Entscheidungsdatum: 05.03.2018
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das am 3. Juli 2017 verkündete Urteil des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.
I.
Der Kläger ist seit dem 19. Dezember 1974 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 9. August 2016 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
Das Urteil des Anwaltsgerichtshofs, dessen Rechtsmittelbelehrung zunächst entgegen § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 6 VwGO nicht von den Unterschriften der Richter gedeckt und damit nicht Bestandteil des Urteils war (vgl. hierzu BVerwG, NVwZ 2000, 190, 191; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 117 Rn. 4 mwN), ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers in ordnungsgemäß berichtigter Form am 21. November 2017 zugestellt worden (vgl. BVerwG, aaO, zum Erfordernis der Zustellung des Urteils in berichtigter Form, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht von den Unterschriften der Richter gedeckt war). Die Berichtigung einer Rechtsmittelbelehrung wird nicht durch die Anbringung eines Berichtigungsvermerks gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 2 VwGO, sondern durch die Zustellung des Urteils in der berichtigten Form bewirkt (VGH München, NVwZ-RR 2006, 582, 583; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, aaO, § 118 Rn. 8; Redeker in Redeker/von Oertzen, VwGO, 16. Aufl., § 118 Rn. 5; Lambiris in BeckOK VwGO, § 118 Rn. 9 [01.04.2017]). Diese ist vorliegend nach den vom Senat getroffenen Feststellungen - in Gestalt der Zustellung des mit dem Urteil durch Heftung und Siegelung verbundenen Berichtigungsbeschlusses vom 13. November 2017 - erfolgt.
III.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.
1. Der Kläger macht unter Vorlage eines "Certificate of Discharge" vom 31. Oktober 2017 geltend, ihm sei an diesem Tag in dem von ihm in Großbritannien betriebenen Insolvenzverfahren mit Wirkung vom 26. Oktober 2017 Restschuldbefreiung erteilt worden; diese sei nach den Bestimmungen der Europäischen Insolvenzverordnung auch in Deutschland anzuerkennen. Er sei mithin nicht als vermögenslos anzusehen. Schon zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides sei erkennbar gewesen, dass er seine Vermögensverhältnisse in absehbarer Zeit wieder in Ordnung bringen könne.
a) Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der Rechtsprechung des Senats allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das nach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 53/16, NJW 2017, 1181 Rn. 4; vom 9. Juni 2015 - AnwZ (Brfg) 16/15, juris Rn. 7 und vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.; jeweils mwN).
Dementsprechend ist in Bezug auf das Vorliegen eines Vermögensverfalls des Klägers allein auf den Zeitpunkt des Widerrufsbescheides vom 9. August 2016 abzustellen. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt in Vermögensverfall geraten. Nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs befanden sich in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 882b ZPO) vier den Kläger betreffende Eintragungen mit der Folge, dass der Eintritt des Vermögensverfalls vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Dagegen kann nach den vorstehenden Grundsätzen eine über ein Jahr nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides in Großbritannien erteilte Restschuldbefreiung nicht berücksichtigt werden. Ihre Beurteilung bleibt einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers war zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheides vom 9. August 2016 auch nicht erkennbar, dass seine Vermögensverhältnisse in absehbarer Zeit nachhaltig geordnet sein würden (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 5. November 2015 - AnwZ (Brfg) 28/15, juris Rn. 3 mwN). Letzteres ergibt sich insbesondere nicht aus den vom Kläger vorgelegten Schreiben und Beschlüssen aus dem ihn betreffenden englischen Insolvenzverfahren. Diese datieren ausnahmslos nach dem - maßgeblichen - Zeitpunkt des Widerrufsbescheides vom 9. August 2016. Sie können daher bei der Beurteilung der Frage, ob zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheides erkennbar war, dass die Vermögensverhältnisse des Klägers in absehbarer Zeit nachhaltig geordnet sein würden, nicht herangezogen werden.
2. a) Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Wertung ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden kann sie nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt die Feststellungslast trifft (st. Rspr.; vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 16. März 2015 - AnwZ (Brfg) 47/14, juris Rn. 5; vom 2. Oktober 2014 - AnwZ (Brfg) 30/14, juris Rn. 7 und vom 15. März 2012 - AnwZ (Brfg) 55/11, juris Rn. 9). Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt zumindest voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16. März 2015, aaO; vom 2. Oktober 2014, aaO und vom 5. September 2012 - AnwZ (Brfg) 26/12, NJW-RR 2013, 175 Rn. 5; jeweils mwN). Hierbei hat der Senat besonderen Wert auf die Überprüfung der Einhaltung der Beschränkungen durch die Sozietätsmitglieder gelegt. Wesentlich ist, dass effektive Kontrollmöglichkeiten bestehen, wobei es letztlich immer einer ausreichend engen tatsächlichen Überwachung bedarf, die gewährleistet, dass der Rechtsanwalt nicht bzw. nicht unkontrolliert mit Mandantengeldern in Berührung kommt (Senat, Beschluss vom 5. September 2012, aaO mwN).
b) Eine solche Ausnahmesituation ist hier nicht gegeben. Soweit der Kläger anführt, angesichts der ihm in Großbritannien am 31. Oktober 2017 erteilten Restschuldbefreiung liege eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht vor, wird auf die vorstehenden Ausführungen (zu 1 a) Bezug genommen. Danach kann zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheids vom 9. August 2016 nicht auf die über ein Jahr später erteilte Restschuldbefreiung abgestellt werden. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens. Dies gilt auch hinsichtlich der Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden infolge des zu diesem Zeitpunkt bestehenden Vermögensverfalls des Rechtsanwalts.
c) Der Kläger macht weiter geltend, eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden sei ausgeschlossen, da er - entgegen der Annahme des Anwaltsgerichtshofs - nicht Gesellschafter der Prof. Dr. T. - Prof. Dr. B. - T. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sei. Vielmehr sei er seit Juli 2015 lediglich als angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Kanzlei tätig und erfülle diese Tätigkeit aus der Ferne von L. aus ohne jede Mandantenberührung. Damit sei sichergestellt, dass er nicht mit Mandantengeldern befasst sei.
Indes ergibt sich aus dem von den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 13. September 2017 vorgelegten Schreiben der Prof. Dr. T. - Prof. Dr. B. - T. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vom 24. August 2017 und dem an die Beklagte gerichteten Schreiben des Klägers vom 17. Mai 2016, dass der Kläger nicht lediglich als angestellter wissenschaftlicher Mitarbeiter für die vorgenannte Rechtsanwaltsgesellschaft tätig, sondern ihr Geschäftsführer ist und dies auch bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheides vom 9. August 2016 war. Damit ist er ebenso wie ein Gesellschafter verantwortlich für den Umgang mit Fremdgeld. Dass er mit diesem als Geschäftsführer nicht beziehungsweise nicht unkontrolliert in Berührung kommen kann, ist nicht anzunehmen und wird vom Kläger auch nicht dargelegt.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
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