Entscheidungsdatum: 24.10.2018
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2016 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 14. Oktober 2015 aufgehoben, soweit sie die Fallzahl für das Regelleistungsvolumen im Quartal III/2013 zum Gegenstand haben. Der Bescheid der Beklagten vom 10. April 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2014 wird geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, der Bemessung des Regelleistungsvolumens des Klägers für das Quartal III/2013 eine Fallzahl von 270 zugrunde zu legen.
Der Kläger trägt 9/10 und die Beklagte 1/10 der Kosten des gesamten Verfahrens.
Die Beteiligten streiten über die Festlegung von Fallzahlen, die der Bemessung des Regelleistungsvolumens (RLV) im Quartal III/2013 zugrunde zu legen sind.
Der Kläger ist seit dem 1.7.2001 im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Facharzt für Chirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zum Quartal IV/2012 reduzierte er seinen vollen Versorgungsauftrag um die Hälfte. Der verbleibende halbe Vertragsarztsitz wurde durch einen anderen Arzt nachbesetzt. Sowohl im Jahr vor der Reduzierung des Versorgungsauftrags als auch danach betrug die Zahl der vom Kläger behandelten gesetzlich Versicherten ungefähr ein Drittel der durchschnittlichen Fallzahl der Fachgruppe. Für die Quartale IV/2012 bis III/2013 wies die Beklagte dem Kläger RLV zu, bei deren Berechnung sie - im Hinblick auf die Reduzierung des Versorgungsauftrags - von der halben Fallzahl des Klägers im entsprechenden Vorjahresquartal (also etwa ein Sechstel des Fachgruppendurchschnitts) ausging. Im Quartal III/2012 betrug die RLV-relevante Fallzahl des Klägers 270. Der Berechnung des RLV für das Quartal III/2013 legte die Beklagte eine Fallzahl von 135 zugrunde.
Der Kläger legte Widerspruch gegen die RLV-Zuweisung ab dem Quartal I/2013 ein und beantragte, der Berechnung seines RLV anstelle der halbierten Fallzahlen die tatsächlichen Fallzahlen aus dem entsprechenden Quartal des Vorjahres zugrunde zu legen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.4.2013 und Widerspruchsbescheid vom 7.11.2014 ab.
Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei der Ermittlung des RLV habe die Beklagte zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag ab dem Quartal IV/2012 um die Hälfte reduziert habe. Dass die Reduzierung des Versorgungsauftrags in die Bemessung des RLV einzustellen sei, folge bereits aus § 85 Abs 3 S 1 SGB V aF [offenbar gemeint: § 95 Abs 3 S 1 SGB V], in dem normiert sei, dass die Zulassung neben der Mitgliedschaft in der KÄV auch eine Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang des aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags bedinge. Im Einklang hiermit bestimme § 3 Abs 7 des Honorarverteilungsmaßstabs der KÄV Baden-Württemberg (in der Beschlussfassung der Vertreterversammlung vom 24.4.2013 - im Folgenden: HVM 2013), dass bei der Ermittlung des RLV eines Arztes der Umfang sowie der Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen sei. Reduziere der Vertragsarzt seinen Versorgungsauftrag, sei er nur noch in diesem reduzierten Umfang zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und damit auch nur noch zur Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen im reduzierten Umfang berechtigt. Dem Kläger werde nicht die Möglichkeit genommen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe bezogen auf einen halben Versorgungsauftrag zu erreichen. Die unterdurchschnittlichen Fallzahlen gründeten in einer bewussten Entscheidung des Klägers und damit einem ihm zuzurechnenden unternehmerischen Verhalten. Der Kläger könne eine Erhöhung des RLV auch nicht mit Erfolg unter Hinweis auf die im HVM 2013 getroffenen Sonderregelungen für neu gegründete Praxen geltend machen. Auch die Voraussetzungen für eine Erhöhung des RLV aus Sicherstellungsgründen nach § 13 HVM 2013 seien nicht erfüllt. Die Versorgungssituation sei durch die Reduzierung des Versorgungsauftrags des Klägers bereits deshalb nicht tangiert, weil der zurückgegebene halbe Versorgungsauftrag von einem anderen Arzt wahrgenommen werde.