Entscheidungsdatum: 21.03.2018
1. Die Krankenkassen und ihre Verbände können durch Verträge mit den Kassenärztlichen Vereinigungen die Versorgung der Versicherten mit Impfleistungen in den Strukturen des vertragsärztlichen Versorgungssystems regeln, obwohl der Sicherstellungsauftrag für die Versorgung mit Impfleistungen seit dem 1.4.2007 bei den Krankenkassen und nicht bei den Kassenärztlichen Vereinigungen liegt.
2. Die Rechtmäßigkeit eines Regresses wegen der Verordnung von Impfstoff, der tatsächlich wegen fehlender Nachfrage der Versicherten nicht genutzt worden ist, hängt auch davon ab, ob der Vertragsarzt zum Zeitpunkt der Verordnung die ihm möglichen Sicherungen zur Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots getroffen hat.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. März 2017 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Umstritten ist ein Regress wegen unwirtschaftlich verordneter Impfstoffe in der Impfsaison 2006/2007 in Höhe von insgesamt 1908 Euro.
Die Klägerin ist eine aus zwei Ärzten bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) im Bezirk der zu 5. beigeladenen KÄV. In der Impfsaison 2005/2006 hatte die Klägerin zu Lasten der Krankenkassen insgesamt 286 Grippeschutzimpfungen abgerechnet. Im Quartal III/2006 bestellte sie zunächst - orientiert an den Zahlen der Vorsaison - 250 Ampullen des Grippeimpfstoffs auf der Grundlage einer Verordnung vom 28.9.2006. Wegen der besonders großen Nachfrage gesetzlich versicherter Patienten nach Impfleistungen im Herbst 2006 waren diese im Oktober 2006 verbraucht bzw für konkret benannte Patienten reserviert. Um der weiteren Nachfrage nach Grippeschutzimpfungen Rechnung zu tragen, bestellte die Klägerin im Oktober 2006 300 Ampullen des Grippeimpfstoffs nach, die erst kurz vor Weihnachten geliefert wurden. Die Verordnung datiert vom 27.12.2006. Die große zeitliche Verzögerung zwischen der Nachbestellung im Oktober 2006 und der Lieferung der zusätzlich bestellten Ampullen mit Impfstoff im Dezember 2006 führte die Klägerin auf Lieferschwierigkeiten des Herstellers sowie darauf zurück, dass eine zunächst gelieferte Charge unbrauchbar war. Da das Interesse der Patienten an der Durchführung einer Grippeschutzimpfung um den Jahreswechsel 2006/2007 deutlich abnahm, konnten viele der Ende 2006 gelieferten zusätzlichen Impfstoffe tatsächlich nicht verimpft werden. Die Praxis der Klägerin gab einen kleinen Teil an eine andere Praxis auf der Insel F. ab; 250 Ampullen mussten im Februar 2007 vernichtet werden.
Unter dem 19.9.2007 beantragten die zu 1. bis 4. und 6. beigeladenen Krankenkassenverbände bei der Gemeinsamen Prüfeinrichtung der Vertragsärzte und Krankenkassen in Schleswig-Holstein (Prüfungsstelle) die Festsetzung eines Schadens im Einzelfall nach § 10 Abs 2 der Prüfvereinbarung vom 5.1.2006. Ob der Prüfantrag nur für das Quartal IV/2006 oder auch für das Quartal I/2007 gestellt worden ist bzw wie insoweit der Antrag zu verstehen war, ist zwischen den Beteiligten umstritten.
Mit Bescheid vom 12.9.2008 setzte die Prüfungsstelle einen Schadensersatz in Höhe von 1908 Euro gegen die Klägerin fest. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin tatsächlich in der Impfsaison 2006/2007 nur 217 Grippeschutzimpfungen durchgeführt habe. Unter Berücksichtigung eines Aufschlags von 10 % und der Weitergabe nicht verimpfter Ampullen an eine andere Praxis sei für 200 unnötig verordnete Impfdosen Schadensersatz zu leisten.
Sowohl die Klägerin wie die zu 5. beigeladene KÄV legten gegen diese Entscheidung Widerspruch ein. Die KÄV machte geltend, dass Impfstoffe nicht unter die Prüfvereinbarung fielen und auch über § 6 der Impfvereinbarung iVm § 48 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) kein Schadensersatz festgesetzt werden könne. Im Übrigen sei zu Beginn der Grippesaison 2006/2007 eine Charge Impfstoff ausgefallen, sodass zunächst nicht genügend Impfstoff vorhanden gewesen sei. Der Umstand, dass Patienten, die zu Beginn der Impfsaison Interesse bekundet hatten, dann nicht erneut in der Praxis erschienen seien, als der Impfstoff zu Beginn des Jahres 2007 verfügbar gewesen sei, könne nicht den Vertragsärzten angelastet werden.
Mit Beschluss vom 15.6.2011 - Bescheid vom 2.11.2011 - wies der beklagte Beschwerdeausschuss nach Neuberechnung der Höhe des Schadensersatzes die Widersprüche zurück. Das SG hat auf die Klage der Klägerin den Bescheid des Beklagten aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verpflichtet. Der Prüfantrag sei ausweislich der Betreffzeile ausdrücklich nur für das Quartal IV/2006 wirksam gestellt worden und erfasse nicht später ausgestellte Verordnungen.
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das sozialgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 7.3.2017).
