Entscheidungsdatum: 14.01.2019
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juli 2017 abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, den Zulassungsantrag des Klägers vom 20. Januar 2017 nicht aus den in dem Bescheid vom 10. März 2017 angeführten Gründen zurückzuweisen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Der Kläger wurde im Mai 2007 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Das Amtsgericht E. setzte mit - seit dem 2. Juni 2015 rechtskräftigem - Strafbefehl vom 10. März 2015 gegen den Kläger wegen Steuerhinterziehung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 100 € fest. In dem Strafbefehl ist als Tatzeit der 31. Mai 2014 angegeben.
Mit Bescheid vom 25. November 2015 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die Klage gegen den Widerrufsbescheid blieb erfolglos (siehe Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2016 - AnwZ (Brfg) 36/16, juris).
In einem vor dem Sozialgericht G. geführten Verfahren verlangte der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Januar 2017 von dem Jobcenter in R. die Begleichung seiner Vergütungsrechnung in Höhe von 253,87 € und beantragte am selben Tag beim Sozialgericht die Festsetzung der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts. Beide Schriftstücke unterzeichnete er als Rechtsanwalt.
Die Kanzlei S. Sa. richtete an die D. am 12. April 2017 ein Schreiben, das die Unterschrift des Klägers unter der Bezeichnung "Sa. Rechtsanwalt" aufweist.
Am 20. Juli 2017 richtete die Kanzlei S. Sa. an die A. -AG ein Schreiben, das ebenfalls von dem Kläger unter der Bezeichnung "Sa. Rechtsanwalt" unterschrieben ist.
Eine vom Kläger unterzeichnete Prozesskostenrisikoberechnung vom 23. Oktober 2017 weist erneut die Bezeichnung "Sa. Rechtsanwalt" auf.
Am 20. Januar 2017 hatte der Kläger bei der Beklagten seine Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragt. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. März 2017 ab, da ein Versagungsgrund nach § 7 Nr. 5 BRAO vorliege.
Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Er hat ausgeführt, die vom Kläger begangene Umsatzsteuerhinterziehung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner rechtsanwaltlichen Tätigkeit, wenn auch nicht derart im Kernbereich wie etwa Untreue und Betrug zum Nachteil des Mandanten. Sie sei als eher leichtere Tat einzuordnen. Zu sehen sei auch, dass der Kläger ein großes Interesse an einer alsbaldigen Wiederzulassung habe. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der Kläger sich nach der Tat jedenfalls bis zur Rechtskraft des Widerrufs seiner Zulassung wegen Vermögensverfalls auch in seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt nichts habe zuschulden kommen lassen. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei ein Zeitablauf von rund dreieinhalb Jahren seit Tatende noch nicht ausreichend, um der durch die abgeurteilte Tat begründeten Unwürdigkeit des Klägers so die Bedeutung zu nehmen, dass bereits eine Wiederzulassung in Betracht komme. Es sei von einer mindestens vierjährigen Wohlverhaltensphase auszugehen unter der Voraussetzung, dass ein vollständiges Wohlverhalten des Klägers vorliege. Dies sei angesichts der Zeichnung der Kostennote vom 25. Januar 2017 eher zweifelhaft. Sie sei nur schwerlich als Versehen zu werten.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung.
I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Nach § 7 Nr. 5 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Die mit der Versagung der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verbundene Einschränkung der freien Berufswahl ist nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft (BVerfG, NJW 2017, 3704 Rn. 25; Senat, Urteile vom 2. Juli 2018 - AnwZ (Brfg) 54/17, juris Rn. 7 und vom 10. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 10/10, juris Rn. 13 f.; Beschluss vom 10. Februar 2015 - AnwZ (Brfg) 55/14, juris Rn. 5). Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Bewerber ein Verhalten gezeigt hat, dass ihn bei Abwägung dieses Verhaltens und aller erheblichen Umstände - wie Zeitablauf und zwischenzeitliche Führung - nach seiner Gesamtpersönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt (vgl. BVerfG, aaO; Senat, Urteil vom 2. Juli 2018, aaO; Beschluss vom 10. Februar 2015, aaO). Dabei sind das berechtigte Interesse des Bewerbers nach beruflicher und sozialer Eingliederung und das durch das Berufsrecht geschützte Interesse der Öffentlichkeit, insbesondere der Rechtsuchenden an der Integrität des Anwaltsstandes, das in der Regel nur im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege von Belang sein kann, einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen (BVerfG, aaO; Senat, Urteil vom 2. Juli 2018, aaO).
