Entscheidungsdatum: 28.04.2014
Die Bundesrepublik Deutschland ist auch dann Vertragsteil im Sinne von § 4 Nr. 1 GrdstVG, wenn sie nicht Alleineigentümerin des verkauften Grundstücks ist, sondern zusammen mit anderen Eigentümern eine Erbengemeinschaft bildet. In diesem Fall ist die Veräußerung eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks genehmigungsfrei.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 wird der Beschluss des Landwirtschaftssenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. Mai 2013 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 5 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Neuruppin vom 2. Mai 2012 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Genehmigung des Grundstückskaufvertrags vom 27. Oktober 2010 (UR.-Nr. 983/2010 der Notarin F. in W. ) nicht erteilt, sondern festgestellt wird, dass dieser Vertrag keiner Genehmigung bedarf.
Die Gerichtskosten der Rechtsmittelinstanzen trägt die Beteiligte zu 5.
Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 bis 4 in den Rechtsmittelverfahren werden der Beteiligten zu 5 auferlegt. Im Übrigen findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 66.000 €.
I.
Mit notariellem Vertrag vom 27. Oktober 2010 (UR.-Nr. 983/2010 der Notarin F. in W. ) verkauften die Beteiligten zu 1 und 2 ihnen in Erbengemeinschaft gehörende Acker-, Grünland- und Waldflächen zur Größe von 26.1980 ha für 66.000 € an die Beteiligten zu 3 und 4. Die Notarin beantragte die Genehmigung des Vertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Innerhalb der zweimal verlängerten Entscheidungsfrist erklärte die Beteiligte zu 5 die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts.
Die Herangezogene zu 6 versagte mit Bescheid vom 21. Februar 2011 die Genehmigung des Kaufvertrags mit der Begründung, die Beteiligten zu 3 und 4 seien Nichtlandwirte im Sinne der Vorschriften des Grundstücksverkehrsgesetzes.
Die Beteiligten zu 3 und 4 haben eine gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel beantragt, den Versagungsbescheid aufzuheben und den Kaufvertrag zu genehmigen. Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat dem Antrag stattgegeben. Die der Entscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung weist eine Beschwerdefrist von einem Monat aus. Auf die am letzten Tag dieser Frist eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 5 hat das Oberlandesgericht - Landwirtschaftssenat - ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Sowohl die erstinstanzliche als auch die zweitinstanzliche Entscheidung ist von den Berufsrichtern, nicht aber von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen die Beteiligten zu 3 und 4 die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - erreichen. Die Beteiligte zu 5 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Das Beschwerdegericht hält das Rechtsmittel für zulässig, obwohl die Beschwerdefrist von zwei Wochen nicht gewahrt wurde. Die Beteiligte zu 5 sei ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen, weil die von dem Landwirtschaftsgericht erteilte Rechtsmittelbelehrung falsch sei.
Die Unterzeichnung der erstinstanzlichen Entscheidung und der Beschwerdeentscheidung allein durch die Berufsrichter sieht das Beschwerdegericht als ausreichend an. Die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter seien auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nicht erforderlich.
In der Sache meint das Beschwerdegericht, dass die Erteilung der grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung nicht wegen Ablaufs der Entscheidungsfrist fingiert werde. Eine Genehmigungsfreiheit wegen der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an dem Kaufvertrag verneint das Beschwerdegericht. Die Bundesrepublik sei nicht Vertragsteil, weil Eigentümerin des verkauften Grundstücks die aus den Beteiligten zu 1 und 2 bestehende Erbengemeinschaft sei. Die Beteiligte zu 5 habe das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt. Die Genehmigung des Vertrags sei zu versagen, weil die Veräußerung der Flächen an die Beteiligten zu 3 und 4 zu einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden führe. Die Käufer seien Nichtlandwirte und hätten bis zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts kein schlüssiges und umsetzbares Betriebskonzept vorgelegt, welches Rückschlüsse auf die Schaffung eines leistungsfähigen Betriebs zulasse.
