Entscheidungsdatum: 08.12.2011
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 17. Januar 2011 wird abgelehnt.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
I.
Die durch den Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (BVerfGE 110, 77, 83; BGH, Beschlüsse vom 23. März 2011 - AnwZ (Brfg) 9/10, juris Rn. 3; und vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, juris Rn. 3 m.w.N.). Daran fehlt es hier.
a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; vom 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577).
b) Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids am 30. Juni 2010 vor.
aa) Die Beklagte hat die Annahme des Vermögensverfalls in ihrem Widerrufsbescheid auf Forderungen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in einem Umfang von insgesamt weit über 400.000 € gestützt. Damit liegen - bei der gebotenen Gesamtwürdigung - ausreichende Beweisanzeichen dafür vor, dass sich der Kläger bei Erlass des Widerrufsbescheids in Vermögensverfall befand. Auch wenn er nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs einige Forderungen im Rahmen der Zwangsvollstreckung - mit teilweise erheblichen Verzögerungen - hat ausgleichen können, ist davon auszugehen, dass er zu diesem Zeitpunkt in ungeordneten Vermögensverhältnissen gelebt hat und nicht in der Lage gewesen ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
bb) Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier ungeachtet des Vermögensverfalls nicht der Fall war, lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids nicht vor. Durch die Beklagte mitgeteilte Strafverfahren gegen den Kläger deuten im Gegenteil darauf hin, dass eine Gefährdung von Rechtsuchenden mittlerweile bereits eingetreten ist.
c) Im Zulassungsverfahren trägt der Kläger vor, mit Wirkung zum 1. September 2011 eine Anstellung in der Kanzlei M. & R. Rechtsanwalts GmbH gefunden zu haben. Im Anstellungsvertrag sei eine Reihe von Vorkehrungen getroffen, nach denen eine Gefährdung Rechtsuchender ausgeschlossen sei.
Dieser Vortrag ist schon deswegen unbeachtlich, weil unter der Geltung des neuen Verfahrensrechts für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens abzustellen ist, die Würdigung danach eingetretener Entwicklungen mithin einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, NJW 2011, 3234, 3235 ff.). Zudem hat der Senat schon bisher das bloße Vorhandensein eines den Anforderungen der Senatsrechtsprechung im Grundsatz genügenden Anstellungsvertrags nicht für ausreichend gehalten, um einer Gefährdung der Rechtsuchenden vorzubeugen; vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass das betreffende Vertragsverhältnis über einen längeren Zeitraum beanstandungsfrei geführt ("gelebt") worden ist (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2010 - AnwZ (B) 67/08, BRAK-Mitt. 2010, 129 Rn. 12). Das ist hier nicht der Fall.
2. Die Berufung ist auch nicht nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
Der Kläger rügt insoweit, dass in seiner Abwesenheit verhandelt worden sei, obwohl er durch ein kurz vor dem Termin am 17. Januar 2011 übersandtes Attest nachgewiesen habe, arbeitsunfähig erkrankt zu sein, wobei für den Terminstag eine ärztliche Untersuchung vorgesehen gewesen sei. Damit kann er nicht durchdringen.
Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof ausgeführt, dass mit der übermittelten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung nicht im Sinne des § 227 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht worden sind, weil diese weder die Art und Schwere der Erkrankung noch das Maß etwaiger Beeinträchtigungen der Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Klägers haben erkennen lassen. Wird ein Terminsänderungsantrag erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, ist der Beteiligte verpflichtet, die Gründe für die Verhinderung so anzugeben und zu untermauern, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (BFH, Beschluss vom 5. Juli 2004 - VII B 7/04, juris Rn. 12). Im Hinblick auf die durch einen Vermögensverfall indizierte Gefährdung der Interessen der rechtsuchenden Mandanten sind dabei an den Verhinderungsgrund und dessen Glaubhaftmachung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Juli 2009 AnwZ (B) 14/08, juris Rn. 12). Der notwendigen Angaben hat es im Streitfall ermangelt.
Der Kläger musste auch davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung am vorgesehenen Tag stattfinden würde. Ihm war bereits in der Ladungsverfügung mitgeteilt worden, dass bei seinem Nichterscheinen ohne ihn verhandelt werden würde, es sei denn, er weise durch ein aussagekräftiges amtsärztliches Attest eine der Verhandlungsfähigkeit entgegenstehende Erkrankung nach. Zudem hätte für ihn wegen des kurzfristigen Verlegungsantrags Anlass bestanden, von sich aus telefonischen Kontakt mit dem Gericht aufzunehmen und sich durch eine Rückfrage über die Entscheidung über seinen Antrag zu informieren (BFH aaO). Auch dies hat er nicht getan. Im Gegenteil sind Versuche des Vorsitzenden ohne Erfolg geblieben, ihn telefonisch und per E-Mail zu erreichen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
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