Bundessozialgericht

Entscheidungsdatum: 10.06.2013


BSG 10.06.2013 - B 12 R 34/12 B

Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache - keine Klärungsfähigkeit einer materiell-rechtlichen Frage bei prozessrechtlicher Hinderung an einer inhaltlichen Entscheidung


Gericht:
Bundessozialgericht
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsdatum:
10.06.2013
Aktenzeichen:
B 12 R 34/12 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend SG Leipzig, 24. Februar 2011, Az: S 24 R 723/10, Gerichtsbescheidvorgehend Sächsisches Landessozialgericht, 12. Juni 2012, Az: L 5 R 266/11, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 12. Juni 2012 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin vom 22.9.2009 bis 1.6.2010 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag. Die Klägerin absolvierte bis 21.9.2009 das Rechtsreferendariat. Nach den Feststellungen des LSG erfolgte insoweit im Ergebnis eine Nachversicherung an das Sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk. Danach bezog die Klägerin im streitigen Zeitraum Arbeitslosengeld. Am 9.12.2009 wurde sie als Rechtsanwältin zugelassen. Ihren Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht lehnte die Beklagte ab, da die Klägerin keine Beschäftigung ausübe oder einer Tätigkeit nachgehe, die Gegenstand einer Befreiung sein könnte. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben (zuletzt Urteil des Sächsischen LSG vom 12.6.2012). Die Ablehnung der Befreiung von der Versicherungspflicht sei zu Recht erfolgt. Soweit die Klägerin zudem die Feststellung begehre, auch wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld habe keine Versicherungspflicht bestanden, sei die Berufung unzulässig (anderer Streitgegenstand). Auch dürfte nach den Umständen des Falls ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an der begehrten Feststellung entfallen sein.

2

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

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II. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen LSG vom 12.6.2012 ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Klägerin hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

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Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

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Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen.

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1. Die Klägerin beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 1.10.2012 allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

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Die Klägerin sieht als grundsätzlich bedeutsam an,

"ob Personen, bei denen die Nachversicherung zugunsten einer berufsständigen Versorgungseinrichtung durchgeführt wurde, den Personen gleichstehen, die bei einem gesetzlichen Rentenversicherungsträger 'versicherungspflichtig' iSd § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind.

Wäre dies zu bejahen, stellt sich im Anschluss die Rechtsfrage, ob 'versicherungspflichtig' in § 3 Abs. 1 Nr. 3, 2. Teilsatz SGB VI ebenso zu verstehen ist, oder ob als vorangegangene Versicherungspflicht tatsächlich eine Versicherungspflicht bei einen gesetzlichen Rentenversicherungsträger vorgelegen haben muss."

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Zur Begründung führt sie an, die Rechtsfragen seien bisher weder vom BSG noch von einem Tatsachengericht entschieden worden. Wäre "versicherungspflichtig" in § 3 Abs 1 Nr 3 Teils 2 SGB VI so zu verstehen, dass auch der zu Gunsten einer Versorgungseinrichtung Nachversicherte der gesetzlichen Pflichtversicherung unterfiele, würde der Nachversicherte immer Pflichtmitglied eines gesetzlichen Rentenversicherungsträgers sein und damit einer Doppelversicherungspflicht unterliegen. Diese Rechtslage würde verfassungsrechtliche Bedenken aufwerfen, denn dann läge eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung eines im Wesentlichen gleichen Sachverhalts vor. Die Klärung der Rechtsfragen sei entscheidungserheblich, denn sie entscheide darüber, ob eine Versicherungspflicht bei der Beklagten trotz Nachversicherung zugunsten des Versorgungswerkes vorgelegen habe.

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Die Klägerin legt damit weder die Klärungsbedürftigkeit noch die Klärungsfähigkeit ihrer Rechtsfragen in einer den Anforderungen nach § 160a Abs 2 S 3 SGG entsprechenden Weise dar. Sie hat die Klärungsbedürftigkeit nicht genügend herausgearbeitet, weil sie sich bereits weder hinreichend mit der einfachrechtlichen Rechtslage im Zusammenhang mit der Nachversicherung (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VI, §§ 181 ff SGB VI, insbesondere § 186 Abs 1 SGB VI) noch mit hierzu ergangener Rechtsprechung des BSG (zB BSGE 24, 106; BSGE 27, 164; BSG SozR 3-2400 § 124 Nr 6; BSGE 100, 19 = SozR 4-2600 § 281 Nr 1) befasst hat. Die Klägerin hat auch die Klärungsfähigkeit der Rechtsfragen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt. Sie hat sich nicht damit auseinandergesetzt, dass das LSG die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 SGB VI bejaht und hinsichtlich des Bestehens von Versicherungspflicht nach § 3 S 1 Nr 3 SGB VI angenommen hat, dass diese nicht Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens geworden sei und darüber hinaus das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin zweifelhaft sei. Eine aufgeworfene materiell-rechtliche Frage ist jedoch nicht klärungsfähig, wenn das Revisionsgericht an einer inhaltlichen Entscheidung prozessrechtlich gehindert wäre, zB wegen bereits anzunehmender Unzulässigkeit der Klage oder der Berufung (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 325 mwN). So verhält es sich hier, zumal Revisionszulassungsgründe in Bezug auf die prozessrechtliche Beurteilung des LSG nicht (auch) geltend gemacht werden.

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2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen, § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.