Entscheidungsdatum: 27.06.2017
Die Verzinsung des Anspruchs eines Krankenhauses gegen den Unfallversicherungsträger auf Bezahlung von Behandlungskosten eines Versicherten aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt sich nach den Vorschriften des BGB.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. März 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin ein Zinsanspruch aus einem von der Beklagten anerkannten Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) zusteht.
Die Patientin R. wurde im Zeitraum vom 16.10. bis 22.10.2008 wegen eines Versicherungsfalls gemäß § 7 SGB VII im Klinikum der Klägerin stationär behandelt. Hierfür rechnete die Klägerin unter dem 24.10.2008 einen Rechnungsbetrag in Höhe von 3628,84 Euro auf Grundlage der Diagnosebezogenen Fallgruppe (DRG) E77C ab. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19.12.2008 mit, dass nach ihrer Auffassung die Kodierung einer Nebendiagnose nicht zulässig sei. In der Folge zahlte die Beklagte auf die klägerische Rechnung nur einen Betrag in Höhe von 2361,13 Euro.
Die Klägerin hat daraufhin am 27.12.2012 Klage zum SG auf Zahlung des offenen Restbetrags in Höhe von 1267,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.12.2008 erhoben. Die Beklagte erkannte mit am 4.7.2014 beim SG eingegangenem Schriftsatz die Hauptforderung an; auch die Gerichtskosten sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin wurden bezogen auf die Hauptforderung übernommen. Die geltend gemachte Zinsforderung erkannte die Beklagte hingegen ausdrücklich nicht an. Die Klägerin nahm am 6.8.2014 das Anerkenntnis der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit insoweit für erledigt. Die Klage betreffend den Zinsanspruch wurde explizit aufrechterhalten.
Das SG hat durch Urteil vom 19.3.2015 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1267,71 Euro für den Zeitraum vom 30.12.2008 bis 2.7.2014 zu zahlen und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Weiterhin hat es die Berufung und die Sprungrevision zugelassen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, für den geltend gemachten Vergütungs- und Zinsanspruch sei der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Der in der Hauptsache geltend gemachte Zahlungsanspruch ergebe sich aus den Vorschriften über die GoA gemäß §§ 677 ff BGB, die im öffentlichen Recht entsprechend anzuwenden seien. Deshalb seien im Grundsatz auch die Verzinsungsvorschriften des BGB anwendbar. Es sei nicht ersichtlich, weshalb trotz des ausdrücklichen Rückgriffs auf die Regelungen der GoA die für dieses schuldrechtliche Rechtsinstitut anzuwendenden Verzinsungsvorschriften nicht gelten sollten. Die Höhe des Zinsanspruchs von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz folge aus § 288 Abs 1 BGB. Der Zinsanspruch beziehe sich nicht nur auf Prozesszinsen im engeren Sinne, sondern insgesamt auf Verzugszinsen. Für das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern sei unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG davon auszugehen, dass die Leistungserbringer zur Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs auf die zügige Begleichung ihrer Rechnungen angewiesen seien, weil sie uneingeschränkt in Vorleistung treten müssten.
Hiergegen hat die Beklagte die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Der anerkannte Hauptanspruch aus GoA sei öffentlich-rechtlicher Natur. Eine entsprechende (analoge) Anwendung der § 280 Abs 1 und 2, § 286 Abs 1, § 288 Abs 1 BGB würde voraussetzen, dass die Verzinsung im SGB nicht abschließend geregelt sei, vielmehr eine planwidrige gesetzliche Lücke vorliege. Das Sozialgesetzbuch regele jedoch nach überwiegender Rechtsprechung die Verzinsung abschließend.
Die Beklagte beantragt, |
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das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 19. März 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen. |
Die Klägerin beantragt, |
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die Revision der Beklagten zurückzuweisen. |
Die statthafte und zulässige Sprungrevision der Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1267,71 Euro für den Zeitraum vom 30.12.2008 bis 2.7.2014 zu zahlen.
