Entscheidungsdatum: 04.05.2017
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 9. September 2016 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
I. Der Kläger begehrt Elterngeld für den 14. Lebensmonat seines am 28.4.2014 geborenen Sohnes.
Das LSG lehnte den Anspruch wie vor ihm die Beklagte und das SG ab. Der Leistungsanspruch des Klägers sei mit der bereits erfolgten Gewährung von Leistungen für elf Lebensmonate erschöpft, weil seine Ehefrau bis in den 3. Lebensmonat des Kindes einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Mutterschutzgesetz bezogen habe und deswegen nach § 4 Abs 3 S 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG - (idF vom 10.9.2012) drei Lebensmonate fiktiv als verbraucht gälten. Der vom BSG für die Vorgängerfassung vertretenen einschränkenden Auslegung (Hinweis auf BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 10 EG 11/10 R) habe der Gesetzgeber durch die Neufassung der Norm ausdrücklich den Boden entziehen wollen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache verkannt und sei von der Rechtsprechung des BSG abgewichen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder die angebliche grundsätzliche Bedeutung (1.) noch die behauptete Abweichung von der Rechtsprechung des BSG (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern die Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn sie höchstrichterlich weder tragend entschieden noch präjudiziert ist und die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist oder sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit, muss sich der Beschwerdeführer daher regelmäßig mit dem fraglichen Gesetz (dem Wortlaut der Norm, ihrem gesetzlichen Kontext, den Gesetzesmaterialien), der vorinstanzlichen Entscheidung, der einschlägigen rechtlichen Literatur sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzen (Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 50 mwN).
An diesen Darlegungen fehlt es.
Zwar formuliert die Beschwerde die Rechtsfrage, |
|
ob die Fiktion des § 4 Abs 3 S 2 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung auch dann eingreift, wenn die Kindesmutter dauerhaft nicht zu den gemäß § 1 BEEG anspruchsberechtigten Personen bezüglich des Bezuges von Elterngeld zählte, |
|
und weist insoweit auf die Entscheidung des Senates vom 26.5.2011 (B 10 EG 11/10 R - Juris) zur bis zum 17.9.2012 geltenden Vorläuferfassung hin. Allerdings setzt sich die Beschwerde nicht mit dem - durch die Streichung des Ausdrucks "berechtigte Person" - geänderten Wortlaut der Norm und insbesondere auch nicht mit den vom LSG zitierten Gesetzgebungsmaterialien auseinander, auf die das Berufungsgericht seine Rechtsanwendung maßgeblich gestützt hat. Danach diente die Änderung des § 4 Abs 3 S 2 BEEG ausdrücklich der Klarstellung, dass entgegen der genannten Rechtsauffassung des Senats zur alten Gesetzesfassung Lebensmonate des Kindes, in denen einem Elternteil anzurechnende Einnahmen zustehen, auch dann als Bezugsmonate gelten, wenn der Elternteil in diesen Monaten die Voraussetzungen des § 1 BEEG nicht erfüllt (BT-Drucks 17/9841 S 29 rechte Spalte zu § 4 BEEG). Damit fehlt es an der erforderlichen Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der anwendbaren Norm und den Gesetzesmaterialien, der vorinstanzlichen Entscheidung sowie der Darlegung, warum sich nicht bereits daraus die Antwort auf die von der Beschwerde formulierte Frage ergibt. Soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Bedenken anklingen lässt, geht sie ebenfalls nicht substantiiert auf möglicherweise verletzte Vorschriften des Grundgesetzes sowie die dazu ergangene Rechtsprechung des BSG und des BVerfG insbesondere im Kontext des Elterngeldrechts ein. Die fehlende Darlegung wird nicht dadurch ersetzt, dass die aufgeworfene Rechtsfrage Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens unter B 10 EG 6/16 R ist (vgl hierzu BSG Beschluss vom 24.1.2017 - B 10 EG 10/16 B - mwN - Juris). |
2. Ebenso nicht dargelegt hat die Beschwerde die behauptete entscheidungserhebliche Abweichung des LSG vom zitierten Senatsurteil vom 26.5.2011 (B 10 EG 11/10 R - Juris). Zieht der Beschwerdeführer eine höchstrichterliche Entscheidung zu einer bereits geänderten Norm heran, muss er schlüssig darlegen, warum die Rechtsprechung zur alten Rechtslage für das neue Recht erheblich geblieben ist und auf die Neufassung übertragen werden kann (vgl Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 76 mwN). An diesen Darlegungen fehlt es. Insbesondere hat sich die Beschwerde nicht mit dem vom LSG zu Recht hervorgehobenen Umstand auseinandergesetzt, dass der Gesetzgeber die für die Entscheidung erhebliche Norm gerade mit Blick auf die zitierte Senatsrechtsprechung geändert hat.
Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).