Entscheidungsdatum: 29.05.2017
Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 6. Februar 2017 - L 6 AS 158/14 - werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung sind als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG), weil die zu ihrer Begründung angeführten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), der Divergenz der Entscheidung des LSG von der Rechtsprechung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) sowie eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) nicht gemäß § 160a Abs 2 Satz 3 SGG schlüssig dargelegt oder bezeichnet sind.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sich ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer dazu anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX, RdNr 56 ff).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich bedeutsam erachtet sie, "wen die objektive Beweislast für das Vorliegen von sozialen Kontakten zur Minderung der Hilfebedürftigkeit im Falle eines Umzugs trifft". Inwiefern dieser Frage grundsätzliche Bedeutung zukommt und in einem Revisionsverfahren hierüber entscheidungserheblich zu befinden wäre, zeigen die Beschwerden hinreichend nicht auf. Soweit dem Vorbringen sinngemäß noch zu entnehmen ist, dass im Ausgangsverfahren eine Ermessensentscheidung des Beklagten nach § 22 Abs 6 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II zu überprüfen war, ist in der Rechtsprechung bereits geklärt, dass der Hilfebedürftige in diesem Fall gehalten ist, einen Umzug grundsätzlich selbst zu organisieren und durchzuführen. Lediglich dann, wenn er den Umzug etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, kann die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht kommen (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 19). Danach hätte es schon näherer Ausführungen dazu bedurft, inwiefern der bezeichneten Frage unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) zusätzliche grundsätzliche, über die Besonderheiten des Einzelfalls hinausweisende Bedeutung zukommen sollte, woran es fehlt. Jedenfalls mangelt es an Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der umrissenen Frage, nachdem das LSG nach dem Beschwerdevorbringen davon ausgegangen ist, dass die Kläger nicht derart gesundheitlich oder anderweitig eingeschränkt waren, dass ihnen - bei unterschiedlicher Mitwirkung im Einzelnen - die selbständige Durchführung des Umzugs nicht möglich gewesen wäre.
Auch das Vorliegen eines Verfahrensmangels, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), ist nicht schlüssig bezeichnet. Erforderlich ist dazu die substantiierte Bezeichnung der den Mangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36) und weiter die Darlegung, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 36).
Daran fehlt es. Soweit die Beschwerden auf einen schriftsätzlich angekündigten Beweisantrag zu gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers zu 2) beim Heben schwerer Lasten hinweisen, hat das LSG dem nach ihrem eigenen Vortrag Rechnung getragen ("Selbst wenn der Kläger zu 2. selbst nicht schwer heben konnte"). Soweit die Beschwerden die fehlende Berücksichtigung körperlicher Einschränkungen der Klägerin zu 1) durch das LSG beanstanden, ist die damit sinngemäß erhobene Aufklärungsrüge nur auf einen ohne hinreichende Gründe übergangenen Beweisantrag zu stützen (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG), welcher insofern nicht bezeichnet ist.
Schließlich ist auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit übergangenem Vortrag zur Kinderbetreuung nicht schlüssig geltend gemacht, weil dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen ist, dass die Klägerin zu 1) zum Umzugszeitpunkt iS der zitierten Senatsentscheidung vom 6.5.2010 durch die Betreuung von "Kleinstkindern" (vgl BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, RdNr 19) an der eigenständigen Umzugsdurchführung gehindert gewesen wäre.
Eine Abweichung (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG) ist ebenfalls nicht formgerecht bezeichnet. Dazu hat die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG andererseits aufzuzeigen und die in Bezug genommene Entscheidung so zu kennzeichnen, dass sie ohne Weiteres aufzufinden ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 67; SozR 4-1500 § 160 Nr 13). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54 und 67).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zwar benennen die Kläger eine Entscheidung des BSG, von der das LSG im dargelegten Sinne abgewichen sein soll, nämlich das zitierte Urteil vom 6.5.2010. Jedoch sind keine Rechtssätze herausgearbeitet, auf die das LSG seine Entscheidung tragend gestützt hat und die in Widerspruch zu ebenfalls ausdrücklich bezeichneten Rechtssätzen des BSG in dieser Entscheidung stehen. Vielmehr leiten die Kläger aus dem Urteil des BSG Aussagen ab, die nach ihrer Ansicht eine ihnen günstigere Entscheidung getragen hätten ("hätte das Landessozialgericht die Entscheidungsgründe zutreffend gewürdigt"). Hiermit rügen sie allenfalls eine fehlerhafte Anwendung revisionsgerichtlich aufgestellter Maßstäbe, nicht aber eine bewusste Abweichung in dem dargelegten Sinne. Nötig wäre dazu die Herausarbeitung und Benennung abstrakter Rechtssätze, die sich im Grundsätzlichen widersprechen; auf die Würdigung des Einzelfalls bezogene Aussagen reichen dazu nicht (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160 RdNr 13 mwN). Einen solchen Widerspruch hat die Beschwerdebegründung nicht benannt.