Entscheidungsdatum: 15.04.2011
Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine landwirtschaftliche Besitzung ein Hof im Sinne der Höfeordnung ist, ist der von dem Finanzamt ermittelte Wirtschaftswert, auch wenn er sich nicht aus einem förmlichen Bescheid ergibt .
Auf die Rechtsmittel des Antragstellers werden der Beschluss des 23. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juli 2010 und der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Mettmann vom 8. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zurückverwiesen.
I.
Die Beteiligten sind Brüder. Ihre Eltern errichteten am 20. Dezember 1979 ein gemeinschaftliches Testament, in welchem sie sich wechselseitig zu befreiten Vorerben und den Beteiligten zu 1 zum Nacherben einsetzten. Dem Beteiligten zu 2 wurde der Pflichtteil entzogen.
Nach dem Tod des Vaters am 13. Februar 1983 stellte das Landwirtschaftsgericht fest, dass die Mutter befreite Hofvorerbin und der Beteiligte zu 1 Hofnacherbe der im Eingang dieses Beschlusses genannten landwirtschaftlichen Besitzung geworden ist. Im Zuge dieses Verfahrens ersuchte das Landwirtschaftsgericht das Grundbuchamt um Löschung des Hofvermerks, weil der Wirtschaftswert der Besitzung nur 4.510 DM betrug. Die Löschung erfolgte am 14. September 1983.
Die Mutter verstarb im April 1991. Nunmehr verfolgt der Beteiligte zu 2 gegen den Beteiligten zu 1 Pflichtteilsansprüche. Dieser macht geltend, dass seinerzeit der Hofvermerk zu Unrecht gelöscht worden sei. Seinen auf die Feststellung, dass es sich bei der Besitzung am 14. September 1983 um einen Hof im Sinne Höfeordnung gehandelt habe und heute noch handele, gerichteten Antrag hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde, mit welcher der Beteiligte zu 1 die Feststellung der Hofeigenschaft in der Zeit vom 14. September 1983 bis zum Jahr 1992 beantragt hat, hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - nach Einholung einer Auskunft des Finanzamts zu der Höhe des Wirtschaftswerts der Besitzung in dem genannten Zeitraum zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung der Beteiligte zu 2 beantragt, verfolgt der Beteiligte zu 1 seinen in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrag weiter.
II.
Nach Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Feststellungsantrag zulässig, weil der Beteiligte zu 1 ein rechtliches Interesse an der rückwirkenden Feststellung der Hofeigenschaft hat; denn für die Berechnung der Höhe des von dem Beteiligten zu 2 geltend gemachten Pflichtteils komme es auf die Hofeigenschaft an. Der Antrag sei jedoch unbegründet, weil nach der das Beschwerdegericht bindenden Auskunft des Finanzamts der Wirtschaftswert der Besitzung zwischen 1983 und 1992 stets weniger als 5.000 DM betragen habe, so dass sie kein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen sei. Daran ändere nichts der Hinweis des Finanzamts, dass wegen erheblicher Zupachtungen ein Zuschlag von 16.076 DM zu dem Wirtschaftswert in dem Zeitraum von 1983 bis 1992 gerechtfertigt gewesen sei. Denn allein maßgeblich sei der in einem Bescheid festgestellte und nicht ein fiktiver Wirtschaftswert, der hätte festgestellt werden können. Falls das Finanzamt, wie von dem Beteiligten zu 1 beantragt, den Wirtschaftswert rückwirkend neu, nämlich mit dem Zuschlag festsetze, stehe es den Beteiligten frei, die Hofeigenschaft erneut feststellen zu lassen.
III.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die aufgrund Zulassung durch das Beschwerdegericht statthafte (§ 24 Abs. 1 LwVG aF) und im Übrigen zulässige (§§ 25, 26 LwVG aF) Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings den auf die Feststellung der früheren Hofeigenschaft gerichteten Antrag (§ 11 Abs. 1 Buchst. a HöfeVfO) als zulässig angesehen. Entgegen der von dem Beteiligten zu 2 vertretenen Ansicht hat der Beteiligte zu 1 das in § 11 Abs. 1 HöfeVfO geforderte rechtliche Interesse an der Feststellung.
