Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 23.09.2016


BGH 23.09.2016 - AnwZ (Brfg) 34/16

Anwaltgerichtliches Verfahren wegen Widerrufs der Rechtsanwaltszulassung: Ablehnung eines Terminsverlegungsantrag; "erheblicher Grund" für eine Terminsverlegung bei Wechsel des Prozessbevollmächtigten


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
Senat für Anwaltssachen
Entscheidungsdatum:
23.09.2016
Aktenzeichen:
AnwZ (Brfg) 34/16
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Anwaltsgerichtshof München, 26. Februar 2016, Az: BayAGH I - 5 - 15/14
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das am 26. Februar 2016 verkündete Urteil des 5. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist seit dem 18. November 1980 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 23. September 2014 widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die Klage gegen den Widerrufsbescheid hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

2

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs 2 Nr. 1 und 5 VwGO) liegen nicht vor.

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1. Dem Anwaltsgerichtshof ist kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

4

Der Kläger beanstandet eine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör und Verstöße gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens, gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen und gegen § 227 ZPO, weil der von seinem Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 gestellte Antrag auf Verlegung des Verhandlungstermins vom 26. Februar 2016 in der Verhandlung des Anwaltsgerichtshofs vom 26. Februar 2016 zurückgewiesen worden sei. Damit kann er nicht durchdringen. Die Ablehnung des Antrags auf Terminsverlegung war nicht verfahrensfehlerhaft.

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Nach der Vorschrift des § 227 Abs. 1 ZPO, die gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Satz 1 VwGO auch für das gerichtliche Verfahren in verwaltungsrechtlichen Anwaltssachen gilt, kann eine mündliche Verhandlung aus "erheblichen Gründen" verlegt oder vertagt werden. Über die Verlegung eines Termins entscheidet vor dessen Beginn der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer bereits begonnenen Verhandlung entscheidet das Gericht (§ 227 Abs. 4 Satz 1 ZPO; zu den Begriffen der Verlegung und Vertagung vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 31. Aufl., § 227 Rn. 2 f.).

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a) Der Beschluss des Anwaltsgerichtshofs, mit dem dieser in der öffentlichen Verhandlung vom 26. Februar 2016 den Terminsverlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückgewiesen hat, verstößt nicht gegen § 227 Abs. 4 Satz 1 ZPO. In der Verhandlung konnte über diesen Antrag nicht der Vorsitzende, sondern nur das Gericht entscheiden. Ausweislich der als Beschluss protokollierten Entscheidungsform ist dies geschehen (zur Unterscheidung zwischen Beschlüssen des erkennenden Gerichts und Verfügungen des Vorsitzenden vgl. Zöller/Vollkommer, aaO, Vor § 300 Rn. 2 f.). Aus der mangelnden Protokollierung einer dem Beschluss vorangegangenen Beratung folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - nichts anderes.

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b) Erhebliche Gründe i.S.v. § 227 Abs. 1 ZPO lagen nicht vor.

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aa) Bei einem von der Partei unverschuldeten Wechsel des Prozessbevollmächtigten ist der Partei ausreichend Zeit zuzubilligen, um sich um einen neuen Prozessbevollmächtigten zu bemühen. Dieser benötigt sodann einen hinreichenden Zeitraum zur Einarbeitung (BGH, Urteil vom 28. April 1958 - III ZR 43/56, BGHZ 27, 163, 167 f.; BVerwG, NJW 1993, 80; Zöller/Stöber, aaO, § 227 Rn. 6).

9

bb) Der Kläger trägt vor, er habe erst am 12. Januar 2016, dem Tag seines an den Anwaltsgerichtshof gerichteten Antrags auf Verlegung des Verhandlungstermins vom 22. Januar 2016, von dem Tod seines früheren Prozessbevollmächtigten zum Jahresende 2015 erfahren. Wollte er sich weiterhin in dem Verfahren und der Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof von einem Prozessbevollmächtigten vertreten lassen, oblag es ihm, sich sofort um einen neuen Prozessbevollmächtigten zu bemühen. Hierfür sowie für eine hinreichende Einarbeitung des neuen Prozessbevollmächtigten standen bis zu dem neuen Verhandlungstermin am 26. Februar 2016 sechs Wochen und drei Tage zur Verfügung. Dieser Zeitraum ist ausreichend.

