Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 13.06.2016


BSG 13.06.2016 - B 13 R 87/16 B

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung - erneuter Klärungsbedarf hinsichtlich des vollständigen Ausschlusses nichtehelicher Lebenspartner von der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung


Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsdatum:
13.06.2016
Aktenzeichen:
B 13 R 87/16 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend SG München, 17. Dezember 2013, Az: S 31 R 390/13, Urteilvorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 10. Februar 2016, Az: L 6 R 74/14, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Das Bayerische LSG hat im Urteil vom 10.2.2016 einen Anspruch des Klägers auf große Witwerrente aus der Versicherung seiner verstorbenen nichtehelichen Partnerin verneint. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft könne einer Ehe oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft iS des § 46 Abs 2 und 4 SGB VI nicht gleichgestellt werden, weil es insbesondere im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit an einem konstitutiven Rechtsakt zur Begründung einer solchen Lebensgemeinschaft fehle.

2

Der Kläger macht mit seiner beim BSG erhobenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten LSG-Urteil die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

3

II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 25.5.2016 genügt nicht der vorgeschriebenen Form, denn er hat eine grundsätzliche Bedeutung nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG).

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Hierfür ist eine konkrete Rechtsfrage in klarer Formulierung zu bezeichnen und schlüssig aufzuzeigen, dass diese klärungsbedürftig, in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 19, Nr 22 RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 5 RdNr 2 ff, Nr 9 RdNr 4 - jeweils mwN). Es muss aus der Beschwerdebegründung ersichtlich sein, dass sich die Antwort auf die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz oder der bisherigen Rechtsprechung ergibt; hierzu bedarf es der Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen und sonstiger einschlägiger Rechtsprechung. Diese Anforderungen, die allerdings nicht überspannt werden dürfen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 12 RdNr 3 f, Nr 16 RdNr 4 f, Nr 24 RdNr 5 ff).

5

Das Vorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Er hält folgende Fragen für klärungsbedürftig:

        

"Gebietet das Verbot der mittelbaren Benachteiligung des unehelichen Kindes nach Art. 6 Abs. V GG und die dadurch bedingte Verletzung der Schutzpflicht nach Art. 6 Abs. I GG den Begriff des 'Lebenspartners' in § 46 Abs. 4 SGB VI verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass beschränkt auf die Zeit des Waisenrentenbezugs des unehelichen Kindes der überlebende uneheliche Elternteil als 'Lebenspartner' im Sinne des § 46 Abs. 4 SGB VI anzusehen ist mit der Folge, dass dem unehelichen Elternteil Witwenrente für die Zeit des Waisenrentenbezugs zusteht?"

        

"Oder ist diese Auslegung im dass-Halbsatz durch Art. 6 Abs. I i. V. m. Art. 3 I GG geboten?"

6

Es kann hier offenbleiben, ob der Kläger damit aus sich heraus verständliche Rechtsfragen benannt hat. Jedenfalls hat er die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) dieser Fragen im vorliegenden Rechtsstreit nicht schlüssig und nachvollziehbar aufgezeigt. Hierzu reicht die pauschale Behauptung nicht aus, "je nach Antwort auf die Auslegungsfrage durch das BSG erhält der überlebende Vater eine vorübergehende Rente vom 1.8.2011 bis zum 30.4.2016". Insbesondere versäumt es der Kläger fast vollständig, den entscheidungserheblichen Sachverhalt darzustellen. Seinen Ausführungen lässt sich lediglich entnehmen, dass seine nichteheliche Partnerin, mit der er eine gemeinsame, am 7.4.1989 geborene Tochter habe, am 1.8.2011 verstorben sei. Ob diese Tochter, die beim Tod der Mutter somit bereits 22 Jahre alt war, ab diesem Zeitpunkt und bis zum 30.4.2016 (oder bis zum 30.9.2016 - so der vor dem LSG gestellte Hilfsantrag) gemäß § 48 Abs 4 S 1 Nr 2 SGB VI die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Halbwaisenrente über die Vollendung des 18. Lebensjahrs hinaus erfüllte, wie seine Fragen das voraussetzen, ergibt sich aus der Beschwerdebegründung jedoch nicht. Ungeachtet dessen lässt der Vortrag des Klägers nicht hinreichend erkennen, dass er - sofern er kraft verfassungskonformer Auslegung als Lebenspartner iS des § 46 Abs 4 SGB VI zu behandeln wäre - auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen für eine große Witwerrente nach § 46 Abs 2 S 1 Nr 1 bis 3 SGB VI erfüllt (Erziehung eines Kindes, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aber behinderungsbedingt nicht in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten, Vollendung des 47. Lebensjahrs des Witwers oder dessen Erwerbsminderung sowie überdies keine erneute Heirat, Begründung einer Lebenspartnerschaft bzw - bei entsprechender Anwendung folgerichtig - keine Begründung einer neuen nichtehelichen Lebensgemeinschaft). Weiterhin ist nicht ersichtlich, ob die verstorbene Partnerin des Klägers überhaupt die allgemeine Wartezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt hat (§ 46 Abs 2 S 1 iVm § 50 Abs 1 S 1 Nr 3, S 2 Nr 2 SGB VI).

7

Damit ist völlig offen, ob der Rechtsstreit anders zu entscheiden wäre, wenn die vom Kläger aufgeworfenen Fragen in einem Revisionsverfahren in seinem Sinne zu beantworten wären. Der Kläger hat überdies aber auch nicht aufgezeigt, inwiefern trotz der vom LSG angeführten Entscheidung des BVerfG vom 17.11.2010 (1 BvR 1883/10 - BVerfGK 18, 249 = NZS 2011, 659) weiterer verfassungsrechtlicher Klärungsbedarf besteht. Das BVerfG hat in jenem Kammerbeschluss zu einem vergleichbaren Fall - Tod eines nichtehelichen Lebenspartners bei gemeinsamem, dort sogar minderjährigem Kind - entschieden, dass der Ausschluss überlebender nichtehelicher Lebensgefährten von Hinterbliebenenrentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung auch im Lichte des Art 6 Abs 1, 4 und 5 GG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Allein der Umstand, dass der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde nur noch einen auf die Dauer des Waisenrentenbezugs begrenzten Anspruch auf große Witwerrente geltend macht, welcher im Gesetz so nicht vorgesehen ist, begründet keinen erneuten Klärungsbedarf in Bezug auf den vom BVerfG gebilligten vollständigen Ausschluss nichtehelicher Lebenspartner von der Hinterbliebenenrente.

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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

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Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

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Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.