Im Rahmen der Prognoseentscheidung, die im Hinblick auf die Beeinträchtigung der einer Zulassung entgegenstehenden Interessen der Öffentlichkeit zu erstellen ist (vgl. BVerfG, aaO Rn. 27, 29), ist von Bedeutung, wie viele Jahre zwischen einer Verfehlung, die seinerzeit die Unwürdigkeit begründete, und dem Zeitpunkt der (Wieder-)Zulassung liegen. Auch eine durch ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten begründete Unwürdigkeit kann durch Zeitablauf und Wohlverhalten des Bewerbers derart an Bedeutung verloren haben, dass sie seiner Zulassung nicht mehr im Wege steht. Bei gravierenden Straftaten mit Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts hält der Senat in ständiger Rechtsprechung einen Abstand zwischen der die Unwürdigkeit begründenden Straftat des Bewerbers und dessen Wiederzulassung von in der Regel 15 bis 20 Jahren für erforderlich (Senat, Urteil vom 2. Juli 2018, aaO Rn. 8; Beschlüsse vom 10. Februar 2015, aaO und vom 18. November 1996 - AnwZ(B) 11/96, juris Rn. 13; vgl. auch Vossebürger in Feuerich/Weyland, BRAO, 9. Aufl., § 7 Rn. 41). Bindende feste Fristen gibt es jedoch nicht. Vielmehr sind alle für und gegen den jeweiligen Bewerber sprechenden Umstände einzelfallbezogen zu gewichten (Senat, Urteile vom 2. Juli 2018 und vom 10. Oktober 2011; Beschluss vom 10. Februar 2015; jeweils aaO). Wurde die Unwürdigkeit durch die Begehung von Straftaten seitens des Rechtsanwalts begründet, ist neben der seit der Begehung der letzten Straftat vergangenen Zeitspanne zu berücksichtigen, wie der Bewerber in der Zwischenzeit mit seinem Fehlverhalten umgegangen ist und ob er sich auch ansonsten untadelig geführt hat (Senat, Urteil vom 2. Juli 2018, aaO; Beschlüsse vom 10. Februar 2015, aaO Rn. 6 und vom 4. April 2005 - AnwZ (B) 21/04, juris Rn. 9).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das festgestellte Verhalten des Klägers nicht geeignet, seine Unwürdigkeit im Sinne von § 7 Nr. 5 BRAO zu begründen.
a) Der Anwaltsgerichtshof hat zu Recht die vom Kläger begangene Steuerhinterziehung in die Prüfung einbezogen, ob sich der Kläger eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben. Er hat die Steuerhinterziehung zutreffend als eher leichtere Tat bewertet. Vor diesem Hintergrund und angesichts des fortgeschrittenen Zeitablaufs von inzwischen fast fünf Jahren seit der Tat hat diese im Rahmen einer nach den vorstehenden Maßstäben erfolgenden Beurteilung der Unwürdigkeit erheblich an Bedeutung verloren.
b) Allerdings ist, wenn die Unwürdigkeit durch die Begehung von Straftaten seitens des Rechtsanwalts begründet wurde, neben der seit der Begehung der letzten Straftat vergangenen Zeitspanne in die zu treffende Prognoseentscheidung auch einzubeziehen, ob sich der Bewerber seit Tatbegehung in der Zwischenzeit untadelig geführt hat (siehe oben zu 1). Wenn er nach einer die Unwürdigkeit im Sinne von § 7 Nr. 5 BRAO begründenden Tat wiederholt gegen die Rechtsordnung verstößt, kann hierin - abhängig von den Umständen des zu würdigenden Einzelfalls - ein Verhalten zu sehen sein, das einer Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft entgegen steht, weil die durch die erneuten Rechtsverstöße gezeigte Einstellung des Klägers das Interesse der Öffentlichkeit an einer funktionierenden, das heißt die geltende Rechtsordnung beachtenden Rechtspflege erheblich beeinträchtigt.
