Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 28.04.2017


BGH 28.04.2017 - BLw 1/15

Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz: Beurteilung des dringenden Aufstockungsbedarfs des kaufinteressierten Landwirts; Ausräumung eines Versagungsgrunds durch eine Verpachtungsauflage


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
Senat für Landwirtschaftssachen
Entscheidungsdatum:
28.04.2017
Aktenzeichen:
BLw 1/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2017:280417BBLW1.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Celle, 9. Dezember 2014, Az: 7 W 72/14 (L)vorgehend AG Hameln, 29. Juli 2014, Az: 32 Lw 30/14nachgehend BGH, 28. Juli 2017, Az: BLw 1/15, Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. In den Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt; es lässt sich nicht allgemein definieren, welches Verhältnis zwischen Pacht- und Eigenland als unausgewogen anzusehen ist.

2. Ein bestehender Versagungsgrund kann durch eine Verpachtungsauflage nur ausgeräumt werden, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zu dem bevorstehenden Wegfall des Versagungsgrundes überbrückt werden kann.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 5 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Dezember 2014 aufgehoben.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Hameln vom 29. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Die in den Rechtsmittelverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5 trägt der Beteiligte zu 1. Im Übrigen findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.

Der Gegenstandswert wird unter Abänderung der Beschlüsse des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Hameln vom 29. Juli 2014 und des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Dezember 2014 für alle Instanzen auf 1.000.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Im Jahr 1981 erwarb der Vater der Beteiligten zu 2 land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz in einer Gesamtgröße von 83,86 ha, der bis dahin zu einem einheitlichen landwirtschaftlichen Betrieb gehört hatte. Der Grundbesitz umfasst Acker (31,56 ha), Wald (39,94 ha), Grünland (9,38 ha), Wege, Gräben und Gewässer (2,63 ha) sowie Gebäude- und Freiflächen (0,35 ha); er setzt sich aus fünfzehn Einzelflächen zusammen. Der Vater der Beteiligten zu 2 war kein Landwirt. Ihm ging es bei dem Erwerb um den mit dem Grundbesitz verbundenen Eigenjagdbezirk. Das Acker- und Grünland verpachtete er. Etwa 5 ha Grünland sind bis heute an den Landwirt K.     verpachtet. Pächter des restlichen Bestands an Ackerflächen und Grünland war und ist der Landwirt M.    Infolge des Todes des Vaters im Jahr 2009 erbte den Grundbesitz die Beteiligte zu 2, die ebenfalls keine Landwirtin ist.

2

Mit notariellem Kaufvertrag vom 20. November 2013 verkaufte die Beteiligte zu 2 den Grundbesitz zum Preis von 1.450.000 € an den Beteiligten zu 1 (Antragsteller). Dieser ist Bankkaufmann und als Vorstand einer Sparkasse tätig. Sein Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrags ging am 7. Januar 2014 bei dem Beteiligten zu 3 (Landkreis) ein, der die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts auf zwei Monate verlängerte. Am 28. Februar 2014 übte die Beteiligte zu 5 (Siedlungsunternehmen) ihr Vorkaufsrecht aus. Nach einer weiteren Fristverlängerung auf drei Monate teilte der Landkreis den Beteiligten mit Bescheid vom 31. März 2014 mit, dass das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht ausgeübt worden und der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig sei.

3

Die von dem Antragsteller gegen das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht erhobenen Einwendungen hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zurückgewiesen. Auf die Beschwerde hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - den Beschluss geändert. Es hat den Bescheid vom 31. März 2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Siedlungsunternehmen nicht wirksam geworden sei. Den notariellen Kaufvertrag vom 20. November 2013 hat es unter der Auflage genehmigt, dass der Antragsteller die Grünlandflächen bis zum 30. September 2023 weiterhin an einen Landwirt bzw. an mehrere Landwirte zu angemessenen Bedingungen verpachte, wobei er vorzugsweise die bereits seit Jahren bestehenden Pachtverträge mit den Landwirten K.     und M.    fortzuführen habe. Hiergegen wendet sich das Siedlungsunternehmen mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der es erreichen will, dass die Einwendungen des Antragstellers gegen das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht zurückgewiesen werden. Der Antragsteller beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II.