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(1) Es ist, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend erkannt hat, nicht ersichtlich, weshalb es dem Kläger nicht möglich gewesen sein soll, innerhalb von ein bis zwei Wochen ab dem 12. Januar 2016 im Großraum M.    einen mit dem anwaltlichen Berufsrecht vertrauten Prozessbevollmächtigten zu finden und zu beauftragen. Der diesbezügliche Klägervortrag beschränkt sich auf allgemeine Erwägungen zur Schwierigkeit der Suche nach einem fachkundigen und zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt. Dagegen trägt der Kläger nicht vor, welche - intensiven - Bemühungen er ab dem 12. Januar 2016 konkret entfaltet hat, um einen neuen Prozessbevollmächtigten zu finden. Entsprechender Vortrag wäre indes erforderlich gewesen, um die Notwendigkeit eines längeren Zeitraums für die Anwaltssuche zu begründen.

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(2) Ist somit davon auszugehen, dass es dem Kläger innerhalb von zwei Wochen möglich war, einen neuen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen, so wäre letzterem zur Einarbeitung ein Zeitraum von vier Wochen und drei Tagen verblieben. Dieser war ausreichend. Er begründete keinen "erheblichen Grund" für eine Terminsverlegung i.S.v. § 227 Abs. 1 ZPO. In Anbetracht des begrenzten Umfangs der Sache und der übersichtlichen berufsrechtlichen Rechtslage (Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Rechtsanwalts) hätte vielmehr auch ein deutlich geringerer Zeitraum zur Einarbeitung genügt.

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(3) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie der Anwaltsgerichtshof angenommen hat und der Prozessbevollmächtigte des Klägers, ohne das Datum seiner Beauftragung zu nennen, bestreitet - den neuen Prozessbevollmächtigten erst kurz vor dem Verhandlungstermin am 26. Februar 2016, nämlich am 8. Februar 2016 (Datum der Vollmachtserteilung), beauftragt hat. Erfolgte die Beauftragung früher, stand dem Prozessbevollmächtigen des Klägers ein hinreichender Einarbeitungszeitraum zur Verfügung und kam eine Verlegung des Verhandlungstermins vom 26. Februar 2016 aus diesem Grund nicht in Betracht.

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Ebenso kann offen bleiben, ob dem Kläger vorzuwerfen ist, dass er einen (neuen) Prozessbevollmächtigten gewählt hat, der zum Zeitpunkt seiner Beauftragung wegen eines Italienaufenthalts an der Teilnahme an dem Verhandlungstermin vom 26. Februar 2016 verhindert war. Denn nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung hätte er, wenn er sich hätte hinreichend vorbereiten können, seinen Urlaub in Italien verschoben.

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Damit kommt es allein darauf an, ob bis zum Verhandlungstermin am 26. Februar 2016 dem Kläger ausreichend Zeit zur Suche nach einem neuen Prozessbevollmächtigten und letzterem ein hinreichender Einarbeitungszeitraum zur Verfügung stand. Beides ist - wie ausgeführt - zu bejahen.

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cc) Der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter mussten auch davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung am vorgesehenen Tag stattfinden würde. Dem Kläger war in der Ladungsverfügung mitgeteilt worden, dass bei seinem Nichterscheinen ohne ihn verhandelt werden würde. Für seinen Prozessbevollmächtigten bestand zudem wegen der Kurzfristigkeit des Verlegungsantrags Anlass, von sich aus telefonischen Kontakt mit dem Gericht aufzunehmen und sich durch eine Rückfrage über die Entscheidung über seinen Antrag zu informieren (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. März 2015 - AnwZ (Brfg) 43/14, juris Rn. 6 und vom 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 15/11, juris Rn. 13). Er konnte nicht darauf vertrauen, dass dem Antrag stillschweigend stattgegeben werden würde (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1981 - III ZR 85/80, NJW 1982, 888, 889). Dies gilt umso mehr, als auf Antrag des Klägers beziehungsweise seines früheren Prozessbevollmächtigten der Verhandlungstermin bereits zweimal verlegt worden war. Solange dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die Terminsaufhebung nicht mitgeteilt worden war, musste er daher davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung stattfinden würde (vgl. BFH, Beschluss vom 20. September 2010 - V B 105/09, BeckRS 2010, 25016604).

