Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 23.11.2012


BGH 23.11.2012 - BLw 13/11

Grundstücksverkehr: Heilung eines Verfahrensfehlers; Aufhebung eines außerhalb des Genehmigungsverfahrens ergangenen Bescheids über Vorkaufsrecht; Genehmigungspflicht der Veräußerungen von Erbanteilen


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
Senat für Landwirtschaftssachen
Entscheidungsdatum:
23.11.2012
Aktenzeichen:
BLw 13/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Rostock, 30. September 2011, Az: 14 W 4/11vorgehend AG Stralsund, 27. August 2010, Az: 61 Lw 5/09
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Verfahrensfehler der für die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zuständigen Behörden sind grundsätzlich nach § 45 VwVfG heilbar.

2. Ein außerhalb eines Genehmigungsverfahrens ergangener Bescheid über die Mitteilung der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ist in dem Einwendungsverfahren nach § 10 RSG aufzuheben, und zwar auch dann, wenn eine der Vertragsparteien nachträglich die Genehmigung beantragt.

3. Veräußerungen von Erbanteilen nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG sind, auch wenn der Nachlass nicht aus einem Betrieb, sondern aus landwirtschaftlichen Grundstücken besteht, dann genehmigungspflichtig, wenn die Form der Erbanteilsübertragung allein deswegen gewählt wurde, um die Genehmigungspflicht einer von den Vertragsparteien bezweckten Veräußerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke zu umgehen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 5 und zu 6 wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen der Beschluss des 14. Zivilsenats - Landwirtschaftssenat - des Oberlandesgerichts Rostock vom 30. September 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als festgestellt worden ist, dass der am 16. Oktober 2008 von der Notarin W.   in A.   beurkundete Erbteilsübertragungsvertrag (UR-Nr. 1293/2008) keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedarf. Im Umfang der Aufhebung wird die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten aller Instanzen tragen zur Hälfte die Beteiligten zu 1 bis 4 und im Übrigen die Beteiligte zu 5. Außergerichtliche Kosten des Verfahrens der ersten Instanz werden nicht erstattet. Die Beteiligten zu 1 bis 4 haben den Beteiligten zu 5 und 6 und diese den Beteiligten zu 1 bis 4 ihre in der zweiten Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten jeweils zur Hälfte zu erstatten. Der Beteiligte zu 1 hat den Beteiligten zu 5 und zu 6 und diese dem Beteiligten zu 1 die in der dritten Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten jeweils zur Hälfte zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 37.000 €.

Gründe

I.

1

Mit notariellem Vertrag vom 22. Juli 2008 kaufte der Beteiligte zu 1, ein auch als Forstwirt tätiger Notar, landwirtschaftlich genutzte Flächen von den Beteiligten zu 2 bis 4, einer Erbengemeinschaft. Die Vertragsparteien nahmen ihren Antrag, die Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zu erteilen, zurück, nachdem die Genehmigungsbehörde angezeigt hatte, dass sie den Vertrag der Beteiligten zu 5 (Siedlungsunternehmen) zur Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegt habe.

2

Zwei Tage nach der Rücknahme des Genehmigungsantrags schlossen die Beteiligten zu 1 bis 4 einen notariellen Erbteilsübertragungsvertrag. In diesem hoben sie den Grundstückskaufvertrag auf. Die Beteiligten zu 2 bis 4 nahmen eine Teil-Erbauseinandersetzung vor, nach der nur noch die Grundstücke, die Gegenstand des aufgehobenen Kaufvertrags waren, im Nachlass verblieben. Sie verkauften und übertrugen sodann ihre Erbteile an den Beteiligten zu 1 zu dem bereits im Kaufvertrag vereinbarten Preis. Für diesen Vertrag beantragten sie keine Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz.