Das SG hat die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz im Tenor des angefochtenen Urteils ausdrücklich zugelassen. Die Zustimmungserklärung der Klägerin "zur Sprungrevision" legt der Senat als Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision aus, weil sie nach Zustellung des vollständigen Urteils des SG abgegeben wurde (BSG vom 17.5.2011 - B 2 U 18/10 R - BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 17 und vom 25.8.2011 - B 8 SO 7/10 R - BSGE 109, 56, 57; vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 161 RdNr 4). Für den hier statthaft mit der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) geltend gemachten alleine noch streitigen Zinsanspruch ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten schon wegen der Bindung des Revisionsgerichts nach § 17a Abs 5 GVG an die Rechtswegbestimmung durch das SG eröffnet (BSG vom 3.4.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247 = SozR 4-7610 § 812 Nr 7, SozR 4-2500 § 13 Nr 30, SozR 4-7610 § 683 Nr 2, RdNr 10).
1. Der Anspruch der Klägerin auf Verzugszinsen beruht auf der entsprechenden (analogen) Anwendung des § 288 BGB. Mangels bürgerlich-rechtlichen Vergütungsanspruchs konnte § 288 BGB keine direkte Anwendung finden. Eine spezielle, öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage für den Zinsanspruch ist nicht ersichtlich (dazu unter a). Hieraus folgt jedoch nicht, dass überhaupt kein Zinsanspruch besteht. Angesichts der Ähnlichkeit des nicht geregelten Tatbestands mit dem gesetzlich festgelegten (BSG vom 18.9. 2012 - B 2 U 11/11 R - BSGE 112, 43 = SozR 4-2700 § 90 Nr 2, RdNr 25; vgl BSG vom 4.5.1999 - B 4 RA 55/98 R - SozR 3-2600 § 34 Nr 1 unter Verweis auf BSG vom 26.7.1989 - 11/7 RAr 87/87 - SozR 4100 § 107 Nr 4 S 4 f; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl 2014, S 202 ff) finden die Zinsvorschriften des BGB hier entsprechende Anwendung (hierzu unter b). Dem steht die fehlende vertragliche Beziehung zwischen Klägerin und Beklagter nicht entgegen (dazu unter c).
Die Voraussetzungen des Verzugs lagen jedenfalls am 30.12.2008 vor (dazu unter 2.). Ob darüber hinaus ein Anspruch auf Prozesszinsen aus § 291 iVm § 288 Abs 1 BGB analog besteht, bedurfte keiner Entscheidung (dazu unter 3.).
a) § 61 S 2 SGB X, der eine ergänzende entsprechende Geltung der Vorschriften des BGB für öffentlich-rechtliche Verträge normiert, findet keine Anwendung. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, wird, wenn ein Krankenhaus einen nach dem SGB VII Versicherten aufnimmt und behandelt, keine vertragliche Vereinbarung über die Durchführung und Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung begründet (BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 28/08 R - BSGE 105, 210 = SozR 4-2700 § 33 Nr 1, SozR 4-7610 § 683 Nr 1, RdNr 13). Gleiches gilt für die Einweisung des Versicherten durch den Durchgangsarzt (BSG aaO RdNr 14).
Eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung von Verzugszinsen für Zahlungsansprüche aus einer öffentlich-rechtlichen GoA lässt sich auch weder dem SGB VII oder dem SGB I noch dem SGB X entnehmen. Das SGB VII enthält keine Zinsvorschriften. § 44 SGB I gewährt einen Zinsanspruch bei verspäteter Zahlung von Geldleistungen, die Regelung setzt aber als im Zweiten Abschnitt des SGB I befindliche Norm und aufgrund ihrer Stellung hinter § 38 SGB I nach systematischer Auslegung voraus, dass es sich hierbei um Sozialleistungen iS des § 11 SGB I handelt, auf die ein Rechtsanspruch gemäß § 38 SGB I besteht. § 11 SGB I setzt nach seinem Wortlaut wiederum voraus, dass der Anspruch seine Rechtsgrundlage im SGB findet, was aber bei einer öffentlich-rechtlichen GoA eines Krankenhauses gegenüber einem Sozialversicherungsträger gerade nicht der Fall ist.