a) Ein rechtliches Interesse ist zu bejahen, wenn durch die Feststellung die Rechtsstellung des Antragstellers, seine Beziehungen zu einer Person oder Sache beeinflusst werden; es ist zu verneinen, wenn nach Lage des Falles durch die Feststellung eine sachgemäße Lösung, nämlich die Behebung einer bestehenden Unklarheit oder Ungewissheit, nicht erzielt werden würde (Senat, Beschluss vom 8. April 1952 - V BLw 30/51, MDR 1952, 419 f. mwN; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 14 Rn. 159). Ohne die alsbaldige Feststellung müsste der Antragsteller gefährdet oder benachteiligt sein (Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 11 HöfeVfO Rn. 1).
b) Nach diesen Grundsätzen hat der Beteiligte zu 1 schon deshalb ein rechtliches Interesse an der gewünschten Feststellung, weil einerseits das Landwirtschaftsgericht im Jahr 1983 seine Hofnacherbenstellung festgestellt hat, andererseits nach dem Grundbuchstand die Hofeigenschaft der zum Nachlass gehörenden Besitzung verloren gegangen ist. Diese Unklarheit kann durch das Feststellungsverfahren beseitigt werden.
c) Auf die von dem Beteiligten zu 2 angesprochene Problematik der Rechtskraftwirkung der Feststellung und deren Einfluss auf den zwischen den Beteiligten anhängigen Zivilprozess über Pflichtteilsansprüche des Beteiligten zu 2 kommt es somit nicht an.
2. Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht jedoch angenommen, dass die Besitzung zwischen 1983 und 1992 kein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen sei, weil ihr Wirtschaftswert in diesem Zeitraum unter 5.000 DM gelegen habe.
a) Nach der Definition in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Höfeordnung in der hier maßgeblichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Höfeordnung vom 29. März 1976 (BGBl. I S. 881, nachfolgend HöfeO aF) war eine landwirtschaftliche Besitzung nur dann ein Hof im Sinne der Höfeordnung, wenn sie u.a. einen Wirtschaftswert von mindestens 20.000 DM hatte. Lag der Wirtschaftswert unter 20.000 DM, betrug er aber mindestens 10.000 DM, wurde die Besitzung ein Hof im Sinne der Höfeordnung, wenn der Eigentümer erklärte, dass sie ein solcher Hof sein sollte, und der Hofvermerk in das Grundbuch eingetragen wurde (§ 1 Abs. 1 Satz 3 HöfeO aF). Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 HöfeO aF trat der Verlust der Hofeigenschaft mit der Löschung des Hofvermerks im Grundbuch ein, wenn u.a. der Wirtschaftswert unter 10.000 DM gesunken war. Eintragung und Löschung des Hofvermerks erfolgten in diesen Fällen aufgrund eines Ersuchens des Landwirtschaftsgerichts an das Grundbuchamt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 HöfeVfO).
b) Was unter dem Begriff "Wirtschaftswert" zu verstehen ist, ergibt sich für den hier zu beurteilenden Zeitraum - ebenso wie für die heutige Zeit - aus der Definition in § 1 Abs. 1 Satz 2 HöfeO aF (wortgleich mit § 1 Abs. 1 Satz 2 HöfeO). Danach ist Wirtschaftswert "der nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften festgestellte Wirtschaftswert im Sinne des § 46 des Bewertungsgesetzes vom ....". Dieser Wert bildet zusammen mit dem Wohnungswert (§ 47 BewG) den Einheitswert (§ 48 BewG).
c) Aufbauend auf der Bedeutung des Wirtschaftswerts als Teil des Einheitswerts wird vertreten, dass für die Höhe des festgestellten Wirtschaftswerts die Festsetzung in einem Bescheid des Finanzamts und nicht dessen Bescheinigung eines fiktiven, d.h. nicht förmlich festgestellten Wertes maßgeblich sei (Wöhrmann, Das Landwirtschaftserbrecht, 9. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 41 ff.; Becker, AgrarR 1978, 125, 127; Bendel, AgrarR 1977, 314, 315). Begründet wird diese Ansicht mit der Entscheidung des Senats vom 24. April 1986 (BLw 9/85, AgrarR 1986, 319), nach welcher für die Bemessung der Höhe des Abfindungsanspruchs der weichenden Erben nach § 12 Abs. 2 HöfeO die Festsetzung des Einheitswert in einem Bescheid des Finanzamts und nicht ein wertverändernder Vorgang in dem landwirtschaftlichen Betrieb maßgeblich sei (Bendel, AgrarR 1986, 341, 342).