3

Nachdem die Genehmigungsbehörde von dem Vollzug des Vertrags erfahren hatte, teilte sie den Beteiligten zu 1 bis 4 mit Bescheid vom 17. Juni 2009 die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 5 mit. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1 bis 4 die gerichtliche Entscheidung beantragt. Der Beteiligte zu 1 erklärte in einem danach an die Genehmigungsbehörde gesandten Schreiben, dass er der hiermit beantragten Genehmigung nach §§ 5, 6 GrdstVG zu der anliegenden Urkunde (dem Erbteilsübertragungsvertrag) entgegensehe.

4

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Bescheid vom 17. Juni 2009 für nichtig erklärt und in einem ergänzenden Bescheid das Grundbuchamt um Eintragung eines Widerspruchs gegen die Eintragung des Beteiligten zu 1 als Eigentümer ersucht. Das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - hat die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert. Es hat den Bescheid vom 17. Juni 2009 aufgehoben und festgestellt, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei und dass der Erbteilsübertragungsvertrag keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedürfe. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen die Beteiligten zu 5 und zu 6 (die der Genehmigungsbehörde übergeordnete Behörde) die Zurückweisung der von den Beteiligten zu 1 bis 4 gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts erhobenen Einwendungen erreichen.

II.

5

Nach Ansicht des Beschwerdegerichts (dessen Entscheidung in NotBZ 2012, 187 veröffentlicht ist) war der Bescheid über die Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts trotz fehlenden Antrags nicht nichtig, sondern nur anfechtbar. Dieser Mangel sei jedoch durch die nachträgliche Antragstellung des Beteiligten zu 1 geheilt worden. Der Verwaltungsakt sei allerdings aufzuheben, weil der Erbteilsübertragungsvertrag nicht dem siedlungsrechtlichen Vorkaufsrecht unterfalle. Die Ausübung des Vorkaufsrechts setze einen nach dem Grundstücksverkehrsgesetz genehmigungspflichtigen Vertrag voraus. Daran fehle es, weil die Übertragung von Erbanteilen nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG einer genehmigungspflichtigen Veräußerung landwirtschaftlicher Grundstücke nur dann gleichstehe, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bestehe, jedoch nicht, wenn - wie hier - zum Nachlass lediglich landwirtschaftliche Grundstücke gehörten. Die darin liegende Umgehungsgefahr habe der Gesetzgeber gesehen, die Übertragung von Erbanteilen gleichwohl nur teilweise der Genehmigungspflicht unterstellt. Die gesetzliche Entscheidung schließe es aus, einen Erbteilsübertragungsvertrag als genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft zu behandeln, auch wenn - wie hier - die Vertragsparteien mit der Wahl dieser Form die Genehmigungspflicht hätten vermeiden wollen.

III.

6

Die Rechtsbeschwerde ist nach der auf Grund der Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG anzuwendenden Vorschrift des § 24 Abs. 1 LwVG aF statthaft und nach §§ 25, 26 und 32 Abs. 2 Satz 2 LwVG aF auch im Übrigen zulässig.

7

1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - schon deshalb unbegründet, weil es an einer zulässigen Beschwerde der Beteiligten zu 6 fehlte. Diese hat nach § 32 Abs. 2 Satz 2 LwVG als übergeordnete Behörde innerhalb der laufenden Frist für die sofortige Beschwerde (§ 22 Abs. 1 LwVG aF i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG) dem Gericht nicht nur mitgeteilt, dass sie der von der Genehmigungsbehörde eingelegten Beschwerde beitrete, sondern auch, dass sie sich diese zu Eigen mache. Das Beschwerdegericht hat darin zutreffend ein eigenes Rechtsmittel der Beteiligten zu 6 erkannt.

8

2. Das Rechtsmittel bleibt jedoch ohne Erfolg, soweit es sich gegen die Aufhebung des Bescheids der Genehmigungsbehörde und die Feststellung richtet, dass das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden ist.

9

a) Die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nach § 4 RSG, die durch eine in § 21 GrdstVG als Mitteilung bezeichnete Entscheidung der Genehmigungsbehörde erfolgt (Senat, Beschluss vom 24. November 2006 - BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98, 100 Rn. 16), beruhte auf einem fehlerhaften Verwaltungsverfahren. Die Koppelung des Genehmigungsverfahrens mit dem Vorkaufsrecht durch das Grundstücksverkehrsgesetz hat zur Folge, dass die Ausübung dieses Rechts nur im Rahmen eines von einem Antrag abhängigen Genehmigungsverfahrens stattfinden kann (Senat, Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 119).