aa) Der Anwaltsgerichtshof hat zugunsten des Klägers berücksichtigt, dass dieser sich nach der Tat bis zu der - Ende 2016 eingetretenen - Rechtskraft des Widerrufs seiner Zulassung wegen Vermögensverfalls nichts hat zuschulden kommen lassen. Zu Lasten des Klägers hat er allein die Zeichnung der Kostennote vom 25. Januar 2017 mit der Bezeichnung "Rechtsanwalt" durch den Kläger gewertet. Zwischenzeitlich ist bekannt geworden, dass der Kläger trotz des Widerrufs seiner Zulassung weitere Schreiben seiner Kanzlei unter der Bezeichnung "Sa. Rechtsanwalt" unterzeichnet hat. Es handelt sich um die im Tatbestand näher aufgeführten Schreiben vom 12. April 2017, 20. Juli 2017 und 23. Oktober 2017. Hinsichtlich der vorgenannten, insgesamt vier vom Kläger mit der Bezeichnung "Rechtsanwalt" unterzeichneten Schreiben ist Folgendes festzustellen:
(1) Soweit der Kläger in Bezug auf die Kostennote vom 25. Januar 2017 beanstandet, der Anwaltsgerichtshof habe hierzu keine tragfähigen Feststellungen getroffen, führt er nicht aus und ist auch sonst nicht ersichtlich, welche weiteren Feststellungen der Anwaltsgerichtshof hätte treffen können. Der Kläger bestreitet nicht, die Kostennote mit der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" unterzeichnet zu haben. Hiervon ist auszugehen.
(2) Hinsichtlich des an die D. gerichteten Schreibens vom 12. April 2017 trägt der Kläger vor, das Schreiben habe allenfalls eine elektronische Unterschrift getragen. Zudem handele es sich um ein standardisiertes Schreiben, in das möglicherweise eine alte Deckungsschutzanfrage hineinkopiert worden sei. Möglicherweise habe er als Assessor oder Rechtsanwalt K. als Abwickler verfügt, bei der Rechtsschutzversicherung eine Deckungsschutzanfrage zu stellen.
Indes ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das Schreiben lediglich eine elektronische Unterschrift aufweist. Es schließt mit dem manuellen Schriftzug der Unterschrift des Klägers ab. Inwiefern es sich dabei um eine elektronische Unterschrift handeln könnte, wird vom Kläger nicht näher erläutert.
Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass es sich um ein vom Kläger oder Rechtsanwalt K. "verfügtes" standardisiertes Schreiben unter Verwendung einer früheren Deckungsschutzanfrage handelt, das anschließend von ihm als Unterzeichner nicht mehr überprüft wurde. Denn das Schreiben enthält zahlreiche individuelle, allein das konkrete Mandat betreffende Daten und Anlagen (Betrag und Datum des Darlehens; Schreiben an die Darlehensgeberin; Darlehensvertrag), die seine Herstellung im Wesentlichen unter Verwendung einer früheren Deckungsschutzanfrage ausschließen.
(3) Soweit der Kläger in Bezug auf das an die A. AG gerichtete Schreiben vom 20. Juli 2017 anführt, die dortige Unterschrift unter der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" könne auch von jemand anderem geleistet worden sein, ergibt sich hierfür nichts. Zu Gunsten des Klägers ist allerdings zu berücksichtigen, dass er gegenüber der A. AG in demselben Mandat zwei Schreiben vom 9. Juni 2017 und 13. Juli 2017 als Assessor unterzeichnet hat.