Durch das hinsichtlich der Hauptforderung angenommene Anerkenntnis der Klägerin ist auch kein neuer - zB im Sinne eines Schuldanerkenntnisvertrages gemäß § 781 BGB - originärer Anspruch im Sinne eines Anerkenntnisvertrages entstanden. Ein angenommenes Anerkenntnis ist vielmehr eine reine Prozesserklärung, die nach § 101 Abs 2 SGG den mit der Klage geltend gemachten Anspruch in der Hauptsache erledigt (vgl BSG vom 8.9.2015 - B 1 KR 1/15 R - BSGE 119, 293 = SozR 4-1500 § 101 Nr 2, RdNr 12).
b) In der vorliegenden Fallkonstellation liegt damit eine planwidrige Gesetzeslücke hinsichtlich der Regelungen über die Verzinsung vor. Im öffentlichen Recht können Verzugszinsen grundsätzlich nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gewährt werden, weil es dort keinen allgemeinen Grundsatz gibt, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet. Rechtsgrundlage für die Verzinsung von Geldforderungen ist das im Einzelfall einschlägige Spezialrecht (BVerwG vom 27.2.2014 - 5 C 1/13 D - NVwZ 2014, 1523 RdNr 45; BVerwG vom 22.2.2001 - 5 C 34/00 - BVerwGE 114, 61; BSG vom 18.12.1979 - 2 RU 3/79 - BSGE 49, 227 = SozR 1200 § 44 Nr 2, RdNr 11; vgl BVerwG vom 14.2.1962 - V C 11.61 - BVerwGE 14, 1, 3; BVerwG vom 25.10.1962 - VIII C 55.61 - BVerwGE 15, 78, 81; BVerwG vom 26.3.1965 - IV C 123.63 - BVerwGE 21, 44; BVerwG vom 8.6.1966 - VIII C 153.63 - BVerwGE 24, 186, 191; BVerwG vom 17.2.1971 - IV C 17.69 - BVerwGE 37, 239, 242; BVerwG vom 13.7.1979 - IV C 66.76 - BVerwG DÖV 1979, 761).
Die Fälle des im BGB geregelten Verzugszinsentatbestands sind der vorliegenden Konstellation ähnlich. In beiden Fällen stehen Gläubiger und Schuldner in einem Gleichordnungsverhältnis, das es rechtfertigt, im Falle einer schuldhaft verspäteten Leistung einen Nachteilsausgleich, der der Gläubigerseite durch die Vorenthaltung einer geschuldeten Geldleistung entsteht, zuzubilligen. Angesichts der fehlenden Sonderregelung ist es daher gerechtfertigt, den allgemeinen Rechtsgedanken des Schuldnerverzugs, der im Allgemeinen Teil des bürgerlichen Schuldrechts kodifiziert ist, auch auf dem Gebiet des öffentlich-rechtlichen Sozialrechts zur Anwendung zu bringen (vgl BGH vom 19.2.1962 - III ZR 200/60 - BGHZ 36, 344, RdNr 37). Es ist davon auszugehen, dass insofern eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt. Bei einer Regelung der GoA im öffentlichen Recht hätte der Gesetzgeber auch den Zinsanspruch für dieses Rechtsinstitut regeln müssen.