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Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass der Anwaltsgerichtshof bis zur mündlichen Verhandlung keinen der bis zu diesem Zeitpunkt gestellten Anträge des Klägers beschieden hat. Zum einen könnte auch aus einem solchen Verhalten nicht geschlossen werden, dass der Anwaltsgerichtshof "den Anträgen positiv gegenüber steht". Zum anderen hat der Anwaltsgerichtshof entgegen der Darstellung des Klägers die von seinem früheren Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2015 geäußerte Bitte, über die Zulässigkeit der Klage vorab zu entscheiden, mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 abschlägig dahin beschieden, es werde der Prozessökonomie wegen in der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2016 auch über die Begründetheit verhandelt.

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2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa Senat, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.

18

a) Der Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft ist in Form eines Bescheides der Beklagten ergangen, der den Widerruf ausspricht, diesen begründet, eine Rechtsbehelfsbelehrung anschließt und vom Präsidenten der Beklagten unterzeichnet ist. Der Kläger hält den Bescheid für formell rechtswidrig, weil er dem äußeren Erscheinungsbild nach vom Präsidenten der Beklagten erlassen worden sei und keinen Hinweis auf einen Beschluss des Vorstands oder des Präsidiums der Beklagten enthalte. Auch sei er nicht von denjenigen unterschrieben worden, die einen solchen etwaigen Beschluss gefasst hätten. Es gebe auch keine namentliche Erwähnung der etwaigen Beschlussverfasser. Zumindest dies sei zwingende Voraussetzung für die formelle Wirksamkeit des Bescheides, wie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2012 ergebe (AnwZ (Brfg) 37/11, BGHZ 194, 79 Rn. 14).

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b) Die Entscheidung des Senats vom 12. Juli 2012 betrifft einen nach § 74 BRAO ergangenen Bescheid. Ob ein solcher Bescheid stets von allen an der Entscheidung beteiligten Vorstandsmitgliedern unterzeichnet werden muss, ist streitig und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Der Senat hat es jedenfalls nicht für erforderlich gehalten, dass alle Vorstandsmitglieder, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben, unterschreiben, wenn sie im Bescheid namentlich benannt werden (Urteil vom 12. Juli 2012 aaO).

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c) Der vorliegende Fall betrifft keinen Bescheid nach § 74 BRAO, sondern einen Widerrufsbescheid. Dessen Form sowie das einzuhaltende Verfahren ergeben sich, worauf der Senat bereits hingewiesen hat (Beschlüsse vom 17. September 2015 - AnwZ (Brfg) 41/15, juris Rn. 6 und vom 15. Oktober 2012 - AnwZ (Brfg) 45/12, NJW-RR 2013, 303 Rn. 7), aus dem Gesetz. Nach § 34 BRAO sind Verwaltungsakte, durch welche die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer begründet oder versagt wird oder erlischt, zuzustellen. Damit wird zugleich der Verwaltungsakt als Handlungsform vorgeschrieben, für den die allgemeinen Vorschriften des (jeweiligen) Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten (§§ 35 ff. VwVfG). Auch die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern ist gesetzlich geregelt. Nach § 33 Abs. 1 BRAO sind die Rechtsanwaltskammern für die Ausführung der Bundesrechtsanwaltsordnung und der auf deren Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen zuständig, soweit nichts anderes bestimmt ist. Durch welche Organe die Rechtsanwaltskammern handeln, folgt aus §§ 63 ff. BRAO. Jede Rechtsanwaltskammer hat einen Vorstand (§ 63 Abs. 1 BRAO). Diesem obliegen die der Rechtsanwaltskammer in der Bundesrechtsanwaltsordnung zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse (§ 73 Abs. 1 Satz 2 BRAO). Der Vorstand kann mehrere Abteilungen bilden (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BRAO), die innerhalb ihrer Zuständigkeit die Rechte und Pflichten des Vorstandes besitzen (§ 77 Abs. 5 BRAO). Das einzuhaltende Verfahren ergibt sich aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz, auf welches die Vorschrift des § 32 BRAO verweist, soweit nichts anderes bestimmt ist.

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d) Der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2014 erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsaktes. Er unterscheidet zwischen dem Widerruf als dem verfügenden Teil des Verwaltungsaktes und seiner Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG), trägt die Unterschrift des Präsidenten (§ 37 Abs. 3 VwVfG), ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen und wurde zugestellt (§ 34 BRAO). Einzelheiten der Beschlussfassung brauchten nicht mitgeteilt zu werden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17. September 2015 aaO Rn. 7 und vom 15. Oktober 2012 aaO Rn. 9). Die Beschlussfassung als solche ist nicht Bestandteil des Widerrufs, sondern nur dessen Grundlage. Mit dem Bescheid vom 23. September 2014 hat die Beklagte die Anwaltszulassung des Klägers deshalb wirksam widerrufen.