4

Das Beschwerdegericht meint, die Voraussetzungen für die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts lägen im Ergebnis nicht vor, weil die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz im Lichte der (hier allerdings nicht unmittelbar anwendbaren) Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ausnahmsweise unter einer Auflage erteilt werden müsse.

5

Im Ausgangspunkt seien die Voraussetzungen für das Vorkaufsrecht allerdings gegeben. Die Mindestgröße von zwei Hektar werde überschritten, weil die Flurstücke eine wirtschaftliche Einheit darstellten und als solche veräußert worden seien, wobei der Schwerpunkt der Nutzung bei der Landwirtschaft liege. Ferner sei der Antragsteller als Nichtlandwirt anzusehen, obwohl er plane, den Grundbesitz nach Beendigung seiner Berufstätigkeit spätestens in zehn Jahren selbst zu bewirtschaften. Auch habe der von dem Siedlungsunternehmen als Kaufinteressent benannte Landwirt P.   als Vollerwerbslandwirt ein dringendes Aufstockungsbedürfnis; er sei zum Kauf entschlossen und in der Lage.

6

Die Versagung der Genehmigung verstoße jedoch gegen den im Grundgesetz verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da - jedenfalls unter der nunmehr ausgesprochenen Auflage - eine Veränderung der seit Jahrzehnten bestehenden tatsächlichen Verhältnisse durch den Erwerb der Flächen nicht eintrete. Von einer Verpachtungsauflage müsse Gebrauch gemacht werden, wenn diese als milderes Mittel geeignet sei, einen ansonsten bestehenden Versagungsgrund zu beheben. Hier werde der Pächter M.   bei einem Verlust der gepachteten Flächen in seiner Existenz gefährdet. Zudem habe das Beschwerdegericht ebenso wie zuvor das Landwirtschaftsgericht den Eindruck gewonnen, dass es dem Antragsteller ein besonderes persönliches Anliegen sei, nach Beendigung seiner derzeitigen Berufstätigkeit die Landwirtschaft auf den gekauften Flächen selbst auszuüben. Dies begründe die Erwartung, dass der Grundbesitz unter seiner Führung eine eigenbewirtschaftete landwirtschaftliche Einheit werde; eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden trete infolgedessen nicht ein.

III.

7

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

8

1. Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass die Frist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 GrdstVG nach einer wirksamen Verlängerung auf drei Monate eingehalten ist, und dass der notarielle Kaufvertrag vom 20. November 2013 insgesamt der Genehmigungspflicht nach § 2 GrdstVG unterlag. Da jedenfalls auch Grundstücke verkauft wurden, deren Größe die Genehmigungsfreigrenze überschreitet, wurde der Gesamtvertrag genehmigungspflichtig, weil die Genehmigung grundsätzlich nur einheitlich erteilt oder versagt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rn. 6, insoweit in BGHZ 203, 297 nicht abgedruckt). Ob die verkauften Flächen ein einheitliches Grundstück im wirtschaftlichen Sinn bilden, ist für den hier allein interessierenden Umfang der Genehmigungspflicht nach § 2 GrdstVG ohne Bedeutung. Diese Frage spielt ausschließlich eine Rolle für das Bestehen eines Vorkaufsrechts nach § 4 RSG; im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG ist sie grundsätzlich nicht zu prüfen. Die Landwirtschaftsgerichte sind insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die Veräußerung der Genehmigung bedurfte und ob diese nach § 9 Abs. 1 GrdstVG zu versagen wäre (näher Senat, Beschluss vom 28. November 2014 - BLw 3/13, NJW 2015, 1520 Rn. 30, insoweit in BGHZ 203, 297 nicht abgedruckt; Beschluss vom 28. April 2017 - BLw 2/16, zur Veröffentlichung bestimmt).

9

2. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist der Kaufvertrag nicht genehmigungsfähig.

10

a) Als Rechtsgrundlage für die Versagung der Genehmigung kommt nur § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG in Betracht. Nach dieser Vorschrift darf die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet. Nach Absatz 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie auf die Schaffung und die Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ab. Da Grund und Boden in der Land- und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor ist, aber nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung steht, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugutekommen und vorbehalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften. Dementsprechend liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (st. Rspr., vgl. zum Ganzen nur Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 10 mwN).