Das LSG hat seine Entscheidung damit begründet, dass der gegen die Klägerin festgesetzte Regress eine hinreichende Rechtsgrundlage in § 10 Abs 2 der seit dem 1.1.2006 geltenden Prüfvereinbarung finde, die wiederum auf der gesetzlichen Ermächtigung des § 106 Abs 2 S 4 SGB V in der seit 2004 geltenden Fassung beruhe. Da § 6 der Impfvereinbarung im Bezirk der zu 5. beigeladenen KÄV auf das Regressverfahren nach § 48 BMV-Ä verweise, wo wiederum die Zuständigkeit der Prüfgremien auch für Verordnungsregresse festgeschrieben sei, seien die Prüfgremien berechtigt, auch im Bereich der Versorgung mit Impfstoffen unwirtschaftliches Verhalten von Vertragsärzten zu sanktionieren. Ob Schutzimpfungen nach § 20d SGB V (heute § 20i SGB V) Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung seien, könne offenbleiben, weil die Vorschrift des § 20d SGB V erst zum 1.4.2007 in Kraft getreten sei und hier die Quartale III/2006 bis I/2007 betroffen seien.
Im Einzelnen griffen die von der Klägerin und vom SG erhobenen Bedenken gegen die angefochtene Entscheidung des Beklagten nicht durch. In Verbindung mit den dem Prüfantrag beigefügten Verordnungsblättern sei von Anfang an klar gewesen, dass die Krankenkassenverbände die Verordnung von Impfstoffen für die gesamte Impfsaison 2006/2007 in die Prüfung einbeziehen wollten und sich nicht nur auf das in der Betreffzeile angegebene Quartal "IV/06" beschränkt hätten. Hinsichtlich der Höhe des Regresses habe der Beklagte von seinem Ermessen keinen sachwidrigen Gebrauch gemacht. Der Vertragsarzt habe sich bei der Anforderung von Impfstoffen an dem Vorjahresverbrauch zu orientieren. Mit der eingeräumten Toleranz von 10 % sei den möglichen Schwankungen bei der Nachfrage der Patienten hinreichend Rechnung getragen worden. Dem Vorbringen der Klägerin im Hinblick auf die im Herbst 2006 aufkommende Diskussion über die Grippeschutzimpfung und deren Verbindung mit möglichen Impfungen gegen die aus Asien importierte Vogelgrippe habe nicht weiter nachgegangen werden müssen. Zwischen beiden Grippearten bestehe kein Zusammenhang; es sei Aufgabe der Vertragsärzte gewesen, den Patienten diesen Sachverhalt zu erklären und nicht auf panikartig geäußerte allgemeine Impfwünsche mit der Bestellung von Impfampullen zu Lasten der Krankenkassen zu reagieren.
Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 106 Abs 2 SGB V. Zunächst ist sie der Auffassung, § 106 SGB V iVm der Prüfvereinbarung könne schon keine Zuständigkeit der Prüfungsstelle bzw des beklagten Beschwerdeausschusses begründen, weil Schutzimpfungen nicht mehr Gegenstand der Sicherstellungspflicht der KÄV seien und deshalb nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehörten. Im Übrigen seien Impfstoffe nach der Rechtsprechung des BSG zu den empfängnisverhütenden Mitteln schon keine Arzneimittel iS des § 31 SGB V, sodass alle Vorschriften im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung, die sich auf Arzneimittel beziehen, bei Impfstoffen von vornherein nicht zur Anwendung kommen könnten. Nach dem zum Zeitpunkt der Verordnung der Impfstoffe maßgeblichen Recht (§ 23 Abs 9 SGB V aF) sei die Grippeschutzimpfung eine Satzungsleistung der Krankenkassen gewesen. Schon unter diesem Aspekt könne der Bezug von Impfstoffen durch den Vertragsarzt keine Verordnung eines Arzneimittels iS des § 73 Abs 2 Nr 7 SGB V darstellen. Eine Satzungsleistung der Krankenkasse könne entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts von vornherein nicht der gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V unterfallen. Auch nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. auf der einen sowie der Beigeladenen zu 5. auf der anderen Seite ergebe sich keine Berechtigung des Vertragsarztes, Impfstoffe als Sprechstundenbedarf im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu verordnen.
Im Übrigen könne dem LSG nicht dahin gefolgt werden, dass sich der Prüfantrag über das Quartal IV/2006 hinaus erstrecken sollte. Die Quartale III/2006 und I/2007 seien deshalb von vornherein außerhalb der Prüfzuständigkeit des Beklagten gewesen. Die Klägerin habe im Hinblick auf den Prüfantrag nur für das Quartal IV/2006 nicht wissen oder damit rechnen können, dass dieser alle Impfverordnungen in der Impfsaison 2006/2007 umfassen würde.
