Entscheidungsdatum: 28.06.2016
In einem besonderen Verkündungstermin kann der Vorsitzende das Urteil allein verkünden.
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 13. Januar 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Kläger hat mit am 5.2.2016 beim BSG eingegangenen Schreiben seines bevollmächtigten Vaters gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil des LSG, zugestellt am 26.1.2016, Beschwerde eingelegt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
Dem PKH-Antrag ist nicht stattzugeben. Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG erfolgreich zu begründen. Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).
Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakten ersichtlich.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht gegeben. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich wegen der Entscheidung der Vorinstanz, der Zulässigkeit des klägerischen Rechtsschutzbegehrens stünden die anderweitige Rechtshängigkeit umstrittener Erstattungsforderungen sowie die materielle Rechtskraft insoweit bereits ergangener Entscheidungen entgegen, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Es ist auch nicht erkennbar, dass diese Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
Schließlich ist nicht erkennbar, dass der Kläger einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Soweit er rügt, das LSG sei bei seinem auf die mündliche Verhandlung vom 18.12.2015 ergangenen Urteil nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr 1 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG), ist weder aus seinem Vorbringen noch aus den Verfahrensakten zu erkennen, dass diese Rüge durchgreifen könnte. Denn danach hat das LSG weder unter Übergehung eines Ablehnungsgesuchs in der Sache entschieden noch unter Verkennung der engen Grenzen für eine Selbstentscheidung des abgelehnten Richters über das ihn betreffende Ablehnungsgesuch und sodann in der Sache entschieden. Vielmehr hat der während der mündlichen Verhandlung am 18.12.2015 vom Kläger abgelehnte Richter die mündliche Verhandlung unter Hinweis auf § 47 Abs 2 ZPO mit den ehrenamtlichen Richtern zu Ende geführt und einen Verkündungstermin am 13.1.2016 bestimmt, der LSG-Senat anschließend ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters durch Beschluss vom 6.1.2016 - L 7 SF 87/15 AB -, dem Kläger zugestellt am 12.1.2016, das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurückgewiesen und das LSG sodann im Verkündungstermin am 13.1.2016 auf die geheime Beratung des Senats am 18.12.2015 das angefochtene Urteil verkündet. Die nach Verkündung dieses Urteils erhobene Anhörungsrüge des Klägers vom 13.1.2016 gegen den Beschluss vom 6.1.2016 hat das LSG zurückgewiesen (Beschluss vom 1.2.2016 - L 7 AS 75/16 RG -; Verwerfung der Beschwerde hiergegen als unzulässig durch Beschluss des BSG vom 11.2.2016 - B 14 AS 29/16 S). Dies lässt weder das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes noch eines Verfahrensmangels erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann.
Ein solcher Verfahrensmangel vermag sich auch nicht aus dem Umstand zu ergeben, dass die Verkündung des Urteils im Termin am 13.1.2016 allein durch den Richter des LSG, dem die Berufung nach § 153 Abs 5 SGG zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden war, ohne die ehrenamtlichen Richter erfolgte. Denn in einem besonderen Verkündungstermin nach § 132 Abs 1 Satz 3 SGG ist diese Besetzung nach § 311 Abs 4 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG zulässig: Nach § 132 Abs 1 Satz 3 SGG kann das Urteil ausnahmsweise in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden soll, verkündet werden; eine Ladung der Beteiligten ist nach § 132 Abs 1 Satz 4 SGG nicht erforderlich. Eine Regelung zur Besetzung des Gerichts im Verkündungstermin ist weder § 132 SGG noch dem SGG im Übrigen zu entnehmen. Nach § 311 Abs 4 ZPO kann der Vorsitzende das Urteil in Abwesenheit der anderen Mitglieder des Prozessgerichts verkünden, wenn es nicht in dem Termin verkündet wird, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Diese Regelung ist über § 202 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden (ebenso Harks in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 132 RdNr 16; Hauck in Hennig, SGG, § 132 RdNr 52, Stand Oktober 2015; Humpert in Jansen, SGG, 4. Aufl 2012, § 132 RdNr 7; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 132 RdNr 4a; Peters/ Sautter/Wolff, SGG, § 132 RdNr 47, Stand 4/2003; Rohwer-Kahlmann, SGG, § 132 RdNr 9, Stand VIII/2007; Wolff-Dellen in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 132 RdNr 6; Zeihe, SGG, § 132 RdNr 7, Stand 9/93; aA Bolay in Lüdtke, SGG, 4. Aufl 2012, § 132 RdNr 11; Lowe in Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 132 RdNr 9). Dem stehen grundsätzliche Unterschiede des sozial- und des zivilgerichtlichen Verfahrens nicht iS des § 202 Satz 1 SGG entgegen, vielmehr verdient der mit Abs 4 des § 311 ZPO (angefügt durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren vom 3.12.1976, BGBl I 3281) verfolgte Zweck einer Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung auch im sozialgerichtlichen Verfahren Beachtung.
Auch die übrigen Rügen des Klägers lassen keinen Verfahrensmangel erkennen, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann. Soweit er rügt, dass die beigezogenen Verwaltungsakten - entgegen der entsprechenden Feststellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils - nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen seien, lässt sich weder seinem Vortrag noch der Verfahrensakte entnehmen, dass er den gebotenen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 139 SGG gestellt hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 9.4.2014 - B 14 AS 293/13 B - juris RdNr 7); soweit er rügt, das LSG habe das von ihm wirklich Gewollte nicht zur Kenntnis genommen, enthält das Protokoll einen vorgelesenen und von ihm genehmigten Sachantrag des Klägers, über den das LSG in der Sache entschieden hat, und lässt sich insoweit ein Verfahrensmangel nicht erkennen, weil sich weder dem Vortrag des Klägers noch der Verfahrensakte entnehmen lässt, dass er auf eine Protokollberichtigung nach § 122 SGG iVm § 164 ZPO hingewirkt hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 30.10.2013 - B 9 V 6/13 B - juris RdNr 7). Auch seine Rüge, das LSG habe ihm die beantragte Akteneinsicht verweigert, lässt keinen Verfahrensmangel erkennen, nachdem die Verfahrensakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten ausweislich der Feststellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, der Kläger damit Gelegenheit hatte, in sie Einsicht zu nehmen, und er im Termin zur mündlichen Verhandlung den protokollierten Sachantrag gestellt hat.
Die vom Kläger ohne zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Formvorschriften und ist deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG). Die Verwerfung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.