11

b) Nach diesen Grundsätzen geht das Beschwerdegericht zunächst ohne Rechtsfehler davon aus, dass der Versagungsgrund vorliegt.

12

aa) Der Antragsteller ist als Nichtlandwirt anzusehen. Daran ändert es nichts, dass er nach dem Ende seiner Berufstätigkeit selbst Landwirtschaft betreiben möchte. Solche Vorstellungen des Käufers sind in den Verfahren über die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nur dann einer bereits ausgeübten Landwirtschaft gleichzustellen, wenn der Nichtlandwirt über konkrete und in absehbarer Zeit zur verwirklichende Absichten zur Aufnahme einer leistungsfähigen landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügt und bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen hat. Unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen reichen nicht aus (st. Rspr., vgl. zum Ganzen nur Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 13 mwN). Um Absichtserklärungen dieser Art handelt es sich hier. Die Pläne des Antragstellers sind zwar nach der Einschätzung der Vorinstanzen ernsthaft, aber gleichwohl unverbindlich und nicht näher konkretisiert; zudem beabsichtigt er deren Verwirklichung - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts im Jahr 2014 (vgl. Senat, Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 22) - erst ein Jahrzehnt später.

13

bb) Rechtlicher Nachprüfung hält es auch stand, dass das Beschwerdegericht einen dringenden Aufstockungsbedarf des von dem Siedlungsunternehmen benannten Landwirts P.   bejaht. Die dagegen erhobene Gegenrüge des Antragstellers greift nicht durch.

14

(1) Für das Aufstockungsinteresse ist nicht erforderlich, dass der kaufinteressierte Landwirt zur Aufrechterhaltung seines Betriebes auf das streitgegenständliche Grundstück angewiesen ist. Grundsätzlich stellt jeder Schritt auf dem Weg zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Eigenland und Pachtland eine strukturelle Verbesserung dar und dient damit der wirtschaftlichen Stärkung des Betriebs, was wiederum einen Aufstockungsbedarf begründet. Dringend ist der Aufstockungsbedarf, wenn eine gesteigerte Notwendigkeit für den Erwerb nach wirtschaftlichen und agrarstrukturellen Gesichtspunkten in mittel- und langfristiger Perspektive zu bejahen ist (Senat, Beschluss vom 26. April 2002 - BLw 2/02, RdL 2002, 242 f.). Anerkannt hat der Senat dies auch bei einer geringfügigen Anhebung eines bislang geringen Eigenlandanteils (Senat, Beschluss vom 26. April 2002 - BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169 f.). Nach verbreiteter Ansicht besteht ein dringendes Aufstockungsbedürfnis bei Betrieben, die bis zu ca. 50 % aus Pachtflächen bestehen (vgl. z.B. OLG Celle, RdL 2013, 77, 80; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2069). Dagegen lehnen es andere ab, sich von starren Prozentsätzen leiten zu lassen (OLG Brandenburg, BzAR 2013, 425 Rn. 83).

15

(2) Aus Sicht des Senats muss unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, ob ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt. Es lässt sich nicht allgemein definieren, welches Verhältnis zwischen Pacht- und Eigenland als unausgewogen anzusehen ist (vgl. Stresemann, AUR 2014, 415, 418). Dies hängt nämlich von den konkreten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab, die sich im Lauf der Zeit ändern und zudem regionale Unterschiede aufweisen können; darüber hinaus müssen Besonderheiten des Einzelfalls Berücksichtigung finden. Je unsicherer die Verlängerung von Pachtverhältnissen (auch infolge veränderter Konditionen) in der betroffenen Region erscheint, desto eher kann eine Erhöhung des Eigenlandanteils dringend geboten sein. Zudem kann sich ein dringender Aufstockungsbedarf schon daraus ergeben, dass die zu erwerbenden Flächen in unmittelbarer Nähe der Hofstelle oder der bereits bewirtschafteten Flächen des kaufinteressierten Landwirts liegen und daher besonders geeignet sind, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsführung zu verbessern (vgl. Senat, Beschluss vom 26. April 2002 - BLw 36/01, NJW-RR 2002, 1169, 1170; OLG Koblenz, OLGR 2004, 42; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2073). Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur prüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und alle maßgeblichen Umstände gewürdigt hat.