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Entgegen der Auffassung des LSG existiere keine rechtliche Grundlage für die Halbierung der Fallzahlen des Vorjahresquartals, auf deren Grundlage das RLV berechnet werde. § 95 Abs 3 S 1 SGB V lege lediglich fest, dass ein Vertragsarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag in entsprechendem Umfang zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt sei, nicht jedoch, dass seine RLV-Fallzahlen zu halbieren seien. Auch § 3 Abs 7 HVM 2013 sei eine entsprechende Regelung nicht zu entnehmen. Nach § 95 Abs 3 SGB V sei er verpflichtet, im Umfang seines halben Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Dieser Verpflichtung könne er mit dem zugewiesenen RLV nicht mehr in dem gebotenen Umfang nachkommen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26.10.2016 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.10.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.4.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7.11.2014 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die für die Bemessung des RLV im Quartal III/2013 maßgebende Fallzahl unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das RLV des Klägers sei in den ersten vier Quartalen nach der Reduzierung seines Versorgungsauftrags (IV/2012 bis III/2013) zu Recht auf der Grundlage der halbierten Fallzahlen des jeweiligen Vorjahresquartals (IV/2011 bis III/2012) berechnet worden. Gemäß § 95 Abs 3 S 1 SGB V sei der Kläger nach der Abgabe des hälftigen Versorgungauftrags nur noch im Umfang des verbliebenen hälftigen Versorgungsauftrags zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet. Daraus folge unter Berücksichtigung der in § 3 Abs 7 HVM 2013 getroffenen Regelung, dass die RLV-relevanten Fallzahlen auch nur noch zur Hälfte in die Bemessung des RLV einzustellen seien. Die unternehmerische Entscheidung des Klägers, auf die Hälfte seiner Zulassung zu verzichten, dürfe nicht nachträglich abrechnungstechnisch dahin korrigiert werden, dass ihm die kompletten Vorjahresfallzahlen zugestanden würden. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger die Möglichkeit habe, zumindest den - bezogen auf seinen hälftigen Versorgungsauftrag - durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe in absehbarer Zeit zu erreichen. Damit werde den Anforderungen der Rechtsprechung des BSG hinreichend Rechnung getragen. Ausschlaggebend sei, dass der Kläger im vorliegenden Fall bewusst und freiwillig auf die Hälfte seiner Zulassung verzichtet habe. Außerdem habe er durch die Veräußerung des hälftigen Versorgungsauftrags einen finanziellen Vorteil erzielt.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seine Revision ausdrücklich auf das Quartal III/2013 beschränkt.
Die zulässige Revision des Klägers ist, soweit er diese aufrechterhalten hat, begründet. Die Beklagte war nicht berechtigt, die der Bemessung des RLV zugrunde zu legende Fallzahl im Hinblick auf die Reduzierung des Versorgungsauftrags zu halbieren. Maßgebend für die Bemessung des RLV im Quartal III/2013 sind die tatsächlichen RLV-relevanten Fallzahlen des Klägers im Quartal III/2012.