10

Der unzutreffenden Ansicht der Rechtsbeschwerde, dass das Vorkaufsrecht schon mit dem Abschluss eines nach dem Grundstücksverkehrsgesetz genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigungsfähigen Vertrags entstehe, ist der Senat bereits in der zitierten Entscheidung mit dem Hinweis entgegengetreten, dass die Vorkaufsrechtsausübung auf einem Antrag nach § 3 GrdstVG aufbaut, den Veräußerungsvertrag zu genehmigen. Ohne diesen Antrag kann ein Genehmigungsverfahren nicht eingeleitet und daran eine Vorkaufsrechtsausübung angeschlossen werden (Senat, Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, aaO, 121). Ist das dennoch geschehen, ist die Mitteilung über die Vorkaufsrechtsausübung im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG aufzuheben (Senat, Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, aaO, 120).

11

b) Der Verfahrensfehler ist nicht nach der Vorschrift in § 45 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG M-V (die nachfolgend zitierten landesrechtlichen Bestimmungen stimmen inhaltlich mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes überein) wegen eines von dem Beteiligten zu 1 nachträglich gestellten Genehmigungsantrags unbeachtlich, wie das Beschwerdegericht meint.

12

aa) Verfahrensfehler der für die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz zuständigen Behörden sind allerdings grundsätzlich nach § 45 VwVfG heilbar. Deren Entscheidungen sind Verwaltungsakte, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze anzuwenden sind, soweit nicht im Grundstücksverkehrsgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom 13. Mai 1982 - V BLw 22/80, AgrarR 1982, 207, 208 und vom 5. Mai 1983 - V BLw 1/82, NJW 1984, 54).

13

Ob ein Bescheid der Genehmigungsbehörden, der ohne einen Antrag nach § 3 Abs. 2 GrdstVG erlassen worden ist, nichtig (so Netz, GrdstVG, 5. Aufl., § 8 Anm. 8.5.2.1) oder nur anfechtbar ist (so Ehrenforth, RSG u. GrdstVG, § 3 GrdstVG Anm. 2; Herminghausen, DNotZ 1963, 387, 388; Lange, GrdstVG, 2. Aufl., § 3 Anm. 2), ist streitig. Sie ist von dem Beschwerdegericht zutreffend entschieden worden. Hat ein vom Gesetz vorgeschriebener Antrag allein verfahrensrechtliche Bedeutung und stellt keine nach materiellem Recht notwendige Mitwirkung des Antragstellers dar, führt ein Verstoß der Behörde gegen das Verbot in § 22 Satz 2 VwVfG, dort von Amts wegen tätig zu werden, wo sie nur auf Antrag tätig werden darf, zur Fehlerhaftigkeit, jedoch nicht zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts (vgl. Ritgen in Knack/Henneke, VwVfG, 9. Aufl., § 22 Rn. 33; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 22 Rn. 29 und § 45 Rn. 15; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 35 Rn. 239). Das trifft auf den Antrag nach § 3 GrdstVG zu, da dieser eine verfahrensrechtliche Voraussetzung, aber kein materiell-rechtliches Zustimmungserfordernis für die im öffentlichen Interesse ergehenden Entscheidungen der Genehmigungsbehörde ist (vgl. Senat, Beschluss vom 10. März 1959 - V BLw 46/58, RdL 1959, 159).