Schließlich stelle es einen unzumutbaren Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin (Art 12 Abs 1 GG) dar, wenn dieser das gesamte Risiko dafür aufgebürdet werde, dass sie auf einen explizit artikulierten Bedarf ihrer Patienten nach Durchführung von Grippeschutzimpfungen Ende 2006 mit der Bestellung von Impfstoffen reagiert habe. Sie - die Klägerin - habe auf den mit der Eintragung in eine Warteliste bekräftigten Impfwunsch der Patienten reagieren dürfen und nicht anders reagieren können, als die erforderlichen Impfdosen zu bestellen. Soweit die Patienten nach der verspäteten Belieferung mit Impfstoff tatsächlich die Praxis zur Durchführung der Impfung nicht aufgesucht hätten, dürfe dieses Risiko nicht einseitig ihr aufgebürdet werden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. März 2017 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4. Juni 2014 zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er schließt sich der Auffassung des LSG an, wonach sich aus § 10 Abs 2 der Prüfvereinbarung eine hinreichend bestimmte Grundlage für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Impfstoffen ergebe. Impfstoffe seien Arzneimittel im Sinne des Gesetzes wie auch iS des § 10 Abs 2 der seit Januar 2006 geltenden Prüfvereinbarung. Ungeachtet der Fassung des § 73 Abs 2 SGB V diene das Impfen als zentrales Element ärztlicher Tätigkeit der Verhütung von Krankheiten und gehöre zum Kernbereich der ärztlichen Behandlungstätigkeit. Zahlreiche präventiven Maßnahmen, etwa im Bereich der Begleitung von Schwangerschaft und Mutterschaft, gehörten ebenfalls zum Spektrum der ärztlichen Tätigkeit, ohne in § 73 Abs 2 SGB V ausdrücklich erwähnt worden zu sein. Im Übrigen habe im Bezirk der zu 5. beigeladenen KÄV die Impfvereinbarung vom 25.11.2002 gegolten, in der Wirtschaftlichkeitsprüfungen ausdrücklich vorgesehen seien.
Die zu 1. bis 4. beigeladenen Krankenkassenverbände schließen sich der Auffassung des Beklagten an.
Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG Erfolg (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Die Einrichtungen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung sind für die Festsetzung eines Regresses wegen unnötig verordneter Impfstoffe zuständig (1.). Die beigeladenen Verbände der Krankenkassen haben wirksam die Prüfung des Verordnungsverhaltens der Klägerin in der gesamten Impfsaison 2006/2007 beantragt (2.). Ob die Klägerin mit der Verordnung von zusätzlich 300 Impfdosen am 27.12.2006 unwirtschaftlich gehandelt hat, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen (3.).
1. Rechtsgrundlage des festgesetzten Regresses ist § 10 Abs 2 der im Bezirk der zu 5. beigeladenen KÄV geltenden Prüfvereinbarung iVm § 106 Abs 2 S 4 SGB V in der 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 (BGBl I 2190). Danach vereinbaren die Verbände der Krankenkassen mit den KÄVen Prüfungen ua ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten. Dazu gehört auch eine Einzelfallprüfung bei unwirtschaftlicher Verordnungsweise. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind erfüllt. Impfstoffe sind Arzneimittel, deren wirtschaftliche Verordnung von den Prüfungseinrichtungen untersucht werden kann (a). Der Beklagte ist hier auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung der Impfstoffe durch die Klägerin zuständig, obwohl der Sicherstellungsauftrag der KÄV das Impfen nicht einschließt (b). Der Sache nach hat der Beklagte einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Impfstoffen und keinen verschuldensabhängigen Ersatz wegen der Verursachung eines "sonstigen Schadens" festgesetzt (c).
a. Impfstoffe sind Arzneimittel, wie der Senat im Urteil vom 25.1.2017 (SozR 4-2500 § 106 Nr 57 RdNr 20) ausdrücklich entschieden hat. Der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des 3. Senats zu Verhütungsmitteln (Urteil B 3 KR 11/98 R vom 31.8.2000 - BSGE 87, 95 = SozR 3-2500 § 35 Nr 1) passt hier nicht, wie das LSG zutreffend dargelegt hat. Impfleistungen dienen unmittelbar - im Sinne der Primärprävention - der Krankheitsverhütung; das trifft für Antikonzeptiva nicht zu. Weil Impfstoffe Arzneimittel (auch) iS des § 31 SGB V sind, wird ihre Verordnung auch von § 10 Abs 2 der Prüfvereinbarung erfasst, soweit diese Vorschrift das "Verordnungsverhalten" der Vertragsärzte betrifft.
b. Die Einrichtungen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung dürfen die Verordnung von Impfstoffen auf ihre Wirtschaftlichkeit prüfen, wenn vertragliche Vereinbarungen zwischen den Verbänden der Krankenkassen und der KÄV die Impftätigkeit der Vertragsärzte gegenüber Versicherten der Krankenkassen in den Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung einbeziehen. Das ist im Bezirk der zu 5. beigeladenen KÄV - wie wohl auch in den anderen KÄV-Bezirken - geschehen.
(1) Impfleistungen waren bzw sind weder nach dem hier maßgeblichen Rechtszustand noch nach geltendem Recht unmittelbar kraft Gesetzes Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung iS des § 73 Abs 2 SGB V (näher Senatsurteil vom 25.1.2017, aaO, RdNr 14). Das ergibt sich schon daraus, dass Impfleistungen in S 1 der Vorschrift nicht erwähnt sind. Der Vergleich des § 73 Abs 2 S 1 SGB V mit § 92 Abs 1 S 2 SGB V, der in Nr 15 "Schutzimpfungen" ausdrücklich nennt, zwingt aus systematischen Erwägungen zu dem Schluss, dass die fehlende Erwähnung der Impfungen in § 73 Abs 2 SGB V gewollt ist und nicht auf einem Redaktionsversehen beruht. Das schließt aber nicht aus, dass die Partner der vertragsärztlichen Versorgung über die Durchführung von Impfungen durch Vertragsärzte Vereinbarungen schließen und in diesem Rahmen nicht nur die Vergütung der Impfleistungen und die Verordnung von Impfstoffen, sondern auch eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit regeln.
