Entscheidungsdatum: 25.06.2013
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG).
I.
Der Antragsteller gehört zum Kreis der von der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 166 Abs. 2 Nr. 1 BRAO) für die am 29. Juli 2013 anstehende Wahl von Rechtsanwälten beim Bundesgerichtshof vorgeschlagenen Personen. Zur Vorbereitung der Wahl bestellte der Wahlausschuss aus seinen Mitgliedern jeweils einen Erst- und Zweitberichterstatter (§ 167 Abs. 2 BRAO), die jeden Bewerber persönlich anhörten. Der Antragsteller führte am 25. Februar 2013 mit den für ihn zuständigen Berichterstattern entsprechende Gespräche. Diese fertigten in der Folgezeit schriftliche Beurteilungen über den Antragsteller. Solche bestehen üblicherweise aus einem berichtenden Teil, in dem im Wesentlichen die persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bewerbers aufgeführt sind, und einem bewertenden Teil, in dem der Berichterstatter für den Wahlausschuss seine persönliche Meinung zur Eignung des Bewerbers niederlegt. Der Präsident des Bundesgerichtshofs als Vorsitzender des Wahlausschusses lud alle Bewerber zusätzlich zu einem Gespräch ein. Der mit dem Antragsteller vereinbarte Termin soll am 28. Juni 2013 stattfinden.
Der Antragsteller hat den Antragsgegner gebeten, ihm zur Vorbereitung dieses Gesprächs Einsicht in die ihn betreffenden Gutachten, seine Bewerberakte und die allgemeine Verfahrensakte (soweit diese bis jetzt zur Einsicht freigegeben sei) zu gewähren. Nachdem der Antragsgegner ihn auf die Regelung über das Akteneinsichtsrecht in § 167a BRAO und ergänzend darauf hingewiesen hat, dass er Einblick in die ihn betreffende Bewertung des Präsidenten des Oberlandesgerichts erhalten könne, hat der Antragsteller dem Antragsgegner eine Frist zur Akteneinsicht gesetzt und nach deren Ablauf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem er insbesondere die Einsicht in den bewertenden Teil der Gutachten der Berichterstatter begehrt.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Es besteht bereits kein Anordnungsgrund. Der Antragsteller ist zur Wahrung seiner Rechte auf die begehrte Akteneinsicht, soweit sie der Antragsgegner bisher verweigert hat, weder vor dem Gespräch mit dem Präsidenten des Bundesgerichtshofs noch vor der Sitzung des Wahlausschusses angewiesen.
Der Antragsteller ist der Meinung, eine etwaige Akteneinsicht nach der Entscheidung des Wahlausschusses sei unzureichend. Er begründet die besondere Dringlichkeit seines Anliegens insoweit damit, dass er - insbesondere vor einem solch "entscheidenden" Ereignis wie dem Gespräch mit dem Ausschussvorsitzenden - Gelegenheit erhalten müsse, zu der Auffassung der Berichterstatter Stellung zu nehmen, bestehende (Vor-)Urteile zu korrigieren und Bewertungsfehler aufzuzeigen.
Dem folgt der Senat nicht. Das - freiwillige - Gespräch mit dem Präsidenten dient nicht der Erörterung der von den Berichterstattern für den Ausschuss erstellten Voten und soll dem Bewerber insoweit auch nicht die Möglichkeit einer Gegendarstellung geben, sondern hat, wie es in der Einladung heißt, den Zweck, den Bewerber "persönlich kennenzulernen". Der Antragsteller erleidet auch keinen irreversiblen Nachteil, wenn er vor der Sitzung des Wahlausschusses keine Einsicht erhält. Durch die Wahl werden noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Effektiven Rechtsschutz erhält der Antragsteller für den Fall, dass er nicht gewählt werden sollte, dadurch, dass er die Entscheidung rechtzeitig vor einer Zulassung der gewählten Mitbewerber durch das Bundesministerium der Justiz anfechten kann (vgl. nur Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2006 - AnwZ 2/06, BGHZ 170, 137 Rn. 10 m.w.N.). Sollte es dazu kommen, wird der Senat - wie dem Antragsteller aus dem ihn betreffenden Verfahren AnwZ 2/06 bekannt ist - darüber zu entscheiden haben, in welchem Umfang er die Akten des Antragsgegners beizieht und ihm danach Akteneinsicht gewährt.