III.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 1 Nr. 3, § 9 LwVG, § 70 Abs. 1FamFG statthaft und nach § 71 FamFG auch im Übrigen zulässig. Dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen der Klärung der Frage zugelassen hat, ob in Landwirtschaftsverfahren, welche nicht den Regelungen der ZPO unterliegen, Entscheidungen zu ihrer Wirksamkeit auch von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden müssten, führt nicht zu einer Beschränkung der Zulassung. Denn eine solche Beschränkung ist nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs möglich, auf den auch die Partei selbst das Rechtsmittel beschränken könnte (ständige Rechtsprechung, siehe etwa BGH, Beschluss vom 29. Januar 2004 - V ZR 244/03, NJWRR 2004, 1365 f.), nicht hingegen - wie hier - auf eine Verfahrensfrage, welche Bedeutung für den gesamten Prozessstoff hat.
2. Anders als die Beteiligte zu 5 offenbar meint, hat das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht auf die Frage des Unterschriftserfordernisses bei der die Beteiligten zu 3 und 4 sachlich nicht beschwerenden erstinstanzlichen Entscheidung beschränkt.
IV.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Allerdings zu Recht hat das Beschwerdegericht der Beteiligten zu 5 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 17 Abs. 1 FamFG) gewährt, weil sie ohne Verschulden daran gehindert war, die Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 1 Nr. 3, § 9 LwVG, § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG) einzuhalten. Ursächlich für die Fristversäumung war die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des Landwirtschaftsgerichts. Darin wird keine Rechtsgrundlage für die genannte Frist von einem Monat mitgeteilt, so dass die Beteiligte zu 5 keinen Anhaltspunkt zur Ermittlung der richtigen Frist hatte (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - XII ZR 82/10, NJWRR 2010, 1297, 1298 Rn. 15). In einem solchen Fall ist gemäß § 17 Abs. 2 FamFG ein fehlendes Verschulden zu vermuten.
2. Ebenfalls zu Recht - und mit der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen - sieht das Beschwerdegericht die Unterschriften der ehrenamtlichen Richter unter der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts und unter seiner eigenen Entscheidung als nicht notwendig an. Die an den üblichen Methoden orientierte Auslegung (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2004, 2007 f.) der Bestimmungen in § 9 LwVG, § 38 Abs. 2 Satz 3 FamFG ergibt, dass ein in den in § 9 LwVG genannten Angelegenheiten gefasster Beschluss nicht von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben werden muss. Zur Begründung verweist der Senat – um bloße Wiederholungen zu vermeiden – auf seinen Beschluss vom 29. November 2013 (BLw 4/12, juris Rn. 12 ff. [zur Veröffentlichung bestimmt]).
3. Jedoch zu Unrecht hält das Beschwerdegericht den Kaufvertrag für genehmigungsbedürftig. Wegen der Beteiligung der Beteiligten zu 2 (Bundesrepublik Deutschland) auf der Verkäuferseite ist die Genehmigung nicht notwendig.
a) Nach § 4 Nr. 1 GrdstVG sind an sich genehmigungsbedürftige Kaufverträge über landwirtschaftliche Grundstücke genehmigungsfrei, wenn an ihnen u.a. der Bund beteiligt, er also entweder Käufer oder Verkäufer ist. Das ist hier der Fall. Im Grundbuch eingetragener Eigentümer der verkauften Grundstücke ist neben der Beteiligten zu 1 die Beteiligte zu 2. Sie – und nicht, wie die Beteiligte zu 5 meint, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben - ist auch Vertragspartner. Dies hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verweist der Senat darauf.
b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist die Beteiligte zu 2 auch Vertragsteil im Sinne von § 4 Nr. 1 GrdstVG. Dass sie nicht Alleineigentümerin ist, sondern zusammen mit der Beteiligten zu 1 eine Erbengemeinschaft bildet, steht dem nicht entgegen.
aa) Eigentümerin der verkauften Grundstücke ist nicht eine aus den Beteiligten zu 1 und 2 bestehende Erbengemeinschaft. Denn diese ist - anders als die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts und die Wohnungseigentümergemeinschaft - nicht rechtsfähig. Sie ist kein eigenständiges, handlungsfähiges Rechtssubjekt, sondern lediglich eine gesamthänderisch verbundene Personenmehrheit, der mit dem Nachlass ein Sondervermögen zugeordnet ist (BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2006 - VIII ZB 94/05, NJW 2006, 3715 f. Rn.7). Die Erbengemeinschaft kann somit nicht Träger von Rechten und Pflichten sein. Die Folge davon ist, dass die Beteiligten zu 1 und 2, gesamthänderisch verbunden in der Erbengemeinschaft, Grundstückseigentümer sind.