Impfleistungen waren bis zum 31.3.2007 Satzungsleistungen der Krankenkassen auf der Grundlage des § 23 Abs 9 SGB V. Die Vorschrift lautete: "Die Krankenkasse kann in der Satzung Schutzimpfungen mit Ausnahme von solchen aus Anlass eines nicht beruflich bedingten Auslandsaufenthalts vorsehen." Die Gesamtvertragspartner in Schleswig-Holstein hatten auf der Grundlage der generellen Ermächtigung zum Abschluss von Gesamtverträgen einen "Vertrag über die Durchführung und Abrechnung von Schutzimpfungen gegen übertragbare Krankheiten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung (Impfvereinbarung)" geschlossen, der zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist und 2006 noch gegolten hat. Im Übrigen sind auch anschließend Impfvereinbarungen geschlossen worden; derzeit gilt diejenige, die am 1.7.2013 in Kraft getreten ist. Darin wird geregelt, welche Impfungen Vertragsärzte gegenüber Versicherten der Krankenkassen durchführen können, wie die Ärzte ihre Leistungen gegenüber der KÄV abrechnen und wie Impfstoff zu beziehen ist. In § 5 Nr 1 der Impfvereinbarung 2003 war bestimmt, dass Impfstoffe ausschließlich mit einem Arzneiverordnungsblatt für Impfstoffe - damals Vordruck-Muster 16a, heute Vordruck-Muster 16 mit entsprechendem Auswahlfeld für Impfleistungen - zu beziehen sind. Nach § 6 der Vereinbarung können Krankenkassen gegenüber den Vertragsärzten über das vereinbarte Maß hinausgehend erbrachte Leistungen und verordnete Impfstoffe als sonstigen Schaden geltend machen (§ 48 BMV-Ä). Ergänzend ist in einer Protokollnotiz verabredet worden, dass die Vertragspartner sich einig sind, dass bei Nichteinhaltung des § 5 Abs 2 der Vereinbarung Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchzuführen sind. In § 5 Abs 2 wird auf insgesamt bedarfsgerechte und wirtschaftliche Bezugsmöglichkeiten für Impfstoffe verwiesen.
(2) Korrespondierend zu dieser normativen Regelung der Erbringung von Impfleistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung bestimmt § 10 Abs 2 der 2006/2007 geltenden Prüfvereinbarung die Möglichkeit von Einzelfallprüfungen bei unwirtschaftlichem Verordnungsverhalten. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit entsprechender gesamtvertraglicher Vereinbarungen bestehen nicht (vgl auch insoweit Senatsurteil vom 25.1.2017, SozR 4-2500 § 106 Nr 57 RdNr 13). Sie enthalten einerseits normative Vorgaben für die Durchführung von Schutzimpfungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung und regeln andererseits - der Tradition des Vertragsarztrechts entsprechend - auf der gesetzlichen Grundlage des § 106 Abs 2 S 4 SGB V aF die Zuständigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfungsgremien für die Durchsetzung einer wirtschaftlichen Behandlungs- und Verordnungsweise auch im Rahmen des Impfens.
Der Einwand der Klägerin, bei Satzungsleistungen der Krankenkasse dürften keine Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchgeführt werden, greift nicht durch. Die Vertragspartner haben auf der Basis ihrer generellen Ermächtigung in § 72 Abs 2 SGB V traditionell auch eine Vereinbarung über die Durchführung von Impfungen durch Vertragsärzte und gegenüber Versicherten der Krankenkassen getroffen. Wie die Impfleistungen im Verhältnis zwischen Krankenkassen und KÄV am Ende bezahlt werden und welche Leistungen die Krankenkassen ihren Versicherten auf satzungsgemäßer Grundlage zur Verfügung zu stellen hat, hat mit der Frage der normativ-vertraglichen Einbeziehung der Impfleistungen durch Vertragsärzte gegenüber Versicherten in den Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nichts zu tun. Die Krankenkassenverbände als Partner der KÄV gemäß § 72 Abs 2 SGB V waren zu keinem Zeitpunkt gehindert, zur näheren Regelung der von ihnen den Versicherten als Sachleistung durch Vertragsärzte zur Verfügung gestellten Impfleistungen gesamtvertragliche Vereinbarungen mit der KÄV zu schließen. Dass in diesem Rahmen auch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Leistungen, die als vertragsärztliche nach bestimmten Abrechnungsziffern gegenüber der KÄV abgerechnet worden sind und auch derzeit abgerechnet werden, sowie von ärztlichen Verordnungen näher geregelt werden kann, bedarf keiner weiteren Darlegung.