d) Demgegenüber vertreten andere Autoren die Auffassung, auch nach der Änderung der Regelungen in § 1 HöfeO im Jahr 1976 seien, wie der Senat am 4. November 1952 (V BLw 63/52, BGHZ 8, 8) und am 7. Juli 1954 (V BLw 23/54, BGHZ 14, 188) zu der früheren Rechtslage im Hinblick auf die Bedeutung des Einheitswerts für die Hofeigenschaft entschieden habe, Erhöhungen des Wirtschaftswerts bereits im Zeitpunkt ihres Eintritts und nicht erst mit der Neufeststellung des Werts zu berücksichtigen; dafür reiche eine Auskunft des Finanzamts zu der Höhe des Wirtschaftswerts aus, ein Feststellungsbescheid sei nicht notwendig (Faßbender in Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo,HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 52; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 1 Rn. 27; Steffen/Ernst, HöfeO mit HöfeVfO, 2. Aufl., § 1 HöfeO Rn. 20; Steffen, AgrarR 1977, 313).
e) Dieselbe Ansicht vertritt der Senat.
aa) Bereits in seinem Beschluss vom 4. November 1952 (V BLw 63/52, BGHZ 8, 8, 11 ff.) hat er zu der damaligen Rechtslage ausgeführt, dass die Hofeigenschaft nicht stets nach dem zuletzt festgestellten steuerlichen Einheitswert beurteilt werden müsse, sondern dass Wertänderungen, die nach der letzten Einheitswertfeststellung eingetreten seien, berücksichtigt werden könnten, auch ohne dass sie in einer Neufestsetzung des Einheitswerts Ausdruck gefunden hätten; gestützt hat er sich dabei auf den Wortlaut der Höfeordnung vom 24. April 1947 (Amtsbl. der MilReg. Deutschland, brit. Kontrollgebiet, S. 505) in der bis zum 1. Juli 1976 geltenden Fassung, nach welchem einerseits in § 1 Abs. 2 die Hofeigenschaft "einen steuerlichen Einheitswert von 10.000 DM und mehr" voraussetzte, jedoch andererseits in § 12 Abs. 2 Satz 2 der Abfindungsanspruch der weichenden Erben "sich nach dem zuletzt festgestellten steuerlichen Einheitswert des Hofes" bemaß. Diese Ansicht hat der Senat in seiner Entscheidung vom 7. Juli 1954 (V BLw 23/54, BGHZ 14, 188, 197 ff.) bekräftigt und zusätzlich darauf hingewiesen, dass der auf Wertveränderungen beruhende, für die Hofeigenschaft maßgebliche neue Einheitswert nicht etwa von dem Landwirtschaftsgericht errechnet werden müsse, sondern die Frage der Hofeigenschaft nach der Neufestsetzung des Einheitswerts durch das Finanzamt rückwirkend zu beurteilen sei.
bb) Entsprechendes gilt für die hier maßgebliche Rechtslage in dem Zeitraum von 1983 bis 1992 (und auch für die heutige Rechtslage). Denn in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Höfeordnung in der ab dem 1. Juli 1976 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 26. Juli 1976, BGBl. I S. 1933) ist an die Stelle des bisher für die Hofeigenschaft u.a. maßgeblich gewesenen steuerlichen Einheitswerts von 10.000 DM nunmehr der Wirtschaftswert von mindestens 20.000 DM (heute 10.000 €) getreten, und Wirtschaftswert ist nach Satz 2 der Vorschrift der nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften festgestellte Wirtschaftswert im Sinne von § 46 BewG; nach § 12 Abs. 2 Satz 2 HöfeO bemisst sich der Abfindungsanspruch der weichenden Erben nach dem Eineinhalbfachen des zuletzt festgesetzten Einheitswerts im Sinne von § 48 BewG. Der Wortlaut der Vorschriften spricht demnach ebenso wie früher für die schon bisher von dem Senat vertretene Ansicht. Er unterscheidet sich in den beiden Vorschriften weiterhin dadurch, dass das in § 12 Abs. 2 Satz 2 HöfeO gebrauchte Wort "zuletzt" in § 1 Abs. 1 Satz 2 HöfeO fehlt. Hinzu kommt, dass es in § 12 Abs. 2 Satz 2 HöfeO anstelle "des festgestellten Einheitswerts" nunmehr "des festgesetzten Einheitswerts" heißt. Diese Formulierung legt nahe, dass der für den Abfindungsanspruch maßgebliche Einheitswert in einem besonderen Bescheid des Finanzamts (§ 179 AO) festgesetzt sein muss (Hötzel in Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 12 Rn. 15; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 12 Rn. 38). Eine entsprechende Regelung fehlt für den für die Hofeigenschaft maßgeblichen Wirtschaftswert; er muss lediglich festgestellt sein. Das hat seinen Grund darin, dass es keine Festsetzung des Wirtschaftswerts in einem besonderen Bescheid gibt, weil er nur ein Teil des Einheitswerts ist (§ 48 BewG) und deshalb in dem Einheitswertbescheid aufgeführt wird. Damit unvereinbar ist die Ansicht des Beschwerdegerichts, maßgeblich sei die förmliche Feststellung des Wirtschaftswerts in einem Feststellungsbescheid.