A. Bezogen auf die Frage, welche Fallzahl für die Bemessung des RLV im Quartal III/2013 zugrunde zu legen ist, ist die Klage zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass die Festsetzung des RLV für das Quartal III/2013 und des Honorars für das Quartal III/2013 Gegenstand weiterer Bescheide ist. Nach ständiger Rechtsprechung können Bemessungsgrundlagen für die Honorarfestsetzung in einem besonderen Verwaltungsverfahren geklärt werden (BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 7/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 12 RdNr 58; BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R - BSGE 83, 52 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 = Juris RdNr 14; BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 27 = Juris RdNr 17). Auch die Zuweisung des RLV ist gesondert anfechtbar (BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 1 RdNr 10, mwN). Darüber hinausgehend haben die Beteiligten - wie der Senat hiermit klarstellt - auch die Möglichkeit, Bemessungsgrundlagen für die Höhe des RLV in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu klären. Jedenfalls wenn die Beklagte wie vorliegend einen entsprechenden Bescheid mit dem Ziel erlässt, solche Bemessungsgrundlagen nicht nur für ein einzelnes Quartal festzusetzen, muss der davon betroffene Arzt die Möglichkeit haben, gegen eine aus seiner Sicht unrichtige Festlegung zur Bildung des RLV vorzugehen. Voraussetzung ist dann aber, dass bezogen auf die streitbefangenen Quartale weder über die Festsetzung des RLV noch über die Festsetzung des Honorars bereits bestandskräftig entschieden worden ist; anderenfalls ist für die gesonderte Feststellung von Bemessungsgrundlagen kein Raum mehr (zu den Folgen der Bestandskraft des Honorarbescheides vgl bereits BSG Urteil vom 15.8.2012 - B 6 KA 38/11 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 1 = NZS 2013, 197, RdNr 10).
Die genannten Voraussetzungen liegen hier bezogen auf das Quartal III/2013 vor. Von der eröffneten Möglichkeit, Grundlagen für die Bemessung des RLV zu klären, hat die Beklagte hier Gebrauch gemacht und ein gesondertes Verwaltungsverfahren zu der Frage durchgeführt, ob das RLV im Hinblick auf die Reduzierung des Versorgungsauftrags des Klägers unter Heranziehung der halbierten oder der tatsächlichen Fallzahlen des entsprechenden Vorjahresquartals zu bemessen ist. Die Bescheide zur RLV- und zur Honorarfestsetzung sind - soweit sie das Quartal III/2013 betreffen - bisher auch nicht bestandskräftig geworden; das Klageverfahren, das die Rechtmäßigkeit dieser Bescheide zum Gegenstand hat (SG Stuttgart - S 20 KA 1297/15), ruht. Die Bescheide, die die Festsetzung des RLV und des Honorars für das Quartal III/2013 zum Gegenstand haben, sind nicht nach § 96 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden (vgl BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 71/97 R - BSGE 83, 52 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 = Juris RdNr 14; BSG Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr 27 = Juris RdNr 17).
Dem Umstand, dass die genannten Voraussetzungen bezogen auf die Quartale I/2013 und II/2013 nicht erfüllt sind und dass die Beklagte für die nachfolgenden Quartale ab IV/2013 keine Halbierung der Fallzahl mehr vorgenommen hat, hat der Kläger mit der Beschränkung der Revision auf das Quartal III/2013 Rechnung getragen.
B. Die Klage ist bezogen auf die der RLV-Festsetzung im Quartal III/2013 zugrunde zu legende Fallzahl auch begründet.
1. Gesetzliche Grundlage der hier anzuwendenden Verteilungsregelungen ist § 87b Abs 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl I 2983). Nach dieser Vorschrift verteilt die KÄV die vereinbarten Gesamtvergütungen an die Ärzte, Psychotherapeuten, medizinischen Versorgungszentren sowie ermächtigten Einrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung. Sie wendet dabei den Verteilungsmaßstab an, der im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen festgesetzt worden ist. Nach § 87b Abs 2 S 1 SGB V hat der Verteilungsmaßstab Regelungen vorzusehen, die verhindern, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers über seinen Versorgungsauftrag nach § 95 Abs 3 SGB V oder seinen Ermächtigungsumfang hinaus übermäßig ausgedehnt wird; dabei soll dem Leistungserbringer eine Kalkulationssicherheit hinsichtlich der Höhe seines zu erwartenden Honorars ermöglicht werden.