bb) Die ungeteilte Gesamtberechtigung vermittelt der Beteiligten zu 2 zwar keine dingliche Berechtigung an den verkauften Grundstücken (BGH, Beschluss vom 24. Januar 2001 - IV ZB 24/00, NJW 2001, 2396, 2397; Urteil vom 17. November 2000 - V ZR 487/99, WM 2001, 477, 478). Sie kann über ihren Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen nicht verfügen. Aber die Verwaltung des Sondervermögens „Nachlass“ steht ihr und der Beteiligten zu 1 gemeinschaftlich zu (§ 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB). Beide Mitglieder der Erbengemeinschaft können gemeinschaftlich über zum Nachlass gehörende Grundstücke verfügen (§ 2040 Abs. 1 BGB). Verkaufen und übereignen sie solche Grundstücke, geben sie die dafür notwendigen Willenserklärungen nicht für die Gemeinschaft und erst recht nicht für das Sondervermögen ab, sondern für sich selbst. Sie sind Handlungssubjekte und damit unmittelbar an dem Geschäft beteiligt. Ein Fall der mittelbaren Bundesverwaltung liegt entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts somit nicht vor. Die Vertretung durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ändert an der Rechtsstellung und Beteiligung der Bundesrepublik an dem Vertrag nichts.
cc) Hinzu kommt, dass die gesamthänderische Verbundenheit der Mitglieder einer Erbengemeinschaft dazu führt, dass die für die Verwaltung des Nachlasses und für die Verfügung über Nachlassgegenstände notwendigen Willenserklärungen unabhängig von der Anzahl der Miterben dieselbe rechtliche Wirkung haben wie die Willenserklärung eines Alleinberechtigten.
dd) Die Genehmigungsfreiheit des Kaufvertrags bei der Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland als eines von zwei Mitgliedern einer Erbengemeinschaft auf der Verkäuferseite steht in Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung in § 4 Nr. 1 GrdstVG. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers wirkt sich die Freistellung von der Genehmigungspflicht in zweierlei Hinsicht aus: Zum einen ist die Unterteilung in genehmigungsfreie Rechtsgeschäfte (§ 4 GrdstVG) und in solche, deren Genehmigung beim Vorliegen besonderer Voraussetzungen nicht verweigert werden darf (§ 8 GrdstVG), deshalb gewählt worden, weil bei den nicht genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften sofort für den Grundbuchbeamten klar zu erkennen sei, ob ein Vertrag in diese Gruppe falle, hingegen bei den anderen Rechtsgeschäften der Landwirtschaftsbehörde vorbehalten bleiben müsse, das Vorliegen der sachlichen Voraussetzungen zu prüfen; zum anderen sei bei der Beteiligung des Bundes oder eines Landes als Vertragsteil die Überwachung der einen Behörde durch die andere nachgeordnete Behörde nicht angängig (Entwurf der Bundesregierung eines Grundstücksverkehrsgesetzes, BT-Drs. 3/119 S. 17; schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem Entwurf, BT-Drs. 3/2635 S. 6). Beides trifft auch für die Fälle zu, in denen der Bund mit anderen Personen gesamthänderisch verbunden ist.
4. Der angefochtene Beschluss ist somit aufzuheben. Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 5 gegen die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts ist zurückzuweisen, weil sie im Ergebnis keinen Erfolg hat. Dabei ist klarzustellen, dass der Kaufvertrag genehmigungsfrei ist.
V.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Die Beteiligte zu 5 übt die Rechte der Siedlungsbehörde aus und ist deshalb von der Zahlung der Gerichtskosten befreit (§ 41 Satz 2, § 42 Abs. 2 LwVG). Außergerichtliche Kosten der Beteiligten zu 1 bis 4 können ihr jedoch auferlegt werden (aA OLG Frankfurt am Main, RdL 2003, 305, 306).
2. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Grundlage in § 36 Abs. 1, § 37 LwVG.
Stresemann Lemke Czub