Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 10.12.2014


BSG 10.12.2014 - B 5 R 378/14 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Vertretungszwang vor dem Bundessozialgericht - kein Verstoß gegen Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention - Verfassungsmäßigkeit


Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
10.12.2014
Aktenzeichen:
B 5 R 378/14 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend SG Köln, 22. Mai 2014, Az: S 5 R 591/13, Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 26. September 2014, Az: L 4 R 457/14, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 6 MRK
Art 47 Abs 2 S 2 EUGrdRCh

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. September 2014 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Der Kläger hat sich mit einem selbst unterzeichneten Schreiben vom 22.10.2014 an das Bundessozialgericht (BSG) gewandt und ua "Beschwerde/Strafanzeige wegen Urteil des LSG NRW Az. L 4 R 457/14 vom 26.09.2014" sowie "Beschwerde/Strafanzeige wegen `Gerichtsbescheid´ des s.g. `SG Köln´ Az. S 5 R 591/13 vom 22.05.2014" eingelegt und "Klage gegen manipulierten Widerspruchsbescheid vom 09.04.2013" erhoben. Diese Rechtsbehelfe und die weiteren Rechtsschutzgesuche des Klägers fasst der Senat als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.9.2014 auf. Da die Streitsache B 13 R 232/11 B durch Beschluss vom 26.7.2011 erledigt und deshalb nicht mehr anhängig ist, liegt kein Fall der Sonderzuordnung an den 13. Senat aufgrund Vorbefassung iS von Teil A Abschnitt II Ziffer 2 b) des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2014 vor.

2

Die Beschwerde ist indes unzulässig, weil sie nicht formgerecht eingelegt worden ist. Der Kläger konnte, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, die Beschwerde wirksam nur durch zugelassene Prozessbevollmächtigte einlegen lassen (§ 73 Abs 4 SGG). Gegen diesen Vertretungszwang bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies haben mehrfach sowohl das BSG (Beschlüsse vom 25.10.1957 - 8 RV 935/57 - SozR Nr 20 zu § 166 SGG und vom 21.1.1971 - 7 RAr 49/70 - SozR Nr 43 zu § 166 SGG) als auch das BVerfG (Beschluss vom 16.6.1983 - 1 BvR 664/83 - SozR 1500 § 166 Nr 10 und Kammerbeschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - SozR 3-1500 § 160a Nr 7) entschieden. Auch ein Verstoß gegen den durch Art 6 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) garantierten Anspruch auf Zugang zum Gericht ist im Vertretungszwang nicht zu sehen (BSG Beschlüsse vom 21.8.2003 - B 3 P 8/03 B - Juris RdNr 6, vom 27.1.2005 - B 11a/11 AL 265/04 B - Juris RdNr 7 und vom 3.5.2011 - B 9 SB 21/11 B - Juris RdNr 3). Dieser verletzt schließlich auch nicht Art 47 Abs 2 S 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh), wonach sich jede Person vor Gericht beraten, verteidigen und vertreten lassen "kann". Denn diese Kann-Vorschrift versperrt den Mitgliedstaaten keinesfalls die Möglichkeit, vor ihren obersten Gerichtshöfen einen Vertretungszwang vorzuschreiben (Senatsbeschluss vom 5.4.2011 - B 5 R 66/11 B - BeckRS 2011, 71789 RdNr 4 und BFH Beschluss vom 22.7.2010 - V S 8/10 - BFH/NV 2010, 2095; auch vor dem EuGH besteht ein Vertretungszwang, vgl Art 19 Abs 3 Satzung EuGH sowie Art 58 Verfahrensordnung des Gerichtshofes).

3

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

4

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.