Mit der Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV-VStG ist der Gesetzgeber in wesentlichen Punkten zur Verteilungssystematik aus der Zeit vor Inkrafttreten der Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) zum 1.1.2004 zurückgekehrt und hat die bundesgesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Implementation von RLV, weitgehend zurückgenommen (BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 27). Die KÄVen dürfen - im Benehmen mit den Verbänden der Krankenkassen - seit 2012 die Honorarverteilung wieder weitgehend nach eigenen Präferenzen gestalten, wobei nach § 87b Abs 4 S 2 und 3 SGB V Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) zu beachten sind (vgl BSG Urteil vom 8.8.2018 - B 6 KA 26/17 R - zur Veröffentlichung vorgesehen für SozR). Bis die KÄVen von dieser Befugnis Gebrauch gemacht hatten, galten die Vorschriften über arzt- und praxisbezogene RLV fort (§ 87b Abs 1 S 3 SGB V). Im Bereich der Beklagten galten RLV auch noch in dem hier streitbefangenen Quartal III/2013 und darüber hinaus.
Die Beklagte war danach im Quartal III/2013 zwar nicht mehr verpflichtet, die - weiterhin vorgeschriebene - Leistungsbegrenzung gerade über RLV zu realisieren. Sie war dazu jedoch berechtigt. In den ersten Quartalen nach der Neufassung des § 87b SGB V dürfte dazu im Übrigen praktisch kaum eine Alternative bestanden haben, weil die KÄBV zunächst die nach § 87b Abs 4 S 2 iVm Abs 2 S 1 bis 3 SGB V erforderlichen Vorgaben zu beschließen hatte (vgl BSG Urteil vom 2.8.2017 - B 6 KA 16/16 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 11 RdNr 28).
2. Auch nach der Erweiterung der Gestaltungsspielräume der Gesamtvertragspartner bei der Ausgestaltung der Honorarverteilung seit der Neufassung des § 87b SGB V durch das GKV-VStG bleibt der aus Art 12 iVm Art 3 Abs 1 GG abgeleitete Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zu beachten. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten ist es mit diesem Grundsatz nicht zu vereinbaren, die der RLV-Bemessung zugrunde zu legende Fallzahl, die sich an der Abrechnung des Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres orientiert, nur deshalb zu halbieren, weil der Arzt seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt hat. Weil die Bildung des RLV aus Fallzahl und arztgruppenbezogenem Fallwert keinen unmittelbaren Bezug zum Umfang des Versorgungsauftrags aufweist, sondern sich ausschließlich an Art und Umfang der tatsächlichen ausgeübten ärztlichen Tätigkeit orientiert, erweist sich der Umfang des Versorgungsauftrags auch nicht als geeignetes sachliches Unterscheidungskriterium.
a) Im Grundsatz zutreffend weist das LSG darauf hin, dass § 87b Abs 2 S 1 SGB V mit der Vorgabe, nach der die Honorarverteilung eine übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit verhindern soll, ua an den Versorgungsauftrag des Vertragsarztes bzw des Medizinischen Versorgungszentrums nach § 95 Abs 3 SGB V anknüpft. Nach § 95 Abs 3 S 1 SGB V bewirkt die Zulassung, dass der Vertragsarzt "an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt oder verpflichtet ist". Dem entsprechend darf der Umfang des Versorgungsauftrags bei der Honorarverteilung nicht vollkommen unberücksichtigt bleiben. Deshalb hat der Senat Regelungen zu Strukturzuschlägen im Bereich der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen gebilligt, die bewirken, dass ein Psychotherapeut, der einen halben Versorgungsauftrag wahrnimmt, von diesen Zuschlägen in gleicher Weise profitiert wie ein Psychotherapeut, der seinen vollen Versorgungsauftrag erfüllt (BSG Urteil vom 11.10.2017 - B 6 KA 37/17 R - RdNr 62 - SozR 4-2500 § 87 Nr 35 auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen). Dadurch dass die Zuschläge bei einer hälftigen Zulassung bereits beim Erreichen der Hälfte der Punktzahl eingreifen, die bei Psychotherapeuten mit voller Zulassung gefordert werden, ist die erforderliche Gleichbehandlung nicht verletzt, sondern erst hergestellt worden. Auch die in § 14 HVM 2013 von der Beklagten getroffene Regelung, die die Fallzahlzuwachsbegrenzungen eines Arztes mit vollem Versorgungsauftrag davon abhängig macht, dass der Arzt die durchschnittliche Fallzahl seiner Fachgruppe überschreitet, während die Fallzahlzuwachsbegrenzung bei Ärzten mit halbem Versorgungsauftrag bereits bei der Hälfte der durchschnittlichen Fallzahl eingreift, begegnet ersichtlich keinen Bedenken im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG, weil maßgeblicher Anknüpfungspunkt hier die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe sind. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, wenn Ärzten mit halbem Versorgungsauftrag ein entsprechend geringerer Zuwachs zugebilligt wird als Ärzten mit vollem Versorgungsauftrag. Dasselbe gilt für die in § 10 Abs 1 S 3 HVM 2013 getroffene Regelung, nach der bei Vertragsärzten mit anteiligem Versorgungsauftrag für die fallzahlbedingte Abstaffelung, die bei Überschreitung der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe um mehr als 200 % eingreift, entsprechend geringere durchschnittliche Fallzahlen zugrunde zu legen sind.
b) Die hier bedeutsame Frage, ob die für die RLV-Bemessung maßgebende Fallzahl im Hinblick auf die Halbierung des Versorgungsauftrags ebenfalls halbiert werden darf, unterscheidet sich von den og Fallgestaltungen, in denen der Senat eine Orientierung der Vergütung am Umfang des Versorgungsauftrags gebilligt hat, grundlegend, weil die Ermittlung des RLV aus der Fallzahl und dem arztgruppenspezifischen Fallwert keinerlei Bezug zum Umfang des Versorgungsauftrags des Arztes aufweist. Deshalb sind Änderungen im Umfang des Versorgungsauftrags auch kein geeignetes Anknüpfungskriterium für eine Änderung der Fallzahl bei der Bildung des RLV.
Der im Bezirk der Beklagten geltende § 9 HVM 2013 bestimmt, dass sich das RLV aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen arztgruppenspezifischen Fallwerts mit der Fallzahl des Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal ergibt. Ausschlaggebend für die Frage, welche Fallzahl der Bemessung des RLV zugrunde zu legen ist, ist der tatsächliche Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit des einzelnen Arztes im entsprechenden Vorjahresquartal. Daran ändert sich durch eine Reduzierung des Versorgungsauftrags nichts. Je höher die Fallzahl des Arztes ist, desto höher ist im Grundsatz (vorbehaltlich der ebenfalls im HVM 2013 geregelten fallzahlbedingten Abstaffelungen und Fallzahlzuwachsbegrenzungen) auch das RLV des Arztes im Folgejahr. Eine solche Berücksichtigung der in einem vergangenen Zeitraum abgerechneten Leistungen im Rahmen von Honorarbegrenzungsregelungen hat der Senat in ständiger Rechtsprechung gebilligt, und zwar sowohl in Gestalt von individualbezogenen Honorarbegrenzungsregelungen (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 10/2018, K § 85 RdNr 252 mwN) als auch in der hier praktizierten Form von RLV, die sich von Individualbudgets ua dadurch unterscheiden, dass neben den individuellen Behandlungsfallzahlen arztgruppenspezifische "Fallpunktzahlen" bzw Fallwerte in die Berechnung der praxisindividuellen Grenzwerte einfließen (vgl zB BSG Urteil vom 17.3.2010 - B 6 KA 43/08 R - BSGE 106, 56 = SozR 4-2500 § 85 Nr 54, RdNr 15; BSG Urteil vom 5.6.2013 - B 6 KA 32/12 R - BSGE 113, 298 = SozR 4-2500 § 85 Nr 76, RdNr 38).
