Entscheidungsdatum: 25.06.2018
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das am 8. Dezember 2017 verkündete Urteil des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf bis zu 300 € festgesetzt.
I.
Der Kläger wendet sich gegen eine vollstreckbare Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 1. August 2016. Darin wird festgestellt, dass der Kläger die Umlage für das besondere elektronische Anwaltspostfach für das Jahr 2016 in Höhe von 67 € (zzgl. Zustellungskosten von 3,45 €) trotz Aufforderung nicht bezahlt habe. Zugleich wird die Vollstreckbarkeit der Zahlungsaufforderung bescheinigt. Die Beklagte hatte im Dezember 2015 in einem "Umlagebescheid (beA) 2016" den Kläger gebeten, die von ihrer Kammerversammlung am 22. April 2015 beschlossene Umlage zur Finanzierung des Elektronischen Rechtsverkehrs für 2016 in Höhe von 67 € zu überweisen.
Der Kläger ist der Auffassung, er sei nicht verpflichtet, das besondere elektronische Anwaltspostfach zu nutzen. Daher müsse er hierfür auch keine Umlage zahlen. Er hat beantragt, die Zwangsvollstreckung aus der Zahlungsaufforderung der Beklagten vom 1. August 2016 für unzulässig zu erklären. Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2011 - AnwZ (Brfg) 30/11, NJW-RR 2012, 189 Rn. 5 mwN). Daran fehlt es.
1. Der Kläger macht geltend, das besondere elektronische Anwaltspostfach sei für den Rechtsanwalt zwingend erst ab dem 1. Januar 2022 vorgeschrieben. Vorher sei die Teilnahme freiwillig; er habe indes keinen entsprechenden Antrag gestellt. Auch gebe es zurzeit kein empfangsbereites besonderes elektronisches Anwaltspostfach. Dessen Kosten könnten nicht mehr in derselben Höhe anfallen wie früher, als in dem Jahresbeitrag noch eine - nunmehr entfallene - "Nutzungsgebühr" enthalten gewesen sei. Zudem sei die Einrichtung des elektronischen Anwaltspostfachs eine Standardprogrammierung, für die eine Auftragsvergabe mit einem Volumen von 38 Mio. € nicht erforderlich gewesen sei.
2. Der Senat folgt der Auslegung des Klagebegehrens durch den Anwaltsgerichtshof dahin, dass der Kläger sich nicht gegen die Zwangsvollstreckung aus der Zahlungsaufforderung vom 1. August 2016, sondern gegen die in der Aufforderung genannte Umlage zur Finanzierung des elektronischen Rechtsverkehrs für das Jahr 2016 wendet. Hiermit kann er nicht durchdringen:
a) Die Kammerversammlung hat gemäß § 89 Abs. 1 Satz 1 BRAO die ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Nach § 89 Abs. 2 Nr. 2 BRAO obliegt es ihr insbesondere, die Höhe und die Fälligkeit des Beitrags, der Umlagen, Gebühren und Auslagen zu bestimmen. Die Finanzierung des elektronischen Rechtsverkehrs stellt eine Aufgabe dar, welche den Rechtsanwaltskammern, damit auch der Beklagten, durch Gesetz zugewiesen worden ist (Senat, Urteil vom 11. Januar 2016 - AnwZ (Brfg) 33/15, NJW 2016, 1025 Rn. 13 f.). Zu den Aufgaben der Bundesrechtsanwaltskammer gehört gemäß § 177 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, die elektronische Kommunikation der Rechtsanwälte mit Gerichten, Behörden und sonstigen Dritten zu unterstützen. Nach § 31a BRAO richtet sie für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit ein. Die Kosten hierfür werden von der Rechtsanwaltschaft getragen (Senat, Urteil vom 11. Januar 2016, aaO Rn. 14 ff., auch zur Verfassungsmäßigkeit der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen). Die Vorschrift des § 178 BRAO gestattet der Bundesrechtsanwaltskammer, von den Rechtsanwaltskammern - mithin auch der Beklagten - Beiträge zu erheben, die zur Deckung des persönlichen und sächlichen Bedarfs bestimmt sind. Dieser Bedarf umfasst die Kosten, die durch die der Bundesrechtsanwaltskammer nach § 31a BRAO übertragene Aufgabe der Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verursacht werden. Da die vorgenannten Kosten bereits während der Entwicklung des Postfachs und nicht erst mit dessen abgeschlossener Einrichtung anfallen, entsteht der durch Beiträge der Rechtsanwaltskammern zu deckende Bedarf der Bundesrechtsanwaltskammer entgegen der Auffassung des Klägers nicht erst mit der empfangsbereiten Einrichtung des Postfachs, sondern schon vorher.