(3) Zum 1.4.2007 ist die Versorgung der Versicherten mit Impfleistungen und die Durchführung von Impfungen gesetzlich neu geregelt worden. Nach § 20d SGB V (heute § 20i SGB V), der durch Art 1 Nr 12 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007 (
Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, durch die Inpflichtnahme der Krankenkassen eine möglichst flächendeckende Versorgung mit Impfleistungen zu gewährleisten. Der Kreis der Ärzte, die Impfungen zu Lasten der Krankenkassen durchführen dürfen, sollte über die Vertragsärzte hinausgehen. Diese Erweiterung der Leistungsberechtigung in § 132e SGB V auf Nichtvertragsärzte ändert aber nichts daran, dass auch und insbesondere die Vertragsärzte Impfleistungen erbringen sollen. Die Verträge, die die Krankenkassen oder ihre Verbände zur Sicherung des Impfangebots abschließen müssen, sollen nach § 132e S 2 SGB V (idF des GKV-WSG, heute Abs 1 S 2) sicherstellen, dass "insbesondere" die Vertragsärzte berechtigt sind, Schutzimpfungen zu Lasten der Krankenkassen vorzunehmen. Dieses Ziel erreichen die Krankenkassen oder ihre Verbände durch den Abschluss von Verträgen ua mit den KÄVen nach S 1. Die Berechtigung auch einzelner Krankenkassen zum Abschluss von Impfvereinbarungen lässt erkennen, dass diese nicht notwendig Gesamtverträge iS des § 72 Abs 2 SGB V sein müssen, die nur von den Verbänden der Krankenkassen abgeschlossen werden können. Allerdings sind ausdrücklich auch die Verbände als Vertragspartner zugelassen, wodurch sich § 132e Abs 1 S 1 SGB V von § 73b Abs 1 SGB V unterscheidet, der allein die Krankenkassen als Vertragspartner der selektivvertraglich organisierten hausarztzentrierten Versorgung vorsieht. Die Abschlusskompetenz (auch) der Verbände nach § 132e (Abs 1) S 1 SGB V hatte 2007 zur Folge, dass die vor dem 1.4.2007 gesamtvertraglich geschlossenen Impfvereinbarungen in ihrem Bestand durch das Inkrafttreten des GKV-WSG nicht in Frage gestellt wurden.
Soweit die Krankenkassen oder deren Verbände Verträge mit der KÄV nach § 132e (Abs 1) S 1 SGB V schließen, handelt es sich um normativ wirkende Vereinbarungen. Die Krankenkassen können ihren Sicherstellungsauftrag nach § 132e Abs 1 SGB V durch eine Vereinbarung mit der KÄV nur erfüllen, wenn durch den Vertrag gesichert ist, dass die Vertragsärzte als Mitglieder der KÄV die Impfleistungen auch tatsächlich in der vereinbarten Form anbieten. Dazu sind sie nach § 95 Abs 3 S 3 SGB V verpflichtet. Nach dieser Vorschrift sind die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung verbindlich. Daraus folgt, dass über die Verträge nach § 132e (Abs 1) S 1 SGB V, soweit diese mit der KÄV abgeschlossen werden, die Durchführung von Impfungen durch Vertragsärzte im Rahmen der Strukturen der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt. Darin liegt kein unauflösbarer Widerspruch zur Übertragung des Sicherstellungsauftrags an die Krankenkassen. Diese entscheiden, ob sie die KÄVen in die Durchführung von Impfungen einbeziehen. Wenn sie diesen Weg wählen - und angesichts der Vorgabe in § 132e Abs 1 S 2 SGB V dürfte es dazu derzeit kaum eine Alternative geben -, wird auf vertraglicher und nicht unmittelbar auf gesetzlicher Grundlage eine Leistungserbringung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung organisiert. Für etwas anders kann die KÄV kein tauglicher Vertragspartner sein.
(4) Auch das Bestreben des Gesetzgebers, die Inanspruchnahme von Impfleistungen zu erhöhen und den Kreis der impfberechtigten Ärzte auszuweiten, das zuletzt im Präventionsgesetz vom 17.7.2015 (BGBl I 1368) im Hinblick auf die Einbeziehung von Betriebsärzten in § 132e Abs 1 S 2 SGB V erneut deutlich geworden ist (BT-Drucks 18/4282 S 44 zu Art 1 Nr 18 des Präventionsgesetzes und BT-Drucks 18/5261 S 59), spricht erkennbar gegen die Vorstellung, dass die seit Jahrzehnten praktizierte Durchführung von Impfleistungen (auch) im Rahmen der vertragsärztlichen Strukturen mit Inkrafttreten des GKV-WSG zum 1.4.2007 obsolet werden sollte. Entsprechend haben die Impfvereinbarungen, die die Krankenkassen mit den KÄVen abgeschlossen haben, über die Gesetzesänderung zum 1.4.2007 hinaus unverändert weiterbestanden. Bei den neueren Vereinbarungen wird lediglich § 20i Abs 1 SGB V iVm § 132e SGB V als Rechtsgrundlage des Vertrages angegeben. Ansonsten haben sich keine Änderungen ergeben; es werden die im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringenden Impfungen beschrieben, es werden Abrechnungspositionen für Vertragsärzte eingeräumt und die Bezugswege hinsichtlich des Impfstoffs klargestellt. Weshalb dann nicht in den Vereinbarungen zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen entsprechend bestimmt werden dürfte, dass das wirtschaftliche Verhalten der Vertragsärzte bei den Impfleistungen - soweit es zugunsten von Versicherten und zu Lasten von deren Krankenkassen erbracht wird - zu prüfen ist, ist auf dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu vertraglichen Vereinbarungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung (etwa BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 17 RdNr 12 bis 14) nicht erkennbar.
