrund des relativ langen zeitlichen Abstandes nicht in allen Einzelheiten mit der tatsächlichen Kostensituation in der Regulierungsperiode übereinstimmen. Hieraus kann aber - wie der Senat zu § 6 Abs. 2 ARegV entschieden hat (Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011 - EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 11 - EnBW Regional AG) - nicht auf einen Willen des Verordnungsgebers geschlossen werden, bei der Verwertung dieser Daten die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung beiseite zu lassen und damit im Ergebnis eine nach Maßgabe dieser Rechtsprechung rechtswidrige Regulierungspraxis bei der Umstellung der Netzentgeltregulierung auf die Methode der Anreizregulierung fortzuschreiben. Auch im Übrigen lässt sich den Materialien für eine solche Auslegung nichts entnehmen (vgl. BR-Drucks. 417/07, S. 74).

12

Entgegen der Auffassung der Landesregulierungsbehörde hat die Korrektur der Ergebnisse der maßgeblichen Kostenprüfung auch nicht einen Aufwand zur Folge, der sich mit der Vereinfachung des Verfahrens, die der Verordnungsgeber mit Blick auf die Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit durch die Regelung des § 34 Abs. 3 ARegV angestrebt hat, nicht verträgt. Die Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats führt lediglich zu wenigen Einzelkorrekturen. Eine umfassende (erneute) Kostenprüfung, deren Vermeidung der Verordnungsgeber mit § 34 Abs. 3 ARegV durchaus mit im Sinn gehabt hat, hat sie nicht zur Folge.

13

Schließlich stehen solche Einzelkorrekturen auch nicht mit dem Sinn und Zweck des vereinfachten Verfahrens nach § 24 ARegV oder dessen Maßgaben in Widerspruch. Die Möglichkeit zur Wahl des vereinfachten Verfahrens dient in erster Linie der bürokratischen Entlastung der sogenannten kleinen Netzbetreiber und lediglich - als Reflex - auch einer gewissen Verwaltungsvereinfachung auf Seiten der Regulierungsbehörden. Das vereinfachte Verfahren soll eine mit dem regulatorischen Aufwand im Rahmen eines umfassenden Anreizregulierungssystems verbundene überproportionale Belastung der kleinen Netzbetreiber vermeiden (vgl. BR-Drucks. 417/07, S. 68). Durch die Bildung eines gemittelten Effizienzwertes sollen sie zudem von der Lieferung der erforderlichen Strukturdaten nach § 13 Abs. 3 und 4 ARegV und der - unter Umständen ihnen nur schwer möglichen - Nachprüfung der regulatorischen Entscheidung der Regulierungsbehörde entbunden werden (vgl. BR-Drucks. 417/07, S. 68 f.).

14

dd) Aufgrund dessen hätte die Landesregulierungsbehörde bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus zur Bestimmung der Erlösobergrenzen gemäß § 34 Abs. 3 ARegV einen Risikozuschlag bei den Fremdkapitalzinsen (siehe hierzu BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 42/07, WuW/E DE-R 2395 Rn. 54 ff. - Rheinhessische Energie) berücksichtigen und gegebenenfalls auch die kalkulatorische Gewerbesteuer entsprechend anpassen müssen. Dies wird die Regulierungsbehörde nachzuholen haben.

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Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist dagegen die Vorgehensweise der Landesregulierungsbehörde, bei der Neubestimmung der Erlösobergrenzen die Anpassung des Zinssatzes für die Verzinsung des Eigenkapitals gemäß § 7 Abs. 6 StromNEV anhand der Festlegung vom 6. Oktober 2008 zu berücksichtigen, nicht zu beanstanden. Der Eigenkapitalzinssatz bestimmt sich nach der zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids der Landesregulierungsbehörde geltenden Rechtslage, mithin nach der Festlegung vom 6. Oktober 2008 (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 28. Juni 2011 - EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 27 ff. - EnBW Regional AG).

2. Pauschalierter Investitionszuschlag (§ 25 ARegV)

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Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Beschwerdegericht aus Rechtsgründen verneinte Einbeziehung des pauschalierten Investitionszuschlags nach § 25 ARegV wendet.