14

Danach wird auch die ohne einen Antrag auf Genehmigung des Veräußerungsgeschäfts erfolgte Mitteilung über die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 43 Abs. 1 Satz 2 VwVfG mit dem den Beteiligten bekannt gegebenen Inhalt wirksam und bleibt es nach § 43 Abs. 2 VwVfG bis zu einer etwaigen Rücknahme durch die Behörde oder einer Aufhebung in einem gerichtlichen Verfahren. Soweit der Senat in seiner - vor dem Inkrafttreten der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der der Länder ergangenen - Entscheidung vom 4. Februar 1964 (V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 120) ausgeführt hat, dass eine außerhalb eines Genehmigungsverfahrens erfolgte Mitteilung über die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts rechtlich keine Bedeutung erlange, hält er daran aus den vorstehenden Gründen nicht mehr fest.

15

bb) Ein außerhalb eines Genehmigungsverfahrens ergangener Bescheid über die Mitteilung der Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts ist in dem Einwendungsverfahren nach § 10 RSG grundsätzlich aufzuheben (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 120, an dem insoweit festzuhalten ist), und zwar auch dann, wenn eine der Vertragsparteien nachträglich die Genehmigung beantragt. Es kann deswegen dahinstehen, ob der Beteiligte zu 1 mit seinem Schreiben vom 6. Juli 2009 nachträglich eine Genehmigung nach § 2 GrdstVG oder nur ein Zeugnis über die Genehmigungsfreiheit nach § 5 GrdstVG beantragt hat, wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint. Das Beschwerdegericht hat bei seiner auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG gestützten Entscheidung nicht berücksichtigt, dass nach dieser Vorschrift nur die Einleitung des Verfahrens ohne den vorgeschriebenen Antrag unbeachtlich sein kann. Nicht geheilt werden jedoch die weiteren Verfahrensmängel, die darauf beruhen, dass die Genehmigungsbehörde außerhalb eines förmlichen Verwaltungsverfahrens zugunsten des Siedlungsunternehmens entschieden hat, ohne zuvor den Vertragsparteien Gelegenheit gegeben zu haben, sich vor der Entscheidung zu den für diese erheblichen Tatsachen zu äußern (Verstoß gegen § 28 Abs. 1 VwVfG).

16

(1) Eine Heilung von Verwaltungsakten durch Nachholung der Maßnahmen, die vor dessen Erlass hätten erfolgen müssen, muss in einer Art und Weise erfolgen, dass die mit dem Fehler verbundenen Nachteile vollständig beseitigt werden (vgl. BVerwE 68, 267, 275; Hufen, JuS 1999, 323, 325; HK-VerwR/Schwarz, § 45 VwVfG Rn. 16; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 45 Rn. 42). Verfahrensfehler der Behörde stellen einen Verstoß gegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns dar. Die darauf beruhenden Eingriffe in seine grundrechtlich geschützten Rechte muss der Einzelne grundsätzlich nicht hinnehmen. Soweit Gesetze Verfahrensfehler für unbeachtlich oder heilbar erklären, ist das nur hinnehmbar, wenn der Einzelne durch die nachgeholte Verfahrenshandlung so gestellt wird, wie er gestanden hätte, wenn der Fehler nicht geschehen wäre (Hufen, aaO; HK-VerwR/Schwarz, aaO; Kopp/Ramsauer, aaO).

17

(2) Bei einem ordnungsgemäßen Verfahren können die Vertragsparteien - wie hier geschehen - nach der Ankündigung, dass der Vertrag dem Siedlungsunternehmen zur Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts vorgelegt werde, den Genehmigungsantrag noch zurücknehmen, danach die Voraussetzungen für eine Erteilung der Genehmigung (z.B. durch Aufnahme einer Nebenerwerbslandwirtschaft oder einer gemäß § 9 Nr. 6 GrdstVG im volkswirtschaftlichen Interesse liegenden Tätigkeit durch den Käufer) herbeiführen und sodann erneut die Genehmigung beantragen. Die Möglichkeit, die Voraussetzungen für eine Genehmigung noch vor Ausübung des Vorkaufsrechts herbeizuführen, wird dem Käufer jedoch genommen, wenn die Genehmigungsbehörde nach einem von Amts wegen durchgeführten Verwaltungsverfahren die Vertragsparteien mit der Mitteilung über die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts überrascht.

