Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 20.12.2011


BSG 20.12.2011 - B 2 U 12/11 C

Sozialgerichtliches Verfahren - Zulässigkeit - Anhörungsrüge - Darlegung


Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
20.12.2011
Aktenzeichen:
B 2 U 12/11 C
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend SG Hannover, 26. Oktober 2006, Az: S 36 U 44/06, Urteilvorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 31. Mai 2011, Az: L 9 U 269/06, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 3. November 2011 - B 2 U 172/11 B - wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

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I. Der Kläger begehrte erfolglos die Feststellung, dass bei ihm eine Berufskrankheit (BK) nach Nr 2301 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) vorliegt.

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Im Jahre 2005 ging bei der Beklagten eine ärztliche Anzeige betreffend den Verdacht einer BK ein, weil bei dem seit 1978 bei der V. Nutzfahrzeuge AG beschäftigten Kläger eine Lärmschwerhörigkeit vorliege. Das Begehren des Klägers auf Anerkennung einer entsprechenden BK blieb ohne Erfolg (Bescheid der Beklagten vom 17.10.2005; Widerspruchsbescheid vom 30.1.2006; Urteil des SG vom 26.10.2006; Urteil des LSG vom 31.5.2011).

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG hat der Kläger am 1.7.2011 Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG erhoben und diese mit Schriftsatz vom 27.9.2011 begründet. Der Kläger machte die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) geltend. Das BSG hat durch Beschluss vom 3.11.2011 die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen. In den Gründen des Beschlusses ist ausgeführt, dass der Kläger die von ihm behaupteten Zulassungsgründe nicht ausreichend dargelegt bzw bezeichnet habe. Der Senat hat von einer weiteren Begründung abgesehen, weil diese nicht geeignet sei, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 SGG) und hat zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines entsprechenden Vorgehens ausdrücklich auf den Beschluss des BVerfG vom 8.12.2010 (1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497 = FamRZ 2011, 540) Bezug genommen. Gegen diesen - ihm am 18.11.2011 zugestellten - Beschluss wendet sich der Kläger mit seiner am 1.12.2011 beim BSG eingegangenen Anhörungsrüge. Der Kläger macht geltend, das BSG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es seinen Vortrag bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen habe. Hierzu wiederholt er im Wesentlichen das Beschwerdevorbringen, das er der Nichtzulassungsbeschwerde zu Grunde gelegt hat.

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II. Die Anhörungsrüge des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Nach § 178a Abs 2 Satz 5 SGG muss die Rüge die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Abs 1 Satz 1 Nr 2 genannten Voraussetzungen darlegen. Nach § 178a Abs 1 Nr 2 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

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Zu dieser Voraussetzung des § 178a Abs 1 Nr 2 SGG fehlt es an Darlegungen des Klägers. Der Kläger wiederholt im Wesentlichen sein primäres Vorbringen aus seiner Nichtzulassungsbeschwerde. Damit verkennt der Kläger, dass er mit der Anhörungsrüge eine sekundäre, neue und eigenständige Gehörsverletzung durch das BSG rügen muss. Dies hat der Kläger gerade nicht getan. Er hätte sich dabei insbesondere mit der in dem beanstandeten Beschluss zitierten Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 8.12.2010 - 1 BvR 1382/10 - NJW 2011, 1497 = FamRZ 2011, 540) auseinanderzusetzen gehabt. Das BVerfG billigt dort das entsprechende Vorgehen des BGH nach § 544 Abs 4 Satz 2 Halbs 2 ZPO ausdrücklich verfassungsrechtlich. Insofern hätte der Kläger in seiner Anhörungsrüge vortragen müssen, dass und wieso das BSG von seiner ihm durch den Gesetzgeber in § 160a Abs 4 Satz 2 SGG eingeräumten Möglichkeit, einen Beschluss ohne weitere Begründung abzufassen, in einer Weise Gebrauch gemacht hat, die seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat. An entsprechendem Vortrag hierzu fehlt es jedoch, denn der Kläger wiederholt lediglich seinen Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde, der seiner Ansicht nach zu einer Zulassung der Revision hätte führen müssen. Um zu einer Zulässigkeit der Anhörungsrüge zu gelangen, hätte er zur Erfüllung seiner Darlegungslast gemäß § 178a Abs 2 Satz 5 SGG aber aufzeigen müssen, dass das BSG diesen ursprünglichen Vortrag in einer Weise verkannt bzw nicht beachtet habe, der von den bisherigen Grundsätzen in der Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der Zulassung der Revision auf Nichtzulassungsbeschwerden hin gemäß § 160a SGG abweicht. Der Senat weist nur ergänzend darauf hin, dass das BVerfG die bisherige Praxis des BSG bei der Überprüfung der Zulassungsgründe des § 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG verfassungsrechtlich nicht beanstandet hat (vgl zuletzt Beschluss des BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24; vgl auch die Beschlüsse des BVerfG vom 24.11.2009 - 1 BvR 3324/08; 15.2.2006 - 1 BvR 2597/05 - SozR 4-1500 § 160a Nr 16; 24.10.2000 - 1 BvR 1412/99 - SozR 3-1500 § 160a Nr 31 jeweils mwN). Insofern hätte der Kläger allenfalls vortragen können, dass sein bisheriger Vortrag aus der Nichtzulassungsbeschwerde in einer sein rechtliches Gehör verletzenden Weise vom Senat nicht beachtet worden wäre, die von der jahrzehntelangen Praxis des BSG bei der Beurteilung von Nichtzulassungsbeschwerden abweicht und die damit auch von den bisherigen, vom BVerfG gebilligten abstrakten höchstrichterlichen Rechtssätzen zu den Zulässigkeitserfordernissen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgedeckt gewesen ist. Hierfür genügt eine bloße Rüge der inhaltlichen Richtigkeit des Beschlusses des Senats vom 3.11.2011 gerade nicht.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.