(5) Die "Ausgliederung" aller Impfleistungen aus der vertragsärztlichen Versorgung, wie sie die Klägerin für richtig hält, lässt sich auch nicht damit begründen, dass in § 132e Abs 1 SGB V eine von § 89 SGB V abweichende Schiedsregelung durch eine Schiedsperson vorgeschrieben worden ist. Die Regelung über die Festlegung des Inhalts einer Impfvereinbarung in Konfliktfällen ist durch Art 1 Nr 18b des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) vom 22.12.2010 (BGBl I 2262) eingeführt worden. Die im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks 17/3116) noch nicht enthaltene Regelung ist im Zuge der Ausschussberatungen aufgenommen worden, um das Zustandekommen von Impfvereinbarungen zu sichern (BT-Drucks 17/3698 S 28, 56). Sie wurde der Schiedsregelung über häusliche Krankenpflege in § 132a Abs 2 SGB V nachgebildet. Die Option für das Modell der Konfliktlösung durch eine Schiedsperson erklärt sich zwanglos damit, dass § 132e SGB V eben nicht nur die vertragsärztliche Versorgung regelt, sodass das Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung iS des § 89 SGB V die Konflikte nicht in vollem Umfang lösen könnte. Da Verträge nach § 132e Abs 1 SGB V sowohl von einzelnen Krankenkassen wie von deren Verbänden auf der Kostenträgerseite und auch von Ärzten, die nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, und bestimmten Einrichtungen auf der Leistungserbringerseite geschlossen werden können, hätte das Schiedsverfahren nach § 89 SGB V nicht greifen können. Deshalb ist - um insofern nicht zu einer doppelten Zuständigkeit zu gelangen - das Schiedspersonenmodell der Konfliktlösung, wie es auch im Bereich der häuslichen Krankenpflege nach § 132a Abs 4 S 7 SGB V implementiert worden ist, vom Gesetzgeber eingeführt worden. Das ändert aber nichts daran, dass ein Vertrag, den die Gesamtvertragspartner auf der spezialgesetzlichen Grundlage des § 132e Abs 1 S 1 SGB V schließen, für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und für die Krankenkassen verbindlich ist, und entsprechend in solchen Verträgen auch eine Verpflichtung der Vertragsärzte auf das ohnehin für sie geltende Wirtschaftlichkeitsgebot normiert, konkretisiert und überprüfbar gemacht werden kann.
Wie sinnvoll die Einbeziehung der traditionellen vertragsärztlichen Strukturen im Bereich des Impfens ist, lässt sich im Übrigen beispielhaft der ab 1.1.2018 geltenden Vereinbarung für den Bezirk der KÄV Westfalen-Lippe entnehmen. Diese trifft ausdrücklich Regelungen darüber, wie Leistungen abzurechnen sind, wenn Vertragsärzte am selben Behandlungstag übliche vertragsärztliche Leistungen und Impfleistungen erbringen. Das entspricht mutmaßlich der Regel, wenn etwa Behandlungsleistungen allgemeiner Art mit Impfleistungen kombiniert werden. Von daher ist es nicht nur gesetzlich zugelassen, sondern im Interesse der vom Gesetzgeber gewünschten Intensivierung der Impftätigkeit (dazu eingehend etwa die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zur Neufassung des § 130a SGB V durch das AMNOG, BT-Drucks 17/3698 S 54) versorgungspolitisch sinnvoll, dass auch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit das Impfen durch Vertragsärzte gegenüber gesetzlich versicherten Patienten nicht vollständig aus den Strukturen der vertragsärztlichen Versorgung gelöst werden muss.
(6) Gegen die Annahme, auch auf vertraglicher Grundlage müsse sich die Impftätigkeit von Vertragsärzten zwingend außerhalb des vertragsarztrechtlichen Rahmens vollziehen, spricht im Übrigen auch die Zuständigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Dieser hat seit dem 1.4.2007 nach (heute) § 20i Abs 1 S 3 SGB V Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen in Richtlinien nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 15 SGB V auf der Grundlage der Empfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut gemäß § 20 Abs 2 Infektionsschutzgesetz (STIKO) unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der Schutzimpfungen für die öffentliche Gesundheit zu bestimmen. Wenn Impfungen gegenüber Versicherten der Krankenkassen, mit denen sich das SGB V allein befasst, von vornherein nur außerhalb aller Strukturen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt werden könnten, wäre kaum erklärbar, weshalb ein Gremium (auch) der vertragsärztlichen Versorgung, nämlich der GBA, Näheres zur Konkretisierung des Leistungsanspruchs der Versicherten zu bestimmen hat. Dann wäre es konsequent gewesen, unmittelbar den Leistungsanspruch an die Empfehlung der STIKO zu binden. Das hat der Gesetzgeber indessen ausdrücklich nicht getan und damit mittelbar zu verstehen gegeben, dass sich an der auf normativ-vertraglicher Grundlage realisierten Integration des Impfens auch in die vertragsärztliche Versorgung nichts dadurch ändern sollte, dass Impfleistungen ergänzend auch außerhalb dieser Strukturen, etwa im Rahmen betriebsärztlicher und schulärztlicher Untersuchungen durch Betriebsärzte und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes erbracht werden können.