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(3) Die Verschlechterung der Rechtsstellung des Käufers durch ein von Amts wegen eingeleitetes Genehmigungsverfahren wird nicht dadurch beseitigt, dass der Käufer nachträglich den Antrag auf Erteilung der Genehmigung stellt. In einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren nach § 10 RSG können die Kaufvertragsparteien das bereits ausgeübte Vorkaufsrecht nämlich nur noch durch die Einwendungen zu Fall bringen, dass die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Rechts nicht vorlagen, weil die Veräußerung keiner Genehmigung nach § 2 GrdstVG bedurfte oder diese nach § 9 GrdstVG nicht zu versagen gewesen wäre (vgl. Senat, Beschlüsse vom 4. Februar 1964 - V BLw 31/63, BGHZ 41, 114, 122 und vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006 1245, 1246 Rn. 22). Grund dafür ist, dass mit der Zustellung der Mitteilung nach § 21 GrdstVG das Vorkaufsrecht ausgeübt worden und gemäß § 464 Abs. 2 BGB ein Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Siedlungsunternehmen zustande gekommen ist (Senat, Beschlüsse vom 13. Mai 1982 - V BLw 8/81, NJW 1983, 41 und vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245, 1246 Rn. 22). Der Käufer kann dem Siedlungsunternehmen dessen Rechtsstellung nicht nachträglich wieder entziehen, indem er erst in dem gerichtlichen Verfahren die Voraussetzungen herbeiführt, unter denen ihm im Verwaltungsverfahren die Genehmigung zu erteilen gewesen wäre (Senat, Beschluss vom 24. November 2006 - BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98, 100 Rn. 20).

19

3. Erfolg hat die Rechtsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Feststellung des Beschwerdegerichts wendet, dass der Erbteilsübertragungsvertrag keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedarf.

20

a) Die angegriffene Entscheidung stellt sich allerdings nicht deshalb als rechtsfehlerhaft dar, weil - wie die Rechtsbeschwerde meint - das Beschwerdegericht Rechtsmittelfristen missachtet und in unzulässiger Weise den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens erweitert habe. Das Beschwerdegericht durfte die Erklärung der Beteiligten zu 1 bis 4, der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts, mit dem das Grundbuchamt ersucht wurde, einen Widerspruch einzutragen (§ 7 Abs. 2 GrdstVG), sei durch das Gericht aufzuheben, als Anschlussbeschwerde würdigen und über diese entscheiden.

21

aa) Dass die zweiwöchige Frist für die sofortige Beschwerde nach § 22 Abs. 1, § 9 LVwG a.F. i.V.m. § 22 Abs. 1 FGG bei der Einreichung der als Antrag auszulegenden Erklärung bei dem Beschwerdegericht verstrichen war, ist unerheblich, weil diese Frist für eine Anschlussbeschwerde, die die Beteiligten zu 1 bis 4 nach ihren Erklärungen einlegen wollten, nicht gilt (vgl. nur Barnstedt/Steffen, LwVfG, 7. Aufl., zu § 22 aF Rn. 212).

22

bb) Das Beschwerdegericht hat die gegen das Eintragungsersuchen gerichtete Anschlussbeschwerde nach dem für die Auslegung von Prozesserklärungen geltenden Grundsatz, dass eine Partei mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, NJW-RR 2005, 371, 372 mwN), zutreffend ausgelegt. Dieser Antrag war danach darauf gerichtet, entsprechend § 5 GrdstVG festzustellen, dass der Erbteilsübertragungsvertrag keiner Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bedarf. Das Beschwerdegericht war dazu auch befugt, da das Landwirtschaftsgericht nach § 22 Abs. 3 GrdstVG alle Entscheidungen treffen kann, die auch die Genehmigungsbehörde treffen kann.