(4) In Bezug auf die von ihm unterschriebene Prozesskostenrisikoberechnung vom 23. Oktober 2017 führt der Kläger an, vermutlich sei der - die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" enthaltende - Kanzleistempel alter Form versehentlich von einer Mitarbeiterin vor der Versendung und nach Unterzeichnung auf das Schreiben aufgedrückt worden. Indes ergibt sich für ein solches Geschehen aus dem Klägervortrag jenseits einer bloßen Vermutung nichts.
bb) Weitere, zu Ungunsten des Klägers zu berücksichtigende Umstände haben sich nicht ergeben.
(1) Der Senat hat den Sachverhalt gemäß § 112c Abs. 1 BRAO, § 125 Abs. 1, § 86 Abs. 1 Satz 1, § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO erforscht in Bezug auf ein von der Beklagten vorgelegtes Schreiben des Sachverständigenbüros AL. vom 7. Dezember 2017 (Anlage B 8 zur Berufungserwiderung vom 3. April 2018), aus dem sich Hinweise ergaben, dass der Kläger gegenüber dem Sachverständigenbüro als Rechtsanwalt aufgetreten sein könnte. Diese Hinweise haben sich nicht bestätigt. Ausweislich des Schreibens des Sachverständigenbüros vom 15. Juni 2018 liegen dort keine schriftlichen Nachweise vor, dass der Kläger als Rechtsanwalt aufgetreten ist.
(2) Die mit dem Namen des Klägers und der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" versehenen Klageschriften an das Landgericht D. vom 8. Mai 2017 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 6. Dezember 2017) und an das Landgericht F. vom 2. November 2017 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 11. Januar 2018) können nicht zu Ungunsten des Klägers berücksichtigt werden, da sie nicht von ihm unterzeichnet sind und ihm daher nicht zugerechnet werden können. Gleiches gilt für das vom Kläger nicht unterzeichnete, an die Sparkasse M. gerichtete Schreiben vom 28. August 2017 (Anlage B 9 zur Berufungserwiderung vom 3. April 2018).
(3) Weitere Vorkommnisse, anlässlich derer der Kläger als Rechtsanwalt aufgetreten sein oder sich als solcher bezeichnet haben soll, können der Entscheidung in Anbetracht der nicht widerlegten Einlassungen des Klägers ebenfalls nicht zugrunde gelegt werden:
(a) Soweit der Kläger am 19. Januar 2017 vor dem Amtsgericht G. als Strafverteidiger aufgetreten ist (vgl. Schreiben des Direktors des Amtsgerichts G. vom 16. Februar 2017 in Anlage B 1 zur Berufungserwiderung vom 3. April 2018) hat sich der Kläger unwiderlegt dahin eingelassen, die ihm am 14. Januar 2017 zugestellte Entscheidung des Senats vom 29. Dezember 2016, aufgrund derer die Abweisung seiner Klage gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft rechtskräftig geworden ist, sei ihm erst am Nachmittag des 19. Januar 2017 vorgelegt worden.
(b) Ein Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 21. Januar 2017 mit der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" im Briefkopf wurde vom Kläger mit der Berufsbezeichnung "Assessor" unterzeichnet. Die Verwendung der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" im Briefkopf desselben Schreibens hat der Anwaltsgerichtshof zutreffend als Versehen gewertet.
(c) Zu einer am 14. März 2017 von einem Mandanten auf den Kläger unter der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" ausgestellten Vollmacht (Anlage B 10 zur Berufungserwiderung vom 3. April 2018) hat der Kläger unwiderlegt und unter Schilderung von Einzelheiten der Mandatserteilung nachvollziehbar vorgetragen, der Mandant habe die mit der vorgenannten Berufsbezeichnung versehene Vollmacht bereits im Dezember 2016 unterschrieben, das Datum sei erst später eingetragen worden.