Die in der Vergangenheit abgerechnete Fallzahl als zulässiger Anknüpfungspunkt für die Bemessung eines RLV darf indes nicht beliebig modifiziert werden. Art 3 Abs 1 GG fordert, dass Gleiches entsprechend seiner Eigenart gleichbehandelt wird (BSG Urteil vom 6.11.2002 - B 6 KA 21/02 R - BSGE 90, 111, 117 = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S 421 = Juris RdNr 24 mwN). Eine Halbierung der für die Berechnung von Begrenzungsregelungen maßgebenden Fallzahlen ohne sachlich legitimierenden Grund ist damit nicht vereinbar.
Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob mit dem LSG angenommen werden kann, dass § 95 Abs 3 S 1 SGB V iVm § 3 Abs 7 HVM 2013 eine Regelung zur Reduzierung der RLV-relevanten Fallzahlen zu entnehmen ist, weil eine solche Regelung jedenfalls nicht wirksam wäre. Nach seinem Wortlaut bestimmt § 3 Abs 7 HVM 2013 im Übrigen nur allgemein, dass bei der Ermittlung von RLV eines Arztes der Umfang sowie der Zeitpunkt der Aufnahme seiner Tätigkeit laut Zulassungs- bzw Genehmigungsbescheid zu berücksichtigen ist. Die nähere Ausgestaltung erfolgt in den nachfolgenden Bestimmungen, denen auch das LSG ersichtlich keine Aussage zur Reduzierung der RLV-relevanten Fallzahlen in Abhängigkeit vom Umfang des Versorgungsauftrags entnehmen konnte. Wenn die Regelung gleichwohl mit dem LSG in dem Sinne zu interpretieren wäre, dass daraus eine Anpassung der RLV-relevanten Fallzahl an den Versorgungsauftrag abzuleiten wäre, wäre eine solche Regelung mit dem aus Art 12 iVm Art 3 Abs 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht vereinbar. Der Umstand, dass der Kläger seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte reduziert hat, um ihn dem tatsächlichen Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit anzupassen, ist aus den og Gründen kein geeigneter sachlicher Anknüpfungspunkt für eine Abweichung von dem im hier maßgebenden HVM 2013 geregelten Grundsatz, dass der Bemessung des RLV die tatsächliche (volle) Fallzahl des Arztes im entsprechenden Quartal des Vorjahres zugrunde gelegt wird: Ein Arzt mit vollem Versorgungsauftrag, dessen Fallzahl den Durchschnitt der Fachgruppe um mehr als die Hälfte unterschreitet, wird - wenn keine besonderen Umständen vorliegen - seine Verpflichtung, im Umfang seines Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen, regelmäßig nicht mehr erfüllen. Dies kann Anlass sein, ihm die Zulassung teilweise - im Umfang eines halben Versorgungsauftrags - zu entziehen. Der Arzt ist aber keineswegs verpflichtet, ein solches Entziehungsverfahren abzuwarten. Er kann sich auch entscheiden, den Umfang seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zu erhöhen und seine Fallzahl soweit zu steigern, dass er seiner Verpflichtung aus § 95 Abs 3 S 1 SGB V wieder gerecht wird. Wenn er das zB aus familiären Gründen nicht möchte, gibt ihm § 19a Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte die Möglichkeit, seinen Versorgungsauftrag durch schriftliche Erklärung gegenüber den Zulassungsgremien auf die Hälfte zu beschränken. Mit dieser Entscheidung zur Reduzierung des Versorgungsauftrags ist in einer solchen Konstellation typischerweise nicht die Entscheidung verbunden, den tatsächlichen Umfang der ärztlichen Tätigkeit weiter einzuschränken. Vielmehr geht es dem Arzt darum, den Umfang des Versorgungsauftrags den schon vorher bestehenden tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. So verhielt es sich auch bei dem Kläger, der auf seine weit unterdurchschnittliche Fallzahl mit einer Reduzierung seines Versorgungsauftrags reagiert hat. Einen sachlichen Grund, die Fallzahl, die der Bemessung des RLV zugrunde gelegt wird, der Reduzierung des Versorgungsauftrags anzupassen, gibt es unter diesen Umständen nicht. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob der Reduzierung des Versorgungsauftrags eine Entziehung durch die Zulassungsgremien oder ein freiwilliger Verzicht des Arztes zugrunde liegt.
3. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob eine Reduzierung der für die Bemessung der RLV-relevanten Fallzahl ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit für den Fall geregelt werden könnte, dass der Arzt nicht nur seinen Versorgungsauftrag reduziert, sondern dass - wie hier - auch eine Nachbesetzung im Umfang des halben Versorgungsauftrags stattfindet. Für die Zulässigkeit einer solchen an die Praxisnachfolge anknüpfenden Regelung könnte der Umstand sprechen, dass die Besetzung eines Vertragsarztsitzes im Wege der Praxisnachfolge gemäß § 103 Abs 3a, Abs 4 SGB V nach ständiger Rechtsprechung die Fortführung einer Praxis voraussetzt; die isolierte Übertragung einer Zulassung ist ausgeschlossen (vgl zB BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr 13, RdNr 31 ff, 34; zuletzt: BSG Urteil vom 27.6.2018 - B 6 KA 46/17 R - zur Veröffentlichung für BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 25 ff, jeweils mwN). Wie sich aus § 103 Abs 3a S 2, Abs 4 S 2 SGB V ergibt, gilt das auch bei hälftigem Verzicht oder hälftiger Entziehung der Zulassung. Wenn der Arzt seine Praxis nicht vollständig aufgibt, sondern seinen Versorgungsauftrag lediglich auf die Hälfte reduziert, wird die Kontinuität des hälftigen Praxisbetriebs und die Fortsetzung der Tätigkeit des übernehmenden Arztes am bisherigen Praxisort vielfach nicht ohne Weiteres zu realisieren sein. Umso mehr wird die Erfüllung des Merkmals der "Praxisnachfolge" in einer solchen Konstellation regelmäßig davon abhängig sein, dass der Arzt, der die halbe Praxis übernimmt ("fortführt"), einen Teil des Patientenstamms übernimmt (generell zur Bedeutung des Patientenstamms bei der Praxisfortführung vgl BSG Urteil vom 29.9.1999 - B 6 KA 1/99 R - BSGE 85, 1 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 = Juris RdNr 39), sodass die bisherige Praxis im Regelfall gerade nicht unverändert fortgeführt wird. Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, dass eine KÄV in ihrem HVM 2013 einer durch die (halbe) Praxisnachfolge typischerweise bedingten Aufteilung des Patientenstamms auch bei der Bemessung des RLV für den Arzt Rechnung tragen darf, der seinen Versorgungsauftrag reduziert hat. Für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren kommt es darauf jedoch nicht an, weil der HVM 2013 der Beklagten jedenfalls eine solche maßgeblich auf die Praxisnachfolge im Umfang eines halben Versorgungsauftrags abstellende Regelung zur Reduzierung der RLV-relevanten Fallzahl nicht enthält. Wenn eine solche eindeutige Bestimmung im HVM 2013 fehlt, darf die KÄV die RLV-relevante Fallzahl aber auch nicht einzelfallbezogen etwa mit Blick auf den vom abgebenden Arzt erzielten Verkaufserlös oder andere nicht normativ ableitbare übergeordnete Erwägungen reduzieren.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 155 Abs 1 S 1 VwGO und berücksichtigt, dass der Kläger die Revision bezogen auf 11 von ursprünglich 12 streitbefangenen Quartalen zurückgenommen und allein bezogen auf das Quartal III/2013 obsiegt hat.