cc) Die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht wird durch die - von dem Berufungsgericht außer acht gelassene - Regelung in § 3a Satz 1 HöfeVfO bestätigt, nach welcher das Finanzamt dem Landwirtschaftsgericht den Wirtschaftswert eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs mitteilen muss, wenn dieser "nach Maßgabe einer Einheitswertfeststellung oder sonst auf Antrag vorgenommenen Ermittlung" sich von mindestens 10.000 DM auf weniger als 10.000 DM (heute jeweils 5.000 €) verringert hat, sich von weniger als 20.000 DM auf mindestens 20.000 DM (heute jeweils 10.000 €) erhöht hat oder erstmals ermittelt worden ist und mindestens 20.000 DM (heute 10.000 €) beträgt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Landwirtschaftsgerichte von solchen Änderungen des Wirtschaftswerts Kenntnis erhalten, die für das Entstehen oder den Verlust der Hofeigenschaft entscheidend sein können, damit sie ihrer Verpflichtung zum Ersuchen des Grundbuchamts um Löschung oder Eintragung des Hofvermerks (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 HöfeVfO) nachkommen können (von Jeinsen in Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 3aHöfeVfO Rn. 1; Steffen/Ernst, HöfeO und HöfeVfO, 2. Aufl., § 3a HöfeVfO Rn. 3). Dass diese Prüfung des Entstehens oder Fortbestehens der Hofeigenschaft in wirtschaftlicher Hinsicht nicht nur aus Anlass der Feststellung eines neuen Wirtschaftswerts im Rahmen einer Einheitswertfeststellung erfolgen soll, ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, nach welchem das Finanzamt auch außerhalb der Einheitswertfeststellung ermittelte Wirtschaftswerte dem Landwirtschaftsgericht übermitteln muss. In diesem Fall ist die bloße Mitteilung des Finanzamts und nicht ein - nach den steuerlichen Vorschriften gar nicht vorgesehener - Bescheid über die Höhe des Wirtschaftswerts für die dem Landwirtschaftsgericht obliegende Beurteilung, ob ein Hof im Sinne der Höfeordnung vorliegt oder nicht, maßgeblich.
dd) Schließlich ergibt sich die Richtigkeit der hier vertretenen Ansicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2000 (V ZR 334/99, BGHZ 146, 74), nach welcher der nach der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2 HöfeO für die Berechnung des Abfindungsanspruchs der weichenden Erben maßgebliche "zuletzt festgesetzte Einheitswert" dann als Berechnungsgrundlage ausscheidet, wenn die nach § 21 Abs. 1 BewG in regelmäßigen Zeitabständen von sechs Jahren vorzunehmende Hauptfeststellung des Einheitswerts seit dem Inkrafttreten der Neufassung der Höfeordnung im Jahr 1976 unterblieben ist und sich die seinerzeit zugrunde gelegte Wertrelation zwischen Einheitswert und Ertragswert des Hofes infolge der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse erheblich verschoben hat; liegen diese Voraussetzungen vor, muss das Gericht rückwirkend zu dem im Einzelfall maßgeblichen Stichtag den Hofeswert ermitteln und eine sich eventuell ergebende Differenz zu dem zuletzt festgesetzten Einheitswert durch einen Zuschlag zu dem Wert des Hofes ausgleichen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das von dem Gesetzgeber verfolgte Ziel, die Höhe der Abfindung nach § 12 Abs. 2 HöfeO dem aktuellen Ertragswert des Hofes anzunähern, nur erreicht werden kann, wenn die Einheitsbewertung mit der Ertragswertentwicklung Schritt hält. Dieser Gedanke lässt sich ohne weiteres auf die Regelung zu der Hofeigenschaft in § 1 Abs. 1 HöfeO übertragen, soweit es dort für deren Entstehen oder Fortbestehen auf die Höhe des Wirtschaftswerts ankommt. Er ist ein Ertragswert (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 10. Aufl., § 1 Rn. 21) und dient dazu, agrarökonomisch förderungswürdige Betriebe dem Höferecht zu unterstellen, um ihren ungeteilten Fortbestand zu sichern, und agrarökonomisch nicht förderungswürdige Betriebe, an deren ungeteiltem Fortbestand kein vorrangiges Interesse besteht, von dem Höferecht auszuschließen (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, aaO Rn. 19). Beides kann nur aufgrund aktueller Wirtschaftswerte, nicht aber aufgrund eines in einem regelmäßig in einem Zeitabstand von sechs Jahren ergehenden Einheitswertbescheid (§ 21 Abs. 1 BewG) festgestellten Wirtschaftswert erreicht werden.