Bereits die Hauptforderung der Klägerin resultiert aus einem Anspruch auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher GoA, für den auch im öffentlichen Recht - mangels positivrechtlicher Regelung der "öffentlich-rechtlichen GoA" - nach ständiger Rechtsprechung des Senats die §§ 677 ff BGB entsprechend gelten. Mangels spezialgesetzlicher Regelung ist als Rechtsgrundlage für den anerkannten Zahlungsanspruch § 683 S 1 iVm § 670 BGB heranzuziehen, der auch für den Bereich der Sozialversicherung jedenfalls dann entsprechend anzuwenden ist, wenn der Geschäftsführer - wie hier die Klägerin - kein Leistungsträger iS der §§ 102 ff SGB X ist. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Erstattungsanspruch nach diesen Bestimmungen ausscheidet und der Geschäftsführer mit der Geschäftsführung eine Aufgabe eines sozialrechtlichen Leistungsträgers übernommen hat. Weiterhin ist erforderlich, dass es an besonderen, das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn abweichend regelnden Bestimmungen, die den Handelnden zum unentgeltlichen Tätigwerden verpflichten oder die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die GoA nicht erlauben, fehlt (BSG vom 3.4.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247 = SozR 4-7610 § 812 Nr 7, RdNr 19; BSG vom 12.1.2010 - B 2 U 28/08 R - BSGE 105, 210 = SozR 4-2700 § 33 Nr 1, RdNr 12; BSG vom 17.11.1999 - B 6 KA 14/99 R - SozR 3-2500 § 75 Nr 11 S 56 mwN).
Aus dieser inzwischen gefestigten Rechtsprechung, die in der genannten Konstellation zu einer analogen Anwendung der BGB-Vorschriften zur GoA führt, folgt zwangsläufig, dass auch die Normen des Allgemeinen Schuldrechts des BGB (§§ 241 ff BGB) und damit auch des Leistungsstörungsrechts (§§ 275 ff BGB) entsprechende Anwendung finden. Wie das BVerwG bereits entschieden hat, findet im Rahmen der öffentlich-rechtlichen GoA jedenfalls § 256 BGB entsprechende Anwendung, nach dem der Aufwendungsersatz auch einen Zinsanspruch umfasst (BVerwG vom 6.9.1988 - 4 C 5/86 - BVerwGE 80, 170, RdNr 24).
Die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes bestimmt sich mithin zunächst nach § 246 BGB, der den ausdrücklichen Vorbehalt der Geltung einer anderen Regelung enthält und somit die Anwendbarkeit des § 288 Abs 1 BGB eröffnet.Verzugszinsen nach § 288 BGB dienen dem Nachteilsausgleich, der der Gläubigerseite durch die Vorenthaltung einer geschuldeten Geldleistung entsteht. So soll im Wege der Fiktion eines gesetzlichen Mindestschadens (vgl BGH vom 26.4.1979 - VII ZR 188/78 - BGHZ 74, 231, 235) dem Gläubiger das ersetzt werden, das er erlangt hätte, wenn er das Geld angelegt hätte (Larenz, Schuldrecht AT, § 12 VIII, S 182; vgl auch den Zinsbegriff des römischen Rechts in Dig.22.1.0: De usuris et fructibus ....... Über Nutzungen und Früchte ...). Zugleich soll ein etwaiges Zinskalkül des Schuldners, der die Erfüllung einer Geldschuld verzögert, um entsprechende Gewinne durch Zinsziehung zu erzielen (Gläubigerkredit), verhindert werden (vgl Schulte-Nölle in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 2. Aufl 2012, § 288 RdNr 3).