(7) Eine weitere Bestätigung dieser Rechtsauffassung enthält die Vordruckvereinbarung (Anl 2 zum BMV-Ä). In "Muster 16" zur Arzneimittel-Verordnung ist ausdrücklich ein Feld für die Verordnung von Impfstoff vorgesehen. In der Nummer 7 der Erläuterungen ist dazu bestimmt, dass bei der Verordnung von Impfstoffen "im Rahmen der gültigen Impfvereinbarung" das Feld 8 durch Eintragen der Ziffer 8 zu kennzeichnen ist. Damit nimmt eine typische Regelung der vertragsärztlichen Versorgung, nämlich eine Anlage zum BMV-Ä, auf die gesamtvertraglichen Impfvereinbarungen Bezug und regelt insoweit das Abrechnungs- und Verordnungsverhalten der Vertragsärzte. Deshalb wäre nicht erklärbar, warum bei dieser Eingliederung des Impfens in die Strukturen der vertragsärztlichen Versorgung eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Impfstoffen - selbstverständlich nur in Bezug auf Versicherte der Krankenkassen - ausgeschlossen sein soll.
c. Der vom Beklagten bestätigte Regress gegen die Klägerin reagiert auf ein unwirtschaftliches Verordnen von Impfstoffen und entspricht insoweit in Voraussetzungen und Rechtsfolgen einem Arzneikostenregress. Soweit der Beklagte gemeint hat, er habe auf Antrag der Verbände der Krankenkassen einen "sonstigen Schaden" iS des § 48 BMV-Ä festgesetzt, ist das eine unzutreffende Wertung, die rechtlich folgenlos bleibt (vgl dazu ähnlich Senatsurteil vom 25.1.2017, aaO, RdNr 19). Der Schaden der Krankenkassen besteht hier darin, dass sie - unterstellt - für Impfstoffe zahlen müssen, die ihren Versicherten nicht zugute gekommen sind. Hätte die Klägerin nur so viele Impfampullen verordnet, wie sie tatsächlich verimpft hat, wären die Krankenkassen nicht mit geltend gemachten Mehrkosten für zumindest 200 Ampullen belastet worden.
2. Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die beigeladenen Krankenkassenverbände wirksam die Prüfung der Verordnung von Impfstoff durch die Klägerin in der gesamten Impfsaison 2006/2007 beantragt haben. Dass der Prüfantrag den Anforderungen der Prüfvereinbarung entsprochen hat, hat das LSG in Anwendung dieser landesrechtlichen Regelung bejaht. Das ist nach § 162 SGG grundsätzlich der Nachprüfung durch den Senat entzogen. Soweit das LSG den Prüfantrag trotz der Betreffzeile "IV/06" so ausgelegt hat, dass die Prüfung auch der Quartale III/2006 und I/2007 begehrt wird, ist das nicht zu beanstanden. Es bedarf hier keiner näheren Prüfung, unter welchen Voraussetzungen das Revisionsgericht die Auslegung eins Antrags durch das LSG überprüfen kann (näher dazu BSG SozR 5070 § 10a Nr 3 zur fehlenden Bindung des BSG an eine vom LSG aufgestellte Auslegungsregel). Die Auslegung ist hier jedenfalls richtig. Das Berufungsgericht ist zu der Auffassung gelangt, dass der Prüfantrag der Krankenkassen im Hinblick auf die ihm beigefügten beanstandeten Verordnungen der Klägerin, die die Quartale III/2006, IV/2006 und I/2007 betreffen, die gesamte Impfsaison erfasst hat, obwohl im Betreff lediglich das Quartal IV/2006 angegeben worden ist. Das überzeugt. Auf dem 1. Blatt des Antrags vom 19.9.2007, der in der vorgedruckten Spalte "Quartal" die Angabe "IV/06" trägt, werden in der Aufstellung die drei Quartale III/2006, IV/2006 und I/2007 aufgeführt und es wird näher dargestellt, welche Zahl von Ampullen die Klägerin jeweils "abgefordert" hat. Damit ist der Klägerin deutlich geworden, was genau geprüft wird.
3. Der Senat kann jedoch nicht abschließend entscheiden, ob die Klägerin im Zusammenhang mit der Nachbestellung von Impfstoff im Oktober 2006 und dessen Verordnung am 27.12.2006 unwirtschaftlich gehandelt hat. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass es wirtschaftlichem Verhalten entspricht, wenn sich eine vertragsärztliche Praxis bei der Bestellung von Grippeschutzimpfstoff an den in den Vorjahren verimpften Mengen von Impfstoff orientiert, soweit nichts dafür spricht, dass die Nachfrage sehr viel größer oder sehr viel niedriger sein wird als in der Vergangenheit. Auch die Entscheidung des Beklagten, möglichen Unsicherheiten der Vertragsärzte durch einen Aufschlag von 15 % auf die Impfdosen der vergangenen Saison Rechnung zu tragen, ist in Übereinstimmung mit dem LSG nicht zu beanstanden.
Das LSG hätte aber dem Vorbringen der Klägerin, im Spätherbst 2006 habe über anderthalb Monate hinweg trotz einer stark gestiegenen Nachfrage der Patienten nicht hinreichend Impfstoff zur Verfügung gestanden und daraus habe sich eine besondere Situation ergeben, näher nachgehen müssen. Die Klägerin macht geltend, die Patienten hätten im Herbst 2006 - aus Überzeugung oder wegen der Hysterie im Zusammenhang mit der Vogelgrippe - Grippeschutzimpfungen massiv nachgefragt und deren Wünschen habe sie wegen der fehlenden Verfügbarkeit von Impfstoff Ende Oktober und zu Beginn des November 2006 zunächst nicht entsprechen können. Deshalb habe sie Impfdosen nachgeordert. Wenn die Umstände im Herbst 2006 so waren, wie die Klägerin sie geschildert hat, bestehen Zweifel, ob die Nachbestellung von 300 Impfdosen durch die Klägerin zur Abdeckung eines zumindest durch Wartelisten von Patienten konkret ermittelten Bedarfs tatsächlich in vollem Umfang unwirtschaftlich war. Um das beurteilen zu können, reichen die Feststellungen des LSG nicht aus.