b) Die Höhe der Beiträge wird von der Hauptversammlung festgesetzt. Von dieser Befugnis hat die Bundesrechtsanwaltskammer Gebrauch gemacht. Ihre 145. Hauptversammlung hat mit Beschluss vom 16. Mai 2015 für das Jahr 2016 einen Beitrag von 67 € pro Kammermitglied für den Elektronischen Rechtsverkehr beschlossen und der Beklagten mit Schreiben vom 10. Februar 2016 einen Betrag von 67 € je Kammermitglied in Rechnung gestellt. Diesen Betrag hat die Beklagte - auf der Grundlage ihrer gemäß § 89 Abs. 2 Nr. 2 BRAO formell und materiell wirksam beschlossenen Umlageordnung vom 9. April 2014 (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 11. Januar 2016, aaO Rn. 12) - durch den Beschluss über die Höhe der Umlage für das Jahr 2016 auf ihre Mitglieder umgelegt.
Der Einwand des Klägers, auf die fünf (gemeint wohl: vier) Jahre alte Umlageordnung der Klägerin vom 9. April 2014 könne, nachdem sich die Fakten gravierend geändert hätten, nicht mehr zurückgegriffen werden, ist unbegründet. Er verkennt insofern bereits, dass der von der Kammerversammlung der Beklagten nur ein Jahr nach der Umlageordnung beschlossene Beitrag das Jahr 2016 betrifft und mithin einen Zeitraum, in dem die "planmäßige" Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs betrieben wurde.
c) Entgegen der Auffassung des Klägers hängt die Zulässigkeit der Umlage nicht davon ab, dass der betroffene Rechtsanwalt das besondere elektronische Anwaltspostfach nutzt. Denn die vorgenannten Kosten der Bundesrechtsanwaltskammer, die sie von den Rechtsanwaltskammern erhebt und die von diesen auf ihre Mitglieder umgelegt werden, entstehen nicht aufgrund der Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs durch den jeweiligen Rechtsanwalt, sondern aufgrund der Einrichtung des Postfachs als der Bundesrechtsanwaltskammer gemäß § 31a Abs. 1 Satz 1 BRAO übertragene Aufgabe (vgl. Senat, Urteil vom 11. Januar 2016, aaO Rn. 17: Umlage zur Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs). Daher setzt die Umlage dieser - bereits während der Einrichtung entstehenden - Kosten auch kein schon empfangsbereites besonderes elektronisches Anwaltspostfach voraus.
Dementsprechend enthalten die umgelegten Kosten keine "Nutzungsgebühr", um die sie bei fehlender Nutzung oder Nutzbarkeit gegebenenfalls zu verringern wären.
d) Der Senat sieht keinen Anlass, sich mit dem Einwand des Klägers näher zu befassen, eine Auftragsvergabe mit einem Volumen von 38 Mio. € zur Entwicklung der Software für das besondere elektronische Anwaltspostfach sei nicht erforderlich gewesen. Der klagende Anwalt trägt die Darlegungslast dafür, dass eine Kammerversammlung bei der Beitragsbemessung gegen die Gebote der Äquivalenz, der Verhältnismäßigkeit oder der Gleichbehandlung verstoßen haben könnte. Entsprechendes gilt für die Umlage für die Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (Senat, Urteil vom 11. Januar 2016, aaO Rn. 21). Konkrete Anhaltspunkte, dass das vom Kläger vorgetragene Auftragsvolumen von 38 Mio. € - und der hieraus folgende Beitragsanteil des einzelnen Kammermitglieds - nicht äquivalent oder verhältnismäßig sein könnte, hat der Kläger nicht dargetan. Insbesondere ist für seine Behauptung, bei der Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs handele es sich um eine Standardprogrammierung, nichts ersichtlich. Dies gilt auch für den von ihm vorgelegten Internetauszug. Dort wird weder das besondere elektronische Anwaltspostfach als Standardprogrammierung bezeichnet noch das Auftragsvolumen von 38 Mio. € als überhöht bewertet.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 1 GKG.
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