23

cc) Die Betroffenen zu 1 bis 4 konnten diesen Feststellungsantrag in dem Beschwerdeverfahren über die Wirksamkeit des Bescheids vom 17. Juni 2009 verfolgen. Richtig ist zwar der Hinweis der Rechtsbeschwerde, dass mit der Anschlussbeschwerde grundsätzlich nur die mit der sofortigen Beschwerde angefochtene Entscheidung bekämpft werden kann (BGH, Beschluss vom 16. März 1983 - IVb ZB 807/80, NJW 1983, 1858) und dass der Beschluss mit dem Ersuchen an das Grundbuchamt zur Eintragung eines Widerspruchs nicht mit der sofortigen Beschwerde angegriffen worden war. Mit der Anschlussbeschwerde können jedoch auch neue prozessuale Ansprüche verfolgt und der bisherige Verfahrensgegenstand erweitert werden (BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 1951 - GSZ 2/51, BGHZ 4, 229, 234 und vom 16. März 1983 - IVb ZB 807/80, aaO). Eines Angriffs gegen das Eintragungsersuchen nach § 7 GrdstVG bedurfte es schon deshalb nicht, weil dieses Ersuchen (was von den Beteiligten in dem Beschwerdeverfahren übersehen worden ist) von den Vertragsparteien nicht angegriffen werden kann. Diese können, wenn sie das Ersuchen deshalb für unbegründet halten, weil nach ihrer Auffassung das Rechtsgeschäft keiner Genehmigung bedarf, ein Negativattest nach § 5 GrdstVG beantragen (Pikalo/Bendel, GrdstVG, § 7 Anm. I.4.a) [S. 466]; Netz, GrdstVG, 5. Aufl., § 7, Anm. 4.7.3.4).

24

dd) Das für den Antrag erforderliche Rechtsschutzinteresse folgt daraus, dass ein auf Ersuchen nach § 7 GrdstVG eingetragener Widerspruch zu löschen ist, wenn dem Grundbuchamt ein bestandskräftiger Bescheid der Behörde (Genehmigungsbescheid oder Negativzeugnis) oder eine dem gleichstehende rechtskräftige Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts vorgelegt wird (vgl. Netz, aaO, § 7, Anm. 4.7.4).

25

b) Die Rechtsbeschwerde ist jedoch insoweit in der Sache begründet, weil das Beschwerdegericht zu Unrecht den Erbteilsübertragungsvertrag als genehmigungsfrei angesehen hat.

26

aa) Allerdings sind Verträge über die Veräußerung von Anteilen am Nachlass durch einen Miterben (§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB) nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG nur unter den darin bestimmten Voraussetzungen und nicht schon nach § 2 Abs. 1 GrdstVG genehmigungsbedürftig.

27

(1) Eine rechtsgeschäftliche Grundstücksveräußerung im Sinne des § 2 Abs. 1 GrdstVG, unter der die sachenrechtliche Übereignung eines Grundstücks nach §§ 873, 925 BGB zu verstehen ist (Pikalo/Bendel, GrdstVG, § 2 F 1 b [S. 265]; Netz, GrdstVG, 5. Aufl., § 2 Anm. 4.2.3.1; Vorwerk/von Spreckelsen, GrdstVG, § 2 Rn. 85), liegt nicht vor. Von der Übereignung eines (zum Nachlass gehörenden) Grundstücks ist die Übertragung des Anteils eines Miterben am Nachlass nach § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB zu unterscheiden, die eine Verfügung über einen Anteil an dem gesamthänderisch gebundenen Vermögen darstellt und nur solange möglich ist, wie der Nachlass noch nicht geteilt ist (vgl. nur RGZ 134, 296, 299). Solche Verfügungen sind in § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG nur dann den Grundstücksveräußerungen gleichgestellt, wenn der Erbanteil an einen Dritten veräußert wird und der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb besteht, woran es hier fehlt.

28

(2) Nicht genehmigungsbedürftige Übertragungen von Anteilen an Gesamthandsgemeinschaften, deren Vermögen im Wesentlichen aus landwirtschaftlich genutzten Grundstücken besteht, sind nicht schon wegen des Interesses der Allgemeinheit an der Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Siedlungsunternehmen genehmigungspflichtigen Veräußerungsgeschäften gleichzustellen, da es allein Sache des Gesetzgebers ist, den Umfang der Genehmigungspflicht und des daran anknüpfenden siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts festzulegen. Eine Ausdehnung der gesetzlichen Regelung kann nicht im Wege der Auslegung, sondern nur durch Änderung des Gesetzes erfolgen (RGZ 104, 42, 44; Senat, Beschluss vom 8. November 1955 - V BLw 25/55, RdL 1956, 50, 51).