Mangels ersichtlicher Gefahr eines irreversiblen Nachteils des Antragstellers im weiteren Verfahren für den Fall mangelnder Gewährung der begehrten Akteneinsicht schon zum jetzigen Zeitpunkt unterscheidet sich der Fall von den vom Antragsteller in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen.
2. Abgesehen davon ist auch kein Anordnungsanspruch ersichtlich. Die vom Antragsgegner verweigerte vollständige Akteneinsicht ist nicht rechtswidrig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
a) Nach § 167a Abs. 1 BRAO hat der Rechtsanwalt, der in die Vorschlagsliste aufgenommen wurde, das Recht, die Protokolle des Wahlausschusses einzusehen. Gemäß § 167a Abs. 2 BRAO werden die persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Bewerbers in einem gesonderten Bericht dargestellt, in den der Rechtsanwalt ebenfalls Einblick nehmen kann.
Nach dem Wortlaut des § 167a Abs. 2 BRAO besteht damit kein Einsichtsrecht in den bewertenden Teil der Gutachten der Berichterstatter. Dies entspricht auch der Entstehungsgeschichte der Norm (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung des Berufsrechts der Rechtsanwälte und der Patentanwälte vom 3. November 1988, BT-Drucks. 11/3253 S. 26). Gegen eine Einsicht in die wertenden Teile der Voten spricht auch deren Funktion. Hierbei handelt es sich um die Einschätzungen der jeweiligen Berichterstatter, deren Tätigkeit nur vorbereitender, interner Natur ist. Die endgültige Bewertung und Entscheidung trifft dagegen der Wahlausschuss selbst nach Erörterung und unter Berücksichtigung aller Unterlagen (vgl. Vorwerk in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 167a BRAO Rn. 4).
Ob für den Fall, dass der Antragsteller nicht gewählt werden sollte und hiergegen Anfechtungsklage erhebt, zur gerichtlichen Überprüfung der Entscheidung des Wahlausschusses, dem bei der Auswahl der Bewerber ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2006, aaO Rn. 38 ff.), die Akten des Antragsgegners einschließlich der vollständigen Gutachten der Berichterstatter beizuziehen sind und dem Antragsteller dann ein Akteneinsichtsrecht nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 100 Abs. 1 VwGO zusteht, bedarf derzeit keiner Entscheidung. Denn im jetzigen Verfahrensstadium vor der Entscheidung des Wahlausschusses besteht jedenfalls keine Pflicht des Antragsgegners, dem Antragsteller eine entsprechende Einsicht zu gewähren.
b) Soweit in dem Antrag des Antragstellers vom 13. Juni 2013 neben der ausdrücklichen Erwähnung der bewertenden Teile der Gutachten der Berichterstatter ergänzend auch pauschal von der Einsicht "in die Unterlagen des Antragsgegners, den Antragsteller und das generelle Verfahren betreffend" die Rede ist, ist hierzu folgendes anzumerken: Die Stellungnahme des Präsidenten des Oberlandesgerichts vom 15. August 2012 liegt dem Antragsteller vor. Einsicht in die von § 167a BRAO erfassten Vorgänge hat der Antragsgegner nicht verweigert. Der Antragsteller kann die betreffenden Unterlagen - einschließlich des Protokolls der vorbereitenden Sitzung des Wahlausschusses vom 10. November 2012 - vor dem Gesprächstermin beim Ausschussvorsitzenden einsehen. Dies hat der Antragsgegner in seiner Erwiderung vom 20. Juni 2013 auch bestätigt. Die im Schriftsatz des Antragstellers vom 18. Juni 2013 angesprochenen Auswahlkriterien für die Wahl sind bekannt. Die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Zulassung als Rechtsanwalt am Bundesgerichtshof sind zum Teil gesetzlich geregelt (§§ 164 ff. BRAO) und im Übrigen durch die Rechtsprechung (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 2006, aaO Rn. 24 m.w.N., siehe auch Rn. 45) konkretisiert. Bezüglich welcher weiteren - bisher ihm unbekannten und zur Rechtsverfolgung notwendigen - Unterlagen "das generelle Verfahren betreffend" der Antragsteller meint, einen Anspruch auf Akteneinsicht zu haben, ist nicht ersichtlich. Auch insoweit fehlt es ohnehin jedenfalls am Anordnungsgrund (s.o.).
3. Vor diesem Hintergrund besteht entgegen dem weiteren Antrag des Antragstellers auch keine Veranlassung für den Senat, bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren Akten des Antragsgegners beizuziehen und dem Antragsteller gegebenenfalls anschließend Einsicht in diese zu gewähren.
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