17

a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass § 25 ARegV im vereinfachten Verfahren nach § 24 ARegV keine Anwendung finde. Dies folge daraus, dass der pauschalierte Investitionszuschlag gemäß § 25 Abs. 2 und 3 ARegV in Abhängigkeit von den nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 ARegV bestimmten Kapitalkosten zu ermitteln sei, diese Vorschrift jedoch im vereinfachten Verfahren nicht anwendbar sei. Dies habe der Verordnungsgeber durch die am 12. April 2008 in Kraft getretene Neufassung des § 24 Abs. 3 ARegV (lediglich) klargestellt. Der Ausschluss von § 25 ARegV im vereinfachten Verfahren verstoße auch nicht gegen das aus Art. 3 GG fließende Willkürverbot. Das Regelverfahren, in dem § 25 ARegV gelte, und das vereinfachte Verfahren stellten unterschiedliche Regelungssysteme für die Bestimmung der Erlösobergrenzen dar. Während das Regelverfahren auf die individuellen Belange und Besonderheiten des einzelnen Netzbetreibers ausgelegt sei, enthebe das vereinfachte Verfahren nach § 24 ARegV die sogenannten kleinen Netzbetreiber unter anderem von zahlreichen Datenlieferungspflichten insbesondere im Zusammenhang mit dem an sich durchzuführenden Effizienzvergleich und sehe stattdessen Pauschalierungen zum Beispiel bei dem Effizienzwert und dem Anteil der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten an den Gesamtkosten vor. Aufgrund dessen sei es sachgerecht, dass der Verordnungsgeber bei Wahl des vereinfachten Verfahrens die Einbeziehung des pauschalierten Investitionszuschlags ausgeschlossen habe.

18

b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Beschwerdegericht hat zu Recht die Anwendbarkeit des § 25 ARegV im Rahmen des vereinfachten Verfahrens nach § 24 ARegV verneint.

19

aa) § 24 Abs. 3 ARegV a.F. hat zwar - entgegen der Neuregelung (siehe hierzu unter bb) - die Vorschrift des § 25 ARegV nicht ausdrücklich von der Anwendung im vereinfachten Verfahren ausgenommen. Dessen bedurfte es aber auch nicht, weil sich die Nichtanwendbarkeit dieser Norm bereits aus § 24 Abs. 1 ARegV ergibt.

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Die Ermittlung des pauschalierten Investitionszuschlags gemäß § 25 Abs. 1 ARegV knüpft nach dessen Absätzen 2 und 3 an die Vergleichbarkeitsrechnung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 ARegV an. Ein Effizienzvergleich nach den §§ 12 bis 14 ARegV findet aber im vereinfachten Verfahren nicht statt. Vielmehr stellt das vereinfachte Verfahren nach § 24 Abs. 2 bis 4 ARegV die Alternative zum Effizienzvergleich nach den §§ 12 bis 14 ARegV dar. Aufgrund dessen fehlt im vereinfachten Verfahren für die Ermittlung des pauschalierten Investitionszuschlags die Berechnungsgrundlage. Auch die Rechtsbeschwerde räumt insoweit ein, dass der pauschalierte Investitionszuschlag nicht aus dem für die Betroffene vorliegenden Zahlenwerk einfach abgeleitet werden kann, sondern es hierzu einer eigens anzustellenden Vergleichbarkeitsrechnung bedarf. Dies widerspricht aber dem Sinn und Zweck des vereinfachten Verfahrens, weil dieses von einer solchen Berechnung und einer hierfür erforderlichen umfassenden Datenlieferung durch die Netzbetreiber in deren Interesse absieht.

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bb) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gebietet auch die Entstehungsgeschichte der Anreizregulierungsverordnung kein anderes Verständnis des § 24 Abs. 3 ARegV a.F. Die Begründung des Regierungsentwurfs zu dieser Norm (BR-Drucks. 417/07, S. 68 f.) beschränkt sich auf eine abstrakte Darstellung des Regelungsinhalts. Die Verordnungsmaterialien geben insbesondere nichts dafür her, dass der Verordnungsgeber von einer Anwendung des § 25 ARegV im vereinfachten Verfahren ausgegangen ist. Im Gegenteil spricht gegen einen solchen Willen des Verordnungsgebers die mit der Verordnung zur Änderung der Gasnetzzugangsverordnung, der Gasnetzentgeltverordnung, der Anreizregulierungsverordnung und der Stromnetzentgeltverordnung vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 693) erfolgte Änderung des § 24 Abs. 3 ARegV a.F., durch die als weitere im vereinfachten Verfahren nicht anzuwendende Vorschrift ausdrücklich auch § 25 ARegV aufgenommen wurde. Diese nach der Begründung des Bundesrates "redaktionelle Änderung" soll klarstellen, dass § 25 ARegV im vereinfachten Verfahren keine Anwendung findet, weil Grundlage zur Ermittlung des pauschalierten Investitionszuschlags eine Vergleichbarkeitsrechnung gemäß § 14 Abs. 3 ARegV ist, ein Effizienzvergleich im vereinfachten Verfahren aber nicht stattfindet und die Regelung des § 25 Abs. 1 ARegV damit insoweit leerläuft (BR-Drucks. 24/08 (Beschluss), S. 8).