29

bb) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht jedoch, dass die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG nicht genehmigungspflichtigen Veräußerungen von Erbanteilen unabhängig von dem von ihnen mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck genehmigungsfrei sein müssen. Das widerspricht der Rechtsprechung des Senats, nach der die Genehmigungspflicht im Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nicht umgangen werden darf und die hierauf gerichteten Rechtsgeschäfte der Genehmigung bedürfen (vgl. Beschlüsse vom 9. Juli 1956 - V BLw 2/56, BGHZ 21, 221, 225, vom 3. Mai 1957 - V BLw 2/57, RdL 1957, 786, 788 und vom 3. Juni 1976 - V BLw 16/75, WM 1976, 849, 850). Sie gilt auch für an sich nicht genehmigungsbedürftige Erbanteilsübertragungen (vgl. Senat, Beschluss vom 8. November 1955 - V BLw 25/55, RdL 1956, 50, 52). Daran ist festzuhalten.

30

(1) Richtig ist allerdings, dass die Annahme einer Genehmigungspflicht für einen Vertrag einer besonderen Begründung bedarf, wenn dieser zu einer Kategorie von Rechtsgeschäften gehört, die nach dem Gesetz nicht genehmigungsbedürftig ist. Eine solche Begründung ist deshalb geboten, weil ein Richter nicht entgegen dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) und der Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) aus seiner Rolle als Normanwender heraustreten darf (BVerfGE 113, 88, 103; 128, 193, 210), indem er - hier durch Anwendung der allgemeinen Rechtsgrundsätze für Umgehungsgeschäfte - "durch die Hintertür" eine Genehmigungspflicht für eine Gruppe von Verträgen begründet, die der Gesetzgeber davon freigestellt hat. Ob und unter welchen Voraussetzungen es vor diesem Hintergrund zulässig ist, Verfügungen über Anteile an einem Nachlass aus besonderen Gründen dennoch als genehmigungspflichtig zu behandeln, muss anhand des Normenkontexts, der Zwecksetzung und der mit den Normen verbundenen gesetzgeberischen Intention entschieden werden (vgl. BVerfGE 113, 88, 104).

31

(2) Aus dem Kontext aller Vorschriften über die einer Genehmigung bedürfenden Rechtsgeschäfte (§ 2 GrdstVG) ergibt sich, dass allein die Übertragung der Anteile von Miterben an dem ungeteilten Nachlass nach § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB genehmigungsfrei ist, wenn kein Betrieb den wesentlichen Teil des Nachlasses bildet, weil das nach Ansicht des Gesetzgebers zu einer von dem Zweck des Gesetzes nicht gebotenen Beeinträchtigung der Interessen einer Erbengemeinschaft geführt hätte (BT-Drucks. 3/2635, S. 5). Alle von einem Alleinerben vorgenommenen Rechtsgeschäfte sind demgegenüber nach § 2 Abs. 1 GrdstVG genehmigungsbedürftige Veräußerungen; das gilt auch für Verkäufe des gesamten Nachlasses nach §§ 2371 ff. BGB, da diese nur durch Übertragung der einzelnen zur Erbschaft gehörenden Sachen und Rechte erfüllt werden können (RGZ 134, 296, 298). Dasselbe gilt für die Veräußerung der zum Nachlass gehörenden Grundstücke durch alle Miterben nach § 2033 Abs. 2 BGB.