16

(3) Dieser Überprüfung hält die Entscheidung des Beschwerdegerichts stand.

17

(a) Es ist - auch unter Bezugnahme auf die sorgfältige Begründung des Amtsgerichts - unter Abwägung aller Umstände rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Landwirt P.    dringend aufstockungsbedürftig ist. Dabei hat es einbezogen, dass dessen Eigenlandanteil 35 % beträgt, der überwiegende Teil der von ihm bewirtschafteten Flächen aber mehr als 10 km von der Hofstelle entfernt liegt, während sich die zu erwerbenden Flächen in direkter Nachbarschaft befinden. Darüber hinaus plane der Landwirt P.    im Zusammenhang mit einem Stallneubau eine Vergrößerung des Milchkuhbestands, wobei das gegenwärtig vorhandene Grünland für den erhöhten Futterbedarf nicht ausreiche und sich zudem auf viele kleine Flächen verteile. Er habe gerade 8,5 ha an zugepachteten Flächen verloren, weil die von dem Verpächter geforderte Pacht zu hoch gewesen sei. Das Risiko eines zukünftigen Verlusts weiterer Pachtflächen sei angesichts der in Niedersachsen steigenden Pachtpreise als real einzuschätzen.

18

(b) Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, der Landwirt P.   verfüge ohnehin schon über einen außergewöhnlich großen Betrieb. Die Größe seines Betriebs von ca. 200 ha steht für sich genommen einem dringenden Aufstockungsbedürfnis nicht entgegen (vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss vom 3. März 2009 - 3 WLw 20/08, juris Rn. 62; OLGR 2006, 562, 564 f.; OLG Frankfurt, RdL 2005, 77, 78; OLG Koblenz, OLGR 2004, 42). Auch auf den weiteren von dem Antragsteller angeführten Umstand, dass der Landwirt P.    Teile der bereits von ihm bewirtschafteten Flächen für den Anbau von Mais für Biogasanlagen verwendet, kommt es nicht an. Der Senat hat bereits entschieden, dass der für die Erzeugung von Biogas mit Hilfe gezielt angebauter Energiepflanzen (nachwachsende Rohstoffe) erforderliche Flächengebrauch als landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von § 1 Abs. 2 GrdStVG angesehen werden kann (näher Senat, Beschluss vom 24. April 2009 - BLw 21/08, BGHZ 180, 285 Rn. 13 f.). Der dringende Aufstockungsbedarf entfällt folglich nicht deshalb, weil der Kaufinteressent die für den Maisanbau verwendeten Flächen umwidmen könnte, um den erhöhten Bedarf an Grünland auf diese Weise zu decken.

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c) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann der bestehende Versagungsgrund nicht durch die Genehmigung unter einer Verpachtungsauflage (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG) ausgeräumt werden.

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aa) Im Ausgangspunkt stellt der Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch einen Nichtlandwirt selbst dann eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden dar, wenn der Erwerber zu einer langfristigen Verpachtung an einen Landwirt bereit ist. Eine Pachtlanderweiterung gibt dem Landwirt keine dem Eigentumserwerb an den bewirtschafteten Flächen vergleichbar sichere Grundlage für langfristige Betriebsdispositionen (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 22 mwN).

21

bb) Vor diesem Hintergrund kann ein bestehender Versagungsgrund durch eine Verpachtungsauflage nur ausgeräumt werden, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zu dem bevorstehenden Wegfall des Versagungsgrundes überbrückt werden kann (vgl. OLG Frankfurt, RdL 2009, 45, 49; OLG Stuttgart, RdL 1984, 330, 331; OLG Karlsruhe, RdL 1997, 242 f.; Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 7. Aufl., Rn. 2860 mwN; BT-Drucks. 3/2635, S. 8). Daran fehlt es. Eine Verpachtungsauflage ändert nichts daran, dass der Käufer im maßgeblichen Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts einem Landwirt nicht gleichgestellt werden kann, sondern als Nichtlandwirt anzusehen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Mai 1998 - BLw 2/98, NJW-RR 1998, 1472, 1473; Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 40).