ee) Die Gegenansicht (siehe vorstehend unter c)) beruft sich zu Unrecht auf den Senatsbeschluss vom 24. April 1986 (BLw 9/85, AgrarR 1986, 319). Diese Entscheidung verhält sich nicht dazu, welcher Wirtschaftswert für die Hofeigenschaft maßgebend ist, sondern - soweit hier von Interesse - ausschließlich zu der Frage, was unter dem Begriff des "zuletzt festgestellten Einheitswerts" im Sinne von § 12 HöfeO in der bis zum Jahr 1976 geltenden Fassung zu verstehen ist. Daraus herzuleiten, dass der Senat auch für die Höhe des für die Hofeigenschaft maßgeblichen Wirtschaftswerts den Erlass eines Bescheids des Finanzamts für notwendig erachtet habe, weil die Vorschriften des § 1 HöfeO und des § 12 HöfeO derart korrelierten, dass Hofeigenschaft und Abfindung von der gleichen Bewertungsgrundlage ausgingen (Bendel, AgrarR 1986, 341, 342), verbietet sich angesichts der unterschiedlichen Regelungen in den beiden Vorschriften zu der Form und dem maßgeblichen Zeitpunkt der Feststellung des Wirtschaftswerts einerseits und des Einheitswerts andererseits (siehe vorstehend unter e) bb)) von vornherein; überdies wird in den beiden Vorschriften gerade nicht von der gleichen Bewertungsgrundlage ausgegangen.
3. Dies alles bedeutet für den vorliegenden Fall folgendes:
a) Nach der von dem Beschwerdegericht eingeholten Auskunft des Finanzamts war der Wirtschaftswert in der Zeit vom 1. Januar 1964 bis zum 31. Dezember 1987 mit 4.510 DM, für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis zum 31. Dezember 1988 mit 3.267 DM und für die Zeit vom 1. Januar 1989 bis zum 31. Dezember 1994 mit 3.263 DM festgestellt; diesen Werten kann jeweils ein Betrag von 16.076 DM (Zuschlag nach § 41 Abs. 1 Nr. 1 BewG) hinzugerechnet werden. Für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 14. September 1983 bis zum Jahr 1992 ergibt sich somit ein Wirtschaftswert von 20.586 DM bis zum 31. Dezember 1987, von 19.343 DM bis zum 31. Dezember 1988 und von 19.339 DM für die Zeit danach.
b) Solange der Wirtschaftswert über 20.000 DM lag, war die Besitzung ein Hof im Sinne der Höfeordnung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HöfeO aF). Sie hat die Hofeigenschaft nicht dadurch verloren, dass der Wirtschaftswert ab dem 1. Januar 1988 unter 20.000 DM gesunken war, denn er lag immer noch über 10.000 DM (Faßbender in Faßbender/Hötzel/von Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rn. 119; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 1 Rn. 91).
4. Sowohl das Beschwerdegericht als auch das Landwirtschaftsgericht haben den Feststellungsantrag somit zu Unrecht wegen eines für die Hofeigenschaft nicht ausreichenden Wirtschaftswerts zurückgewiesen. Ihre Entscheidungen sind auf die Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 aufzuheben. Der Senat kann die Hofeigenschaft nicht selbst feststellen, weil bisher nicht festgestellt ist, ob die weitere Voraussetzung für das Vorliegen der Hofeigenschaft, nämlich das Vorhandensein einer zu der Bewirtschaftung der Besitzung geeigneten Hofstelle, in dem maßgeblichen Zeitraum vorgelegen hat. Damit diese Feststellung nachgeholt werden kann, erscheint es ihm sachdienlich, die Sache an das Landwirtschaftsgericht zurückzuverweisen.
Krüger |
Lemke |
zugleich für RiBGH Dr. Czub, |