32

Danach bedürfen alle Rechtsgeschäfte, durch die das Eigentum an einem landwirtschaftlichen Grundstück von einem Erben auf einen Dritten übertragen wird, der Genehmigung; bei diesen Geschäften ist zu prüfen, ob - insbesondere bei einer Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nichtlandwirt - Gründe für eine Versagung der Genehmigung nach § 9 GrdstVG vorliegen. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht gerechtfertigt, Verträge über die Veräußerung von Erbanteilen auch dann von der Genehmigungspflicht nach § 2 Abs. 1 GrdstVG freizustellen, wenn mit ihnen das Eigentum an landwirtschaftlichen Grundstücken von den Erben auf einen Dritten übertragen werden soll und die Form einer Verfügung über die Anteile am Nachlass (§ 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB) nur gewählt wird, um die für das gewollte Veräußerungsgeschäft geltende Genehmigungspflicht zu umgehen.

33

cc) So ist es hier. Die von den Beteiligten zu 1 bis 4 gewählte Vertragsgestaltung stellt ein solches Umgehungsgeschäft dar, wovon auch das Beschwerdegericht ausgegangen ist. Dafür sprechen sowohl der tatsächliche Geschehensablauf als auch der Inhalt des Erbteilskaufvertrags selbst. Die von den Beteiligten zu 1 bis zu 4 verfolgte Absicht der Umgehung wird daraus deutlich, dass sie die Grundstücke ursprünglich auf Grund eines genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfts veräußern wollten und sich erst, nachdem die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts im Raume stand, dazu entschlossen, den Weg über eine Veräußerung von Erbanteilen zu beschreiten. Auch nach seinem Inhalt stellt sich der Erbteilskaufvertrag als ein Umgehungsgeschäft dar, weil er nicht die für die Übertragung von Anteilen an einer Sachgesamtheit, sondern die für eine Veräußerung von Grundstücken typischen Merkmale aufweist. Das Substrat der Anteile an der Erbschaft wurde durch eine zuvor vorgenommene Teil-Erbauseinandersetzung auf diejenigen Grundstücke reduziert, die Gegenstand des aufgehobenen Kaufvertrags waren. Zugleich wurde die mit den Erbteilsübertragungen regelmäßig verbundene Haftung für Verbindlichkeiten des Nachlasses (§§ 2382, 2383 BGB) schuldrechtlich abbedungen. Auch der Kaufpreis blieb unverändert.

34

dd) Nach alledem bedarf der Erbteilsübertragungsvertrag wie das mit ihm umgangene Veräußerungsgeschäft einer Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz. Insoweit ist die Rechtsbeschwerde begründet und die Feststellung der Genehmigungsfreiheit in dem angegriffenen Beschluss aufzuheben.

35

ee) Ob - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - einem Antrag nach § 3 GrdstVG auf Genehmigung des Erbteilsübertragungsvertrags mangels Vorliegens von Versagungsgründen nach § 9 Abs. 1 GrdstVG zu entsprechen gewesen wäre, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Wenn die Vertragsparteien - wie hier - vorbringen, lediglich ein Zeugnis der Genehmigungsfreiheit, aber nicht die Genehmigung beantragt zu haben, ist auch das Gericht nicht dazu berufen, eine nicht beantragte Genehmigung zu erteilen. Über einen solchen Antrag hätte - falls die Vertragsparteien sich dazu entschließen sollten - zunächst die Genehmigungsbehörde zu entscheiden.

IV.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Beteiligte zu 6 ist zwar gemäß § 42 Abs. 2 i.V.m. § 41 Satz 2 LwVG von Gerichtskosten befreit; sie hat aber, weil sie eine Beschwerde und eine Rechtsbeschwerde erhoben hat und deswegen nach § 32 Abs. 2 Satz 3 LwVG als Beteiligte gilt, wie die anderen Beteiligten nach § 42 Abs. 1 Satz 2 LwVG die durch ihre teilweise unbegründeten Rechtsmittel bei den Beteiligten zu 1 bis zu 4 entstanden außergerichtlichen Kosten anteilig mitzutragen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 11. Oktober 1955 - V BLw 24/55, NJW 1955, 1796 und vom 8. Mai 1998 - BLw 44/97, AgrarR 1998, 274, 275). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 1, § 37 LwVG.

Stresemann                   Lemke                     Czub