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cc) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, verstößt die Nichtanwendung des § 25 ARegV im vereinfachten Verfahren nicht gegen das Verfassungsrecht. Soweit sie eine Anwendung des § 24 Abs. 3 ARegV n.F. mit dem Rückwirkungsverbot nicht in Einklang sieht, ist ein solcher Konflikt vorliegend nicht gegeben; die Nichtanwendung des § 25 ARegV ergibt sich - wie dargelegt - bereits aus § 24 ARegV a.F. Ebenso liegt auch ein Verstoß gegen das Willkürverbot oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz offensichtlich nicht vor.

3. Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor (§ 9 ARegV)

23

Die Rechtsbeschwerden der Landesregulierungsbehörde und der Bundesnetzagentur haben insoweit nur teilweise Erfolg.

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a) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Landesregulierungsbehörde habe bei der Ermittlung der Erlösobergrenzen zu Unrecht den generellen sektoralen Produktivitätsfaktor nach § 9 ARegV berücksichtigt, obwohl es hierfür an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung fehle. Insbesondere sei § 9 ARegV nicht von § 21a Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 bzw. § 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EnWG gedeckt.

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b) Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nur im Ausgangspunkt stand. Richtig ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde allerdings, dass eine Berücksichtigung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors bei der Ermittlung der Erlösobergrenzen nach § 9 ARegV in der Ausgestaltung durch den Verordnungsgeber mangels ausreichender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig ist. Dagegen ist aber ein Ansatz der Abweichung der gesamtwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung von der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung in der Regulierungsformel nach § 7 ARegV zulässig.

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Wie der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2011 (EnVR 48/10, RdE 2011, 308 Rn. 36 ff. - EnBW Regional AG) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ermächtigt § 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 EnWG i.V.m. § 21a Abs. 6 Satz 2 Nr. 5 EnWG nicht dazu, einen generellen sektoralen Produktivitätsfaktor - wie in § 9 Abs. 1 ARegV vorgegeben - unter Berücksichtigung der Abweichung des netzwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts vom gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt zu ermitteln. Allerdings erlaubt es die in Verbindung mit § 21a Abs. 4 und Abs. 5 EnWG nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Verordnungsermächtigung des § 21a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 5 EnWG, dass in die Regulierungsformel  wie in § 9 ARegV auch vorgesehen - die Abweichung der gesamtwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung von der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung einfließt und so den nach Maßgabe des § 8 ARegV berechneten Wert für die allgemeine Geldwertentwicklung korrigiert.

27

Die Regulierungsbehörde wird im weiteren Verfahren - vorbehaltlich einer eventuellen Änderung von § 9 ARegV durch den Verordnungsgeber - gemäß § 9 Abs. 1 ARegV die Abweichung der gesamtwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung von der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung zu ermitteln und diesen Wert anstelle des Terms PFt in der Regulierungsformel nach Anlage 1 zu § 7 ARegV anzusetzen haben.

III.

28

Der Senat verweist die Sache nicht an das Beschwerdegericht zurück. Die noch offenen Fragen des angefochtenen Bescheids vom 8. Dezember 2008 können durch die Regulierungsbehörde in dem neu eröffneten Verwaltungsverfahren entschieden werden. Für die Neubescheidung ist der rechtliche Rahmen durch die Entscheidung des Senats vorgegeben.

IV.

29

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG.

30

Der Streitwert beträgt 800.000 €. Für eine Herabsetzung besteht entgegen der Auffassung der Betroffenen kein Anlass. Der Streitwert des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens richtet sich gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. § 3 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse der Betroffenen an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dies bemisst sich grundsätzlich nach der Differenz zwischen den nach der - im Beschwerde- bzw. Rechtsbeschwerdeverfahren vertretenen - Auffassung der Betroffenen anzusetzenden Erlösobergrenzen und den von der Regulierungsbehörde festgesetzten Erlösobergrenzen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 7. April 2009 - EnVR 6/08, RdE 2010, 25 Rn. 54 - Verteilnetzbetreiber Rhein-Main-Neckar und vom 30. März 2011 - EnVR 51/10, juris, Rn. 2). Soweit die Betroffene insoweit nur einen Jahresbetrag ansetzen will, fehlt es hierfür an einer Grundlage.

Tolksdorf                                    Raum                                 Strohn

                       Grüneberg                                 Bacher