22

cc) Nichts anderes ergibt sich aus der von dem Beschwerdegericht herangezogenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 23. September 2003, Ospelt und Schlössle Weissenberg Familienstiftung, C-452/01, ECLI:EU:C:2003:493). Sie ist, wie auch das Beschwerdegericht erkennt, nicht unmittelbar anwendbar, weil es an einer Auslandsberührung fehlt. Die Entscheidung ist aber - wie die Rechtsbeschwerde zutreffend hervorhebt - auch in der Sache nicht einschlägig.

23

(1) Das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (VGVG), das Gegenstand der zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs war, unterschied sich in der maßgeblichen Fassung vom 23. September 1993 in einem entscheidenden Punkt von dem deutschen Grundstückverkehrsgesetz. Nach § 5 VGVG durfte der Erwerb von landwirtschaftlichen Grundstücken unter anderem dann genehmigt werden, wenn der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftete und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hatte. Hierauf bezogen hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass es sich als unverhältnismäßige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit erweisen könnte, wenn die Genehmigung in jedem Fall versagt wird, in dem die genannten Voraussetzungen nicht vorliegen. Dem lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem das Grundstück im Zeitpunkt des Verkaufs verpachtet war und der Erwerber diese Verpachtung fortsetzen wollte. Der Europäische Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die Versagung der Genehmigung aus dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit erforderlich sein muss, um das europarechtlich nicht zu beanstandende Ziel des Gesetzes - nämlich die dauerhafte Verwendung des Grundstücks für Bedürfnisse der Landwirtschaft - zu erreichen; daran könne es fehlen, wenn die landwirtschaftliche Nutzung durch die Veräußerung nicht in Frage gestellt werde.

24

(2) Nach dem deutschen Grundstückverkehrsgesetz wäre die Genehmigung in einer derartigen Fallkonstellation ohnehin zu erteilen. Der Erwerb durch Personen, die keine Land- oder Forstwirte sind, wird nämlich dann gebilligt, wenn Land- und Forstwirte an den veräußerten Grundstücken nicht interessiert sind, selbst wenn der Erwerber eine reine Kapitalanlage bezweckt (vgl. BVerfGE 21, 73, 86). Versagt werden kann die Genehmigung nur unter der Voraussetzung, dass ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben. Dann aber erweist sich die Versagung der Genehmigung ohne weiteres als erforderlich, um die Ziele des Grundstückverkehrsgesetzes zu erreichen. Der Eigentumserwerb durch einen dringend aufstockungsbedürftigen Landwirt ist nämlich besser geeignet als die bloße Fortsetzung der zuvor bestehenden Verpachtung, um eine dauerhafte landwirtschaftliche Verwendung des Grundstücks zu sichern (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 22 mwN). Aufgrund der höheren Anforderungen an die Versagung der Genehmigung kommt die Verpachtungsauflage nach deutschem Recht nur in den bereits aufgezeigten engen - und hier nicht einschlägigen - Grenzen als milderes Mittel in Betracht. An der Europarechtskonformität bestehen bei einem solchen Verständnis des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG keine Zweifel; bestätigt wird dies durch den Umstand, dass das Vorarlberger Grundverkehrsgesetz als Reaktion auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs der Sache nach an das deutsche Grundstückverkehrsgesetz angenähert worden ist (näher Khakzadeh, öJZ 2005, 281, 284 f.; Czub, AUR 2016, 442, 444).

25

dd) Unbegründet sind schließlich die von dem Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die in § 9 Abs. 1 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG enthaltenen Regelungen sind in ihrer Ausformung durch die Rechtsprechung des Senats mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfGE 21, 73 ff.; 21, 87 ff.; 21, 92 ff.; 21, 306 ff.).

IV.

26

Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts war daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts, das zu Recht einen Versagungsgrund nach § 9 GrdstVG angenommen und deshalb die Anträge des Beteiligten zu 1 im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG zurückgewiesen hat.

V.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts richtet sich gemäß § 47, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Satz 1 GNotKG grundsätzlich nach dem vereinbarten Kaufpreis (vgl. Korintenberg/Fackelmann, GNotKG, 19. Aufl., § 60 Rn. 26 f.). Dieser überschreitet jedoch den Höchstwert von einer Million Euro (§ 60 Abs. 3 GNotKG). Dementsprechend waren die Festsetzungen der Vorinstanzen gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG zu ändern.

Stresemann              Brückner               Göbel