c) Der entsprechenden Anwendbarkeit der Verzugsvorschriften des BGB steht schließlich die fehlende vertragliche Beziehung zwischen Klägerin und Beklagter nicht entgegen. Zwar bejahen der 1. und 3. Senat des BSG eine entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs 1 BGB nur, wenn die Geldleistungspflicht eine vertragliche Hauptleistungspflicht ist, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht (BSG vom 8.9.2009 - B 1 KR 8/09 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 14; vgl BVerwG vom 15.3.1989 - 7 C 42/87 - BVerwGE 81, 312, RdNr 14; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 61 RdNr 11). Insofern ist aber zu beachten, dass die Voraussetzungen der GoA zwar ein gesetzliches Schuldverhältnis begründen, dieses jedoch deswegen rechtsgeschäftsähnlich ausgestaltet ist, weil es sich wie beim Auftrag um ein unvollkommen zweiseitiges Rechtsverhältnis handelt (vgl bereits BGH vom 21.10.1954 - IV ZR 128/54 - BGHZ 15, 102, 105), das sich nur darin vom gegenseitigen Vertrag unterscheidet, dass die beiderseitigen Verpflichtungen in keinem Abhängigkeitsverhältnis stehen (Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Aufl 2017, Einf vor § 320 RdNr 4 f). Diese fehlende Abhängigkeit rechtfertigt es nicht, dem Fremdgeschäftsführer den Ersatz des Verspätungsschadens bei schuldhaft vorenthaltener Leistung durch den Geschäftsherrn zu versagen.
Die Entscheidung widerspricht damit auch nicht der Rechtsprechung des BVerwG, die zur Verzinsung von Ansprüchen aus öffentlich-rechtlichen Forderungen, die zur Anwendbarkeit des § 288 BGB eine vertragliche Leistungspflicht, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht, verlangt (BVerwG vom 27.2.2014 - 5 C 1/13 D - Juris; vgl BVerwG Urteile vom 30.6.2011 - 3 C 30/10 - Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr 13 RdNr 20 und vom 12.6.2002 - 9 C 6/01 - BVerwGE 116, 312, 323 = Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr 3 S 27, jeweils mwN), weil diese Rechtsprechung nicht zur GoA, sondern regelmäßig zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ergangen ist, der gerade nicht auf direkt-analoger Anwendung von Normen des BGB basiert, sondern an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB tritt (BSG vom 3.4.2014 - B 2 U 21/12 R - BSGE 115, 247-256 = SozR 4-7610 § 812 Nr 7, RdNr 21; BSG vom 8.11.2011 - B 1 KR 8/11 R - BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 9). Weder BSG noch BVerwG haben bisher einen Verzugszinsanspruch bei Forderungen aus öffentlich-rechtlicher GoA ausgeschlossen.
2. Die Voraussetzungen des Verzugs lagen am 30.12.2008 vor. Der Verzug des Schuldners als ein Unterfall der Verletzung des Forderungsrechts ist die rechtswidrige Verzögerung der Leistung aus einem Grund, den der Schuldner zu vertreten hat. Nach § 286 Abs 4 BGB kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.Wie das SG zutreffend erkannt hat, befand sich die Beklagte mit dem fälligen Aufwendungswertersatz für die Behandlung der bei der beklagten Versicherten spätestens seit dem 19.12.2008 im Schuldnerverzug (§ 286 Abs 1 BGB). An diesem Tag lehnte die Beklagte die Kodierung der Nebendiagnose E 87.6 ab und "verweigerte" (§ 286 Abs 1 S 1 BGB) damit die Leistung "ernsthaft und endgültig" iS des § 286 Abs 2 Nr 3 BGB. Einer vorherigen Mahnung bedurfte es nicht. Unverschuldete tatsächliche oder rechtliche Leistungshindernisse der Beklagten sind weder festgestellt noch ersichtlich.
3. Es bedurfte keiner Entscheidung, ob daneben ein Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen nach § 291 BGB iVm § 288 Abs 1 BGB analog ab Rechtshängigkeit, die mit der Klageerhebung (§ 94 SGG) eingetreten ist, besteht(hierzu statt aller BSG vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 5, SozR 4-1710 Art 23 Nr 2, RdNr 54 sowie Henning Müller, SGb 2010, 336 ff). Die Klägerin kann den Zinsanspruch jedenfalls nur einmal verlangen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 VwGO.