22

e) Soweit der Kläger geltend macht, aus dem Widerrufsbescheid ergebe sich wegen der fehlenden Namensnennung nicht, ob an der ihm zugrunde liegenden Beschlussfassung der wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnende Rechtsanwalt P.       als Vorstandsmitglied der Beklagten mitgewirkt habe, folgen auch hieraus keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

23

aa) Die Möglichkeit der Mitwirkung einer Person, hinsichtlich derer ein Ablehnungsgrund nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO in Verbindung mit § 21 Abs. 1 VwVfG vorliegen könnte, hat keinen Einfluss auf die für den Bescheid der Beklagten als Verwaltungsakt geltenden formellen Erfordernisse.

24

bb) Der Widerrufsbescheid wäre gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 46 VwVfG auch dann nicht aufzuheben, wenn Rechtsanwalt P.       an dem Beschluss, der dem Widerrufsbescheid zugrunde lag, mitgewirkt hätte und in Bezug auf ihn die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG begründet wäre.

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(1) Der Kläger hat geltend gemacht, der Insolvenzverwalter über sein Vermögen, Rechtsanwalt Dr. H.    , sei Mitglied der "Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft P.                 ". Rechtsanwalt P.      habe sich somit selbst wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen müssen beziehungsweise er hätte von ihm, dem Kläger, abgelehnt werden können, wenn er an dem angefochtenen Ausgangsbescheid mitgewirkt habe.

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(2) Ein Befangenheitsgrund gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann sich aus einer engen persönlichen Beziehung ergeben. Dies wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn der Amtswalter mit einem Beteiligten eine Rechtsanwaltskanzlei betreibt (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 21 Rn. 17 unter Hinweis auf BVerfGE 108, 122, 127 ff.). Rechtsanwalt Dr. H.    war nicht unmittelbarer Beteiligter des den Kläger betreffenden Widerrufsverfahrens, an dem möglicherweise Rechtsanwalt P.      auf Seiten der Beklagten mitgewirkt hat. Ob dennoch wegen seiner Stellung als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Klägers im Hinblick auf den mit ihm in einer Rechtsanwaltskanzlei verbundenen Rechtsanwalt P.      die Besorgnis der Befangenheit begründet sein könnte, kann offen bleiben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 46 VwVfG dennoch nicht die Aufhebung des Widerrufsbescheids der Beklagten beanspruchen. Denn es ist offensichtlich, dass eine etwaige Befangenheit von Rechtsanwalt P.     - seine Mitwirkung unterstellt - die Sache nicht beeinflusst hat (vgl. zur Anwendbarkeit von § 46 VwVfG bei Mitwirkung eines Amtsträgers trotz Besorgnis der Befangenheit: BVerwGE 75, 214, 228; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 21 Rn. 29; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 21 Rn. 26; BeckOK/Heßhaus, VwVfG, § 21 Rn. 17 [Stand: 01.04.2016]). Ausweislich der Verfahrensakte der Beklagten (S. 193 f.) hat Rechtsanwalt Dr. H.      im Verfahren der Beklagten betreffend den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft mit Schreiben vom 20. März 2014 Stellung genommen und sich "im Interesse der Gläubigergemeinschaft" für die Fortführung der Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt und gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ausgesprochen. Dennoch hat die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft widerrufen. Selbst wenn Rechtsanwalt P.       an dem zugrunde liegenden Beschluss der Beklagten mitgewirkt haben sollte, hat mithin eine etwaige, in Bezug auf ihn bestehende Besorgnis der Befangenheit diesen Beschluss nicht beeinflusst. Entweder hat er sich den Standpunkt von Rechtsanwalt Dr. H.     in der dem Beschluss vorangehenden Vorstandssitzung der Beklagten nicht zu Eigen gemacht oder eine etwaige Stellungnahme seinerseits gegen einen Widerruf der Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft hat sich nicht auf das Ergebnis der Beratung ausgewirkt.

III.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Limperg                            Bünger                            Remmert

                   Schäfer                             Lauer