Entscheidungsdatum: 06.08.2015
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 3. Dezember 2014 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1618,10 Euro festgesetzt.
I. Der Kläger wendet sich gegen einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung des Arzneimittels Forsteo im Quartal III/2007.
Der Kläger nimmt in Hamburg als Facharzt für Orthopädie und Rheumatologie an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Von April 2004 bis Dezember 2005 und damit über einen Zeitraum von 21 Monaten behandelte der Kläger den Patienten K. mit dem Medikament Forsteo. Ab Juli 2007 verordnete der Kläger dem Patienten K. dieses Medikament erneut. Im streitgegenständlichen Quartal betrugen die Verordnungskosten netto 1618,10 Euro.
Forsteo ist ein Arzneimittel zur Behandlung von Osteoporose mit dem Wirkstoff Teriparatid. Die Zulassung bezog sich zunächst allein auf die Verordnung bei Frauen und wurde im Laufe des Quartals III/2007 auf Männer erweitert. Nach der im streitigen Quartal neuesten Fachinformation betrug die maximale Therapiedauer 18 Monate. Begründet wurde diese Beschränkung mit dem Ergebnis von Studien an Ratten, die Hinweise auf ein erhöhtes Risiko von Knochenkrebs (Osteosarkome) bei Langzeitanwendung ergeben hatten. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat als Anlage 4 der Arzneimittel-Richtlinie (AMRL) Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von Teriparatid beschlossen (Beschluss vom 21.11.2006, in Kraft getreten am 24.3.2007, BAnz Nr 58 vom 23.3.2007, S 3121). Danach handelt es sich bei Teriparatid zur Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen nur um ein Mittel der zweiten Wahl. Die Verordnung bleibe lediglich definierten Ausnahmefällen vorbehalten. Teriparatid sei wegen der im Vergleich zu Bisphosphonaten bis zu 35-fach höheren Tagestherapiekosten in der Regel unwirtschaftlich. Eine Verordnung sei nur möglich, wenn bestimmte, in den Empfehlungen näher definierte Bedingungen kumulativ erfüllt seien, zu denen ua das Vorliegen einer manifesten "Osteoporose mit mindestens 2 neuen Frakturen in den letzten 18 Monaten" sowie "kein ausreichendes Ansprechen auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über mindestens 1 Jahr" gehörten.
Die gemeinsame Prüfstelle setzte gegen den Kläger einen Regress mit der Begründung fest, dass die maximale Behandlungsdauer von 18 Monaten überschritten worden sei. Die Verordnungsmenge lasse sich auch mit Blick auf das Vorbringen des Klägers und die vorliegenden Behandlungsunterlagen nicht rechtfertigen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte zurück. Klage und Berufung des Klägers hatten keinen Erfolg.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, zu deren Begründung er eine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG geltend macht.
II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG.
1. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist nicht ausreichend dargelegt. Für die Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache muss nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Darlegungsanforderungen in der Beschwerdebegründung eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung bezeichnet (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 37 f) und ausgeführt werden, inwiefern diese Rechtsfrage in dem mit der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN). Den Darlegungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG wird bei der Grundsatzrüge nur genügt, wenn der Beschwerdeführer eine Frage formuliert, deren Beantwortung nicht von den Umständen des Einzelfalles abhängt, sondern mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (zu dieser Anforderung vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerde des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Beschwerdeführer formuliert die folgenden Thesen:
"1. Die Überschreitung einer in Nr 4.2 der Fachinformation (hier zu Teriparatid (Forsteo) genannte Therapiedauer (hier von 24 Monaten) stellt keinen sogenannten Off-Label-Use dar."
"2. Somit wird die hier streitige Frage, inwieweit die in Nr. 4.2 (und nicht 4.1 der Fachinformation = 'Anwendungsgebiet) genannten Dauer im Sinne einer absoluten Obergrenze, die wie eine Ausschlussregelung wirkt (die Therapie darf diese Dauer auf keinen Fall überschreiten), in der Entscheidung nicht abschließend geklärt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit bedarf es folglich hierzu einer höchstrichterlichen Klärung."
"3. Es handelt sich um keinen Off-Label-Use, wenn in Abschnitt 4.2 der Fachinformation eines Arzneimittels (hier Teriparatid (Forsteo)) der Satz enthalten ist: 'Diese (hier: 18monatige) Therapie sollte im Laufe des Lebens beim gleichen Patienten nicht wiederholt werden' und sich der Arzt für eine zweite (hier: 18-monatige) Therapie entscheidet."
Auch wenn diese Thesen in Fragen umformuliert werden, können sie nicht mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden. Wie auch durch die nachfolgende Begründung der Beschwerde verdeutlicht wird, geht es dem Kläger um die Auslegung des Inhalts eines konkreten Therapiehinweises. Er rügt eine "Fehlinterpretation" durch das LSG und macht geltend, dass er bei richtiger Auslegung des Therapiehinweises in der Arzneimittelinformation bei der Verordnung des Medikaments nicht gegen deren Inhalt verstoßen habe. Auch mit der Aussage, dass das LSG "falsche Rechtssätze aufgestellt" habe, macht der Kläger keinen zulässigen Revisionsgrund, sondern nur die Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG geltend.
Soweit der Kläger geltend macht, dass Aussagen im Urteil des LSG etwa zur fehlenden Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung des Patienten K. oder zum Fehlen einer Studie der Phase III, die Risiken und Nutzen einer Anwendungsdauer von mehr als 18 Monaten zum Gegenstand gehabt hätte, unzutreffend oder unschlüssig seien, so macht er eine fehlerhafte Feststellung von Tatsachen durch das LSG oder deren Bewertung geltend, begründet jedoch nicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Entsprechendes gilt für die geltend gemachte Verletzung der Therapiefreiheit des Klägers als Bestandteil seiner durch Art 12 Abs 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit.
Darüber hinaus ist die Beschwerde unzulässig, weil die Entscheidungserheblichkeit (Klärungsfähigkeit) nicht dargelegt wird. Im Rahmen der Darlegung der Klärungsfähigkeit ist zu begründen, dass die vorinstanzliche Entscheidung nicht mit anderer rechtlicher Begründung bestätigt werden kann. Dies gilt jedenfalls, wenn die Möglichkeit, dass das Revisionsgericht über die aufgeworfene Frage wegen des in Betracht kommenden anderen rechtlichen Gesichtspunktes nicht entscheiden muss, schon aus dem Urteil des LSG hervorgeht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 160a RdNr 14k mwN). So liegt der Fall hier. Das LSG hat am Ende seiner Entscheidung ausgeführt, dass eine unwirtschaftliche Verordnung auch deshalb vorgelegen habe, weil der Kläger gegen die Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise in Anlage 4 der AMRL verstoßen habe. Danach dürfe Teriparatid nur Patienten verordnet werden, die in den letzten 18 Monaten vor Beginn der Therapie mindestens zwei neue Frakturen erlitten hätten und die außerdem auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über mindestens ein Jahr nicht ausreichend angesprochen hätten. Das Vorliegen beider Voraussetzungen sei hier nicht dargetan, sodass die nach den AMRL nur ausnahmsweise gegebene Verordnungsmöglichkeit nicht bestanden habe. Der Beschwerdebegründung des Klägers sind zu diesen beiden Gesichtspunkten keine Ausführungen zu entnehmen. Damit hat der Kläger die Entscheidungserheblichkeit der aufgestellten Thesen, die allein die in der Fachinformation angegebene höchstzulässige Therapiedauer zum Gegenstand haben, nicht dargelegt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz und ist von keinem Beteiligten in Frage gestellt worden (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).