Entscheidungsdatum: 29.11.2011
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juli 2011 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
I. Streitig ist die Erstattung der Kosten der Klägerin für ihre Rechtsverfolgung im Widerspruchsverfahren.
Die alleinstehende Klägerin wurde von dem Beklagten mit Schreiben vom 22.8.2008 aufgefordert, ihre Unterkunftskosten zu senken. Diese seien unangemessen hoch. Ab dem 1.9.2009 würden nur noch 360 Euro als Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigt. Das Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Den Widerspruch hiergegen verwarf der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 20.1.2009 als unzulässig, weil die Kostensenkungsaufforderung kein Verwaltungsakt sei - Kosten für das Widerspruchsverfahren seien nicht zu erstatten. Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, der Beklagte habe durch sein Verhalten den Widerspruch "provoziert". Der Beklagte hat sich alsdann bereit erklärt, 1/3 der Kosten des Widerspruchsverfahrens zu übernehmen. Nachdem die Klägerin dieses Anerkenntnis zwar angenommen, die vollen Kosten jedoch weiter geltend gemacht und zusätzlich eine Erledigungsgebühr begehrt hat, hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 25.3.2010). Die Berufung hat es in Ermangelung des Erreichens des Beschwerdegegenstandes von 750 Euro nicht zugelassen. Die Berufung hiergegen hat das LSG Berlin-Brandenburg als unzulässig verworfen, weil es sich nicht um eine statthafte Berufung handele. Hinsichtlich des Beschwerdewertes hat es die Auffassung des SG bestätigt. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung hat es zugleich als unbegründet zurückgewiesen (Beschluss vom 28.7.2011). Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin hat bereits keine konkrete Rechtsfrage formuliert. Selbst wenn man jedoch durch wohlwollende Auslegung ihrer Ausführungen dazu gelangen wollte, dass ihrer Ansicht nach die Frage höchstrichterlich ungeklärt sei, ob die Kosten des Widerspruchsverfahrens durch die Verwaltung auch dann zu erstatten seien, wenn diese den Anlass für das Entstehen der Kosten durch eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung gesetzt habe, so mangelt es an Darlegungen zur Klärungsfähigkeit dessen im konkreten Verfahren.
Weil die Funktion des Revisionsverfahrens nicht darin besteht, Rechtsfragen abstrakt zu beantworten, muss es auf die Entscheidungserheblichkeit der in der Beschwerde herausgestellten Rechtsfrage in dem konkreten Rechtsfall ankommen. Dazu hätte es hier schlüssiger Darlegungen bedurft, weil das LSG vorliegend nicht in der Sache entschieden hat, sondern mit der Verwerfung der Berufung der Klägerin als unzulässig eine reine Prozessentscheidung getroffen hat. Wird das Begehren auf Zulassung der Revision gleichwohl auf Fragen gestützt, die im Rahmen einer Sachentscheidung zu beantworten wären, genügt es den Darlegungsanforderungen nur, wenn in der gebotenen Weise gerügt wird, dass die Berufung entgegen der Rechtsauffassung des LSG zulässig war, und außerdem in der erforderlichen Weise dargetan wird, weshalb das Revisionsgericht sich nicht nur auf die Prüfung der Zulässigkeit der Berufung zu beschränken, sondern in der Sache und insoweit auch über die als grundsätzlich bezeichneten Fragen zu entscheiden hat (vgl etwa BSG vom 9.1.2008 - B 12 KR 24/07 B; BSG vom 16.12.1993 - 7 BAr 126/93, SozR 3-1500 § 160a Nr 16, dort für Fälle, in denen die Entscheidung des Revisionsgerichts in der Sache vom Vorliegen ausreichender tatsächlicher Feststellungen abhängt). Hieran fehlt es vorliegend. Die Beschwerdebegründung lässt jede Darlegung dazu vermissen, dass und warum eine Entscheidung des BSG in der Sache und damit über die als grundsätzlich bezeichneten Fragen möglich ist, obwohl sich das Berufungsgericht tragend nur mit der Zulässigkeit der Berufung auseinandergesetzt hat. Soweit das LSG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verneint und sich mit der Anwendungsbreite des § 63 SGB X befasst, ist dieses im Rahmen der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde erfolgt. Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch im Revisionsverfahren keiner Überprüfung zugänglich, sie ist endgültig (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 145 RdNr 8a). Nach § 145 Abs 4 Satz 4 SGG wird das Urteil mit der Ablehnung der Beschwerde rechtskräftig. Hieran ändert es nichts, dass das LSG die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde gemeinsam mit der über die Berufung in einem Beschluss getroffen hat. Es hat sowohl im Tenor, als auch in den Gründen ausdrücklich zwischen beiden Verfahren unterschieden und die Beantwortung der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage auch nicht als Hilfserwägung der Entscheidung über die Berufung zugrunde gelegt.
Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.