Wenn tatsächlich über Wochen kein Impfstoff verfügbar war und die Patienten konkret Impfungen nachgefragt haben, spricht manches für die Annahme, dass die Klägerin tatsächlich gehalten war, diesem Wunsch der Patienten Rechnung zu tragen. Wie das anders als durch die Nachbestellung entsprechender Mengen von Impfstoff erfolgen sollte, ist nicht erkennbar. Es kann auch nicht der Klägerin angelastet werden, wenn Impfstoff erst zu einem Zeitpunkt ausgeliefert und formell verordnet werden konnte, als das Interesse der Versicherten tatsächlich schon erlahmt war. Ebenso wenig trägt die Klägerin allein das Risiko, dass eine gelieferte Charge Grippeimpfstoff unbrauchbar war und vernichtet werden musste. Es bedarf deshalb näherer Aufklärung, wie viele Patienten wann ihr Interesse an einer Grippeschutzimpfung bekundet hatten. Dazu hat die Klägerin Beweis angeboten durch Vernehmung ihrer Arzthelferinnen. Dem ist das LSG bislang nicht nachgegangen.
Zu klären ist allerdings auch, weshalb die Klägerin noch am 27.12.2006 die Verordnung über 300 Impfdosen ausgestellt hat, als schon klar war, dass sie diese in der laufenden Saison nicht würde einsetzen können. Deshalb wird das LSG die vertraglichen Beziehungen zwischen der Klägerin, der Apotheke, dem Großhandel und dem Hersteller näher aufklären müssen. Es liegt jedenfalls nicht auf der Hand, dass sich die Klägerin mit der Bestellung der zusätzlichen Impfdosen zu deren Abnahme völlig unabhängig von Lieferterminen verpflichten wollte oder dass die Übernahme einer solchen Verpflichtung wirtschaftlich ist. Eine Lieferung Ende Februar 2007 wäre wohl erkennbar sinnlos gewesen, und der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin der rechtlichen Auseinandersetzung mit der Apotheke und dem Hersteller über die Verzögerungen nicht dadurch ausweichen durfte, dass sie Impfstoff zu Lasten der Krankenkassen zu einem Zeitpunkt verordnet, zu dem sie selbst erkennbar von der Nutzlosigkeit der Lieferung ausgehen musste. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, ob die Klägerin sich mit der Bestellung im Oktober zur Ausstellung der Verordnung bei Lieferung verpflichtet hat und verpflichten musste, um überhaupt noch beliefert werden zu können. Erst wenn dies geklärt ist, kann abschließend beurteilt werden, ob das Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit den beanstandeten Verordnungen vertretbar war.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang schließlich, dass es nicht Aufgabe der Klägerin war, den Patienten, die nach § 20d SGB V iVm den Richtlinien des GBA nach § 92 SGB V Anspruch auf Impfleistungen hatten, den Impfwunsch im Herbst 2006 auszureden. Selbst wenn dieser Wunsch teilweise irrational im Kontext der Angst vor der Vogelgrippe entstanden sein mag, war er doch auf ein versorgungsbezogen sinnvolles Vorgehen gerichtet. Selbst am Ende der aktuellen Grippewelle 2017/2018, die auch durch eine Auseinandersetzung über die Qualität des 2017 eingesetzten Impfstoffs geprägt war, sind dem Senat keine medizinisch-wissenschaftlichen Stimmen bekannt geworden, die auf die Nutzlosigkeit der Grippeschutzimpfung hindeuten. Selbst wenn durch eine solche Impfung "nur" die Zahl schwerer oder lebensbedrohlicher Verläufe reduziert würde, wäre das in Phasen überfüllter internistischer Klinikabteilungen und teilweise nicht mehr aufnahmefähiger Intensivstationen ein sinnvolles Ergebnis.
Die Auffassung des Beklagten, das wirtschaftliche unternehmerische Risiko des Umstands, dass die Patienten erst ihr Impfinteresse bekunden und anschließend sich doch nicht impfen lassen, dürfe nicht auf die Krankenkassen verlagert werden, ist richtig, soweit sie das vertragsärztliche Honorar betrifft. Die Klägerin konnte selbstverständlich keine Impfleistungen gegenüber Versicherten abrechnen, die sie tatsächlich nicht erbracht hat, weil die Versicherten die Praxis trotz ursprünglich anderslautender Absichtserklärung nicht mehr aufgesucht hatten. Die Entscheidung, diesen die Impfung zu ermöglichen, musste die Klägerin aber möglicherweise zu einem Zeitpunkt treffen, als sie noch davon ausgehen konnte, die Patienten sollten und wollten geimpft werden. Wenn sie zu einem Zeitpunkt, als klar war, dass die Patientenzahl doch geringer sein würde, die Verordnung der Impfdosen nicht mehr rückgängig machen konnte, weil der Impfstoff schon bestellt und schließlich Ende Dezember auch geliefert worden war, könnte das allein einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht begründen.
4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG im Rahmen seiner erneuten Entscheidung im wiedereröffneten Berufungsverfahren vorbehalten.