(d) Soweit der Kläger in einer vor dem Amtsgericht R. am 2. März 2017 verhandelten Bußgeldsache in dem Verhandlungsprotokoll als Rechtsanwalt bezeichnet wird (Anlage B 3 zur Berufungserwiderung vom 3. April 2018), hat er vorgetragen, unter der Bezeichnung "Assessor" aufgetreten zu sein und dem Vorsitzenden seine fehlende Rechtsanwaltseigenschaft mitgeteilt zu haben. Der Senat hat von einer weiteren Erforschung dieses Sachverhalts abgesehen, da er weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau mit den vom Kläger mit der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" unterzeichneten Schreiben (siehe oben zu aa) eine (fortbestehende) Unwürdigkeit i.S.v. § 7 Nr. 5 BRAO begründen könnte (vgl. im Übrigen nachfolgend zu cc).
cc) In der gebotenen Gesamtschau aller für und gegen den Kläger sprechenden Umstände (siehe oben zu 1) kann von einer die Versagung der Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft begründenden Unwürdigkeit des Klägers im Sinne von § 7 Nr. 5 BRAO nicht ausgegangen werden:
Seit der vom Kläger begangenen, eher als leichtere Tat zu bewertenden Steuerhinterziehung sind inzwischen fast fünf Jahre vergangen. Sie hat daher im Rahmen der Beurteilung der Unwürdigkeit erheblich an Bedeutung verloren (vorstehend zu a).
Die vom Kläger mit der Bezeichnung "Rechtsanwalt" unterzeichneten Schreiben vom 25. Januar 2017, 12. April 2017, 20. Juli 2017 und 23. Oktober 2017 (vorstehend zu b aa) wiegen - unter Berücksichtigung seines berechtigten Interesses an beruflicher und sozialer Eingliederung - nicht so schwer, dass sie eine Unwürdigkeit des Klägers i.S.v. § 7 Nr. 5 BRAO begründen könnten. In diesen - vereinzelt gebliebenen - Schreiben kann insbesondere kein bewusst die Rechtsordnung missachtendes Verhalten des Klägers gesehen werden, das das Interesse der Öffentlichkeit an einer funktionierenden, das heißt die geltende Rechtsordnung beachtenden Rechtspflege erheblich beeinträchtigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger in demselben Zeitraum häufig auch mit der - dem Verlust der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft Rechnung tragenden - Berufsbezeichnung "Assessor" gezeichnet hat (Schreiben vom 2. Mai 2017 und 6. Juni 2017 an die D. [Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 5. März 2018]; Schreiben vom 9. Juni 2017 und 13. Juli 2017 an die A. AG [Anlagen 2 und 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 11. Mai 2018]; Schreiben vom 20. Juni 2017 an die Al. AG [Anlage 8 zum Schriftsatz des Klägers vom 27. Juni 2018]; Schriftsatz vom 6. Dezember 2017 an das Amtsgericht M. [Anlage B 10 zur Berufungserwiderung vom 3. April 2018]). Von einem durchgehend oder auch nur gehäuft die Rechtsordnung missachtenden und von einer entsprechenden Einstellung getragenen Verhalten des Klägers in Gestalt der rechtswidrigen Verwendung der Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" kann mithin nicht die Rede sein.
3. Die Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft kann dem Kläger daher nicht gemäß § 7 Nr. 5 BRAO versagt werden. Allerdings kommt eine Verpflichtung der Beklagten zur Zulassung nicht in Betracht, weil diese sich mit den übrigen Zulassungsvoraussetzungen bisher noch nicht abschließend befasst hat und Gelegenheit haben muss, dies nachzuholen. Ihr ist deshalb aufzugeben, den Zulassungsantrag nicht nach § 7 Nr. 5 BRAO zurückzuweisen (vgl. Senat, Urteil vom 2. Juli 2018, aaO Rn. 14; Beschluss vom 10. Mai 2010 - AnwZ (B) 117/09, juris Rn. 14; zur neuen Rechtslage nach § 112c Satz 1 BRAO i.V.m. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO vgl. Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 7 Rn. 8 und § 112c Rn. 267; Decker in BeckOK VwGO, § 113 Rn. 73.1 [01.10.2018]).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 BRAO.
Limperg |
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Bünger |
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Remmert |
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Kau |
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Lauer |
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